OGH 9ObA198/87

OGH9ObA198/8727.1.1988

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof. Dr. Kuderna als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith und Dr. Petrag sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Robert Müller und Dr. Gerhard Dengscherz als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Wolfgang Ö***, Angestellter, Wien 10., Buchengasse 133/20, vertreten durch Dr. Ruth E. Hütthaler-Brandauer, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei U*** C*** AUSTRIA G*** MBH, Wien 15., Storchengasse 1, vertreten durch Dr. Herbert Weber, Rechtsanwalt in Wien, wegen 12.918 S brutto sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 18. September 1987, GZ 33 Ra 72/87-11, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 13. Jänner 1987, GZ 4 Cga 2056/86-6, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 2.414,72 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 219,52 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Das Beschäftigungsverhältnis des Klägers als Angestellter endete am 31. Dezember 1985 durch Kündigung seitens der Beklagten. Der Kläger hat Anspruch auf eine Abfertigung in Höhe von 3 Monatsgehältern. In dem von der Beklagten der Berechnung der Abfertigung zugrunde gelegten monatlichen Bruttoentgelt von insgesamt 41.583 S ist auch der Beitrag des Klägers zur Versicherungsprämie zur Deckung der ihm von der Beklagten vertraglich zugesicherten Zusatzpension enthalten.

Der Kläger begehrt einen Betrag von 12.918 S brutto sA. In die Berechnung der Abfertigung sei auch die von der Beklagten zur versicherungsmäßigen Deckung der Pensionszusicherung geleistete Prämie von monatlich 4.306 S einzubeziehen.

Die Beklagte wandte ein, daß dieser Betrag kein Entgelt und daher in die Bemessungsgrundlage für die Abfertigung nicht einzubeziehen sei. Die Beklagte habe dem Kläger ebenso wie anderen Arbeitnehmern unter bestimmten Voraussetzungen, insbesondere für den Fall einer langjährigen Mindestzugehörigkeit, eine Pension zugesichert. Ihre Verpflichtung aus dieser Pensionszusage habe die Beklagte durch den Abschluß der Versicherung gedeckt und hiefür die gegenständliche monatliche Prämie entrichtet.

Das Erstgericht gab der Klage statt und stellte folgenden wesentlichen Sachverhalt fest:

Die Beklagte hat ihren Arbeitnehmern folgendes Versorgungszusage-Anbot gemacht:

"In Würdigung Ihrer Leistungen hat sich unser Unternehmen zu einem Versorgungsplan entschlossen, der die Zahlung von Alters-, Berufsunfähigkeits-, Witwen- und Waisenpension sowie Todesfallkapitalien vorsieht. Die Leistungen dieses Versorgungsplanes werden durch einen Gruppenversicherungsvertrag mit der Wiener Städtischen Wechselseitigen Versicherungsanstalt vollkommen kongruent rückgedeckt. Das Leistungsausmaß dieses Versorgungsplanes entspricht daher vollinhaltlich dem Gruppenversicherungsvertrag, der in der Beilage mit den für den Dienstnehmer wesentlichen Bestimmungen wörtlich zitiert ist. Diese zitierten Punkte des Gruppenversicherungsvertrages sind Bestandteile dieses Versorgungsplanes.

Wir unterbreiten Ihnen somit folgendes

Versorgungszusage-Anbot

1. Unser Unternehmen verpflichtet sich, alle für die volle Aufrechterhaltung der Ansprüche aus diesem Gruppenversicherungsvertrag erforderlichen Aufwendungen laufend zu erbringen (siehe Ihre Zusatzeigenleistung, Punkt 2) und alle Leistungen der Versicherungsanstalt betreffend Pensionszahlung, bzw. etwaige Kapitalabfindung sowie Todesfallkapital in voller Höhe vermindert um von uns einzubehaltende gesetzlich bestimmte Abzüge (Lohnsteuer, Sozialversicherung und dgl.) an den Dienstnehmer, bzw. die nach seinem Ableben etwaig bezugsberechtigten Personen weiterzugeben. Unser Unternehmen wird somit keinesfalls höhere Bruttoleistungen erbringen als der Zahlung der Versicherungsanstalt entspricht.

2. Sie verpflichten sich mit 5 % desjenigen Gehaltsteiles, der die jeweilige Höchstbeitragsgrundlage laut ASVG übersteigt, zur Versicherungsprämie beizutragen. Dieser Dienstnehmeranteil wird von uns im Gehaltsabzugswege 14mal jährlich einbehalten und gilt demnach in entsprechender Höhe bereits im vorhinein an uns seitens des Dienstnehmers abgetreten. Unsere Verpflichtung nach Absatz 1 ist von der jeweiligen Einhaltung der Beitragsleistungen des Dienstnehmers abhängig gemacht.....

