Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Der Kläger hat die Kosten des Revisionsverfahrens selbst zu tragen.
Text
Entscheidungsgründe:
Das Erstgericht stellte fest, daß das Klagebegehren, die beklagte Partei sei schuldig, dem Kläger ab 1.September 1986 den Hilflosenzuschuß im gesetzlichen Ausmaß zu bezahlen, dem Grunde nach zu Recht bestehe, und trug der beklagten Partei auf, dem Kläger ab 1. September 1986 bis zur Erlassung des die Höhe der Leistung festsetzenden Bescheides eine vorläufige Zahlung von 2.500 S monatlich zu erbringen. Es stellte im wesentlichen folgenden Sachverhalt fest:
Der Kläger ist auf Grund seines - im einzelnen näher beschriebenen - körperlichen und geistigen Zustands imstande, allein zu essen und zu trinken und sich einfache Hauptmahlzeiten selbst zuzubereiten. Er kann einen wassergefüllten Kochtopf tragen und das anfallende Geschirr abwaschen, sich Gesicht und Hände alleine waschen und sich ohne Hilfe rasieren und frisieren. Beim Waschen erreicht er auch die unteren Körperpartien und die Füße. Ferner kann er eine Dusche oder Sitzbadewanne benützen, alleine auf die Toilette gehen, sich mit gering vermehrtem Zeitaufwand alleine an- und auskleiden, wobei dies auch für Schuhe und Strümpfe gilt. Außerdem ist es ihm möglich, einen zu Boden gefallenen Gegenstand aufzuheben, innerhalb der Wohnung frei zu stehen und zu gehen, leichte Aufräumearbeiten zu verrichten, den Feuerbrand in einem Holz- oder Kohleofen allein zu unterhalten und solche Öfen zu entaschen. Mit vermehrtem Zeitaufwand kann er Brennmaterial herbeischaffen. Schließlich kann er innerhalb der Wohnung einen wassergefüllten Eimer tragen und sich die kleine Wäsche in einem Waschgefäß selbst waschen. Für das Waschen der Großwäsche, für größere Hausarbeiten und für das Besorgen des täglichen Einkaufs bedarf er fremder Hilfe. Rechtlich beurteilte das Erstgericht den von ihm festgestellten Sachverhalt dahin, daß der Kläger zwar die unmittelbar lebenserhaltenden Verrichtungen noch alleine ausführen könne, daß er aber zur Besorgung der Lebensmittel dauernd auf fremde Hilfe angewiesen sei. Dies reiche aus, um die Hilflosigkeit im Sinn des § 105 a ASVG zu begründen.
Das Berufungsgericht wies das Klagebegehren ab. Es könne dahingestellt bleiben, ob der Begriff der Hilflosigkeit im Sinne der Rechtsprechung des Oberlandesgerichtes Wien auszulegen sei, weil jedenfalls ein ständiger Bedarf nach Wartung und Hilfe gegeben sein müsse. Die Verrichtungen, zu deren Ausführung der Kläger fremder Hilfe bedürfe, seien aber nur mit wesentlichen Unterbrechungen auszuführen, weshalb die Hilfsbedürftigkeit des Klägers keine ständige im Sinn des § 105 a ASVG sei.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, es aufzuheben (richtig: abzuändern) und das Urteil des Erstgerichtes wiederherzustellen, oder es allenfalls aufzuheben und die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung und zur Verfahrensergänzung an die Unterinstanzen zurückzuverweisen.
Die beklagte Partei erstattete keine Revisionsbeantwortung.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes
(JBl. 1988, 64 ua) liegt Hilflosigkeit im Sinn des hier maßgebenden § 105 a ASVG dann vor, wenn der Pensionist nicht in der Lage ist, auch nur einzelne dauernd wiederkehrende lebensnotwendige Verrichtungen selbst auszuführen. Aus der Höhe und dem Zweck des Hilflosenzuschusses ergebe sich allerdings, daß ein Bedürfnis nach ständiger Wartung und Hilfe nur dann angenommen werden könne, wenn die für die notwendigen Dienstleistungen nach dem Lebenskreis des Leistungsbeziehers üblicherweise aufzuwendenden und daher nicht bis ins einzelne, sondern nur überschlagsmäßig (vgl. § 273 ZPO) festzustellenden Kosten im Monatsdurchschnitt mindestens so hoch seien wie der begehrte Zuschuß. Diese Voraussetzung ist beim Kläger auf keinen Fall erfüllt.
Der Kläger kann nach den Feststellungen des Erstgerichtes von den dauernd wiederkehrenden lebensnotwendigen Verrichtungen nur die Großwäsche nicht selbst waschen, gröbere Hausarbeiten nicht selbst verrichten und nicht täglich selbst einkaufen. Es würde ihm auf Grund der Höhe seiner Pension der Hilflosenzuschuß zwar im Höchstausmaß zustehen. Der begehrte Zuschuß hätte unter Berücksichtigung der Sonderzahlungen in den Jahren 1986 und 1987 daher zwischen 3.100 S und 3.200 S betragen. Es ist auszuschließen, daß die Aufwendungen, die dadurch verursacht werden, daß der Kläger bei den angeführten Verrichtungen der Hilfe bedarf, im Monat durchschnittlich diesen Betrag erreichen können. Alle diese Verrichtungen sind nämlich nur in - mehr oder weniger großen - Zeitabständen notwendig. Dies gilt wegen der heute üblichen Ausstattung der Haushalte mit einem Kühlschrank auch für die Besorgung von Lebensmitteln. Kein anderes Bild ergibt sich, wenn man den Angaben des Klägers in der Revision darin folgt, daß er sich auch Medikamente nicht selbst besorgen könne. Das Verfahren vor dem Erstgericht hat keinen Anhaltspunkt dafür ergeben, daß dies täglich erforderlich sein könnte.
Das Berufungsgericht kam daher zutreffend zu dem Ergebnis, daß beim Kläger die Voraussetzungen für die Gewährung eines Hilflosenzuschusses nicht erfüllt sind.
Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)