Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde und die "Schuldberufung" werden zurückgewiesen.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurden die Angeklagten Kurt und Margarethe M*** des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 3, 148 zweiter Fall StGB (Punkt I des Urteilssatzes) und des Vergehens nach § 45 Abs 1 lit f WeinG 1961 (Punkt II) schuldig erkannt. Darnach haben sie
(zu I) mit Bereicherungsvorsatz und in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung gleichartiger strafbarer Handlungen eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, die Abnehmer ihrer Weine durch Täuschung über die Tatsache, daß es sich bei den von ihnen unter der Bezeichnung "Spätlese" gelieferten Weinen nicht um Qualitätsweine handelte, zum Ankauf um einen um mindestens 4 S pro Flasche überhöhten Preis verleitet, wodurch ein 100.000 S übersteigender Schade herbeigeführt wurde, und zwar (1.) von April 1980 bis Mai 1983 bei 5 Geschäftsfällen die Firma Fritz S*** zur Abnahme von insgesamt 27.228 Bouteillen mit der Etikettierung "Gumpoldskirchner Doktor Spätlese Spätrot-Rotgipfler"; (2.) im Februar 1985 die Firma M*** & R*** zur Abnahme von
700 Bouteillen mit der Etikettierung "Gumpoldskirchner Goldknöpferl Spätlese";
(zu II) im Februar 1985 Wein zum Zwecke der Täuschung dadurch falsch bezeichnet, daß sie der Firma "M*** & R***"
3108 Flaschen mit jeweils einem Liter Wein mit der Etikettierung "Gumpoldskirchner" lieferten, obwohl der Wein in Wahrheit aus dem Burgenland stammte.
Diesen Schuldspruch bekämpfen die Angeklagten mit einer gemeinsam ausgeführten, auf die Gründe der Z 4, 5 und 9 lit b des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde. Nach den Urteilsfeststellungen bestellte Dkfm. Erich S*** bei den Angeklagten jeweils den Prädikatswein "Gumpoldskirchner Doktor Spätlese". Die beiden Beschwerdeführer lieferten dem Genannten jedoch im April 1980 und 1981 sowie im Juli 1981 nicht diesen Qualitätswein sondern Tafelwein, den sie mit der Etikette "Gumpoldskirchner Doktor Spätlese, Spätrot-Rotgipfler" versahen; im Juni 1982 und Mai 1983 lieferten sie unter der genannten Bezeichnung anstelle des Prädikatsweines (gewöhnlichen) burgenländischen Weißwein (Faktum I 1). Der Firma M*** & R*** in Innsbruck, die bei den Angeklagten 700 Flaschen Spätlesewein bestellt hatte, wurde kein Wein der bestellten Art und Herkunft, sondern durchwegs gewöhnlicher burgenländischer Wein, der bei der Firma S*** angekauft und mit der Etikette "Gumpoldskirchner Goldknöpferl Spätlese" versehen worden war, gliefert (Faktum I 2). Das Gericht nahm weiters als erwiesen an, daß die genannten Firmen, deren Kunden und letztlich die Konsumenten, auf die der Schaden überwälzt wurde, für den als Spätlese ausgegebenen Wein um mindestens 4 S pro Flasche mehr bezahlten, als sie bei Deklaration der Weine als Tischwein gezahlt hätten und um diesen Betrag am Vermögen geschädigt wurden (II S 229) und daß die Käufer bei Kenntnis der wahren Umstände keine Lieferung angenommen oder gar bezahlt hätten (I S 230). Die Urteilsfeststellungen über die Täuschungshandlungen der Angeklagten stützte das Gericht auf deren jeweils geständige Verantwortung im Vorverfahren (vgl. Aussage des Angeklagten Kurt M*** I S 51 in ON 12, I S 481 ff und der Margarethe M*** I S 45 ff in ON 12, I S 431 ff), welche auch durch die festgestellten Lieferungen der Firma S*** und die Aussage des Johann S*** im Vorverfahren (I S 419) über die Geschäftsverbindungen mit den Angeklagten und deren Verlangen nach Wein mit "spätleseähnlichem Charakter" für Amerika, erhärtet werde; die davon abweichenden Darstellungen in der Hauptverhandlung - es sei tatsächlich der jeweils verlangte Qualitätswein geliefert worden, vgl. II S 205 ff - hielt es dadurch für widerlegt (vgl. II S 231 f). Die Konstatierungen über den eingetretenen Vermögensschaden gründete das Gericht darauf, daß die gelieferten Weine nicht wertlos waren, die Festsetzung eines solchen Schadensbetrages von 4 S je Flasche aus prozeßökonomischen Gründen erfolge, ein solcher zweifellos nicht den Tatsachen entspreche, sondern weit höher liege, wenn man von Einkaufs- und Verkaufspreis der Weine und insbesondere von der krassen Differenz der Preise bei der Lieferung an die Firma M*** & R*** im Februar 1985 zwischen gewöhnlichem (14 S pro Liter) und Qualitätswein (25 S für eine 0,7 Liter Flasche) ausgehe (vgl. II S 233 f).
