Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 17.227,05 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 1.920,-- Barauslagen und S 1.391,55 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Zum Zeitpunkt der am 11. September 1972/14. Februar 1973 zwischen der Beklagten und der I*** Gesellschaft m.b.H. (im folgenden "I***" genannt) geschlossenen, als "Kaufvertrag" bezeichneten Vereinbarung war die Beklagte grundbücherliche Eigentümerin des zum Gutsbestand der Liegenschaft EZ 38 II KG Kitzbühel-Land gehörigen Grundstücke 3143 und die I*** grundbücherliche Eigentümerin jener Liegenschaften der KG Kitzbühel-Land, zu deren Gutsbestand die Grundstücke 3005 und 3006/1 gehörten. Mit dem genannten "Kaufvertrag" vom 11. September 1972/14. Februar 1973 übertrug die Beklagte der I*** das "außerbücherliche Eigentum" (laut Beilage B: "verkauft und übergibt") an einem 2 m breiten Streifen des Grundstückes 3143, angrenzend an den Lebenbergweg (Grundstück 4033 KG Kitzbühel-Land) im Ausmaß von rund 235 m2. Damit sollte die I*** in die Lage versetzt werden, im Rahmen eines damals von ihr beabsichtigten Bauvorhabens den Lebenbergweg um diese 2 m zu verbreitern. Als Gegenleistung ließ sich die Beklagte von der I*** (laut Beilage B: "Die Gegenleistung besteht in einem bar zu entrichtenden Kaufpreis und einer im Tauschwege an die Verkäuferin zu übereignenden Liegenschaftsfläche:")
a) das "außerbücherliche Eigentum" an einem ebenfalls rund 235 m2 großen Teilstück der Grundstücke Nr. 3005 und 3006/1 übertragen (laut Beilage B: die Käuferin "übergibt und Übereignet") und
b) einen Betrag von S 470.000,-- bezahlen.
Die Zahlung erfolgte prompt nach Vertragsabschluß. Die vertragsgemäß "abzutauschenden" Grundstücksteile (Teilflächen) sind gleichviel wert. Eine Verbücherung dieses Vertrages ist ebenso unterblieben wie die Errichtung von Aufsandungsurkunden sowie die hiezu erforderliche genaue Vermessung, deren Durchführung der I*** oblag.
Das Grundstück 3143 wurde später parzelliert und in die Grundstücke 3143/1, 3143/2 und 3143/3 geteilt. Hiezu steht außer Streit, daß die Grundstücke 3143/2 und 3143/3 mit Kaufverträgen vom 3. Oktober 1980 und 9. Februar 1981 von den Ehegatten Adolf und Gertraud B*** an die Ehepaare Nikolaus und Monika L*** bzw. Dr. Viktor und Katharina S*** verkauft worden sind (ON 18, AS 60). Das Eigentumsrecht dieser Käufer ist im Grundbuch einverleibt worden. Die Klägerin begehrte mit der Behauptung, es seien ihr von der I*** bereits 1973 alle Rechte und Pflichten aus dem "Kaufvertrag" vom 11. September 1972/14. Februar 1973 übertragen worden, von der Beklagten die Rückzahlung des Betrages von S 470.000,-- sA. Die Klägerin behauptete, die Beklagte habe das Grundstück 3143 schon vor einiger Zeit veräußert und dabei ihre Verpflichtungen aus dem mit der I*** geschlossenen "Kaufvertrag" nicht auf die neuen Grundstückseigentümer überbunden. Letztere seien auch zu einer Eigentumsverschaffung an dem 2 m breiten Grundstreifen nicht mehr in der Lage. Die Klägerin sei daher mit Schreiben vom 14. Juni 1984 vom Vertrag zurückgetreten und habe diesen Rücktritt mit Schreiben vom 10. September 1984 wiederholt, wobei sie der Beklagten eine angemessene Nachfrist zur Beibringung von Erklärungen der jetzigen Eigentümer des seinerzeitigen Grundstückes 3143 über deren Bereitschaft zur Abtretung des Grundstreifens an die Klägerin gesetzt habe. Solche Erklärungen seien jedoch nicht abgegeben worden. Eine Verbreiterung des Lebenbergweges, wie sie dem "Kaufvertrag" als Absicht zugrunde gelegen sei, habe in der Natur nicht stattgefunden. Einer Vertragsübernahme durch die Ehegatten B*** anstelle der Beklagten habe die Klägerin nie zugestimmt; ein derartiges Ansinnen sei auch nie an sie gerichtet worden. Soweit sie mit den Ehegatten B*** aber Vereinbarungen getroffen habe, so habe dies einen anderen Kaufvertrag betroffen.
