OGH 9ObA164/87

OGH9ObA164/8716.12.1987

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof.Dr. Kuderna als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith und Dr. Petrag sowie die fachkundigen Laienrichter Mag.Dr. Walter Zeiler und Anton Degen als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Josef M***, Enzersdorf an der Fischa, Goldgasse 7, vertreten durch Dr. Gustav Teicht und Dr. Gerhard Jöchl, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Ö*** B*** AG, Brauerei

Schwechat, Brauhausgasse 8, vertreten durch Dr. Gottfried Korn, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 1.266,33 samt Anhang, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 8. Mai 1987, GZ 34 Ra 1018/87-10, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeitsgerichtes Wien vom 10. Juni 1986, GZ 8 Cr 1525/86-5, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben und das angefochtene Urteil dahin abgeändert, daß die Entscheidung des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 3.260,56 bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens (darin S 292,96 Umsatzsteuer und S 38,-- Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger ist bei der Beklagten seit 20. April 1964 als Schlosser beschäftigt. In der Zeit vom 12. bis 31. August 1985 konsumierte der Kläger seinen Urlaub.

Auf dieses Arbeitsverhältnis findet der Rahmenkollektivvertrag für die Nahrungs- und Genußmittelindustrie Österreichs (KV) Anwendung, der folgende Regelung über Sonntags- und Feiertagsarbeit enthält:

"§ 8 Sonntags- und Feiertagsarbeit

..........

3. Als Feiertage gelten die auf Grund des Arbeitsruhegesetzes,

in der jeweils geltenden Fassung, festgelegten Tage. Diese sind

derzeit der 1. und 6. Jänner, Ostermontag, 1. Mai, Christi

Himmelfahrt, Pfingstmontag, Fronleichnam, 15. August.....

4. Für die in Ziffer 3 angeführten Feiertage ist auf Grund des

ARG das regelmäßige Entgelt zu leisten. Als regelmäßiges Entgelt

gilt das Entgelt, das dem Arbeitnehmer für die normale Arbeit

gebührt, die er nach der für den Betrieb geltenden

Arbeitszeiteinteilung an dem Tag, auf den der Feiertag fällt, zu

leisten hätte, wenn dieser Tag ein Werktag wäre.

.........

7. Für Arbeiten an Sonntagen bzw. an gesetzlichen Feiertagen ist

dem Arbeitnehmer das der Arbeitsleistung entsprechende Arbeitsengelt

zuzüglich eines Zuschlages zu bezahlen, der im § 10 Z 2 b und Z 3

dieses Kollektivvertrages festgelegt ist. Basis für die Berechnung

des Überstundenentgeltes (Grundstunde plus Zuschlag) an Sonntagen

und der Berechnung des Feiertagszuschlages ist der Teilungsfaktor

gemäß § 10 Z 1, im übrigen der Grundlohn.

.........

§ 10 Engelt für Überstunden, Sonn- und Feiertagsarbeit und

Nachtarbeit

1. Als Grundlage für die Berechnung der Grundstunde und des

Zuschlages der Überstunden an Werk-, Sonn- und Feiertagen sowie bei

Berechnung des Feiertagszuschlages als Entgelt für geleistete Arbeit

gilt 1/160 des Monatsgrundlohnes bzw. 1/37 des Wochengrundlohnes.

Für die übrigen Zuschläge im Sinne dieses Paragraphen gilt der

Grundlohn.

.........

3. Für die an Feiertagen erbrachten Arbeitsleistungen sind folgende Zahlungen zu leisten:

Zuschlag als Engelt für

geleistete Arbeit

Für Normalstunden am 1. Jänner,

1. Mai, Ostermontag, Pfingstmontag

oder am 25. Dezember:

Das regelmäßige Engelt im Sinne

der Verordnung über die Lohnzahlung

an Feiertagen + 200 %

Für Normalstunden an den anderen

Feiertagen:

Das regelmäßige Engelt im Sinne der

Verordnung über die Lohnzahlung an

Feiertagen + 150 %

.........

Für Überstunden:

Stundengrundlohn + 100 %

Als Normalstunden an Feiertagen

gelten jene Arbeitsstunden, die an dem

betreffenden Feiertag geleistet worden

wären, wenn dieser Tag ein Werktag wäre.

.........."

Der Kläger begehrt S 1.266,33 samt Anhang an Feiertagszuschlag. Ihm sei für den 15. August 1985 nur das Entgelt ausgezahlt worden, wie er es an einem normalen Arbeitstag (Werktag) verdient hätte, und zwar 8 Stunden zuzüglich 4 Überstunden; ein Feiertagszuschlag sei ihm nicht ausgezahlt worden. Hätte er in diesem Zeitraum nicht Urlaub genommen, wäre er an diesem Feiertag zum Dienst eingeteilt worden und hätte zusätzlich den Feiertagszuschlag erhalten. Die Beklagte beantragte Abweisung des Klagebegehrens. Ein Feiertag könne nicht als Urlaubstag angesehen werden; er sei daher gemäß § 8 KV wie ein Werktag zu entlohnen.

