OGH 12Os137/87

OGH12Os137/8721.1.1988

Der Oberste Gerichtshof hat am 21.Jänner 1988 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral, Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Hörburger und Dr. Rzeszut als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Samek als Schriftführer in der Strafsache gegen Heinz H*** wegen des Vergehens der Veruntreuung nach § 133 Abs 1 und Abs 2 erster Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Schöffengericht vom 11.Juni 1987, GZ 18 Vr 2754/84-56, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, des Generalanwaltes Dr. Tschulik und des Verteidigers Dr. Oehlzand, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Heinz H*** des Vergehens der Veruntreuung nach § 133 Abs 1 und Abs 2 erster Fall StGB schuldig erkannt. Ihm liegt zur Last, in der Zeit vom 19.März bis 2. Mai 1984 sowie zu späteren unbekannten Zeitpunkten in Salzburg und anderen Orten ihm am 19.März 1984 in Salzburg von der Firma D*** GmbH & Co anvertraute Kommissionsware im Gesamtwert von 71.102 S bzw. deren Verkaufserlös sich mit dem Vorsatz, sich dadurch unrechtmäßig zu bereichern, zugeeignet zu haben, indem er den Erlös von 30.000 S aus dem Verkauf eines Videorecorders und eines Farbfernsehers Marke Philips für sich verwendete und drei weitere Fernsehgeräte Marke Philips zur Abdeckung seiner Schulden weitergab. Hinsichtlich zweier weiterer Videorecorder, welche der Firma D*** durch den rechtskräftig freigesprochenen Mitangeklagten Christian S*** zurückgestellt werden sollten und bei dessen Anhaltung sichergestellt worden sind, erfolgte ein Freispruch gemäß § 259 Z 3 StPO.

Seinen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte Heinz H*** mit einer auf die Gründe der Z 5 und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der Strafausspruch wird mit Berufung angefochten.

Rechtliche Beurteilung

Im Sinne des erstbezeichneten Nichtigkeitsgrundes offenbar nur unzureichend begründet erachtet der Beschwerdeführer die Feststellung, daß er aufgrund einer mit Hubert D*** getroffenen Vereinbarung vier Farbfernsehgeräte und drei Videorecorder Marke Philips um einen Gesamtpreis von 110.210 S von der Firma D*** in Kommission auf Lieferschein mit der Verpflichtung übernommen hat, den Erlös bis 2.April 1984 abzuführen. Diese Urteilsannahme ist insbesondere auf die bezügliche Zeugenaussage des Hubert D*** (vgl. Band I, S 75, 171, 172, 494, 495 dA), sowie auf die Angaben des Angeklagten (Band I, S 65, 88, 90 dA) und seines Bruders Gerhard H*** (vgl. S 63) im Vorverfahren gestützt worden, für deren Richtigkeit nach Ansicht des Schöffensenats auch der Umstand spricht, daß bei Übergabe an den Angeklagten von der Firma D*** über die Fernseh- und Videogeräte keine Rechnung, sondern ein mit Eigentumsvorbehaltsklausel versehener Lieferschein ausgestellt woden ist (vgl. Band I, S 29, 511 f dA). In diesem Zusammenhang wird in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils auch erörtert, daß in der Anzeige des Hubert D*** - nach Annahme des Gerichtes als Folge einer ungenauen Protokollierung - von einem Kauf und von Kaufverhandlungen, nicht aber von einer Kommission die Rede ist (vgl. Band I, S 28 dA) sowie daß der Angeklagte sich in der Hauptverhandlung vom 19.Dezember 1985 hinsichtlich einer Kommissionsvereinbarung auf eine Erinnerungslücke berufen (vgl. Band I, S 158 dA) und erst in der Hauptverhandlung vom 11.Juni 1987 eine solche Vereinbarung in Abrede gestellt hat (vgl. Band I, S 491, 507 ff dA). Soweit der Beschwerdeführer meint, aus diesen Beweisergebnissen hätte die für ihn günstigere Schlußfolgerung gezogen werden müssen, daß ihm die Ware (bloß) gegen Eigentumsvorbehalt in Kenntnis ihrer beabsichtigten Weiterveräußerung verkauft worden sei, laufen seine Ausführungen in Wahrheit nur auf eine im Nichtigkeitsverfahren unzulässige und folglich unbeachtliche Bekämpfung der schlüssigen und auch einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise durchaus entsprechenden Beweiswürdigung des Schöffengerichtes hinaus.

Unter dem Gesichtspunkt eines formellen Begründungsmangels (§ 281 Abs 1 Z 5 StPO) wendet sich der Beschwerdeführer ferner gegen die Feststellung, wonach er sich jene drei Farbfernseher, deren Verbleib nicht geklärt werden konnte, zum Zwecke der Schuldenabdeckung im Bewußtsein, die Ware oder den erzielten Erlös an die Firma D*** abliefern zu müssen, ebenfalls zugeeignet hat. Ob der Angeklagte sich schon die Ware selbst oder erst den bei deren Verkauf erzielten Erlös zugeeignet hat, ist unerheblich. Entscheidend ist nur, daß vom Erstgericht ausgeschlossen worden ist, daß der Angeklagte die nun nicht mehr auffindbaren Geräte an Christian S*** zum Zwecke des Weiterverkaufes übergeben hat (vgl. Band I, S 508 f dA). Daraus konnte das Erstgericht jedenfalls zwanglos auf ein Handeln des Angeklagten mit Zurechnungs- und Bereicherungsvorsatz schließen. Daß hiebei letztlich ungeklärt geblieben ist, in welcher Weise konkret mit der Ware verfahren worden ist, bewirkt keine Mangelhaftigkeit der Urteilsbegründung. Zur Z 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO macht der Beschwerdeführer geltend, aus den festgestellten Tatsachen ergebe sich, daß durch die mit der Firma D*** getroffene Vereinbarung kein regelrechtes Kommissionsgeschäft zustandegekommen sei, aufgrund dessen ihm auch der Erlös aus der bestimmungsgemäßen Weiterveräußerung der übernommenen Ware anvertraut gewesen wäre.

In rechtlicher Hinsicht ist davon auszugehen, daß der Eigentumsvorbehalt bei auf Kredit verkauften und mit Wissen und Willen des Verkäufers zum Weiterverkauf bestimmten Waren mit der Übereignung dieser Ware an Dritte grundsätzlich erlischt und sich nur kraft entsprechender Vereinbarung auch auf den Erlös aus dem bestimmungsgemäßen Weiterverkauf derartiger Waren erstreckt. Dies bedeutet, daß die bloße Vereinbarung eines Eigentumsvorbehaltes nicht ohneweiters einem durch das Anvertrauen einer Ware zum kommissionsweisen Verkauf begründeten Rechtsverhältnis gleichgesetzt werden kann. Vielmehr ist der aus dem Verkauf unter Eigentumsvorbehalt gelieferter Waren erzielte Erlös nur dann ebenfalls anvertraut, wenn dies aus den zwischen den Geschäftspartnern getroffenen Abreden hervorgeht; es muß also ein seinem Inhalt nach über den Sinn und die Bedeutung einer schlichten Eigentumsvorbehaltsklausel hinausgehender, ein Kommissionsgeschäft oder ein kommissionsähnliches Verhältnis begründender Vertrag vorliegen, der auch den Erlös eindeutig als anvertraut erkennen läßt (vgl. SSt. 39/19; EvBl 1967/376, 1974/170; Kienapfel, BT II, RZ 45 zu § 133 StGB, vgl. auch Leukauf-Steininger, StGB2, S 133 RN 4, 5, 7).

Eben diese Voraussetzungen sind aber erfüllt, wenn, wie im vorliegenden Fall als erwiesen angenommen worden ist, Ware ausdrücklich in Kommission auf Lieferschein mit der Verpflichtung übernommen wird, den Erlös bis zu einem bestimmten Zeitpunkt an den Übergeber der Ware abzuführen. Der vom Beschwerdeführer aufgeworfenen Frage, ob durch eine solche Vereinbarung ein echtes Kommissionsgeschäft im Sinne des HGB zustandegekommen ist, kommt keine entscheidungswesentliche Bedeutung zu, weil schon die Begründung eines kommissionsähnlichen Rechtsverhältnisses, das über die bloße Vereinbarung eines Eigentumsvorbehaltes hinausgeht und dem Kommissionsgeschäft gleichwertige Auswirkungen hat, genügt, um auch den Erlös aus der Weiterveräußerung der Ware als anvertraut gelten zu lassen.

Die Subsumtion des festgestellten Tatverhaltens des Angeklagten H*** unter den Tatbestand der Veruntreuung nach § 133 Abs 1 StGB ist somit rechtlich unbedenklich.

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Heinz H*** war daher zu verwerfen.

Heinz H*** wurde nach § 133 Abs 3 erster Fall StGB zum Urteil des Landesgerichtes Linz vom 30.Oktober 1985, GZ 28 Vr 927/82-54, unter Anwendung der §§ 31, 40 StGB zu einer unter Bestimmung einer Probezeit von 2 Jahren bedingt nachgesehenen Zusatzfreiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt. Bei der Strafbemessung war kein Umstand erschwerend, mildernd der ordentliche Lebenswandel sowie, daß seit der letzten Tat bzw. der letzten Verurteilung längere Zeit verstrichen ist und sich der Angeklagte seither wohlverhalten hat.

Mit dem zitierten Urteil des Landesgerichtes Linz vom 30. Oktober 1985 wurde H*** des Verbrechens des versuchten schweren Betruges nach §§ 15, 146, 147 Abs 3 StGB mit einem beabsichtigten Schaden von 2,3 Mio S und der Vergehen des Verstrickungsbruches nach § 271 Abs 1 StGB, des versuchten Versicherungsmißbrauches nach §§ 15, 151 Abs 1 Z 1 StGB und nach § 114 ASVG schuldig gesprochen und zu einer unter Setzung einer Probezeit von 3 Jahren bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe in der Dauer von einem Jahr verurteilt, wobei als erschwerend das Zusammentreffen eines Verbrechens mit drei Vergehen, als mildernd das Geständnis und der Umstand, daß es teilweise beim Versuch geblieben ist sowie die bisherige Unbescholtenheit gewertet wurden. Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte eine Herabsetzung der Dauer der bedingt nachgesehenen Zusatzfreiheitsstrafe an. Die Berufung ist nicht berechtigt.

Gemäß § 40 StGB ist bei nachträglicher Verurteilung die Zusatzstrafe innerhalb der im § 31 StGB bestimmten Grenzen so zu bemessen, daß die Summe der Strafen jener Strafe entspricht, die bei gemeinsamer Aburteilung zu verhängen wäre. Es ist also zu prüfen, welche Strafe bei gemeinsamer Aburteilung aller Delikte tatschuldangemessen ist. Diese Strafe ist sodann zu der im früheren Urteil ausgesprochenen Strafe in Relation zu setzen. Ergibt sich dabei eine Differenz, so ist diese als Zusatzstrafe zu verhängen (Leukauf-Steininger aaO § 31 RN 17). Bei gemeinsamer Aburteilung aller dem Angeklagten zur Last liegenden, zum Teil sehr schweren Straftaten wäre eine Freiheitsstrafe in der Gesamtdauer von eineinhalb Jahren keineswegs zu streng, sodaß auch die verhängte, bedingt nachgesehene Zusatzfreiheitsstrafe nicht überhöht ist. Der Berufung war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 390 a StPO.

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