Die Beklagte stellte die Aktivlegitimation der Klägerin nicht in Frage (ON 12, AS 41). Sie hielt dem Klagebegehren aber entgegen, eine wesentliche Vertragsbestimmung sei darin gelegen, daß sich die "Käuferin" verpflichtet habe, die erforderliche Vermessung "sogleich nach Fertigstellung der Weganlage" zu veranlassen. Diese Vermessung habe die Klägerin aber unterlassen, weshalb sie die Beklagte nicht für ihre eigene Säumnis verantwortlich machen könne. Im übrigen sei die Beklagte davon ausgegangen, daß eine Verbreiterung des Weges in der Natur bereits erfolgt sei. Weiters sei das Grundstück mit der Vertragserrichtung übergeben worden, so daß schon aus rechtlichen Gründen ein Vertragsrücktritt nicht mehr erfolgen könne. Gewährleistungsansprüche seien aber verjährt. Ein Verkauf der von der Klägerin erworbenen Grundstücke (gemeint wohl: Grundstücksteile) sei nie erfolgt. Im dortigen Bereich sei nur ein Teil und nicht die gesamte, an das Grundstück 4033 angrenzende Länge neu vermessen worden. Bei der Vermessung sei man von einem Stand ausgegangen, der sich nach dem Vertrag mit der Klägerin ergeben habe. Die Beklagte habe ihren gesamten wesentlichen Liegenschaftsbesitz vor vielen Jahren mittels Übergabsvertrages an ihre Tochter und den Schwiegersohn übereignet. Dabei hätten die Übernehmer auch alle Rechte und Pflichten aus dem klagsgegenständlichen "Kaufvertrag" übernommen und sie seien auch stehts zu dessen Erfüllung bereit gewesen. Die Übernehmer hätten Teile des Grundstückes 3143 in Unkenntnis darüber verkauft, daß Teilflächen davon bereits an die Klägerin verkauft und übergeben worden seien. Diese Unkenntnis habe aber die Klägerin verschuldet, weil sie entgegen der vertraglichen Bestimmung nicht die Vermessung veranlaßt habe. Der restliche Teil aus dem Grundstück 3143 stehe der Klägerin nach wie vor zur Verfügung. Diese habe die Gesamtrechtsnachfolge des Ehepaars B*** gegenüber der Beklagten anerkannt. Sie habe nämlich auch die Abänderung eines anderen mit der Beklagten geschlossenen Vertrages nicht mit dieser, sondern mit dem Ehepaar B*** verhandelt und abgeschlossen. Ebenso seien die daraus erfließenden Gegenleistungen diesem Ehepaar zugekommen.
Kurz vor Schluß der mündlichen Streitverhandlung erster Instanz erhob die Beklagte noch eine prozessuale Aufrechnungseinrede gegen die Klagsforderung und begründete diese damit, sie habe der Klägerin gegenüber "einen Rückforderungsanspruch aus Grundstücken, der sich wertmäßig mindestens mit der geltend gemachten Forderung" decke (ON 18, AS 66).