10. Bei vorzeitiger Auflösung des Dienstverhältnisses gilt folgendes als vereinbart:

a) Wird das Dienstverhältnis eines Dienstnehmers mit unserem Unternehmen nicht wegen eines in dem Gruppenversicherungsvertrag genannten Versicherungsfalles aufgelöst, dann wird die mit den Beiträgen des Austretenden finanzierte Versicherung übergeben. Diese Versicherung kann als Einzelversicherung zu den hiefür geltenden geschäftsplanmäßigen Bedingungen der Versicherungsanstalt in beitragsfreier oder beitragspflichtiger Form weitergeführt werden.

......."

Diesem Versorgungszusage-Anbot liegt ein Gruppenversicherungsvertrag zugrunde, nach dem Versicherungsnehmer die Beklagte und Versicherer die Wiener Städtische Wechselseitige Versicherungsanstalt ist. Der versicherte Personenkreis nach diesem Gruppenversicherungsvertrag sind alle voll- und teilzeitbeschäftigten Dienstnehmer des Versicherungsnehmers, die unter anderem eine Wartezeit von 3 Jahren ab dem Diensteintritt absolviert haben. Die Neuzugänge zu dem versicherten Personenkreis werden dem Versicherer vom Versicherungsnehmer gemeldet und in die Gruppenversicherung aufgenommen, wobei alle Versicherten in einem dem Vertrag beigelegten Mitgliederverzeichnis angeführt sind. Das Erstgericht vertrat die Rechtsauffassung, daß auch die Leistungen des Arbeitgebers für die Versorgungszusage dem Entgelt zuzurechnen seien.

Das Berufungsgericht änderte das Ersturteil im Sinne einer Abweisung des Klagebegehrens ab und sprach aus, daß die Revision zulässig sei. Es vertrat die Rechtsauffassung, daß bei Berechnung der Abfertigung nur regelmäßig wiederkehrende Bezüge zu berücksichtigen seien, also dem Arbeitnehmer - in welcher Form immer - während des aufrechten Arbeitsverhältnisses zugekommene Vorteile, nicht aber etwa erst in Zukunft und überdies nur unter gewissen - hier nicht eingetretenen - Voraussetzungen entstehende Ansprüche. Die Versicherungsprämien stellten lediglich eine Rückdeckung der Beklagten für die Zahlungen dar, die erst in Zukunft und überdies nur bei Eintreten bestimmter Voraussetzungen fällig werden; die Versorgungszusage der Beklagten an den Kläger hätte im übrigen auch ohne Versicherungsrückdeckung erfolgen können. Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, es im Sinne einer Wiederherstellung des Ersturteils abzuändern. Die Beklagte beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Dem Berufungsgericht ist darin beizupflichten, daß unter Entgelt im Sinne des § 23 Abs 1 AngG jedenfalls nicht die erst in Zukunft (also nach dem Entstehen des Abfertigungsanspruchs) unter bestimmten Voraussetzungen zufließende Betriebspension zu verstehen ist, zumal Betriebspension und Abfertigung der Versorgung des Arbeitnehmers nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses dienen und damit eine ähnliche Funktion erfüllen. Folgerichtig wird es sogar als grundsätzlich zulässig angesehen, durch Vereinbarung - unter Wahrung des Günstigkeitsprinzips - eine Anrechnung der Pensionsleistung auf die Abfertigung zu vereinbaren (vgl. Martinek-Schwarz AngG6 477 ff sowie 520 ff). Daraus folgt, daß die künftige Pensionsleistung jedenfalls nicht zu einer Erhöhung der ähnlichen Zwecken dienenden Abfertigung führen kann. Versichert nun der Arbeitgeber das von ihm durch die Zusage einer betrieblichen Versorgung an die Arbeitnehmer übernommene Risiko, dann sind die von ihm dafür aufgewendeten Prämien ebensowenig Entgelt im Sinne des § 23 Abs 1 AngG wie die Pensionsleistung selbst oder die zur Sicherung der Anwartschaftsrechte des betreffenden Arbeitnehmers aus der Versorgungszusage erfolgende Zuführung zur Pensionsrücklage. Dies würde im Hinblick auf den Versorgungscharakter der Betriebspension ebenso zu einer sachlich ungerechtfertigten Doppelleistungspflicht des Arbeitgebers führen wie die Einbeziehung der entsprechenden Zuführung zur Abfertigungsrücklage in die Bemessungsgrundlage der Abfertigung. Derartige vom Arbeitgeber erbrachte Prämienzahlungen sind somit in die Bemessungsgrundlage der Abfertigung nicht einzubeziehen.

In dem der Entscheidung 9 Ob A 19/87 zugrundeliegenden Fall hatte der Arbeitgeber - anders als hier - nicht etwa für eine ihn treffende ungewisse künftige Leistungspflicht durch Zahlung von Versicherungsprämien vorgesorgt, sondern den Arbeitnehmer durch Übernahme einer diesen treffenden gesetzlichen Verpflichtung - zur Zahlung des Dienstnehmeranteiles an den Sozialversicherungsbeiträgen - entlastet. Dies hatte zum Zufließen eines entsprechend erhöhten Entgeltes noch während des aufrechten Arbeitsverhältnisses geführt.

Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

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