Spruch:
Die Akten werden dem Oberlandesgericht Linz mit dem Auftrag zurückgestellt, sein Urteil durch Aussprüche über den von der Abänderung und den von der Bestätigung betroffenen Wert des Streitgegenstandes zu ergänzen.
Text
Begründung
Der Erstrichter erkannte die Beklagte schuldig, es im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbes zu unterlassen, Teeprodukte mit Hinweisen wie "regt Herz und Kreislauf an", "macht munter", "wassertreibend", "verdauungsfördernd"; Sirups mit Hinweisen "bei Grippe, Schnupfen, Heiserkeit" und Roßkastanien sowie Kräuterelexiere mit Hinweisen auf "Venenschwäche", "Krampfadern", "Durchblutungsstörungen", zu bewerben (Punkt 1.). Dem klagenden Verband erteilte er die Ermächtigung, den Urteilsspruch binnen 6 Monaten nach Rechtskraft auf Kosten der Beklagten in einer näher beschriebenen Weise im redaktionellen Teil einer Samstagausgabe der periodischen Druckschrift "OÖ. Nachrichten" veröffentlichen zu lassen (Pkt. 2.).
Das Gericht zweiter Instanz gab der Berufung der Beklagten "in der Hauptsache nicht, jedoch hinsichtlich der Entscheidung über das Urteilsveröffentlichungsbegehren" Folge; während es das erstgerichtliche Urteil in seinem Punkt 1. bestätigte, änderte es dieses in seinem Punkt 2. dahin ab, daß es das Veröffentlichungsbegehren abwies. Das Berufungsgericht sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes, über den es entschieden habe, S 300.000,-- übersteige.
Gegen den bestätigenden Ausspruch des Berufungsgerichtes wendet sich die Revision der Beklagten wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, daß das Klagebegehren zur Gänze abgewiesen werde. Den abändernden Ausspruch bekämpft der Kläger mit Revision wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung. Er beantragt die Wiederherstellung des Ersturteils (auch) in Ansehung der Urteilsveröffentlichung; hilfsweise stellt er einen Aufhebungsantrag.
Beide Parteien beantragten, der Berufung ihres Gegners nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Bewertungsausspruch des Berufungsgerichtes ist
unvollständig; ihm ist nicht mit Sicherheit zu entnehmen, ob beide Revisionen zulässig sind.
Nach § 500 Abs. 2 ZPO in der Fassung der ZVN 1983 hat das
Berufungsgericht dann, wenn der Streitgegenstand, über den es
entscheidet, nicht ausschließlich in einem Geldbetrag besteht, im
Urteil auszusprechen,
1. wenn es der Berufung ganz oder teilweise stattgibt, ob der davon
betroffene Wert des Streitgegenstandes S 15.000,--
übersteigt,
2. wenn es das Urteil erster Instanz ganz oder teilweise bestätigt, ob der davon betroffene Wert des Streitgegenstandes S 60.000,-- übersteigt,
3. wenn sich nicht schon aus einem Ausspruch nach Z 1 oder 2 ergibt, daß dies nicht der Fall ist, ob der Wert des Streitgegenstandes zusammen mit dem in einem Geldbetrag bestehenden Teil den Betrag von S 300.000,-- übersteigt. Nur den letztgenannten Ausspruch (Z 3), nicht aber auch die in Z 1 und 2 des § 500 Abs. 2 vorgeschriebenen Aussprüche hat das Gericht zweiter Instanz hier in sein Urteil aufgenommen. Es ist aber nicht auszuschließen, daß, wenngleich der Gesamtstreitwert
S 300.000,-- übersteigt, dennoch der von der Abänderung betroffene Wert nicht S 15.000,-- oder der von der Bestätigung betroffene Wert nicht S 60.000,-- übersteigt. In letzterem Fall wäre die Revision der Beklagten, im erstgenannten Fall die Revision der Klägerin jedenfalls unzulässig.