Rechtliche Beurteilung
Die Verfahrensrüge (Z 4) betrifft teils keine entscheidungswesentlichen Tatsachen und ist andererseits nicht durch das Vorbringen im Beweisantrag gedeckt.
In der Hauptverhandlung (II S 216) hat der Verteidiger des Angeklagten die Beiziehung eines Sachverständigen zur Klärung der Frage beantragt, "ob die Angeklagten wirklich solche Vorteile erzielt haben, zur Weinsituation 1980 bis 1983 und auch zur Frage, was ein Wein mit 'spätleseartigem Charakter' ist".
Das Erstgericht lehnte die Beweisaufnahme, mit der (im Urteil, S 232 f, nachgetragenen) Begründung ab, daß das WeinG 1961 genaue Bestimmungen für die Deklarierung eines Weines als "Spätlese" enthalten habe, es damit nicht im Belieben eines Weinhauers gestanden sei, Weine, die sie geschmacklich für Qualitätsweine hielten, auch als solche zu deklarieren und daß dem WeinG 1961 die Bezeichnung "spätleseartig" unbekannt gewesen sei.
Durch die Abweisung dieses Antrages wurden Verteidigungsrechte des Angeklagten nicht beeinträchtigt, weil die Frage, welche Beschaffenheit ein Wein mit "spätleseartigem Charakter" hat und welche Preisunterschiede zwischen einem solchen und einem Qualitätswein bestanden haben, im vorliegenden Falle - wie schon das Erstgericht mit Recht anführt - im Hinblick auf diese eindeutigen Vorschriften über die Deklarierung eines Weines als Qualitätswein (§ 19 WeinG 1961) und die Bestellung eines solchen durch die Käufer, nicht entscheidungswesentlich ist. Soweit die Unterlassung der Einvernahme eines Sachverständigen auch darüber, welche Papiere für den Weinexport in die USA notwendig waren und zur Konsumentenerwartung in den USA gerügt wird, so fehlt es der Verfahrensrüge hier schon deshalb an der formalen gesetzlichen Grundlage, weil nach dem für die Prüfung des Zwischenerkenntnisses allein maßgeblichen Inhalt des protokollierten Beweisantrages die Einvernahme eines Sachverständigen zu diesem Beweisthema nicht beantragt wurde.
Soweit der Beschwerdeführer in seinem Vorbringen zum Nichtigkeitsgrund der Z 5 des § 281 Abs 1 StPO auf seinen Schriftsatz vom 9.Juni 1986 verweist, war darauf nicht Bedacht zu nehmen, weil das Rechtsmittel unmittelbar ausgeführt werden muß und ein Hinweis auf frühere Schriftsätze nicht genügt (vgl. Mayerhofer/Rieder, StPO2, ENr. 34 bei § 285).
Im übrigen übergeht die Mängelrüge (Z 5) jene Urteilsausführungen, auf welche das Erstgericht seine Tatsachenfeststellungen stützte oder richtet sich nur gegen Tatsachen, die nicht entscheidungswesentlich sind.
Dem Vorbringen der Beschwerdeführer zuwider gründete das Erstgericht auch die Urteilskonstatierung, daß in den Jahren 1980 bis 1982 Tafelwein bzw. gewöhnlicher Tischwein an die Firma S*** geliefert wurde, auf die geständige Verantwortung der Angeklagten im Vorverfahren (vgl. II S 231).
