OGH 5Ob8/88

OGH5Ob8/8826.1.1988

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Jensik, Dr.Zehetner, Dr.Klinger und Dr.Schwarz als Richter in der Mietrechtssache der Antragstellerin Thusnelda K***-A***, Seegasse 16/7, 1090 Wien, vertreten durch Edeltraud Duschek, Funktionär der Mietervereinigung Österreichs, Währinger Straße 41, 1090 Wien, diese vertreten durch Dr.Rainer Brachtel, Rechtsanwalt in Wien, wider die Antragsgegnerin E*** P*** A.B., Dorotheergasse 18, 1010 Wien,

vertreten durch Stieglmayer & Co, Hausverwalter, Krieglergasse 11, 1020 Wien, diese vertreten durch Dr.Heinrich Wille, Rechtsanwalt in Wien, wegen der Zulässigkeit der Einhebung der Erhaltungsbeitrages, infolge Revisionsrekurses der Antragsgegnerin, gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgerichtes vom 29.Oktober 1987, GZ 48 R 606/86-18, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 22.September 1986, GZ 41 Msch 86/85-11, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Soweit sich der Revisionsrekurs gegen den bestätigenden Teil des rekursgerichtlichen Sachbeschlusses wendet, wird das Rechtsmittel zurückgewiesen.

Im übrigen wird dem Revisionsrekurs nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Die Antragstellerin hat als Mietzins für die Wohnung 7 im Haus der Antragsgegnerin in 1090 Wien, Seegasse 16, auf Grund des am 13. Juni 1970 mit dem Voreigentümer geschlossenen Mietvertrages den wertgesichert vereinbarten, die Betriebskosten und die Aufwendungen für die Zentralheizung umfassenden Pauschalmietzins zu entrichten, der von S 1.000,-- im Monat zur Zeit des Mietvertragsabschlusses bis zum 1.April 1985 auf S 2.365,96 gestiegen war

(Indexsteigerung 136,6 %).

Am 21.Februar 1985 schrieb der Hausverwalter der Mieterin für die nach ihrem Ausstattungszustand im Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrages in die Kategorie A einzuordnende Wohnung mit 117,64 m2 Nutzfläche den Erhaltungsbeitrag mit S 1.913,70 ab dem 1.April 1985 sowie Betriebskosten von S 1.066,-- und Heizungskosten von S 1.395,-- und insgesamt monatlich S 4.951,67 einschließlich der Umsatzsteuer zur Zahlung vor. Die Mieterin bezahlte in den Monaten April bis Juni 1985 die ihr vom Hausverwalter vorgeschriebenen Beträge, machte aber schon am 23.April 1985 die Sache bei der Gemeinde anhängig, weil sie meint, das gesetzlich zulässige Zinsausmaß sei durch die Zinsvorschreibung überschritten. Die den Antrag der Mieterin abweisende Entscheidung der Gemeinde, die überhaupt meinte, ab dem 1.Jänner 1984 dürften auch bei einer Pauschalmietzinsvereinbarung neben dem versteinerten Hauptmietzins die Betriebs- und Heizungskosten sowie der Erhaltungsbeitrag eingehoben werden, trat außer Kraft, weil die Mieterin rechtzeitig das Gericht anrief.

In der Verhandlung vor dem Erstgericht gaben beide Parteien an, es sei nicht bekannt und lasse sich in Ermangelung irgendwelcher Unterlagen auch nicht ermitteln, wie hoch der Hauptmietzinsanteil und wie hoch der Betriebskostenanteil an dem im Mietvertrag vom 13. Juni 1970 vereinbarten Pauschalmietzins gewesen sei. Das Erstgericht entschied mit Sachbeschluß, daß die Vermieterin durch Vorschreibung von S 4.951,67 einschließlich der Umsatzsteuer zu den Zinsterminen 1.April 1985, 1.Mai 1985 und 1.Juni 1985 das gesetzlich zulässige Ausmaß um monatlich S 244,04 überschritten hat und daß die Vermieterin der Mieterin daher S 732,12 samt Zinsen zurückzuzahlen habe. Das Erstgericht ging davon aus, es könne bei Vorliegen der zulässig gewesenen Pauschalmietzinsvereinbarung, die durch das Inkrafttreten des MRG nicht berührt wurde, seither der Erhaltungsbeitrag eingehoben werden, weil dieser nicht im Pauschalmietzins enthalten sei. Der Erhaltungsbeitrag errechne sich mit zwei Drittel des nach § 16 Abs. 2 Z 1 MRG für die Wohnung zulässigen Hauptmietzinses von S 2.870,41 (117,64 m2 x S 24,40) und daher S 1.913,61 abzüglich des für die Wohnung entrichteten Hauptmietzinses. Eine Rückrechnung aus den derzeitigen Betriebs- und Heizungskosten nach dem Verhältnis der Indexzahlen zeige, daß der Pauschalmietzins nur die sonstigen Aufwendungen abgedeckt aber keinen Hauptmietzinsanteil enthalten habe. Von dem Betrag von S 1.913,61 sei daher nichts abzuziehen. Er sei neben dem aufgewerteten Pauschalmietzins zu entrichten, nicht aber der durch den Pauschalmietzins von S 2.365,96 nicht gedeckte Anteil an den tatsächlichen Betriebs- und Heizungskosten, weil es dem Wesen des Pauschalmietzinses entspreche, daß der Vermieter das Risiko zu tragen habe, falls der Pauschalbetrag die Betriebskosten nicht mehr decke.

