OGH 12Os152/87

OGH12Os152/8717.12.1987

Der Oberste Gerichtshof hat am 17. Dezember 1987 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral, Hon.Prof.Dr. Steininger, Dr. Hörburger und Dr. Rzeszut als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Samek als Schriftführer in der Strafsache gegen Peter R*** und Maria D*** wegen des Vergehens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 2 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerden und Berufungen beider Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes St. Pölten als Schöffengericht vom 6. April 1987, GZ 29 Vr 322/85-24, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.

Über die Berufungen der beiden Angeklagten wird im Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung entschieden werden.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden Peter R*** und Maria D*** des Vergehens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 2 StGB schuldig gesprochen, weil sie im November 1981 in Ennsdorf und Linz im einvernehmlichen Zusammenwirken auch mit der abgesondert verfolgten Hildegard W*** mit dem Vorsatz, durch das Verhalten der Getäuschten sich bzw. Dritte unrechtmäßig zu bereichern, Angestellte der W*** S*** Wechselseitigen Versicherungsanstalt durch die Abfassung eines falschen Kraftfahrzeugschadensberichtes, wonach Maria D*** am 12. November 1981 um 16,30 Uhr in Ennsdorf als Lenkerin des Lastkraftwagens Marke VW mit dem polizeilichen Kennzeichen O 74.736 beim Retourfahren den Personenkraftwagen der Hildegard W***, Marke Datsun 160 J mit dem polizeilichen Kennzeichen N 561.006, beschädigte, sohin durch die Täuschung über die Tatsache, daß eine Schadenleistungspflicht bestehe, zu einer Handlung, nämlich zur Auszahlung einer Versicherungsleistung in der Höhe von 16.000 S an Hildegard W*** verleitet haben, die die W*** S*** Wechselseitige Versicherungsanstalt um diesen Betrag an ihrem Vermögen schädigte.

Dieses Urteil wird von den Angeklagten Peter R*** und Maria D*** mit Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung angefochten.

Rechtliche Beurteilung

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten

Peter R***:

Dieser Angeklagte macht die Nichtigkeitsgründe des § 281 Abs 1 Z 4, 5 und 9 lit a StPO geltend. Unter Berufung auf den erstgenannten Nichtigkeitsgrund rügt er die Abweisung seines Antrags auf Vernehmung der Zeugin Hildegard W*** vor dem erkennenden Gericht.

Dieser Antrag wurde vom Schöffengericht mit der Begründung abgewiesen, daß Hildegard W*** wegen der weiten Entfernung nicht ohneweiters vor Gericht gestellt werden kann, und es sich bei ihr nicht um ein parates Beweismittel handelt (S 90).

Durch die Abweisung dieses Beweisantrages wurden Verteidigungsrechte des Angeklagten nicht verletzt. Hildegard W***, die bereits mehrfach als Beschuldigte vernommen und die zur Hauptverhandlung am 6.April 1984 ordnungsgemäß im Rechtshilfeweg als Zeugin geladen wurde (ON 22), hat schriftlich erklärt, nach Österreich - gegen sie ist noch ein Verfahren wegen Betrugs anhängig - nicht kommen zu können (ON 21). Die Verlesung ihrer Aussage erfolgte gemäß § 252 Abs 1 Z 1 StPO wegen ihres entfernten Aufenthaltes, und weil ihr Erscheinen vor einem österreichischen Gericht als Zeugin nicht erzwungen werden kann, zu Recht. Eine (neuerliche) Vernehmung im Rechtshilfeweg wurde gar nicht beantragt. Durch die Ablehnung des Antrags auf Ladung und Vernehmung der Zeugin vor dem erkennenden Gericht wurden somit Verteidigungsrechte nicht verletzt (Mayerhofer-Rieder2 § 252 StPO ENr. 23, 27). Als unvollständig und unzureichend begründet rügt der Beschwerdeführer die Feststellung des Erstgerichtes, daß der Angeklagte Peter R*** im Retourgang aus einer Entfernung von etwa 20 m mit hoher Geschwindigkeit gegen die rechte Seitenwand des geparkten Datsun 160 S der Hildegard W*** gefahren sei und den PKW durch den Anprall mehrere Meter weit geschoben habe. Denn es läge, wie sich aus dem Foto ergebe, nur ein geringfügiger Schaden am PKW vor, sodaß der Anprall mit hoher Geschwindigkeit technisch nicht nachvollziehbar sei, vielmehr die Verantwortung der Angeklagten D***, sie sei beim Retourfahren von der Kupplung abgerutscht, an Glaubwürdigkeit gewinne. Ein Begründungsmangel haftet dem Urteil jedoch nicht an, weil die vom Erstgericht ziffernmäßig gar nicht bezeichnete Anprallgeschwindigkeit für die Schuldfrage nicht von entscheidender Bedeutung ist. Abgesehen davon, daß keineswegs nur ein geringfügiger Schaden am PKW entstand, denn der Schaden an der rechten Seitenwand und hinteren Fahrzeugtür wurde vom Sachverständigen immerhin mit 19.730,78 S geschätzt, stützt das Erstgericht seine Annahme, daß der Angeklagte vorsätzlich gegen den abgestellten PKW gefahren ist, nicht auf die Geschwindigkeit, die gegen seine Version, die Fahrzeuglenkerin Maria D*** sei von der Kupplung abgerutscht, spräche, sondern vielmehr auf die Angaben des Zeugen Franz F*** und der Angeklagten Maria D*** bei ihrer Einvernahme vor dem Gendarmerieposten Stadl-Paura am 21.April 1982 (vgl. US 7 und 12). Aber auch die Frage, ob der Angeklagte von Hildegard W*** einen Teilbetrag in nicht näher bekannter Höhe erhalten hat, und sich somit selbst bereichern wollte, ist gleichfalls nicht von entscheidender Bedeutung, da zum Tatbestand des Betruges Vorsatz auf unrechtmäßige Bereicherung eines Dritten ausreicht. Im übrigen konnte das Schöffengericht diese Feststellung auf die für glaubhaft befundene Aussage des Zeugen Franz F*** stützen, der bekundete, daß R*** ihm erzählt hat, daß dieser mit Hildegard W*** vereinbart habe, daß er die Hälfte des ausbezahlten Versicherungsbetrages erhalten solle, und er dann tatsächlich dem Zeugen F*** einige tausend Schilling als Schweigegeld gab (S 115 und 117 in ON 15). Begründungsmängel haften somit dem Urteil nicht an. Die Rechtsrüge, es sei nicht festgestellt, daß der Angeklagte mit Bereicherungsvorsatz gehandelt und ihm auch der Vorsatz gefehlt habe, Hildegard W*** unrechtmäßig zu bereichern, geht nicht von den entgegenstehenden Feststellungen des Erstgerichtes aus, sodaß der materiellrechtliche Nichtigkeitsgrund nicht dem Gesetz gemäß ausgeführt ist.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten

Maria D***:

Die Zweitangeklagte stützt ihre Beschwerde auf § 281 Abs 1 Z 3, 4 und 5 StPO. Mit dem erstgenannten Nichtigkeitsgrund bemängelt sie, daß der Schuldspruch den für die Beurteilung nach § 147 Abs 2 StGB wesentlichen Ausspruch, daß durch Betrug ein 5.000 S übersteigender Schaden entstanden ist, nicht enthalte. Da der Spruch des Urteils jedoch lautet, daß die Versicherungsanstalt einen Schaden von 16.000 S, somit also einen 5.000 S übersteigenden Betrag, erlitten hat, verletzt das Strafurteil nicht die Bestimmungen des § 260 Abs 1 Z 1 StPO.

Wie bereits zur Verfahrensrüge des Angeklagten Peter R*** ausgeführt, wurden durch die Ablehnung des Antrags auf Vernehmung der Hildegard W*** vor dem erkennenden Gericht als Zeugin Verteidigungsrechte nicht verletzt.

Mit dem Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 5 StPO rügt die Beschwerdeführerin, daß der genaue Zeitpunkt der Fahrt des Angeklagten Peter R*** mit Franz F*** nach Ennsdorf nicht festgestellt worden sei. Dieser Zeitpunkt, der vom Erstgericht mit November 1981, vermutlich am 12.November 1981 angenommen wurde, ist aber für die Entscheidung über die Schuld der Angeklagten ohne wesentliche Bedeutung.

Für die Behauptung, daß zu einer Verabredung zwischen Peter R*** und Hildegard W*** gar keine Zeit geblieben sei, läßt der Beschwerdeführer jede Begründung vermissen, sodaß auf diese Rüge nicht näher eingegangen werden kann.

Mit dem Vorbringen, es sei unlogisch, daß Hildegard W*** einverstanden gewesen sei, daß ihr ein Schaden in der Größenordnung von mehr als 19.000 S an dem PKW zugefügt wurde, sie sich aber nur mit weniger als der Hälfte der Schadenshöhe begnügt haben sollte, zeigt der Beschwerdeführer nur auf, daß aus dem festgestellten Sachverhalt auch andere, als die vom Erstgericht gezogenen Schlußfolgerungen möglich wären, ohne einen logischen Begründungsmangel dartun zu können. Eine Bekämpfung der Beweiswürdigung ist aber in Nichtigkeitsverfahren gegen Urteile der Schöffengerichte unzulässig.

Das Erstgericht hat seine Feststellungen insbes. auf die Aussage des Zeugen Franz F*** gestützt, entgegen dem Beschwerdevorbringen aber gar nicht behauptet, daß dieser vor dem erkennenden Gericht vernommen wurde. Die im Rechtshilfeweg vor dem Amtsgericht Amberg aufgenommene Aussage des Zeugen Franz F***, der sich in der Justizvollzugsanstalt Amberg in Strafhaft befindet (ON 29 in ON 15), wurde vielmehr in der Hauptverhandlung (§ 252 Abs 1 Z 1 StPO) verlesen (S 90). Ein Antrag auf Vernehmung dieses Zeugen vor dem erkennenden Gericht wurde gar nicht gestellt, sodaß kein Verfahrensmangel vorliegt.

Die Nichtigkeitsbeschwerden der beiden Angeklagten waren daher zum Teil nach § 285 d Abs 1 Z 2 StPO als offenbar unbegründet, zum Teil nach § 285 d Abs 1 Z 1 StPO in Verbindung mit § 285 a Z 2 StPO als nicht gesetzmäßig ausgeführt bereits in nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen.

Über die Berufungen beider Angeklagten wird bei einem Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung entschieden werden.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte