Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 16.369,65 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 1.488,15 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu bezahlen.
Text
Entscheidungsgründe:
Ing. Albert A*** hatte mit der beklagten Partei eine Ablebensversicherung mit einer Versicherungssumme von S 700.000,-- und einer Laufzeit vom 1. Dezember 1973 bis 1. Dezember 1983 abgeschlossen. Bezugsberechtigt war der Überbringer der Polizze. Ing. Albert A*** hat seine Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag der A*** B*** DER V***,
registrierte Genossenschaft mbH, verpfändet. Ein entsprechender Vermerk befindet sich auf der Versicherungspolizze. Die Versicherungsprämie wurde in monatlichen Teilbeträgen von S 650,40 durch Überweisung aufgrund eines Dauerauftrages des Versicherungsnehmers von der C***-B*** bezahlt.
Ing. Albert A*** widerrief den Dauerauftrag nach Ablauf der Versicherungszeit nicht, sodaß durch weitere 29 Monate die monatlichen Prämien an die beklagte Partei überwiesen wurden. Am 8. April 1984 erhielt die C***-B*** von der beklagten Partei eine Mitteilung betreffend die Änderung der Polizzennummer. Die Pfandgläubigerin erhielt keine Mitteilung von der Beendigung des Versicherungsvertrages. Ing. Albert A*** ist am 8. April 1986 verstorben.
Die klagende Partei begehrt die Versicherungssumme. Nach ihrem Standpunkt sei der Versicherungsvertrag durch Weiterzahlung der monatlichen Versicherungsprämie, deren Annahme und durch Änderung der Polizzennummer durch die beklagte Partei konkludent verlängert worden.
Die beklagte Partei bestreitet eine konkludente Vertragsverlängerung. Die Weiterzahlung der Prämie sei offensichtlich infolge eines Irrtums des Versicherungsnehmers erfolgt und von der beklagten Partei erst am 28. Mai 1986 bemerkt worden. Die Überzahlung sei an die klagende Partei rücküberwiesen und mangels Annahme gerichtlich hinterlegt worden. Infolge des Pfändungsvermerkes sei die beklagte Partei ohne Zustimmung der Pfandgläubigerin zur Auszahlung der Versicherungssumme nicht berechtigt und mangels Vorlage der auf den Inhaber lautenden Polizze durch die klagende Partei auch nicht verpflichtet.
Das Erstgericht verneinte eine konkludente Vertragsverlängerung
und wies demgemäß das Klagebegehren ab.
Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil.
Das Berufungsgericht führte eine Beweisergänzung durch und stellte ergänzend fest, daß beim Versicherungsnehmer der Wille zur Fortsetzung des Versicherungsvertrages vorhanden gewesen sei. Es vertrat im Gegensatz zum Erstgericht die Auffassung, daß es zwar zu einer schlüssigen Vertragsverlängerung gekommen sei, daß die beklagte Partei aber nur gegen Aushändigung der Versicherungsurkunde zur Leistung verpflichtet sei. Da die klagende Partei der Pflicht zur Vorlage der Versicherungsurkunde nicht nachgekommen sei, habe es bei der Abweisung des Klagebegehrens zu bleiben.
Rechtliche Beurteilung
Die gegen die Entscheidung der zweiten Instanz erhobene Revision der klagenden Partei ist nicht berechtigt.
Beizupflichten ist dem Berufungsgericht darin, daß ein Versicherungsvertrag auch formlos durch konkludente Handlungen abgeschlossen werden kann (VersR 1978, 752; EvBl. 1974/141; VersR 1967, 148; Prölss-Martin, VVG23 45; Bruck-Möller, VVG8 I 157). Nichts anderes gilt auch für einen Verlängerungsvertrag (Bruck-Möller aaO 222). Richtig ist auch, daß von einer vereinbarten Schriftform einverständlich auch durch konkludentes Verhalten wieder abgegangen werden kann (VersR 1978, 752 ua). Nicht geteilt werden kann jedoch die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, daß es im vorliegenden Fall zu einer konkludenten Vertragsverlängerung gekommen sei. Eine konkludente Willenserklärung darf nach § 863 ABGB nur angenommen werden, wenn eine Handlung nach der Verkehrssitte, nach den üblichen Gewohnheiten und Gebräuchen eindeutig in einer bestimmten Richtung zu verstehen ist. Es darf kein vernünftiger Grund übrig sein, daran zu zweifeln, daß ein Rechtsfolgewille in bestimmter Richtung vorliegt. Bei Beurteilung eines Verhaltens auf seine konkludente Aussage ist daher größte Vorsicht geboten und ein strenger Maßstab anzulegen (Koziol-Welser8 I 83; Rummel in Rummel ABGB Rz 14 zu § 863; JBl. 1974, 373; EvBl. 1969/97 ua). Dies gilt insbesondere für die stillschweigende Verlängerung eines Versicherungsvertrages ohne Verlängerungsklausel (vgl. Bruck-Möller aaO 224 und den dort zitierten Fall der irrtümlichen Einziehung von Beiträgen durch den Versicherer bei einer Risikolebensversicherung nach Vertragsablauf).
Im vorliegenden Fall kam es zur Weiterzahlung der Versicherungsprämie deshalb, weil es der Versicherungsnehmer unterlassen hatte, den Dauerauftrag zu widerrufen. Unerheblich ist, daß nach den ergänzenden Feststellungen des Berufungsgerichtes beim Versicherungsnehmer der Wille zur Fortsetzung des Versicherungsverhältnisses vorhanden war, weil dem inneren, unkontrollierbaren Parteiwillen keine Bedeutung zukommt (VersR 1978, 752 mwN). Entgegen der Meinung des Berufungsgerichtes fällt aber ins Gewicht, daß es sich um eine Ablebensversicherung handelte, bei der dem Gesundheitszustand des Versicherungsnehmers für die Übernahme des Risikos erhebliche Bedeutung zukommt. Wie das Berufungsgericht richtig dargelegt hat, werden daher auch regelmäßig vor Vertragsabschluß vom Versicherungsnehmer schriftliche Erklärungen über gefahrerhebliche Umstände eingeholt. Im Zeitpunkt der hier in Betracht kommenden konkludenten Vertragsverlängerung waren seit Vertragsabschluß bereits 10 Jahre verstrichen. Der Versicherungsnehmer war außerdem fast 53 Jahre alt. Mit Rücksicht auf diese Umstände kann aber die mangelnde Zurückweisung der im Wege eines Dauerauftrages über das Ende des Vertragsverhältnisses hinaus eingelangten Versicherungsprämien durch den Versicherer nicht als konkludente Zustimmung zur Vertragsverlängerung angesehen werden. Das Alter des Versicherungsnehmers und die mögliche Änderung der für die Übernahme des Risikos erheblichen Umstände lassen es sehr zweifelhaft erscheinen, daß ein Rechtsfolgewille zur Fortsetzung des Versicherungsvertrages zu unveränderten Bedingungen auf Seiten der beklagten Partei vorlag. Daran ändert auch nichts die Dauer der Prämienüberzahlung und die Änderung der Polizzennummer, weil es sich bei diesen Umständen nur um Indizien handelt, denen hier mit Rücksicht auf die dargelegten Umstände keine entscheidende Bedeutung beigemessen werden kann. Entsprach das Verhalten der beklagten Partei aber nicht den Konkludenzerfordernissen des § 863 ABGB, ist die Annahme einer schlüssigen Vertragsverlängerung nicht gerechtfertigt.
Demgemäß ist der Revision ein Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.
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