Das Rekursgericht änderte über den Rekurs der Mieterin den Sachbeschluß ab und entschied, daß die Vermieterin durch Vorschreibung von S 1.913,61 Erhaltungsbeitrag, S 1.066,-- Betriebskostenanteil, S 1.395,-- Heizungskostenanteil und S 576,97 Umsatzsteuer) das zulässige Zinsausmaß von S 2.602,56 (darin S 236,60 Umsatzsteuer) zu den Zinsterminen 1.April 1985, 1. Mai 1985 und 1.Juni 1985 um monatlich S 2.349,02 überschritten hat. Es verhielt die Vermieterin zur Rückzahlung von S 7.047,06 samt Zinsen. Das Rekursgericht war gleich dem Erstgericht der Ansicht, daß bei einer Pauschalmietzinsvereinbarung der Vermieter das Risiko vorhersehbarer Erhöhungen der ihn treffenden Lasten trage, aber auch den Vorteil genieße, trotz Verminderung dieser Lasten den Pauschalbetrag zu erhalten, und daher gestiegene Betriebskosten nicht gesondert einheben dürfe. Der erst mit dem MRG am 1. Jänner 1982 eingeführte Erhaltungsbeitrag sei von der am 13. Juni 1970 zustande gekommenen Pauschalmietzinsvereinbarung nicht erfaßt und könne daher auch bei einer solchen Pauschalmietzinsvereinbarung neben dem Pauschalzins vorgeschrieben und eingehoben werden. Der von zwei Drittel des zulässigen Kategoriemietzinses abzuziehende vereinbarungsgemäß entrichtete Hauptmietzins sei durch Subtraktion im Pauschalzins enthaltener Nebenkostenbeträge im Zeitpunkt der Pauschalmietzinsvereinbarung und Aufwertung dieses Hauptmietzinsanteiles zu ermitteln. Dies setze aber voraus, daß ein Vorbringen erstattet werde, nach dem sich die Aufgliederung des Pauschalzinses von S 1.000,-- auf Hauptmietzinsanteil und Nebenkostenanteil vornehmen lasse. Eine Rückrechnung aus der Höhe der derzeitigen Nebenkosten sei ebenso unzulässig wie der vom Erstgericht gezogene Schluß, daß im Pauschalmietzins von S 1.000,-- überhaupt kein Hauptmietzinsanteil enthalten war, weil 15 Jahre später der Anteil an den gestiegenen Betriebskosten und besonderen Aufwendungen den auf S 2.365,96 aufgewerteten Betrag des Pauschalmietzinses überstiegen. Im Verfahren nach § 37 MRG sei zwar der strittige Sachverhalt von Amts wegen zu erheben, doch setze dies widersprechende Tatsachenbehauptungen der Parteien voraus. Hier hätten die Parteien auf richterliche Anleitung übereinstimmend erklärt, sie seien außerstande, Angaben zur Zusammensetzung des Pauschalbetrages zum 13. Juni 1970 zu machen. Die konkreten Behauptungen, aus welchen sich die Berechtigung der Vorschreibung des Erhaltungsbeitrages nach § 45 Abs 1 Z 1 MRG ergebe, habe die Vermieterin vorzutragen gehabt. Sie habe aber angegeben, dazu nichts vorbringen zu können. Daher müsse für die Berechnung des Erhaltungsbeitrages der gesamte Pauschalmietzins abgezogen werden, der aber höher sei, als zwei Drittel des Kategoriemietzinses. Zulässig sei in dem vom Antrag erfaßten Zeitraum vom 1.April 1985 bis 30.Juni 1985 nur die Vorschreibung des aufgewerteten Pauschalmietzinsbetrages von S 2.365,96 zuzüglich 10 % Umsatzsteuer.

Rechtliche Beurteilung

Der von der Vermieterin gegen den Beschluß des Rekursgerichtes erhobene Revisionsrekurs ist unzulässig, soweit er auch den bestätigenden Teil bekämpft, und im übrigen zwar zulässig, aber nicht berechtigt. Nach § 37 Abs 3 Z 18 MRG ist ein Rechtsmittel gegen den Sachbeschluß des Gerichtes zweiter Instanz, soweit ein erstrichterlicher Sachbeschluß bestätigt worden ist, nur zulässig, wenn es vom Rekursgericht für zulässig erklärt wurde, weil die Rechtssache von grundsätzlicher Bedeutung ist (MietSlg 38.561 ua). Ein Zulassungsausspruch liegt nicht vor. Soweit daher eine Zinsüberschreitung von S 244,04 monatlich von beiden Vorinstanzen übereinstimmend festgestellt wurde, ist eine Anfechtung unstatthaft. Gegen den abändernden Teil - Feststellung der Überschreitung des zulässigen Zinsausmaßes mit weiteren S 2.104,98 (= S 1.913,61 Erhaltungsbeitrag zuzüglich 10 % Umsatzsteuer) - ist dagegen ohne weitere Voraussetzungen der Revisionsrekurs zulässig. Die Vermieterin vertritt den Standpunkt, es seien unvorhersehbar die Betriebskosten seit 1970 und das Drei- bis Vierfache und die Heizungskosten um das Fünf- bis Sechsfache gestiegen und hätten dadurch einen auf die Mieterin entfallenden Anteil erreicht, der den Pauschalbetrag übersteige. Damit sei der Hauptmietzinsanteil an dem Pauschalbetrag von 2.365,96 auf Null gesunken und es werde daher von der Mieterin derzeit kein Hauptmietzins entrichtet. Sie habe daher die zwei Drittel des zulässigen Kategoriemietzinses von S 1.913,61 ohne Abzug eines "entrichteten Hauptmietzinses" als Erhaltungsbeitrag neben dem Pauschalmietzins zu leisten. Der Oberste Gerichtshof hält an seiner in der schon vom Rekursgericht erwähnten Entscheidung vom 1.September 1987 zu 5 Ob 31/87 dargelegten Rechtsansicht fest, wonach es im Wesen der Pauschalmietzinsvereinbarung liegt, daß der Vermieter das Risiko vorhersehbarer Erhöhungen der ihn treffenden Lasten voll zu tragen hat, selbst wenn die Betriebskosten und öffentlichen Abgaben das vereinbarte Entgelt übersteigen (MietSlg 36.130), daß aber die Vereinbarung eines Pauschalmietzinses nicht die Vorschreibung und Einhebung eines Beitrages nach § 45 MRG ausschließt, dabei aber der im vereinbarten Pauschalbetrag enthaltene reine Hauptmietzins durch Subtraktion des Nebenkostenbetrages vom vereinbarten Pauschalbetrag zu ermitteln ist und dafür die Kosten im Zeitpunkt des Abschlusses der Pauschalmietzinsvereinbarung maßgebend sind. Um den Betrag an Hauptmietzins feststellen zu können, den die Mieterin durch Zahlung des von S 1.000,-- auf S 2.365,96 aufgewerteten Pauschalbetrages in den Monaten April bis Juni 1985 entrichtete, und diesen Betrag bei Ermittlung der zulässigen Höhe des für diese Zeit vorgeschriebenen Erhaltungsbeitrages von S 1.913,61 in Abzug bringen zu können, hätte es der Feststellung bedurft, welche Betriebskosten und Aufwendungen für die zentrale Wärmeversorgungsanlage nach den damals geltenden Schlüsseln anteilig auf den Mietgegenstand am 13.Juni 1970 entfallen sind und in den Pauschalbetrag von S 1.000,-- einbezogen wurden. Daß der damalige Eigentümer die Wohnung unentgeltlich vermietete und durch den wertgesicherten Betrag von S 1.000,-- im Monat nur die Betriebskosten und die Kosten der Zentralheizung abzugelten waren, hat die Vermieterin nie behauptet. Nur dann aber wäre ihre Rechtsansicht zutreffend, daß von der Mieterin kein Hauptmietzins entrichtet wird, weil sie auch schon am 13.Juni 1970 keinen Hauptmietzinsanteil zu zahlen hatte. Die Vermieterin steht vielmehr auf dem Standpunkt, die Betriebs- und Heizungskosten seien im Vergleich zum Hauptmietzinsanteil unverhältnismäßig gestiegen und hätten daher auch den aufgewerteten Pauschalbetrag nicht nur aufgezehrt sondern überschritten. Der daraus von ihr und dem Erstgericht gezogene Schluß, es bleibe deshalb kein zu berücksichtigender Betrag an von der Mieterin entrichteten Hauptmietzins, ist nicht berechtigt. Entscheidend ist nur, ob und wie sich der Pauschalbetrag von S 1.000,-- in Hauptmietzins und Nebenkosten aufgliedern läßt. Gerade dann, wenn die Nebenkosten eine die Indexänderung weit überholende Steigerung erfahren haben, ist die Annahme berechtigt, daß im Pauschalbetrag von S 1.000,-- ein beträchtlicher Hauptmietzinsanteil enthalten war. Es wurden auch keine Umstände behauptet, daß die Voreigentümerin veranlaßt war, die Wohnung am 13.Juni 1970 zu einem im Verhältnis zu den Nebenkosten geringfügigen Mietzins in Bestand zu geben. Hätte der Anteil an Nebenkosten am 13.Juni 1970 nur S 190,-- betragen, wäre mit dem von S 810,-- auf S 1.916,46 aufgewerteten (S 810,-- + 136,6 %) Hauptmietzinsanteil schon der Betrag von zwei Drittel des nun zulässigen Kategoriemietzinses gedeckt und es bliebe kein Raum für die Einhebung eines Erhaltungsbeitrages von der Mieterin. Der Oberste Gerichtshof teilt aber auch die Rechtsansicht des Rekursgerichtes, daß der Vermieter, der den Erhaltungs- (und Verbesserungs-)beitrag einhebt, im Verfahren über die Zulässigkeit dieser Einhebung die Tatumstände zu behaupten hat, aus welchen er die Berechtigung dieser Forderung ableitet. Das Erstgericht hat seine Aufforderung an die Parteien wiederholt, Angaben zur Aufgliederung des Pauschalbetrages von S 1.000,-- nach dem auf den Bestandgegenstand entfallenden Anteil an den Nebenkosten zum 13. Juni 1970 (Abschluß der Pauschalvereinbarung) zu machen. Die Parteien haben sich außerstande erklärt, dazu Behauptungen aufzustellen. Damit ist die Vermieterin der sie treffenden Behauptungslast, wenn auch aus ihrer verfehlten Rechtsansicht, daß für die Aufspaltung des Pauschalbetrages nicht der Zeitpunkt der Vereinbarung sondern der der Vorschreibung des Erhaltungskostenbeitrages maßgebend sei, in erster Instanz nicht nachgekommen. Die auch ungenügenden Behauptungen im Revisionsrekurs, die Betriebskosten seien um das Drei- bis Vierfache und die Heizungskosten um das Fünf- bis Sechsfache gestiegen, ohne auf konkrete Kosten im Haus Bezug zu nehmen, können schon wegen des in diesem Verfahren geltenden Neuerungsverbot nicht beachtet werden (§ 37 Abs 3 Z 16 MRG; Fasching ZPR Rz 1989; Würth in Korinek-Krejci, HBzMRG 523; MietSlg 1983/29). Da die Vermieterin trotz Anleitung durch das Gericht ihrer Mitwirkungspflicht nicht nachkam oder nicht nachkommen konnte, ist das Rekursgericht zutreffend davon ausgegangen, daß es am Nachweis fehlt, daß der im Pauschalmietzins von S 2.365,96 enthaltene Hauptmietzins weniger als S 1.913,61 beträgt und daher neben dem Pauschalmietzins noch ein Erhaltungsbeitrag zu entrichten ist.

Es hat also bei der Sachentscheidung des Rekursgerichtes zu bleiben.

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