OGH 6Ob1003/87

OGH6Ob1003/8718.12.1987

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Samsegger als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schobel, Dr.Melber, Dr.Schlosser und Dr.Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Karl U***, Chemiearbeiter, Brückl, Salchendorf 1, vertreten durch Dr.Franz Kleinszig, Rechtsanwalt in St.Veit an der Glan, wider die beklagte Partei Christine U***, Landwirtin, Brückl, Salchendorf 1, vertreten durch Dr.Otfried Fresacher, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wegen 100.000 S samt Nebenforderungen infolge ao. Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 2.Oktober 1987, GZ 1 R 165/87-26, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revison der klagenden Partei wird gemäß § 508 a Abs. 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs. 4 Z 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung

Die im Jahre 1919 geborene Beklagte ist die Witwe nach dem am 2. März 1983 gestorbenen Erblasser, der im Jahre 1953 geborene Kläger ist deren einziger erblicher Nachkomme.

Mit dem Notariatsakt vom 9.Juli 1952 hatten die Beklagte und ihr Ehemann Ehepakte errichtet, mit denen sie einerseits eine allgemeine, schon unter Lebenden wirksame Gütergemeinschaft vereinbarten, in die der Ehemann einen Kärntner Hof und die Ehefrau 105 fm Fichtennutzholz "am Stock" einbrachten. Andererseits setzten die Eheleute einander wechselseitig zu drei Viertel erbvertraglich und zum restlichen Viertel testamentarisch zu Alleinerben ein und bestimmten dabei im Punkt Fünftens Buchstabe c wörtlich:

"sollten endlich bei Vorableben eines der Ehegatten Karl und Christine....Kinder aus dieser Ehe oder auch nur ein solches Kind vorhanden sein, so wird der überlebende Eheteil hiemit unter seiner ausdrücklichen Zustimmung verpflichtet:

aa) der bei Ableben des erstversterbenden Ehegatten vorhandenen gesetzlich erbberechtigten Nachkommenschaft desselben den diesen Kindern nach dem Gesetzegebührenden Pflichtteil hinauszuzahlen, dessen unge-achtet aber

bb) sowohl die vom vorversterbenden Eheteil im Erbwege übernommene als auch die dem überlebenden Ehegatten bereits bücherlich zugeschriebene, somit die ganze Liegenschaft Einlagezahl..... seinerzeit durch Rechtsgeschäft unter Lebenden oder von Todeswegen einem Kinde aus der Ehe zwischen ihnen nach freier Wahl zuübergeben oder zu hinterlassen. Die voreheliche Tochter der Frau Christine....ist also von der Besitzübernahme.....in dem Falle ausgeschlossen, als aus der Ehe zwischen Karl und Christine.....ein oder mehrere Kinder hervorgehen sollten.

...."

Die in den Ehepakten genannte, behauste landwirtschaftliche Besitzung ist von mittlerer Größe im Sinne des § 2 KrtnHöfeG, sie stand am Todestag des Erblassers im gütergemeinschaftlichen Eigentum der Ehegatten.

Der Ertragswert wurde mit 350.650 S, der "Kaufwert" mit 1,978,171 S festgestellt.

Auf Grund der Abhandlungsakten stellte das Berufungsgericht den Wert der neben der Liegenschaftshälfte in den Nachlaß gefallenen Vermögensstücke mit 52.043,83 S und die Summe der Nachlaßpassiven mit 60.745,76 S fest.

Während das Erstgericht zur Ermittlung des Pflichtteilsanspruches den in den Nachlaß gefallenen Hälfteanteil am Hof mit der Hälfte des - im arithmetischen Mittel aus dem oben erwähnten Ertragswert von 350.650 S und dem oben erwähnten "Kaufwert" von 1,978.171 S - mit 1,164.410 S angenommenen Verkehrswertes, also mit 582.205 S, angenommen hatte, bewertete das Berufungsgericht den in den Nachlaß gefallenen Hälfteanteil am Hof mit der Hälfte des Ertragswertes, also nur mit 175.325 S. Danach ergibt sich nach der erstinstanzlichen Bewertung ein Drittelwert des Nettonachlasses von mehr als 100.000 S, nach der berufungsgerichtlichen Bewertung aber nur ein solcher von 55.541,02 S.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren auf Zahlung eines Pflichtteils von 100.000 S samt 4 % Zinsen ab dem Klagstag uneingeschränkt statt.

Das Berufungsgericht änderte dieses Urteil im Teilbetrag von 44.458,98 S samt Zinsen im klagsabweisenden Sinne ab und bestätigte es im übrigen. Es sprach aus, daß die Revisionszulässigkeitsvoraussetzungen nach dem § 502 Abs 4 Z 1 ZPO in Ansehung des abändernden Ausspruches nicht vorlägen. Der Kläger erhebt gegen den abändernden Teil des Berufungsurteiles eine außerordentliche Revision.

Rechtliche Beurteilung

Als Revisionsgründe macht er zum einen eine qualifiziert unrichtige Lösung der verfahrensrechtlichen Frage nach der Zulässigkeit ergänzender berufungsgerichtlicher Feststellungen geltend, setzt sich dabei aber in aktenwidriger Weise über den im Protokoll über die Berufungsverhandlung beurkundeten Umstand hinweg, daß "gemäß § 281a ZPO der Inhalt der Akten 26 Cg 161/85 des Landesgerichtes Klagenfurt und der diesen angeschlossenen Akten A 155/83 des Bezirksgerichtes St.Veit/Glan" verlesen wurde. Zum anderen rügt der Revisionswerber als qualifiziert unrichtige Lösung einer Frage des materiellen Rechtes die vom Berufungsgericht zur Begründung der Heranziehung des Ertragswertes der landwirtschaftlichen Besitzung für die Ermittlung des Pflichtteilsanspruches vertretene Auslegung des § 15 Abs 3 KrtnHöfeG. Die Frage nach dem gesetzlichen Aufgriffsrecht des überlebenden Ehegatten im Falle eines Ehegattenhofes nach dem § 15 KrtnHöfeG stellt sich im vorliegenden Fall der erbvertraglichen und testamentarischen Erbeneinsetzung nicht. Auch für die zur Ermittlung des Pflichtteilsanspruches erforderliche Bewertung des in den Nachlaß gefallenen Hälfteanteiles an der landwirtschaftlichen Besitzung ist im Rahmen der revisionsverfangenen Abänderung die Anwendbarkeit der Regelungen nach § 9 Abs 2 und § 14 Abs 2 KrtnHöfeG nicht entscheidend, weil nach allgemeinen Bewertungsgrundsätzen zur Pflichtteilsausmittlung der Anteil an der landwirtschaftlichen Besitzung nicht nach dem Verkehrswert, sondern nach dem Ertragswert zu bestimmen war (SZ 49/118, SZ 53/167 ua), zumal im vorliegenden Fall der erbvertragliche und testamentarische Rechtsgeschäftswille eindeutig darauf gerichtet war, im tatsächlich eingetretenen Fall das Vorhandensein ehelicher Nachkommenschaft dem überlebenden Ehegatten nur die Befugnisse eines Fruchtnießers (§ 613 ABGB) zuzuwenden, den ganzen Hof der Substanz nach aber einem ehelichen Kind nach Wahl des überlebenden Ehegatten zukommen zu lassen, welche Regelung mangels sonstiger ehelicher Nachkommenschaft auf den pflichtteilsbeanspruchenden Kläger konzentriert ist, der damit bereits mit dem Erbfall eine Rechtsstellung (im Sinne des § 615 ABGB) erlangte, die nicht nur geldwert, sondern (mangels Zuwiderlaufens gegen die Bestimmung des § 879 Abs 2 Z 3 ABGB) auch veräußerbar ist und demgemäß mit dem Schätzwert zur Pflichtteilsdeckung tauglich erscheint.

Die Heranziehung des Ertragswertes zur Bestimmung des nach dem §§ 305, 306 ABGB maßgebenden Wertes der in den Nachlaß gefallenen Hälfte der landwirtschaftlichen Besitzung zwecks Ermittlung der Pflichtteilsbemessungsgrundlage entspricht den in der Rechtsprechung anerkannten Grundsätzen der Wertbestimmung und hängt nicht von der in der außerordentlichen Revision erörterten Anwendbarkeit des § 15 KrtnHöfeG ab.

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