Die Behauptung der Beschwerde, daß nach der Aussage des Zeugen S*** ein Zertifikat nach dem österreichischen Weingesetz vom amerikanischen Weinkäufer nicht verlangt wurde, trifft in dieser Form nicht zu; der Zeuge hat vielmehr dazu angegeben, daß das Zertifikat mitgeliefert werden mußte (vgl. II S 215). Wenn die Rüge auf die Aussage dieses Zeugen verweist, wonach es den Amerikanern egal war, ob es sich bei dem Wein um eine Spätlese gehandelt habe oder nicht, weil nur der Charakter einer Spätlese verlangt worden sei, so wird hier nicht die gesamte entscheidungswesentliche Aussage wiedergegeben. Denn der genannte Zeuge hat in diesem Zusammenhang auch angegeben, daß an die Kunden in den USA "Gumpoldskirchner Doktor Spätlese, Spätrot-Rotgipfler, Eigengewächs und Originalabfüllung" geliefert wurde, er vom Angeklagten einen Wein mit dieser Etikettierung kaufte, eine Spätlese mit Papieren und dem Weingütesiegel bekam (II S 213), ein Wein ohne Weingütesiegel nicht exportfähig gewesen wäre und für den Fall, daß der (vom Angeklagten gelieferte) Wein keine Spätlese gewesen wäre, dieser nicht exportiert hätte werden können (II S 214); diese und alle weiteren Ausführungen des Zeugen (II S 215), aus denen sich klar ergibt, daß - entgegen dem Beschwerdevorbringen - die Lieferung des genannten Qualitätsweines Geschäftsgrundlage war, und zwar auch für den Letztverbraucher, übergeht die Rüge gänzlich. Wenn die Beschwerdeausführungen diese Aussage des Zeugen S*** anders zu deuten suchen, so wird im Ergebnis nur die Beweiswürdigung bekämpft. Dies gilt auch für jenes Vorbringen der Mängelrüge, das sie sich gegen den Beweiswert der Verantwortung der Angeklagten im Vorverfahren und dagegen wendet, daß das Gericht den späteren Aussagen in der Hauptverhandlung nicht gefolgt ist, und - in Übergehung der bezüglichen Urteilsausführungen, vgl. II S 231 f - behauptet, für die bestellungswidrige Lieferung an die Firma M*** & R*** gebe es keinen Beweis. Damit wird im Ergebnis nur versucht, dieser als unglaubwürdig abgelehnten Darstellung der Angeklagten doch noch zum Durchbruch zu verhelfen. Auch mit dem Vorbringen zum festgestellten Schadensbetrag zeigen die Beschwerdeführer keinen Begründungsmangel in der Bedeutung der Z 5 des § 281 Abs 1 StPO auf. Auch hier wird nicht auf die vom Erstgericht dafür gegebene Begründung und die dafür maßgeblichen Beweismittel (vgl. etwa dazu die von der Angeklagten Margarethe M*** angegebene Gewinnspanne, I ON 12 S 49 f) abgestellt sondern nur nach Art einer Schuldberufung versucht, die Beweiswürdigung des Erstgerichts zu bekämpfen.
Die Rechtsrüge übergeht mit ihrer Behauptung, daß kein Qualitätswein, sondern nur Wein mit "Restsüße" bzw. "qualitätsweinartigem Charakter" bestellt worden war, die oben wiedergegebenen Urteilskonstatierungen. Der weitere Einwand, den genannten Firmen sei durch die Lieferung des gewöhnlichen Weins statt des Qualitätsweins kein Schaden entstanden, verkennt, daß nach den Urteilsfeststellungen letztlich bei dem (durch die falsche Etikettierung getäuschten) Konsumenten der Schaden eingetreten ist (vgl. II S 229). Soweit hier eine Schädigung der Konsumenten bestritten wird, weil diese nur einen Wein mit dem "Charakter einer Spätlese" gewollt hatten, wird einerseits negiert, daß Geschäftsgrundlage auch für diese der Kauf eines Qualitätsweines im oben angeführten Sinne war und andererseits übergangen, daß auch diese bei Kenntnis der wahren Umstände nicht gekauft hätten. Weil die Rechtsrüge damit nicht auf den Urteilssachverhalt abstellt, entbehrt sie einer prozeßgesetzmäßigen Ausführung.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher teils nach § 285 d Abs 1 Z 2, teils nach § 285 d Abs 1 Z 1 in Verbindung mit § 285 a Z 2 StPO schon bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen.
Im gleicher Weise war auch mit der "Schuldberufung" zu verfahren, weil das Gesetz (§ 283 Abs 1 StPO) ein derartiges Rechtsmittel gegen schöffengerichtliche Urteile nicht vorsieht.
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