Die Fassung des Urteilsspruches des Gerichtes zweiter Instanz deutet darauf hin, daß dieses der Rechtsmeinung war, das Urteilsveröffentlichungsbegehren sei als Nebenforderung nicht zu bewerten, hat doch das Berufungsgericht zwischen der Berufung in der "Hauptsache" und der Entscheidung über das Veröffentlichungsbegehren unterschieden. Dem kann indes nicht gefolgt werden:
Der Oberste Gerichtshof hat zwar früher gelegentlich ausgesprochen, daß ein Veröffentlichungsbegehren nach § 25 Abs. 3 UWG jedenfalls dann, wenn es mit der Klage auf Unterlassung verbunden wird, eine "Nebenforderung" im Sinne der § 500 Abs. 2 Satz 1, § 502 Abs. 3 Satz 2 ZPO sei und ein Urteil des Berufungsgerichtes, das die Entscheidung der ersten Instanz nur in diesem Punkt abändert oder aufhebt, daher bei der Beurteilung der Zulässigkeit einer Revision als (voll) bestätigend anzusehen sei (SZ 54/151 ua). Diese Entscheidungen waren jedoch auf Grund der Rechtslage vor der ZVN 1983 ergangen. Nach dem bis zum Inkrafttreten dieser Novelle in Geltung gestandenen § 502 Abs. 3 ZPO idF BGBl. 1971/291 war gegen ein bestätigendes Urteil des Berufungsgerichtes die Revision unzulässig, wenn der Streitgegenstand, über den das Berufungsgericht entschieden hatte, an Geld oder Geldeswert einen bestimmten Betrag (zunächst S 50.000, --, seit BGBl. 1976/91 S 60.000,--) nicht überstieg. Dies galt nach Satz 2 dieser Bestimmung auch dann, wenn das Berufungsgericht das Urteil der ersten Instanz nur in seinen Ausspruch über Nebenforderungen abgeändert hatte. Demgemäß hatte § 500 Abs. 2 ZPO in der Fassung vor der ZVN 1983 vorgesehen, daß das Berufungsgericht einen Ausspruch über den Wert des Streitgegenstandes dann zu machen habe, wenn es das Urteil erster Instanz, abgesehen von seinem Ausspruch über Nebenforderungen, bestätigte und der Streitgegenstand nicht ausschließlich in einem Geldbetrag bestand. Zu diesen "Nebenforderungen" gehörten aber nach der damaligen Rechtslage nicht nur die in § 54 Abs. 2 JN genannten Nebengebühren, sondern auch andere rechtlich unselbständige Nebenansprüche, wie eben das Begehren auf Urteilsveröffentlichung nach § 25 UWG. Die Regelung des § 500 Abs. 2 Satz 1, § 502 Abs. 3 Satz 2 ZPO idF BGBl. 1971/291 stand im Zusammenhang mit der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes seit dem Judikat 56 neu (SZ. 24/335), in welchem er ausgesprochen hatte, daß ein bestätigendes Urteil im Sinne des § 502 Abs. 3 ZPO nur vorliege, wenn es sich um eine volle Bestätigung handle; im Falle der Teilbestätigung komme die Revisionsbeschränkung des § 502 Abs. 3, erster Halbsatz, ZPO und daher auch ein Ausspruch des Berufungsgerichtes gemäß § 500 Abs. 2 ZPO nicht in Betracht. Seit der Novelle BGBl. 1971/291 waren daher Berufungsurteile, die über einen Streitgegenstand bis zum jeweiligen Schwellenwert entschieden hatten, auch dann als bestätigende Urteile unanfechtbar, wenn nur der Ausspruch über die Nebenforderungen abgeändert worden war.
Mit der ZVN 1983 ist aber der Gesetzgeber vom Judikat 56 neu bewußt abgegangen (Petrasch, Das neue Revisions- (Rekurs-) Recht, ÖJZ 1983, 169 ff (175); ÖBl. 1987, 76 mwN). Für die Zulässigkeit der Revision kommt es jetzt auf den Wert der (Teil-) Bestätigung und der (Teil-) Abänderung an. Wird etwa die Entscheidung über den geltend gemachten Kapitalsbetrag bestätigt, jene über die Zinsen aber abgeändert, dann richtet sich die Zulässigkeit der Revision gegen den bestätigenden Ausspruch über die Kapitalsforderung nach deren Höhe, die abändernde Entscheidung über die Zinsen ist hingegen unbekämpfbar, weil der Beschwerdegegenstand in diesem Fall nicht S 15.000,-- übersteigt (§ 54 Abs. 2 JN; § 502 Abs. 1 Z 2 ZPO). Den Begriff der "Nebenforderungen" kennen § 500 Abs. 2 und § 502 Abs. 3 ZPO idF der ZVN 1983 nicht mehr. Für das Begehren auf Ermächtigung zur Urteilsveröffentlichung gilt aber auch nicht § 54 Abs. 2 JN; diese Bestimmung spricht nur von Zuwachs, Früchten, Zinsen, Schäden und Kosten, die als Nebenforderungen geltend gemacht werden.
Das Berufungsgericht hat im vorliegenden Fall das
erstrichterliche Urteil im Unterlassungsausspruch bestätigt, im Veröffentlichungsausspruch hingegen abgeändert; es hat daher die davon jeweils betroffenen Streitwerte gesondert zu bewerten. Da es diese notwendigen Aussprüche unterlassen hat, wird es sie im Wege der Berichtigung (Ergänzung) seines Spruches nachzuholen haben.
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