Das Erstgericht erkannte die Klagsforderung als zu Recht bestehend, die aufrechnungsweise eingewendete Forderung aber als nicht zu Recht bestehend und gab dem Klagebegehren - ausgenommen eine nicht mehr in Rede stehende Teilabweisung bei den Zinsen - Folge. Aus seinen Tatsachenfeststellungen ist über den eingangs dargestellten Sachverhalt hinaus folgendes hervorzuheben:
Die I*** plante ein Bauprojekt am Lebenberg-Süd in Kitzbühel, wobei ihr die Verbreiterung des Lebenbergweges um 2 m behördlich vorgeschrieben wurde. Sie setzte sich daher mit der Beklagten als Eigentümerin des Grundstückes 3143 KG Kitzbühel-Land in Verbindung und schloß mit ihr den eingangs wiedergegebenen "Kaufvertrag". Darin verpflichtete sich die I***, die erforderliche "Vermessung sogleich nach Fertigstellung der Weganlage zu veranlassen", welche die Größe des Streifens genau festsetzen sollte und die für die grundbücherliche Durchführung zwingend vorgeschrieben ist.
Im Punkt X. des Vertrages verpflichteten sich beide Vertragsteile, "nach Vorliegen des Vermessungsergebnisses über die kauf- und tauschgegenständlichen Grundstücke eine zur Verbücherung des Tausches und Kaufes geeignete Aufsandungserklärung in der gebotenen Form zu unterfertigen".
Da das geplante Bauvorhaben gescheitert ist, wurde der Lebenbergweg in der Folge nicht verbreitert und auch nicht vermessen. Es erfolgte zunächst von beiden Seiten kein weiteres Vorgehen. Am 27. März 1975 übertrug die Beklagte ihrer Tochter Gertraud B***, geborene M***, mittels eines Übergabsvertrages unter anderem auch das Grundstück 3143, ohne ihr dabei von dem noch offenen Vertrag mit der I*** und dem Erhalt von S 470.000,-- Mitteilung zu machen. Da im Grundbuch bezüglich des letztgenannten Vertrages nie eine Eingabe gemacht worden war, ließen die Tochter der Beklagten und deren Ehegatte das Grundstück parzellieren. Die nunmehrigen Grundstückseigentümer haben auf den betreffenden Teilflächen Garagen erbaut (AS 103).
Erst 1984 stellte die Klägerin bei einer zufälligen Grundbuchseinsicht fest, daß die Beklagte nicht mehr Eigentümerin des Grundstückes 3143 ist und im Grundbuch bezüglich "ihres Vertrages" nichts aufscheint. Mit den beiden Schreiben vom 14. Juni und 10. September 1984 setzte die Klägerin der Beklagten eine angemessene Nachfrist (gemäß Beilage G: bis 30. September 1984 unter gleichzeitiger Rücktrittserklärung für den Fall deren fruchtlosen Verstreichens) zur Beibringung von Erklärungen der jetzigen Grundstückseigentümer, worin diese ihre Bereitschaft erklären sollten, den Grundstreifen an die Klägerin abzutreten. Nachdem diese Erklärungen nicht erfolgten, trat die Klägerin vom Vertrag zurück und verlangte die Herausgabe der geleisteten S 470.000,--. Die Klägerin arbeitet mit Bankkredit, welcher laufend die Höhe der Klagsforderung übersteigt und zumindest mit 9,5 % zu verzinsen ist. In rechtlicher Hinsicht bejahte das Erstgericht die Passivlegitimation der Beklagten, weil diese anläßlich des Übergabsvertrages ihrer Tochter nichts von dem mit der I*** geschlossenen Vertrag mitgeteilt habe und letztere daher gutgläubig auch an dem in Rede stehenden Grundstreifen das Eigentum erworben habe. Die Beklagte habe damit die Vertragserfüllung schuldhaft vereitelt, auch wenn die Klägerin die für die Intabulation erforderliche Vermessung nicht habe vornehmen lassen und sich daher im Leistungsverzug befunden habe. Der Vertragsrücktritt der Klägerin sei gemäß § 920 ABGB berechtigt gewesen. Die von der Beklagten eingewendete teilweise Möglichkeit der Erfüllung wäre nicht sinnvoll, weil damit dem Vertragszweck (Straßenverbreiterung) nicht gedient wäre. Der berechtigte Rücktritt führe zur bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung des Vertrages, weshalb die Beklagte die empfangenen S 470.000,-- herauszugeben habe. Das Verzugszinsenbegehren der Klägerin sei aus dem Titel des Schadenersatzes gerechtfertigt. Der Gegenforderung der Beklagten könne nicht näher getreten werden, weil durch den Rücktritt der Klägerin der Vertrag aufgelöst worden und nicht mehr zu erfüllen sei. Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil. Es verneinte die von der Beklagten geltend gemachten Mängel des erstinstanzlichen Verfahrens, verwarf deren Beweisrüge als unbegründet und billigte im wesentlichen auch die Rechtsansicht des Erstgerichtes. Es führte dazu noch aus: Schon nach dem Wortlaut des "Kaufvertrages" vom 11. September 1972/14. Februar 1973 könne kein Zweifel daran bestehen, daß die Zahlung des Betrages von S 470.000,-- einen Teil der von der I*** zu erbringenden Gegenleistung für die Übereignung einer Grundfläche durch die Beklagte dargestellt habe. Auch die Passivlegitimation sei zu Recht bejaht worden. Eine privative Schuldübernahme durch das Ehepaar B*** sei von der Beklagten weder behauptet worden noch lasse sich eine solche aus den Feststellungen ableiten. Der Rücktritt der Klägerin sei gemäß § 920 ABGB berechtigt gewesen, weil sich der Gläubiger auf den Standpunkt der Unmöglichkeit der Vertragserfüllung durch den Schuldner stellen könne, wenn nicht erkennbar sei, daß in absehbarer Zeit die Leistung erbracht werden könne. Die Berufung der Beklagten auf die mangelnde Fälligkeit wegen der von der Klägerin noch nicht durchgeführten Vermessung verstoße gegen die Grundsätze von Treu und Glauben, weil dieser im Hinblick auf die von der Beklagten gar nicht erklärte Bereitschaft zum Rückerwerb des fraglichen Grundstreifens nicht zugemutet werden könne, zur Wahrung ihrer Rücktrittsmöglichkeit vorher noch einen entsprechenden "frustrierten Aufwand" zu machen. Die Gegenforderung der Beklagten sei schon mangels Schlüssigkeit ihrer Aufrechnungseinrede mit Recht verneint worden. Diese sei weder individualisiert noch deren Titel näher bezeichnet worden. Es sei auch nicht ersichtlich, warum der Beklagten anstelle des behaupteten Rückforderungsanspruches, welche naturgemäß mit einer Geldforderung nicht kompensabel wäre, der Wert dieses Anspruches gebühren solle. Der Klägerin stünden schließlich auch höhere als die gesetzlichen Verzugszinsen zu. Bei der zufolge der von ihr herbeigeführten Doppelveräußerung klaren Rechtslage habe der Beklagten klar sein müssen, daß sie den ohne Erbringung einer Gegenleistung empfangenen Betrag wieder zurückstellen müsse. Gegen das Urteil des Gerichtes zweiter Instanz richtet sich die Revision der Beklagten aus den Revisionsgründen des § 503 Abs 1 Z 2 und 4 ZPO mit dem Antrag auf Abänderung des Urteiles im Sinne einer gänzlichen Klagsabweisung, hilfsweise auf Urteilsaufhebung. Die Klägerin stellt in ihrer Revisionsbeantwortung den Antrag, dem Rechtsmittel der Beklagten nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Mit ihrer Mängelrüge macht die Beklagte ausschließlich das Vorliegen von angeblichen Feststellungsmängeln geltend, die jedoch dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung zugehören und daher sogleich bei Behandlung der Rechtsrüge zu prüfen sein werden.
Hier vertritt die Beklagte zunächst die Auffassung, die Bezahlung der S 470.000,-- könne im Rahmen des "Kaufvertrages" vom 11. September 1972/14. Februar 1973 nicht losgelöst von den übrigen beiderseitigen vertraglichen Leistungen betrachtet werden. Danach sei es aber evident, daß dieser Barbetrag nicht als Gegenleistung für die Grundfläche betrachtet, sondern für die Verkaufsbereitschaft der Beklagten überhaupt gegeben worden sei.
Abgesehen davon, daß die Beklagte im erstgerichtlichen Verfahren das Sachvorbringen der Klägerin, die Geldzahlung der I*** sei vertraglich ein Teil der Gegenleistung für den Verkauf und die Übergabe des 2 m breiten Grundstreifens durch die Beklagte an sie gewesen, ausdrücklich als richtig zugestanden hat (ON 2, AS 6), ist doch die Rechtsnatur dieses Vertrages näher zu untersuchen, weil diese für die Berechtigung der Klägerin zum Vertragsrücktritt gemäß § 918 ABGB oder § 920 ABGB und dessen Rechtsfolgen von Bedeutung sein kann. Danach sollten aber im vorliegenden Fall zwei annähernd gleich große, im Eigentum der Vertragspartner befindliche Grundstücksteile mit gleichem Wert getauscht und darüber hinaus von der I*** noch S 470.000,-- an die Beklagte bezahlt werden. Dieser Geschäftstyp manifestiert eine Interessenlage, die von vornherein die Annahme eines "Doppelkaufes" (zweier Kaufverträge mit gegenseitiger Verrechnung der Preise), bei dem Leistungsstörungen jeweils auf das eine oder andere Geschäft gesonderte Rechtsfolgen auslösen könnten (Koziol-Welser, Grundriß, I8, 323; Aicher in Rummel, ABGB, Rdz 9 und 10 zu § 1055; SZ 57/85 ua) ausschließt. Es handelt sich vielmehr um ein einziges einheitliches Geschäft (vgl. Aicher, a.a.O, Rdz 10 zu § 1055; JBl 1961, 86), das nach der Regel des § 1055 ABGB auf Grund der Gesamtwertverhältnisse entweder als Tausch oder als Kauf anzusehen ist. Daraus folgt bereits, daß ein wirksamer Rücktritt der Klägerin das gesamte einheitliche Geschäft aufgelöst hätte und kein Teil mehr Erfüllungsansprüche stellen könnte. Es schadet dabei auch nichts, daß nicht verläßlich beurteilt werden kann, ob das Geschäft ein Tausch oder Kauf war, weil nicht feststeht, ob innerhalb der zusammengesetzten Leistung auf Seite der I*** der Wert des Geldes den Wert der Sache (des von ihr an die Beklagte zu übereignenden Grundstreifens) übersteigt oder diesem doch gleich kommt (§ 1055 ABGB); sowohl beim Kauf als auch beim Tausch besteht nämlich die vertragliche Hauptpflicht zur Verschaffung des Eigentums (Aicher, a.a.O., Rdz 1 zu § 1047 und Rdz 2 zu § 1061). Diese ist bei Liegenschaften erst dann erfüllt, wenn das Eigentumsrecht des Vertragspartners im Grundbuch einverleibt ist (Reischauer in Rummel, ABGB, Rdz 10 zu § 918; Aicher, a.a.O., Rdz 2 zu § 1047, jeweils mit weiteren Rechtsprechungsnachweisen). In Ansehung dieser Eigentumsverschaffungspflicht blieb der "Kaufvertrag" vom 11. September 1972/14. Februar 1973 aber beiderseits unerfüllt. In diesem Zusammenhang befand sich die I*** und in der Folge die Klägerin entgegen der Meinung der Beklagten keineswegs im Leistungsverzug mit ihrer vertraglich übernommenen Nebenverpflichtung zur Vornahme der Vermessung. Diese war von ihnen "sogleich nach Fertigstellung der Weganlage zu veranlassen", doch hat eine Verbreiterung des Lebenbergweges niemals stattgefunden, weil das geplante Bauprojekt scheiterte. Es hätte daher erst einer Mahnung der Beklagten bedurft, um die I*** bzw. die Klägerin diesbezüglich in Verzug zu setzen. Die Beklagte hat aber ungeachtet ihrer vertraglichen Eigentumsverschaffungspflicht hinsichtlich eines 2 m breiten Streifens des Grundstückes 3143 auch dieses zur Gänze mit Übergabsvertrag vom 27. März 1985 ihrer Tochter übereignet. Diese und ihr Ehegatte haben nach Parzellierung die Grundstücke 3143/2 und 3143/3 1980 und 1981 an die Ehepaare L*** und S*** weiterverkauft und deren Eigentumsrechte sind nunmehr im Grundbuch einverleibt. Grundbücherliche Eigentümer des Grundstückes 3143/1 sind Gertraud und Adolf B***. Insoweit liegt daher eine Doppelveräußerung vor (zum Doppelverkauf siehe Koziol-Welser, Grundriß, II7, 66; Aicher, a.a.O., Rdz 10 und 11 zu § 1053), und die noch nicht befriedigte Klägerin konnte somit gegenüber der Beklagten gemäß § 918 ABGB (wenn deren Leistung noch möglich erscheint) oder gemäß § 920 ABGB (wenn deren Leistung endgültig vereitelt ist) vom Vertrag zurücktreten (Aicher, a.a.O., Rdz 11 zu § 1053). Da die Klägerin aber jedenfalls auch gemäß § 918 ABGB wirksam zurückgetreten ist, weil ihre Rücktrittserklärung unter Setzung einer angemessenen Nachfrist erfolgte und die Beklagte hinsichtlich ihrer Eigentumsverschaffungspflicht zugleich durch Einmahnung in Verzug gesetzt wurde, brauchte die Frage, ob die Erfüllung des Vertrages durch ihre Vorgangsweise im Sinne des § 920 ABGB vereitelt wurde, weil ihr dadurch die Bewirkung der versprochenen Leistung (objektiv oder subjektiv) physisch oder rechtlich dauernd (endgültig) unmöglich geworden ist, was zum Teil eine reine Tatfrage, zum Teil aber auch ein Wertungsproblem darstellt (Bydlinski in Klang2, IV/2, 114; Koziol-Welser, Grundriß, I8, 221, JBl 1983, 604; 1985, 742), nicht mehr näher geprüft zu werden. Die von der Beklagten insoweit gerügten Feststellungsmängel können somit schon deshalb nicht vorliegen, weil die Frage, ob der Erfüllung durch sie ein dauerndes (endgültiges) Hindernis entgegenstand, von keiner rechtlichen Relevanz mehr ist.
Soweit die Beklagte nach wie vor darauf beharrt, es sei - wenn überhaupt - so nur ein Teilrücktritt der Klägerin möglich gewesen, weil das Ehepaar B*** Eigentümer des Grundstückes 3143/1 sei, so ist sie darauf zu verweisen, daß das Berufungsgericht die von ihr angestrebte ergänzende Feststellung, dieses Ehepaar sei bereit, der Klägerin das Eigentum am entsprechenden Teil des Grundstückes 3143/1 zu verschaffen, abgelehnt hat, weil sich solches aus dem Beweisverfahren nicht ergeben habe (Berufungsurteil S 12 Abs 1). Abgesehen davon hat der Gläubiger sowohl nach § 918 ABGB als auch nach § 920 ABGB bei Teilverzug oder Teilunmöglichkeit das Recht zum Rücktritt vom gesamten Vertrag, wenn die noch mögliche Teilleistung für ihn kein Interesse hat und sich dies - wie hier - aus der Natur des Geschäftes oder dem dem Verpflichteten bekannten Zweck (hier:
