OGH 10ObS54/87

OGH10ObS54/8715.12.1987

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Resch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag. Engelmaier und Dr. Angst sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Joklik und Dr. Klenner als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Elfriede K***, Geschäftsfrau, 1100 Wien, Quellenstraße 30/54, vertreten durch Dr. Erik Samesch, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei P*** DER A***, 1092 Wien, Roßauer

Lände 3, diese vor dem Obersten Gerichtshof nicht vertreten, wegen Rückersatz von Pensionsleistungen in der Höhe von 28.377,50 S, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 18. März 1987, GZ 31 Rs 29/87-9, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Schiedsgerichtes der Sozialversicherung für Wien in Wien vom 13. Oktober 1986, GZ 7 b C 246/86 -6, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der Klägerin die mit 1.414,88 S (darin 128,63 S Umsatzsteuer und keine Barauslagen) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit Bescheid vom 3. Juni 1986 sprach die beklagte Partei, von der die Klägerin eine Witwenpension nach dem ASVG bezieht, aus, daß diese Witwenpension in der Zeit vom 1. Februar bis 31. Dezember 1983 mit 2.250,40 S monatlich ruht und daß der in diesem Zeitraum entstandene Überbezug von 28.377,50 S gemäß § 107 Abs 1 ASVG zurückgefordert wird.

Die Klägerin begehrt in ihrer Klage, "das Ruhen (ihrer) Witwenpension aufzuheben und den sich danach ergebenden Betrag (an sie) zur Auszahlung zu bringen". Sie führt hiezu aus, daß die beklagte Partei bei der Ermittlung ihres Einkommens aus selbständiger Erwerbstätigkeit die Verluste, die ihr durch Einbruchsdiebstähle in den Jahren 1980 und 1981 in der Höhe von zusammen 309.904 S und im Jahr 1982 in der Höhe von 7.473 S entstanden seien, nicht berücksichtigt habe.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab und erkannte die Klägerin schuldig, der beklagten Partei den Überbezug an Witwenpension im Ausmaß von 28.377,50 S binnen vier Wochen zurückzuerstatten.

Es stellte unter anderem fest, daß die Klägerin seit 15. Jänner 1980 selbständig erwerbstätig ist und daß sich aus ihrem Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1983 ein Einkommen von 157.067 S ergibt. In rechtlicher Hinsicht vertrat es die Auffassung, daß Verluste aus den Vorjahren bei der Ermittlung des Einkommens, das gemäß § 94 Abs 3 lit b ASVG für das Ruhen des Pensionsanspruchs maßgebend sei, nicht berücksichtigt werden könnten. Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin nicht Folge. Bei der Ermittlung des für das Ruhen maßgebenden Erwerbseinkommens sei bei selbständiger Erwerbstätigkeit das Einkommen eines Kalenderjahres heranzuziehen. Die von der Klägerin geltend gemachten Verluste der Jahre 1980 bis 1982 hätten die Einkünfte des Jahres 1983 nicht tatsächlich, sondern nur nach § 18 Abs 1 Z 4 EStG vermindert. Bloß aus steuerrechtlichen Gründen anerkannte Abzugsposten könnten aber im Rahmen des § 94 ASVG nicht berücksichtigt werden.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Klägerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, es im Sinn des Klagebegehrens abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die beklagte Partei erstattete keine Revisionsbeantwortung.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Strittig ist, ob der Pensionsanspruch der Klägerin wegen ihrer gleichzeitig ausgeübten selbständigen Erwerbstätigkeit ruht. Hiezu bestimmt § 94 Abs 3 lit b ASVG, daß als für das Ruhen maßgebendes Erwerbseinkommen aus einer selbständigen Erwerbstätigkeit der auf den Kalendermonat entfallende Teil der nachgewiesenen Einkünfte aus dieser Erwerbstätigkeit gilt.

Die Klägerin wendet sich in der Revision zunächst gegen die Ansicht des Berufungsgerichtes, daß zur Ermittlung des auf den Kalendermonat entfallenden Teiles der Einkünfte die Einkünfte eines Kalenderjahres heranzuziehen seien. Richtig ist hiebei, daß das Gesetz über den Zeitraum, aus dem die Einkünfte zu berücksichtigen sind, unmittelbar nichts aussagt. Ein eindeutiger Hinweis darauf, daß es dem Willen des Gesetzgebers entspricht, diesen Zeitraum mit einem Kalenderjahr anzunehmen, ergibt sich aber aus § 94 Abs 6 ASVG in der nunmehr geltenden Fassung der 40. ASVGNov. BGBl. 1984/484 und hier aus dem noch maßgebenden § 94 Abs 5 idF der 21. ASVGNov. BGBl. 1986/6. Nach beiden Bestimmungen ist das Entgelt (eines unselbständig Erwerbstätigen; vgl. § 94 Abs 3 lit a ASVG) für ein Kalenderjahr auszugleichen, wenn der Pensionsberechtigte während dieses Zeitraums Anspruch auf Pension hatte und sein Einkommen in den einzelnen Kalendermonaten nicht gleich hoch war. Soll aber für das Ausmaß des Ruhens des Pensionsanspruchs eines unselbständig Erwerbstätigen der auf den Kalendermonat entfallende Teil des Einkommens eines Kalenderjahres maßgebend sein, so ist mangels irgendwelcher Gründe, die eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen könnten, dasselbe auch für das Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit anzunehmen. Eine weitere Stütze finde diese Ansicht in der Überlegung, daß seit dem PAG BGBl. 1965/96 der gemäß § 94 Abs 1 ASVG für das Ausmaß des Ruhens maßgebende Betrag jeweils für ein Kalenderjahr festgestellt wird (§ 108 i iVm § 108 a Abs 1 ASVG). Es ist aber sachlich gerechtfertigt, diesem Betrag das Einkommen (nur) des Zeitraums gegenüberzustellen, in dem er unverändert gilt.

Für die Richtigkeit der Auffassung der Klägerin, daß die Einkünfte aus mehreren Jahren zu berücksichtigen seien, ergibt sich hingegen aus dem Gesetz keinerlei Anhaltspunkt. Überdies läßt sich ein Kriterium dafür, mit welchem Ausmaß der demnach maßgebende Zeitraum zu bemessen wäre, nicht finden. Die Klägerin übersieht schließlich, daß ihre Ansicht nicht nur, wie dies möglicherweise hier der Fall wäre, zu einer Besserstellung des Pensionsberechtigten, sondern daß sie auch zu einer Schlechterstellung führen könnte, und zwar dann, wenn die Einkünfte mehrerer Jahre ein höheres Durchschnittseinkommen für den Kalendermonat ergäben. Hiefür läßt sich aber eine Rechtfertigung nicht finden, weil dem Pensionsberechtigten zugestanden werden muß, daß er seine Einkünfte jeweils sofort verbraucht.

Die Vorinstanzen gingen daher zutreffend davon aus, daß bei der im Sinn des § 94 Abs 3 lit b ASVG vorzunehmenden Berechnung des auf den Kalendermonat entfallenden Teiles der Einkünfte aus selbständiger Erwerbstätigkeit jeweils nur die Einkünfte des betreffenden Kalenderjahres zu berücksichtigen sind. Dies gilt entsprechend auch für den Fall, daß die Erwerbstätigkeit nicht während des gesamten Kalenderjahres ausgeübt wurde. Der auf den Kalendermonat entfallende Teil der Einkünfte ist auch dann der zwölfte Teil der insgesamt im Kalenderjahr aufgrund der selbständigen Erwerbstätigkeit erzielten Einkünfte, weil nur auf diese Weise dem im § 94 Abs 6 ASVG zum Ausdruck kommenden Willen des Gesetzgebers Rechnung getragen wird.

Hier kann dahingestellt bleiben, inwieweit der Ermittlung der Einkünfte die von der Steuerbehörde festgestellten Einkünfte zugrundezulegen sind und inwieweit, wie das Berufungsgericht meint, bloß aus steuerlichen Gründen anerkannte Abzugsposten nicht berücksichtigt werden dürfen. Maßgebend ist nämlich die Höhe der Einkünfte aus selbständiger Erwerbstätigkeit. Hierauf haben aber auch nach den steuerrechtlichen Vorschriften Verluste aus anderen Jahren, die gemäß § 18 Abs 1 Z 4 EStG als Sonderausgaben vom Gesamtbetrag der Einkünfte (und daher nicht von den einzelnen Einkunftsarten) abzuziehen sind, keinen Einfluß.

Nicht zielführend ist schließlich der Versuch der Klägerin, aus dem Hinweis auf § 292 Abs 5 und 7 ASVG, der im § 94 Abs 3 lit b dieses Gesetzes im Zusammenhang mit der Ermittlung des Erwerbseinkommens aus einem land(forst)wirtschaftlichen Betrieb enthalten ist, abzuleiten, daß für die Ermittlung anderer Einkünfte § 292 Abs 3 ASVG sinngemäß anzuwenden sei. Diese Bestimmung ist nämlich erkennbar dem § 2 Abs 2 EStG nachgebildet und ermöglicht daher einen Ausgleich mit Verlusten ebenso wie in der zuletzt angeführten Gesetzesstelle nur innerhalb eines Kalenderjahres (vgl. § 2 Abs 1 EStG). Gerade § 292 Abs 3 ASVG spricht daher höchstens dafür, daß auch bei der Ermittlung der Einkünfte im Sinn des § 94 Abs 3 lit b ASVG Verluste aus früheren Kalenderjahren nicht abgezogen werden dürfen.

Die Klägerin wendete sich weder im Verfahren erster Instanz noch in den Rechtsmittelschriften dagegen, daß sie zur Rückzahlung des vom Erstgericht errechneten Betrages verpflichtet ist, wenn ihre Verluste aus den Jahren 1980 bis 1982 nicht berücksichtigt werden. Der Oberste Gerichtshof sieht sich daher nicht veranlaßt, hierauf näher einzugehen, zumal eine unrichtige rechtliche Beurteilung in diesem Punkt nicht zu erkennen ist.

Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG. Da die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes von der Lösung einer Rechtsfrage im Sinn des § 46 Abs 2 Z 1 ASGG abhing, entspricht es der Billigkeit, der Klägerin die Hälfte der tarifmäßigen Kosten ihres Vertreters zuzusprechen.

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