Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 2.719,20 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 247,20 an Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die klagende Partei, die ein Unternehmen zur Durchführung von Heizungs- und Sanitärinstallationen betreibt, ist bei der beklagten Partei haftpflichtversichert. Sie stellt das Begehren, die beklagte Partei schuldig zu erkennen, auf Grund des bestehenden Haftpflichtvertrages in das Schadensereignis bei Mathias S*** in Mellau vom 6. November 1985 einzutreten und ihr den daraus resultierenden Schaden von S 24.715,35 s.A. zu bezahlen. Die klagende Partei habe im Herbst 1985 im Auftrag des Mathias S*** durch ihren Monteur Reinhard M*** Arbeiten am Druckausgleichgefäß durchgeführt, da die Heizanlage Wasserverluste gehabt habe. Zur Behebung dieses Schadens habe das Expansionsgefäß ausgetauscht werden müssen. Um den Austausch durchführen zu können, hätten aus dem Rohrleitungssystem, das an den Heizkessel angeschlossen sei, einige Liter Wasser abgelassen und nach Durchführung der Reparatur wieder eingefüllt werden müssen. Dies habe zur Folge gehabt, daß im Heizkessel Spannungen aufgetreten seien. Der Kessel habe Risse bekommen und sei undicht geworden. Die klagende Partei habe deshalb einen neuen Heizkessel liefern müssen und hiedurch einen Aufwand in der Höhe des Klagebetrages gehabt. Die beklagte Partei beantragt die Abweisung der Klage. Ursache der im Heizkessel aufgetretenen Spannungen und der in der Folge entstandenen Risse sei es gewesen, daß der Monteur der klagenden Partei nach der Reparatur kaltes Wasser eingefüllt habe, obwohl der Heizkessel noch warm gewesen sei. Gemäß Art. 5 III. 6. c der AHVB 1963 seien ausgeschlossen von der Versicherung Haftpflichtansprüche wegen Schäden an jenen Teilen von unbeweglichen Sachen, die unmittelbar Gegenstand der Bearbeitung, Benützung oder einer sonstigen Tätigkeit sind. Das Expansionsgefäß sei durch zwei Wasserleitungsrohre mit dem etwa 50 cm entfernten Heizkessel verbunden. Expansionsgefäß, Heizkessel und Rohrleitungssystem bildeten eine einheitliche, unbewegliche Sache, die Heizungsanlage, auf die sich die Reparaturarbeiten insgesamt bezogen hätten. Das Erstgericht gab der Klage statt und traf folgende Feststellungen:
Bei der Heizanlage des Mathias S*** handelt es sich um einen Kessel mit aufgesetztem Boiler. Von diesem Kessel wird der Vor- und Rücklauf zu den Radiatoren geführt. Sowohl an der vom Kessel wegführenden Vorlaufleitung als auch an der zu ihm zurückführenden Rücklaufleitung befindet sich ein Absperrventil, damit bei Arbeiten am Kessel nicht der gesamte Wasserinhalt aus dem Versorgungsnetz und den Radiatoren abgelassen werden muß. Von der Vorlaufleitung zweigt - noch vor dem Absperrventil - die Zuleitung zum Expansions(Druckausgleich-)Gefäß ab, das jene Wassermenge aufnehmen soll, die bei Erwärmung des Wassers des Heizungsnetzes von 20 auf 90 Grad anfällt. In dem Expansionsgefäß ist eine Gummimembran eingebaut, die eine durchschnittliche Lebensdauer von 10 Jahren hat. Ist die Gummimembran, ein Verschleißteil, defekt, kann nur mehr ein Austausch des gesamten Expansionsgefäßes erfolgen. Das Expansionsgefäß gehört zu den Sicherheitseinrichtungen einer Heizanlage.
Bei der Überprüfung der Heizanlage des Mathias S*** wurde als Ursache des Wasserverlustes ein Defekt des Expansionsgefäßes festgestellt, so daß dessen Austausch erforderlich wurde. Der Monteur der klagenden Partei schloß bei Beginn der Reparaturarbeiten die Absperrventile der Vor- und Rücklaufleitung. Im Brennraum des Festbrennstoffkessels befand sich zu diesem Zeitpunkt noch Glut, die Wassertemperatur der Anlage betrug 45 bis 50 Grad. Die Zuleitung zum Expansionsgefäß weist einen Ablaufhahn auf. Der Monteur der klagenden Partei öffnete vor der Demontage des defekten Druckausgleichgefäßes diesen Ablaufhahn und ließ eine geringe Wassermenge ab. Es war nicht erforderlich, das im Kessel befindliche Wasser abzuleiten. Danach wurde das schadhafte Expansionsgefäß demontiert und ein neues montiert. In der Folge füllte der Monteur durch das Ablaufventil einige Liter Wasser nach und öffnete die Absperrventile der Vor- und Rücklaufleitung. Dadurch kam außer dem nachgefüllten Wasser auch das im Rohrnetz und in den Radiatoren befindliche Wasser, das sich während der etwa 10 Minuten dauernden Reparatur abgekühlt hatte, wieder in den Heizkessel. Die plötzliche Abkühlung des Heizkessels und die damit verbundene Dehnungsarbeit war für den Eintritt des Schadens am Kessel ursächlich. Nach Art. 5 III. 6. c der AHVB 1963 sind ausgeschlossen von der Versicherung Haftpflichtansprüche wegen Schäden an jenen Teilen von unbeweglichen Sachen, die unmittelbar Gegenstand der Bearbeitung, Benützung oder einer sonstigen Tätigkeit sind.
In seiner rechtlichen Beurteilung vertrat das Erstgericht die Ansicht, der Austausch des Expansionsgefäßes sei nicht als Tätigkeit an dem später beschädigten Heizkessel anzusehen.
Das Berufungsgericht wies die Klage ab und sprach aus, daß die Revision zulässig sei. Unter einer "Tätigkeit" an einer Sache im Sinne der Ausschlußklausel des Art. 5 III. 6. c der AHVB 1963 sei eine bewußte und gewollte, also nicht nur zufällige Einwirkung auf eine Sache, die einem bestimmten Zweck diene, zu verstehen. Diese Einwirkung brauche nicht mit einer Veränderung der äußeren Gestalt oder der Substanz der Sache oder mit einer Einwirkung auf die Substanz verbunden sein. Die Intensität der Einwirkung sei belanglos. Durch das Nachfüllen von Wasser habe der Monteur der klagenden Partei auf den in der Folge beschädigten Heizkessel eingewirkt. Abgesehen davon, daß das Nachfüllen von Wasser offensichtlich erforderlich gewesen sei, komme es nicht darauf an, ob die Einwirkung zur Erfüllung des Auftrages notwendig und zweckmäßig ist. Für die Beurteilung der Frage, welcher Teil einer unbeweglichen Sache Gegenstand der Tätigkeit gewesen sei, sei die Verkehrsanschauung maßgebend. Wenngleich im Mittelpunkt der Bearbeitung das Expansionsgefäß gestanden sei, sei mit der Durchführung des Auftrages auch eine Tätigkeit am Heizkessel - durch Zuführen von Wasser - verbunden gewesen. Es sei daher auch der Heizkessel als Ausschlußobjekt anzusehen. Die Revision sei zuzulassen gewesen, weil eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Frage, was unmittelbar Gegenstand der Tätigkeit im Sinne der Ausschlußklausel sei, und ob auch das Nachfüllen von Wasser in einen Heizkessel als Tätigkeit verstanden werden könne, nicht vorliege.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision der klagenden Partei ist nicht berechtigt. Die klagende Partei beharrt auf ihrer Rechtsansicht der Handlungswille der klagenden Partei habe sich nicht auf den Heizkessel erstreckt. Die Beschädigung des Heizkessels sei daher zufällig erfolgt. Die Tätigkeit der klagenden Partei habe sich auf das Expansionsgefäß, das ein selbständiger Teil der Heizanlage sei, bezogen.
Das Revisionsgericht schließt sich diesen Ausführungen nicht an. Der Begriff einer Tätigkeit iS des Art. 5 III. 6. c der AHVB 1963 wurde vom Berufungsgericht im Sinne der herrschenden Lehre (Prölss/Martin, Versicherungsvertragsgesetz23, 972 ff;
Bruck-Möller-Johannsen, Versicherungsvertragsgesetz8 IV 422 f;
Wussow, AHB6, 372 f) und Rechtsprechung (EvBl 1971/150, VersR 1977, 752) dargestellt. Danach ist "Tätigkeit" an einer Sache eine bewußte und gewollte, auf einen bestimmten Zweck abgestellte, nicht nur zufällige Einwirkung auf eine Sache, die nicht in einer Veränderung der äußeren Gestalt oder des inneren Wesens der Sache zu bestehen braucht. Nicht gefordert wird, daß die Sache im Mittelpunkt des Auftrages steht oder ein Instrument verwendet wird. Die Ausschlußklausel greift daher auch dann ein, wenn die Tätigkeit an der beschädigten Sache nicht Endzweck der geplanten unternehmerischen Arbeitsleitung ist und nur gelegentlich einer an einer anderen Sache auszuführenden Arbeit auch eine Tätigkeit an der später beschädigten Sache bewußt und gewollt durchgeführt wird, wenn die aus dem Auftrag sich ergebende Arbeit zwangsläufig oder aus Zweckmäßigkeitsgründen eine Tätigkeit an einer anderen Sache mit sich bringt (Bruck-Möller-Johannsen aaO, Wussow aaO). Ist in der Ausschlußklausel von "Teilen" einer unbeweglichen Sache die Rede, kommt es darauf an, welche Leistungen der Versicherungsnehmer zu erbringen hatte, ob sich seine Erfüllungshandlung auf einen abgrenzbaren Teil der unbeweglichen Sache zu erstrecken hatte, wie dieser nach der Verkehrsauffassung abzugrenzen war, sowie darauf, welche Teile der Sache durch die Haupttätigkeit zwangsläufig in Mitleidenschaft gezogen werden mußten (Prölss/Martin aaO 975). Im vorliegenden Fall war die klagende Partei nicht beauftragt worden, das Expansionsgefäß auszuwechseln, sondern Reparaturarbeiten an der Heizungsanlage durchzuführen, da Wasserverluste aufgetreten seien. Die unternehmerische Beziehung der klagenden Partei bestand deshalb zur Heizungsanlage in ihrer Gesamtheit, nicht nur zu einem ihrer Teile (vgl. Wussow aaO 373, sowie VersR 1962, 749 f). Darüber hinaus war es, um die Auswechslung des Expansionsgefäßes durchführen zu können, zwangsläufig erforderlich, zunächst die Absperrventile der (vom Kessel weg- und zu ihm wieder zurückzuführenden) Vor- und Rücklaufleitung zu schließen und durch Öffnen eines bei der - von der vom Kessel wegführenden Vorlaufleitung abzweigenden - Zuleitung zum Expansionsgefäß angebrachten Ablaufhahnes etwas Wasser abzulassen und nach Durchführung der Auswechslung die Ventile wieder zu öffnen und durch das Ablaufventil einige Liter Wasser nachzufüllen. Das Nachfüllen und Zurückströmenlassen des Wassers stellt eine bewußte und gewollte Tätigkeit dar, die die Auswechslung des Expansionsgefäßes notwendig mit sich brachte und den Schaden am Kessel verursachte. Es fehlt daher keineswegs an einer "unternehmerischen Beziehung", an einem "Tätigkeitsbewußtsein" der klagenden Partei zu diesem Kessel
(vgl. Bruck-Möller-Johannsen aaO 422 und 423).
Mit Recht hat daher das Berufungsgericht die Klage abgewiesen. Die Kostenentscheidung erfolgte nach den §§ 41, 50 ZPO.
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