Verbreiterung des Lebenbergweges längs des ganzen Grundstückes 3143 um 2 m) ergibt (Koziol-Welser, Grundriß, I8, 204, 226 und 230; Reischauer in Rummel, ABGB, Rdz 20 zu § 918 und Rdz 15 zu 920). Ebenso vertritt die Beklagte weiterhin die Rechtsauffassung, sie sei für das vorliegende Begehren nicht passiv legitimiert, weil die Klägerin die Gesamtrechtsnachfolge des Ehepaares B*** auf ihrer Seite anerkannt habe. Dabei übersieht die Beklagte jedoch, daß sie diese von ihr in erster Instanz behauptete Gesamtrechtsnachfolge auf den Übergabsvertrag vom 27. März 1975 gestützt hat. Als Übernehmerin dieses Vertrages war ihre Tochter aber keineswegs Gesamtrechtsnachfolgerin der Beklagten, sondern lediglich deren Einzelrechtsnachfolgerin (EvBl 1984/54). Aus der unbestrittenen Tatsache der Verhandlung der Klägerin mit dem Ehepaar B*** bezüglich eines anderen Vertrages kann daher schon aus diesem Grunde nicht deren Anerkenntnis in Bezug auf eine gar nicht vorliegende Gesamtrechtsnachfolge gefolgert werden. Insoweit erweist sich das Vorbringen der Beklagten als rechtlich unschlüssig. Im übrigen kann sie aber zur Frage der privaten Schuldübernahme durch das Ehepaar B*** auf die zutreffenden Rechtsausführungen des Berufungsgerichtes verwiesen werden.
Aus dem bisher Gesagten ergibt sich die Berechtigung und Wirksamkeit des von der Klägerin erklärten Vertragsrücktrittes, wodurch der gesamte einheitliche "Kaufvertrag" vom 11. September 1972/14. Februar 1973 aufgelöst worden ist. Die Beklagte hat daher gemäß § 921 letzter Satz ABGB die empfangene Geldleistung schon im Wege der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung zurückzustellen (Koziol-Welser, Grundriß, I8, 233). Ein derartiger Rückabwicklungsanspruch steht jedoch der Beklagten gegenüber der Klägerin nicht zu, weil deren Eigentumsverschaffungspflicht bezüglich einer rund 235 m2 großen Teilfläche der Grundstücke 3005 und 3006/1 gleichfalls unerfüllt blieb und mit dem Vertragsrücktritt weggefallen ist. Soweit die aufrechnungsweise eingewendete Gegenforderung der Beklagten daher diesen "Rückübertragungsanspruch" im Auge gehabt haben sollte, wurde eine entsprechende Geldforderung der Beklagten daher mit Recht verneint. Sollten aber andere "Rückübertragungsansprüche aus Grundstücken" gemeint worden sein, so hat das Berufungsgericht bereits zutreffend darauf hingewiesen, daß damit von der Beklagten eine kompensable Geldforderung in keiner Weise schlüssig dargetan worden ist.
Da die Beklagte nach den Feststellungen anläßlich des Abschlusses des Übergabsvertrages vom 27. März 1975 ihrer Tochter keine Mitteilung vom noch offenen Vertrag mit der I*** gemacht hat, ist ihr die Nichterfüllung bzw. Leistungsvereitelung als Verschulden zuzurechnen, so daß der Klägerin gemäß § 921 Satz 1 ABGB auch Schadenersatzansprüche zustehen. Der "Kaufvertrag" vom 11. September 1972/14. Februar 1973 wurde mit einer Gesellschaft m.b.H. geschlossen und war daher ein einseitiges Handelsgeschäft im Sinne des § 345 HGB (vgl. § 6 Abs 1 HGB und § 61 Abs 3 GmbHG), auf welches Art.8 Nr.2 der 4.EVHGB anwendbar ist (Kramer in Straube, HGB Rz 2 zu Art.8 Nr.2). Die Beklagte hat der Klägerin schon aus diesem Grunde ohne Rücksicht auf ihren Verschuldensgrad auch die geforderten höheren Verzugszinsen aus der Inanspruchnahme eines Bankkredites zu ersetzen.
Der Revision mußte aus allen diesen Gründen ein Erfolg versagt bleiben.
Der Kostenausspruch beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.
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