Das Erstgericht wies die Klage ab und stellte folgenden - im Berufungsverfahren nicht bekämpften - Sachverhalt fest:

Im Betrieb der Beklagten wird üblicherweise in zwei Schichten gearbeitet, wobei jede Schicht aus vier Schlossern und weiterem Personal besteht. Darüber hinaus werden weitere zwei bis drei Schlosser jeweils als Springer eingesetzt. Am 15. August 1985 war statt zweier Schichten lediglich eine Schicht eingesetzt. Seit Mai 1985 wurden laufend Überstunden geleistet; auch am 15. August 1985 fielen Überstunden an. Wäre der Kläger nicht im Urlaub gewesen, wäre er an diesem Tag der Vormittagsschicht zugezogen worden. Da der Kläger wegen seines Urlaubes an diesem Tag nicht eingesetzt wurde, wurde ihm von der Beklagten für 8 Stunden ein Lohn von S 692,72 weiters eine Überstunde mit 50 % Zuschlag und drei Überstunden mit 75 % Zuschlag, insgesamt daher ein Betrag von S 1.331,47 ausgezahlt. Hätte der Kläger an diesem Tag Dienst gemacht, so wäre an Zuschlägen für Feiertagsentlohnung und Feiertagsüberstunden noch ein weiterer Betrag von S 1.266,33 zu zahlen gewesen.

Das Erstgericht vertrat die Rechtsansicht, eine in den Zeitraum des Urlaubes fallender Feiertag sei nicht als Urlaubstag zu werten, so daß der entfallende Feiertagszuschlag nicht nach dem Ausfallsprinzip des Urlaubsgesetzes zu honorieren sei. Das Berufungsgericht änderte das Ersturteil im Sinne einer Abweisung des Klagebegehrens ab und sprach aus, daß die Revision zulässig sei. Es vertrat die Rechtsauffassung, daß nach dem im § 6 Abs 3 UrlG normierten Ausfallsprinzip dem Arbeitnehmer das Engelt auf der Basis des fiktiven Arbeitsverlaufes nach Antritt des Urlaubes und damit auch der infolge Urlaubskonsums entgangene Zuschlag für Feiertagsarbeit zustehe. Der Begriff "während des Urlaubes" in § 6 Abs 1 UrlG umfasse auch die in den Urlaub fallenden Feiertage, weil nach den Intentionen des Gesetzgebers der Urlaub möglichst in einem und nicht in Etappen zu konsumieren sei und der Arbeitnehmer durch den Urlaubsantritt keinen wirtschaftlichen Nachteil erleiden solle.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Beklagten wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, das Ersturteil wiederherzustellen.

Der Kläger beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist berechtigt.

Gemäß § 2 Abs 1 UrlG ist das Urlaubsausmaß nach Werktagen zu

bemessen; fällt daher ein Feiertag in den Urlaub, ist dieser nicht

als Urlaubstag zu werten und gebührt dafür ein zusätzlicher

Urlaubstag (siehe Cerny Urlaubsrecht4, 33 f; Klein-Martinek,

Urlaubsrecht, 41 f). Die Weiterzahlung des Entgeltes für

Urlaubszeiten ist im § 6 UrlG, die Weiterzahlung des Entgeltes für

Feiertage hingegen im § 9 ARG geregelt. Eine Kumulierung dieser

Bestimmungen erscheint schon im Hinblick auf den Wortlaut des

§ 6 Abs 1 UrlG "während des Urlaubes behält der Arbeitnehmer den

Anspruch auf das Engelt nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen"

nicht gerechtfertigt. Geht man von dieser Einschränkung des

Anspruches auf Urlaubsentgelt und den darüber in den folgenden

Absätzen getroffenen Regelungen aus, dann kann Absatz 3 dieser

Bestimmung "in allen anderen Fällen ist für die Urlaubsdauer das

regelmäßige Entgelt zu zahlen. Regelmäßiges Engelt ist jenes Engelt,

das dem Arbeitnehmer gebührt hätte, wenn der Urlaub nicht angetreten

worden wäre" nur auf jene Zeiten bezogen werden, in denen

tatsächlich Urlaub konsumiert wurde (vgl. Arb. 9.940, wonach die

Regelung des § 6 UrlG sowie der Generalkollektivvertrag sich

ausschließlich auf die Urlaubszeit und nicht auch auf außerhalb

dieser Zeit liegende Zeiträume erstrecken).

Eine Honorierung ausgefallener Feiertagsarbeit neben dem nach

§ 6 Abs 1 ARG weiterzuzahlenden Engelt würde darüber hinaus zu

einer sachlich nicht gerechtfertigten Begünstigung jener

Arbeitnehmer führen, die ihren Urlaub so lagern, daß möglichst viele

Feiertage hineinfallen. Ihnen würde ungeachtet des Umstandes, daß

sie an den betreffenden Feiertagen nicht arbeiten, das zusätzliche

Entgelt nach § 9 Abs 5 ARG zustehen, während jene Arbeitnehmer, in

deren Urlaub kein Feiertag fällt, dieses Engelt nur gegen

tatsächlich verrichtete Feiertagsarbeit erhalten würden. Das Argument des Berufungsgerichtes, der Urlaub sei gemäß § 2 Abs 1 UrlG grundsätzlich in einem zu verbrauchen, dem Arbeitnehmer sei eine Unterbrechung zur Verrichtung von Feiertagsarbeit nicht zumutbar, spricht nicht gegen diese Überlegung, weil auch ein Urlaub von 36 Werktagen so gelagert werden kann, daß kein Feiertag hineinfällt und darüber hinaus gemäß § 4 Abs 3 UrlG die Möglichkeit besteht, den Urlaub in zwei Teilen zu verbrauchen. Es ist daher Basalka in Adametz-Basalka-Mayr-Stummvoll, Kommentar zum Urlaubsgesetz 1977, 76 darin beizupflichten, daß weder das zusätzliche Feiertagsentgelt noch ein Zuschlag für Feiertagsarbeit in das Urlaubsentgelt einzubeziehen ist, während der Ansicht Cernys in Urlaubsrecht4, 103, Zuschläge für Feiertagsarbeiten seien in das Urlaubsentgelt einzubeziehen, nicht gefolgt werden kann.

Der Revision war daher Folge zu geben und die Entscheidung des Erstgerichtes wiederherzustellen.

Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte