OGH 5Ob9/88

OGH5Ob9/8826.1.1988

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Jensik, Dr. Zehetner, Dr. Klinger und Dr. Schwarz als Richter in der Mietrechtssache der Antragstellerin Christine G***, Angestellte, Wien 15., Schwendergasse 33/6, vertreten durch Dr. Roland Hubinger, Rechtsanwalt in Wien, wider die Antragsgegnerin Josefa P***, Hauseigentümerin, Wien 1., Hoher Markt 4, vertreten durch Dr. Leopold Grohmann, Rechtsanwalt in Wien, wegen § 37 Abs 1 Z 6, § 9 MRG, infolge Revisionsrekurses der Antragstellerin gegen den Sachbeschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien als Rekursgerichtes vom 24.September 1987, GZ 41 R 182/87-16, womit der Sachbeschluß des Bezirksgerichtes Fünfhaus vom 15.Jänner 1987, GZ 6 Msch 9/86-8, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Antragstellerin hat die Barauslagen ihres erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung

Die Antragstellerin ist die Hauptmieterin der Wohnung top.Nr. 6 in dem der Antragsgegnerin gehörenden Haus Wien 15., Schwendergasse 33. Sie beabsichtigt, die Holzverbundaußenfenster und -außentüren ihrer Wohnung durch Kunststoffenster und -türen laut Kostenvoranschlag der Dipl.Ing. F.B*** GmbH zu ersetzen, um eine bessere Schall- und Wärmedämmung zu erzielen. Die Kunststoffenster und -türen seien überdies wartungsfrei und langlebiger. Die vorhandenen Holzverbundfenster und -türen seien schadhaft und nicht mehr funktionstüchtig. Es lägen sämtliche in § 9 Abs 1 Z 1 bis 7 MRG für die Zustimmungspflicht der Antragsgegnerin normierten Voraussetzungen vor.

Die Antragsgegnerin spricht sich gegen den von der Antragstellerin beabsichtigten Kunststoffenster und -türeneinbau aus. Das Haus sei einheitlich mit voll funktionstüchtigen Holzverbundfenstern und -türen ausgestattet, die weder sanierungs- noch reparaturbedürftig seien. Der Einbau der Kunststoffenster und -türen in der Wohnung der Antragstellerin würde das äußere Erscheinungsbild des Hauses wegen des optisch erkennbaren Materialunterschiedes empfindlich beeinträchtigen. Das würde zu einer Wertminderung des Hauses und damit zu einer Beeinträchtigung ihrer schutzwürdigen Interessen führen. Der beabsichtigte Austausch der Fenster und Türen sei nicht geeignet, den Energieverbrauch zu senken, weil Kunststoffenster ein wesentlich häufigeres Lüften erforderlich machten, um Schimmelbildung in den Wohnräumen zu verhindern. Dem von der Antragstellerin vorgelegten Kostenvoranschlag sei im übrigen nicht zu entnehmen, daß geeignetes Wärmeschutzglas verwendet werden solle. Der durch Kunststoffenster bewirkte hermetische Abschluß der Wohnräume wirke sich negativ auf das körperliche Wohlbefinden aus und entspreche deshalb nicht mehr dem letzten Stand der Technik, die wieder dem natürlichen Werkstoff Holz den Vorrang gebe. Dem von der Antragsgegnerin mit der Feststellung und Behebung allfälliger Mängel an den Wohnungsaußenfenstern und -türen beauftragten Tischler sei kein Zutritt zu der Wohnung gewährt worden. Die von der Antragstellerin angestrebte Verbesserung der Schall- und Wärmedämmung könne nur durch den Einbau entsprechender Isolierglasscheiben in die bestehenden Holzrahmen erreicht werden.

Nachdem die Entscheidung der Schlichtungsstelle infolge rechtzeitiger Anrufung des Gerichtes durch die Antragsgegnerin außer Kraft getreten war, sprach das Erstgericht mit Sachbeschluß aus, daß die Antragsgegnerin dem Einbau von Kunststoffenstern (und -türen) laut Kostenvoranschlag der Dipl.Ing. F.B*** GmbH vom 11. Juni 1985 in der Wohnung der Antragstellerin zuzustimmen habe. Es stellte folgenden Sachverhalt fest:

Das Haus Wien 15., Schwendergasse 33, ist ein anspruchsloser "Kasten" im nüchternen Baustil der 60iger-Jahre. Es hat weiße Holzverbundfenster. Nachdem der Austausch der vorhandenen Fenster gegen Kunststoffenster mit Holzstockmontage an einer negativen Stellungnahme der MA 19 wegen Beeinträchtigung des äußeren Erscheinungsbildes gescheitert war, erstellte die Dipl.Ing. F.B*** GmbH am 11.Juni 1985 einen Kostenvoranschlag über Lieferung von insgesamt 5 Fenstern und 2 Balkontüren aus Kunststoff mit Mauermontage; Rahmen und Flügel sollen weiß ausgeführt werden, die Verglasung soll in ISO/3 28 Millimeterglas, also in dreifachem Isolierglas, erfolgen. Durch den Einbau dieser Fenster wird das äußere Erscheinungsbild des Hauses nicht beeinträchtigt. Eine Betrachtung des Hauses kann auf Grund der Größe des Betrachtungsobjektes nur aus größerer Entfernung erfolgen. Aus geringerer Entfernung sieht man nur Details und kann daher allfällige Unterschiede in der Materialoberfläche verschiedener Fenster gar nicht wahrnehmen. Aus größerer Entfernung aber fallen lediglich Unterschiede in der Rahmenstärke (die aber bei der beabsichtigten Mauermontage nicht zu befürchten sind) und Farbunterschiede auf, nicht aber Unterschiede in der Oberfläche und im Glanz verschiedener Fensterstöcke und -rahmen. In der Farbgebung werden die Kunststoffenster dem Altbestand angepaßt werden. Die Fenster dienen der Senkung des Energieverbrauches der Wohnung, weil sie einen wesentlich geringeren K-Wert aufweisen als die alten Holzverbundfenster. Engergieverluste durch häufiger notwendiges Lüften sind nicht zu befürchten, weil bei dichten Kunststoffenstern gezielt be- und entlüftet werden muß. Dagegen bewirken die undichten, dauerbelüfteten Holzverbundfenster des Altbestandes einen höheren Energieverlust. Die Kunststoffenster entsprechen dem letzten Stand der Technik.

Rechtlich führte das Erstgericht aus, aus den Feststellungen ergebe sich, daß die Voraussetzungen, unter denen der Vermieter seine Zustimmung zu der geplanten Veränderung und eine etwa notwendige Antragstellung bei der Baubehörde gemäß § 9 MRG nicht verweigern könne, im vorliegenden Fall erfüllt seien. Die geplante Veränderung entspreche dem Stand der Technik, durch Einschaltung eines spezialisierten Unternehmens sei die einwandfreie Ausführung gewährleistet und eine Gefahr für die Sicherheit von Personen und Sachen ausgeschlossen. Eine Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen anderer Mieter, aber auch der Antragsgegnerin sei nicht zu besorgen. Eine Beeinträchtigung des äußeren Erscheinungsbildes des Hauses sei mit der von der Antragstellerin beabsichtigten Veränderung ihrer Wohnung nicht verbunden; für die Möglichkeit anderer Schädigungen des Hauses hätten sich keine Hinweise ergeben. Die Veränderung entspreche zweifellos einer Übung des Verkehrs und diene einem wichtigen Interesse der Antragstellerin, weil sie eine Senkung des Engergieverbrauches bewirke. Daß die Finanzierung durch die Antragstellerin erfolgen werde, ergebe sich schon aus ihrer Erklärung in ihrem Antrag an die Schlichtungsstelle. Auf das Vorbringen der Antragsgegnerin, daß die vorhandenen Holzverbundfenster funktionsfähig und in Ordnung seien, sei nicht einzugehen gewesen, weil für die Beurteilung der Rechtsfrage lediglich ausschlaggebend sei, ob die beabsichtigte Verbesserung einem wichtigen Interesse des Mieters diene, insbesondere ob dadurch eine Senkung des Energieverbrauches herbeigeführt werde. Das Rekursgericht wies den Antrag der Antragstellerin, die Antragsgegnerin zur Zustimmung zu dem beabsichtigten Einbau von Kunststoffenstern (und -türen) zu verhalten, aus nachstehenden Erwägungen mit Sachbeschluß ab:

