Spruch:
Zur Verhandlung und Entscheidung über diese Klage wird das Handelsgericht Wien als das zuständige Gericht bestimmt.
Text
Begründung
Mit einem im Jahre 1976 in Graz abgeschlossenen Vertrag übertrug die Klägerin (im Vertrag als "die Firma" bezeichnet) der Beklagten (als "Vertreter" bezeichnet) die Vertretung für den Verkauf ihrer Produkte in der Republik I*****.
Der Artikel 13 des Vertrages trägt die Überschrift "Law of Contract" (in der deutschen Übersetzung "Gerichtsbarkeit") und hat in deutscher Übersetzung folgenden Wortlaut: "Der vorliegende Vertrag unterliegt den Gesetzen des Landes, in dem die Firma ihren Sitz hat, und der Vertreter erklärt sich hiemit mit der Rechtsprechung der Gerichte in diesem Land einverstanden."
Die Klägerin bringt in ihrer Klage vor, die Beklagte behaupte zu unrecht, noch Provisionsforderungen aus diesem Vertrag zu haben, und stelle diese Behauptung auch gegenüber verschiedenen staatlichen Stellen des I***** auf. Dies berge die Gefahr in sich, dass die von der Klägerin dort unterhaltenen Bankkonten gesperrt oder sonst Maßnahmen ergriffen würden, die eine Fertigstellung der von der Klägerin dort geführten Bauvorhaben wesentlich erschwerten oder gar unmöglich machten. Die Klägerin begehre daher die Feststellung, dass der Beklagten keine wie immer geartete Forderung gegenüber der Klägerin zustehe.
Diese Klage wurde mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom 19. 5. 1987, GZ 17 Cg 107/86-11, bestätigt mit Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien vom 25. 9. 1987, GZ 3 R 150/87-17, wegen örtlicher Unzuständigkeit zurückgewiesen.
In ihrem Ordinationsantrag bringt die Klägerin vor, eine Rechtsverfolgung im I***** wäre wegen des Krieges, den dieser Staat seit mehr als sechs Jahren mit dem ***** führe, unzumutbar. Außerdem bestünden zwischen Österreich und dem I***** keine Verträge, die eine Vollstreckung eines im I***** erwirkten Urteiles ermöglichen würden.
Rechtliche Beurteilung
Gemäß § 28 Abs 1 JN hat der Oberste Gerichtshof aus den sachlich zuständigen Gerichten eines zu bestimmen, das als örtlich zuständig zu gelten hat, wenn die Voraussetzungen für die örtliche Zuständigkeit eines inländischen Gerichtes nicht gegeben sind, und die Rechtsverfolgung im Ausland nicht möglich oder unzumutbar wäre. Eine Prozessführung im I***** ist der Klägerin schon wegen des Krieges, den dieser Staat seit Jahren mit dem ***** führt, nicht zumutbar. Dies reicht nach herrschender Rechtsprechung allerdings noch nicht aus, um eine Ordination im Sinne des § 28 JN vorzunehmen. Es ist vielmehr auch eine ausrechende Nahebeziehung zum inländischen Rechtsbereich erforderlich (Schwimann, ÖZW 1984, 106; Matscher, JBl 1983, 509; 4 Nd 511/87 ua). Eine Inlandsbeziehung besteht im vorliegenden Fall insoweit, als die Klägerin ihren Sitz in Österreich hat und der Vertrag ebenfalls hier geschlossen wurde. Dazu kommt, dass sich die Beklagte im Artikel 13 des Vertrages ausdrücklich mit der Rechtsprechung der österreichischen Gerichte einverstanden erklärt. Eine fehlende Inlandsbeziehung könnte zwar nicht durch Parteiwillen ersetzt werden, ein geringerer Grad der Inlandsbeziehung kann aber durch entsprechenden Parteiwillen die ausreichende Intensität erlangen (JBl 1983, 541, dazu Schwimann JBl 1984, 12). Der Sitz der Klägerin in Österreich, der Vertragsabschluss in diesem Staat und der Artikel 13 des Vertrages stellen daher eine ausreichende Inlandsbeziehung für eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofes im Sinne des § 28 JN dar.
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