OGH 9ObA184/87

OGH9ObA184/8713.1.1988

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof.Dr.Kuderna als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Gamerith und Dr.Petrag sowie die fachkundigen Laienrichter Dr.Carl Hennrich und Dr.Bernhard Schwarz als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Irene U***, Köchin, Wien 10., Fliederhof 12/9, vertreten durch Dr.Georg Josef Reich, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Maria H***, Gastwirtin, Wien 2., Karmelitergasse 11, vertreten durch Dr.Reinhard Burghofer, Rechtsanwalt in Wien, wegen Wiederaufnahme (Streitwert 1.781,53 S samt Anhang), infolge Rekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 1.Juni 1987, GZ 31 Ra 59/87-28, womit die auf Wiederaufnahme des Verfahrens über die Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Arbeitsgerichtes Wien vom 1.August 1986, GZ 3 Cr 677/85-13, und Abänderung des Beschlusses des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 23.März 1987, GZ 31 Ra 15/87-18, gerichtete Klage zurückgewiesen wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Klägerin hat ihre Rekurskosten selbst zu tragen.

Text

Begründung

Das Erstgericht gab dem auf Zahlung von 18.398 S brutto sA gerichteten Klagebegehren mit einem Betrag von 13.391,47 S butto sA statt und wies das Mehrbegehren von 5.006,53 S brutto sA ab. Mit Beschluß ON 18 gab das Berufungsgericht den Berufungen beider Parteien im Sinne einer Aufhebung des Ersturteils Folge, wobei es davon ausging, daß die Abweisung eines Betrages von 1.781,53 S sA unbekämpft geblieben sei. Es vertrat die Rechtsauffassung, daß die Klägerin mit ihrem Rechtsmittel nur die Entscheidung über die Kündigungsentschädigung bekämpft habe, die in der Klage mit einem Betrag von 3.225 S geltend gemacht worden sei. Die Abweisung eines weiteren Betrages von 1.781,53 S beziehe sich auf die Urlaubsentschädigung, die mit der Kündigungsentschädigung nicht in Zusammenhang stehe; dieser Teil sei daher ungeachtet des Berufungsantrages unangefochten geblieben.

Binnen 4 Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses erhob die Klägerin eine Klage mit dem Begehren, die Wiederaufnahme des Berufungsverfahrens zu bewilligen und den Beschluß des Berufungsgerichtes ON 18 dahin abzuändern, daß die Worte "das hinsichtlich der Abweisung eines Betrages von 1.781,53 S samt 4 % Zinsen seit 20.August 1985 als unbekämpft unberührt bleibt, im übrigen hinsichtlich eines Begehrens von 16.616,47 S samt 4 % Zinsen seit 20.August 1985" ausgeschieden werden und der Spruch des Beschlusses ON 18 zu lauten habe: "Beiden Berufungen wird Folge gegeben. Das angefochtene Urteil wird aufgehoben und die Rechtssache zur Ergänzung des Verfahrens und zur neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen, das auf die Kosten des Berufungsverfahrens gleich Verfahrenskosten erster Instanz Bedacht zu nehmen haben wird." Die Klägerin brachte vor, sie und ihr Vertreter seien der Auffassung gewesen, daß mit der Berufung das Ersturteil hinsichtlich des gesamten abgewiesenen Betrages angefochten worden sei. Die Klägerin habe nicht damit rechnen können, daß sich das Berufungsgericht über die Anfechtungserklärung und die Ausführungen hinwegsetzen werde, die Berechnung des Erstgerichtes sei unrichtig. Der Klägerin hätte der gesamte (abgewiesene) Betrag zuerkannt werden müssen. Damit würden die Wiederaufnahmsgründe nach den §§ 530 Abs 1 Z 7 und 531 ZPO geltend gemacht.

Mit dem angefochtenen Beschluß wies das Berufungsgericht diese Wiederaufnahmsklage als zur Bestimmung einer Tagsatzung für die mündliche Verhandlung ungeeignet gemäß dem § 538 Abs 1 ZPO zurück und sprach aus, daß der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei. Es vertrat die Rechtsauffassung, daß ein Wiederaufnahmsgrund im Sinne des § 530 Abs 1 Z 7 ZPO nicht geltend gemacht worden sei. Gegen diesen Beschluß richtet sich der Rekurs der Klägerin mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und dem Oberlandesgericht Wien die Einleitung des gesetzlichen Verfahrens über die Wiederaufnahmsklage aufzutragen.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist zulässig.

Die Rekursbeschränkung des § 519 ZPO gilt nicht für Beschlüsse des Berufungsgerichtes, wenn es gemäß § 532 ZPO im Verfahren über Nichtigkeits- und über Wiederaufnahmsklagen als Gericht erster Instanz einschreitet, so etwa für Beschlüsse gemäß den §§ 538, 543 ZPO (siehe Fasching Kommentar ZPO IV 406 f). Analog § 535 ZPO unterliegt die Anfechtbarkeit der im Verfahren über Nichtigkeits- oder Wiederaufnahmsklagen gefaßten Beschlüsse ansonsten denselben Beschränkungen wie die Anfechtbarkeit der von diesem Gericht als Rechtsmittelinstanz gefaßten Beschlüsse (siehe Fasching aaO, 536). Da gemäß § 47 Abs 1 ASGG in Arbeits- und Sozialrechtssachen die Rekursbeschränkung des § 528 Abs 1 Z 5 ZPO nicht gilt, ist der Rekurs unter den Voraussetzungen des § 46 Abs 2 ASGG zulässig.

Der Rekurs ist jedoch nicht berechtigt.

Wie das Berufungsgericht richtig erkannt hat, wird mit der vorliegenden Wiederaufnahmsklage ein Wiederaufnahmsgrund im Sinne der §§ 530 und 531 ZPO nicht behauptet. Mit dem Vorbringen, das Berufungsgericht habe den Umfang der Anfechtung unrichtig beurteilt, wird weder eine neue Tatsache noch ein neues Beweismittel im Sinne der §§ 530 Abs 1 Z 7 und 531 ZPO, sondern - analog zu § 496 Abs 1 Z 1 ZPO - ein Mangel des Berufungsverfahrens im Sinne des § 503 Abs 1 Z 2 ZPO geltend gemacht (vgl. Fasching aaO 315). Dieser Mangel wäre im Falle eines Rechtskraftvorbehaltes nach § 519 Abs 1 Z 1 ZPO mit Rekurs gegen den Aufhebungsbeschluß ON 18 geltend zu machen gewesen. Durch das Unterbleiben eines Ausspruches nach § 519 Abs 1 Z 3 ZPO wird der Partei diese Anfechtungsmöglichkeit nicht endgültig genommen, sondern nur der Bekämpfung der im folgenden Rechtsgang ergehenden Entscheidung in der Sache selbst vorbehalten. Dem Rekurs war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 40 und 50 ZPO.

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