Ob die neu einzubauenden Kunststoffenster einen wesentlich geringeren K-Wert als die alten Holzverbundfenster oder bessere Schall- und Wärmeisolierungswerte als vergleichbare neu herzustellende Holzverbundfenster aufweisen, könne aus rechtlichen Erwägungen dahingestellt bleiben. Durch die beabsichtigte Maßnahme schienen nämlich schutzwürdige Interessen des Vermieters in Frage gestellt. Die Weigerung der Antragsgegnerin, dem Einbau von Kunststoffenstern anstelle der im gesamten übrigen Haus sonst vorhandenen Holzaußenfenster zuzustimmen, sei gerechtfertigt. So habe der Oberste Gerichtshof in seiner bisher unveröffentlichten Entscheidung vom 14.Juli 1987, 5 Ob 68/87, die Ansicht vertreten, die vom antragstellenden Hauptmieter beabsichtigte Ersetzung der vorhandenen und allen übrigen Fenstern des Hauses nach Material und Gestaltung entsprechenden Fenster seiner Wohnung durch als Verbundfenster ausgebildete Kunststoffenster stelle eine Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen des Vermieters dar, weshalb dies zu unterbleiben habe. Es sei das schutzwürdige Recht des Vermieters, auf der Verwendung einheitlichen Materials von ganz bestimmter Art und Beschaffenheit bei den allgemeinen Teilen des Hauses, zu denen jedenfalls die Außenfenster gehören, zu bestehen, zumal ihn auch die Kosten der Erhaltung und allfälligen Erneuerung dieser Teile träfen. Dieser Entscheidung sei ein Sachverhalt zugrunde gelegen, bei dem am Hause vorhandene zweiflügelige Holzfenster durch einflügelige Kunststoffverbundfenster ersetzt werden sollten, weshalb der Oberste Gerichtshof zusätzlich noch eine Beeinträchtigung des äußeren Erscheinungsbildes des Hauses bejaht habe. Dieser vom Obersten Gerichtshof vertretenen Ansicht folge auch das Rekursgericht, weshalb das für eine nach § 9 MRG erfolgreiche Antragstellung erforderliche Tatbestandsmerkmal des § 9 Abs 1 Z 5 MRG nicht gegeben sei, sodaß ohne Prüfung der weiteren Erfordernisse der Antrag nicht zielführend sein könne. Gegen den abändernden Sachbeschluß des Rekursgerichtes richtet sich der wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobene Revisionsrekurs der Antragstellerin mit dem Antrag, den erstgerichtlichen Sachbeschluß wiederherzustellen.

Die Antragsgegnerin beantragt in ihrer Revisionsrekursbeantwortung, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zwar gemäß § 37 Abs 3 Z 18 MRG zulässig; er ist aber nicht berechtigt.

Mit der Mängelrüge macht die Antragstellerin der Rechtsrüge zu unterstellende Feststellungsmängel geltend, deren Vorliegen daher bei Behandlung der Rechtsrüge zu prüfen ist.

In Ausführung der Rechtsrüge vertritt die Antragstellerin den Standpunkt, daß durch den von ihr beabsichtigten Einbau von Kunststoffenstern und -türen schutzwürdige Interessen der Antragsgegnerin im Sinne des § 9 Abs 1 Z 5 MRG nicht beeinträchtigt würden. Was die Erhaltungskosten betreffe, so sei die Antragsgegnerin infolge der Wartungsfreiheit der Kunststoffenster und -türen sogar begünstigt. Bei Eintritt der Erneuerungsbedürftigkeit der von der Antragstellerin einzubauenden Kunststoffenster und -türen, deren Lebensdauer der Lebensdauer von Holzfenstern und -türen jedenfalls nicht nachstehe, stehe es der Antragsgegnerin ohnehin frei, wieder Holzfenster und -türen oder weiterhin Kunststoffenster und -türen einbauen zu lassen. Es dürfe angenommen werden, daß die Austauschkosten alter

Holz- bzw. Kunststoffenster nicht unterschiedlich seien. Diesen Ausführungen kann nicht gefolgt werden. Der erkennende Senat hat bereits in seiner Entscheidung vom 14.Juli 1987, 5 Ob 68/87, zum Ausdruck gebracht, daß es das schutzwürdige Interesse des Vermieters ist, bei den allgemeinen Teilen des Hauses, zu denen jedenfalls die Außenfenster gehören, auf der Verwendung einheitlichen Materials von ganz bestimmter Art und Beschaffenheit zu bestehen. Diese Ansicht wird auch im gegenständlichen Fall aufrechterhalten. Darauf, ob der Mieter in seiner Wohnung wie im gesamten Haus vorhandene Holzfenster (und -türen), die aus Außen- und Innenflügeln bestehen, oder Holzverbundfenster (und -türen) in seiner Wohnung durch Kunststoffverbundfenster (und -türen) ersetzen will, kommt es nicht entscheidend an. Es fällt auch die Frage, wie sich die Kosten der Erhaltung und Erneuerung von Kunststoffverbundfenstern (und -türen) und Holz(verbund)fenstern (und -türen) zueinander verhalten, nicht entscheidend ins Gewicht. Maßgebend ist das Interesse des Vermieters an der Verwendung einheitlichen Materials. Die vorgenannte Entscheidung ist demnach auch auf den gegenständlichen Fall anzuwenden; der Feststellung des Wartungserfordernisses sowie der Lebensdauer und Austauschkosten von Kunststoffenstern im Vergleich zu Holzfenstern bedarf es nicht. Es war daher dem Revisionsrekurs ein Erfolg zu versagen. Die Entscheidung über die der Antragstellerin im Revisionsrekursverfahren erwachsenen Barauslagen beruht auf § 37 Abs 3 Z 19 MRG und §§ 40, 50 ZPO.

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