Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei die mit S 14.339,41 (darin keine Barauslagen und S 1.303,58 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Unbestritten steht fest, daß sich am 5.6.1985 im Einfahrtsbereich des Bahnhofes Ötztal ein Verkehrsunfall ereignete, an dem die von der Klägerin gehaltene, von Maximilian K*** gelenkte Gleisstopfmaschine 07-32 mit der Maschinen-Nummer 1038 und der von der Erstbeklagten gehaltene, vom Zweitbeklagten gelenkte Radlader mit dem amtlichen Kennzeichen T 372.571 beteiligt waren; zum Unfallszeitpunkt war der Radlader der Erstbeklagten bei der Drittbeklagten haftpflichtversichert. Durch den Unfall wurden sowohl die Gleisstopfmaschine als auch der Radlader der Erstbeklagten beschädigt. Der entstandene Sachschaden am Radlader beträgt S 38.820,--.
Mit der am 2.4.1986 bei Gericht eingebrachten Klage begehrte die Klägerin den mit S 368.374,58 bezifferten Schaden an ihrer Gleisstopfmaschine und brachte dazu vor:
Die Gleisstopfmaschine der Klägerin, auf die die Verkehrsbestimmungen der Österreichischen Bundesbahnen anzuwenden seien, habe sich dem Einfahrtssignal für den Bahnhof Ötztal genähert, welches "Vorbeifahrt und Einfahrt mit 40 km/h erlaubt" anzeigte. In weiterer Folge habe der Lenker der Gleisstopfmaschine außerhalb der "Bahnbreite" des ÖBB-Geleises den Radlader der Erstbeklagten bemerkt, der sich im Stillstand befunden habe. Der Lenker der Gleisstopfmaschine habe ein Warnsignal mit seinem Lufthorn abgegeben. Als sich schließlich die Gleisstopfmaschine bereits etwa auf Höhe mit dem Radlader befunden habe, habe sich dieser plötzlich rückwärts zum Gleis hin bewegt und sei mit der Gleisstopfmaschine im Bereich des Stopfwerkzeugkastens kollidiert. Das Alleinverschulden am Zustandekommen des Unfalles treffe den Kläger des Radladers, sodaß die Beklagten der Klägerin den ihr entstandenen Schaden zu ersetzen hätten.
Die Beklagten beantragten kostenpflichtige Klagsabweisung und wendeten ein:
Der Zweitbeklagte sei innerhalb der "Bahnbreite" des Gleises damit beschäftigt gewesen, mit dem Radlager Erdmaterial auf einen LKW aufzuladen, der ihm die Sicht in Anfahrtsrichtung der Gleisstopfmaschine verstellt habe. Direkt am Bahnkörper sei ein Sicherungsposten der ÖBB eingesetzt gewesen, der ein sicheres Arbeiten im Gleisbereich gewährleisten sollte. Der Zweitbeklagte habe während seiner Arbeiten ständig Sichtkontakt mit dem Sicherungsposten gehabt, der ihn jedoch nicht auf die herannahende Gleisstopfmaschine aufmerksam gemacht habe. Zum Kollisionszeitpunkt sei der Radlader gestanden und die Gleisstopfmaschine habe diesen gestreift. Das Verschulden treffe den Fahrer der Gleisstopfmaschine, da dieser die Fahrgeschwindigkeit entsprechend reduzieren hätte müssen, zumal er die im Gleisbereich vor sich gehenden Arbeiten des Zweitbeklagten sehen hätte müssen. Er habe auch nicht durch ein Warnsignal auf das Herannahen der Gleisstopfmaschine aufmerksam gemacht. Der Zweitbeklagte habe nicht mit einer überbreiten Gleisstopfmaschine rechnen können und müssen. Den am Radlader entstandenen und der Höhe nach außer Streit gestellten Schaden wendeten die Beklagten kompensando ein.
Die Klägerin replizierte, daß es nicht richtig sei, daß der Radlader der Erstbeklagten zum Kollisionszeitpunkt im Stillstand gewesen sei. Der Fahrer der Gleisstopfmaschine sei nicht verpflichtet gewesen auf Sicht zu fahren, da dies nach den Bestimmungen der ÖBB ausdrücklich angeordnet hätte werden müssen, was jedoch nicht der Fall gewesen sei. Der Zweitbeklagte sei vom Sicherungsposten der ÖBB dahingehend verständigt worden, daß er jedenfalls nicht im Bereich der "Bahnbreite" - dabei handle es sich um den kollisionsgefährdeten Raum im Nahebereich des Gleises - seine Arbeiten durchführen dürfe. Den Lenker der Gleisstopfmaschine treffe kein Vorwurf eines fahr- und betriebstechnischen Fehlers. Der an die ÖBB gerichteten Aufforderung auf seiten der Beklagten als Nebenintervenientin in das Verfahren einzutreten, folgte diese nicht.
Dem Antrag der Klägerin, auf Richtigstellung ihrer Bezeichnung auf B*** W*** Gesellschaft m.b.H., wurde mit dem in das Urteil aufgenommenen, unangefochtenen Beschluß des Erstgerichtes Folge gegeben.
Das Erstgericht erkannte die Klagsforderung mit S 368.374,58 als zu Recht, die eingewendete Gegenforderung bis zur Höhe der Klagsforderung als nicht zu Recht bestehend und sprach der Klägerin daher S 368.374,58 s.A. zu; ein Zinsenmehrbegehren von 5,5 % aus S 368.374,58 seit 3.7.1985 wurde - unbekämpft - abgewiesen. Das Erstgericht ging im wesentlichen von folgenden Feststellungen aus:
Am 5.6.1985 fuhr der Angestellte der Klägerin, Maximilian K***, mit einer Gleisstopfmaschine über den Bahnhof Roppen in Richtung Bahnhof-Ötztal. Als sich die Gleisstopfmaschine vor dem Bahnhof-Ötztal dem Hauptsignal - nach den Signalvorschriften der ÖBB zeigt dieses dem herannahenden Fahrzeuglenker an, ob der anschließende Gleisabschnitt befahren werden darf und weist überdies fallweise auf die im Weichenbereich zulässige Fahrgeschwindigkeit hin - näherte, zeigte das Signal "Einfahrt erlaubt mit 40 km/h" an. Maximilian K*** fuhr beim Hauptsignal mit einer Geschwindigkeit von ca. 40 km/h vorbei. Ein Fahren auf Sicht wäre für ihn nur dann erforderlich gewesen, wenn dies gemäß den Dienstvorschriften der ÖBB eigens vom Fahrdienstleiter, im gegebenen Fall des Bahnhofes Roppen, angeordnet worden wäre. In seine Fahrtrichtung weist die Gleisstrecke eine langgezogene Rechtskurve auf und führt dann in das Bahnhofsgelände. Noch außerhalb des unmittelbaren Bahnhofsbereiches in Anfahrtsrichtung der Gleisstopfmaschine wurden von dem bei der Erstbeklagten angestellten Zweitbeklagten mit einem Radlader der Erstbeklagten Erdaushubarbeiten in unmittelbarer Gleisnähe vorgenommen. Der Fahrer der Gleisstopfmaschine hatte erstmals auf den Baustellenbereich auf eine Entfernung von ca. 50 bis 100 m Sicht. Seitens der ÖBB war ein Sicherungsposten beigestellt worden, der die Aufgabe hatte, Gefahren für die im Gleisbereich arbeitenden Personen durch entsprechende Signale abzuwenden. Für optische Signale stehen einem Sicherungsposten eine kleine rote Fahne, für akustische Signale ein mit Atemluft zu betätigendes Doppelsignalhorn oder Typhon, das mit Preßluft betrieben wird, zur Verfügung. Im gegenständlichen Fall hatte der Sicherungsposten lediglich ein Doppelsignalhorn zur Verwendung, welches nur einen Phonpegel entsprechend dem Arbeitsgeräusch des Radladers erreicht, sodaß diesbezüglich die Gefahr gegeben war, daß der Lenker des Radladers das Signal überhören könnte. Aus diesem Grund wurde eine Koordination zwischen dem Sicherungsposten und dem Lenker des Radladers regelmäßig optisch vorgenommen, wobei der Zweitbeklagte diesbezüglich mit dem Sicherungsposten Sichtkontakt aufnahm, wenn er in den unmittelbaren Gleisbereich zufahren wollte. Dann bestätigte der Zweitbeklagte dem Sicherungsposten jeweils, wenn er sein Zeichen, daß der Gleisbereich frei ist, wahrgenommen hatte. In dieser Weise wurde dies bereits mehrere Wochen vor dem Unfallstag gehandhabt, wobei jedoch am Unfallstag ein neuer Sicherungsposten eingeteilt worden war. Auch mit ihm hatte der Zweitbeklagte an diesem Tag schon mehrmals Sichtkontakt aufgenommen und dessen optische Signale bei Herannahen eines Zuges beachtet. Das Erstgericht konnte nicht feststellen, daß der Zweitbeklagte vom Sicherungsposten die Anweisung erhalten hatte, jedenfalls keine Arbeiten innerhalb der "Bahnbreite", das ist der im gegenständlichen Fall jeweils maximal 2 m betragende Bereich links und rechts des Gleises, der bei Herannahen eines Zuges jedenfalls freizuhalten ist, auszuführen. Als der Lenker der Gleisstopfmaschine Sicht auf den Baustellenbereich erlangte, bemerkte er den Radlader im Stillstand mit dessen Rückseite zum Geleis in einer Entfernung von ca. 2 - 3 m. Er gab mit dem Signalhorn der Gleisstopfmaschine ein Achtungssignal und fuhr weiter auf den Baustellenbereich zu. Daß für den Lenker der Gleisstopfmaschine erkennbar war, daß sich der Radlader bei einem Arbeitsvorgang befunden hatte, konnte das Erstgericht nicht feststellen. Die Gleisstopfmaschine benötigt bei einer Geschwindigkeit von 40 km/h eine Anhaltezeit von 9 Sekunden. Der Reaktionsweg beträgt dabei 17,8 m, der Bremsweg 41,1 m und der Anhalteweg 58,9 m. Der Lenker des Radladers war von einem Aufladevorgang bei einem schräg rechts vor ihm befindlichen LKW ein Stück zurückgefahren und hatte sein Fahrzeug zum Stillstand gebracht, um sich nach dem Sicherungsposten umzusehen. In dieser Position war der Radlader erstmals für den Lenker der Gleisstopfmaschine zu sehen; der Radlader verharrte mehrere Sekunden in dieser Stellung, wobei der Zweitbeklagte in Anfahrtsrichtung der Gleisstopfmaschine nicht weiter schaute, obwohl durchaus davon auszugehen ist, daß für ihn Sicht in diese Richtung bestanden hätte. Bei seinem Blick zum Sicherungsposten konnte er wahrnehmen, daß dieser weder auf ihn, noch auf die Anfahrtsrichtung der Gleisstopfmaschine achtete, sondern in eine andere Richtung blickte und die Hand mit der roten Fahne herabhängen ließ. Der Zweitbeklagte ging davon aus, daß das Gleis wohl frei sein dürfte und fuhr daraufhin weitere 2 bis 3 m bis unmittelbar zum Gleis zurück, um dort Erdmaterial auszuheben. Zum Zeitpunkt des Anfahrens des Radladers befand sich die Gleisstopfmaschine bereits in einer Entfernung von ca 10 bis 30 m zum Kollisionspunkt. Der Lenker der Gleisstopfmaschine reagierte mit einer Vollbremsung, konnte jedoch die Kollision nicht mehr vermeiden. Es kam zu einer Streifung im Bereich des Gleisstopfkastens (ca. 10 m hinter dem Frontbereich der Gleisstopfmaschine) und der Rückseite des Radladers, wodurch bei der Gleisstopfmaschine ein Reparaturschade in Höhe von S 368.374,58 (netto) entstand, den die Klägerin beheben ließ.
In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, daß ein schuldhaftes Fehlverhalten des Lenkers der Gleisstopfmaschine nicht ersichtlich sei. Ihm sei weder eine verspätete Reaktion, noch eine überhöhte Geschwindigkeit anzulasten. Es sei für ihn auch nicht erkennbar gewesen, daß sich der Radlader gerade in einem Arbeitsvorgang befand und er habe nicht damit rechnen können, daß der Radlader bei Herannahen der Gleisstopfmaschine in den Bahnbereich einfahren würde; vielmehr habe er davon ausgehen können, daß er mit der Gleisstopfmaschine den Baustellenbereich ungefährdet passieren werde können. Demgegenüber sei dem Zweitbeklagten vorzuwerfen, daß er bei Durchführung der Aushubarbeiten mit dem Radlader nicht die entsprechende Sorgfalt aufgewendet habe. Er habe lediglich in Richtung des Sicherungspostens geblickt, wobei dieser gar nicht auf ihn geachtet habe, sodaß ein Sichtkontakt nicht zustande gekommen sei. Er hätte auf ein eindeutiges Freizeichen des Sicherungspostens warten müssen und nicht darauf vertrauen dürfen, daß der Gleisbereich frei sein werde. Bei dem Verhalten des Sicherungspostens sei eine unklare Situation vorgelegen, die vom Zweitbeklagten bei pflichtgemäßer Sorgfalt als zweideutig und unklar zu erkennen gewesen sei, sodaß auf die Deutung in einer bestimmten Richtung hin vertraut hätte werden dürfen. Er hätte damit rechnen müssen, daß der Sicherungsposten den herannahenden Zug nicht wahrgenommen hat. Darüberhinaus sei dem Zweitbeklagten als Nachlässigkeit vorzuwerfen, daß er nicht in Anfahrtsrichtung der Gleisstopfmaschine geschaut habe. Darauf, ob allenfalls auch den Sicherungsposten ein Mitverschulden am Zustandekommen des Unfalles treffe, sei im Hinblick auf die Bestimmung des § 1302 ABGB nicht einzugehen. Es sei sohin im Verhältnis zur Klägerin von einem Alleinverschulden des Zweitbeklagten auszugehen, sodaß die Beklagten zur ungeteilten Hand zur Bezahlung des Schadens der Klägerin verpflichtet seien.
Die Berufung der Beklagten blieb erfolglos; das Gericht zweiter Instanz übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes als unbedenklich und billigte auch die rechtliche Beurteilung der ersten Instanz.
Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes wendet sich die Revision der Beklagten aus dem Anfechtungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung im Sinne der Klagsabweisung; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Die Klägerin beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung, die Revision zurückzuweisen, allenfalls ihr nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist entgegen der Ansicht des Revisionsgegners ungeachtet der offenbar irrtümlichen Nichtbeachtung der im Zuge des Verfahrens vorgenommenen rechtskräftigen Änderung der Parteibezeichnung der Klägerin zulässig (§ 502 Abs 4 Z 2 ZPO), das Rechtsmittel ist jedoch nicht berechtigt.
Die Beklagten vertreten die Auffassung, den Zweitbeklagten treffe an dem Unfall kein Verschulden; dagegen müsse sich die Klägerin als Eisenbahnunternehmerin außer dem Verschulden des Lenkers der Gleisstopfmaschine vor allem das Verschulden des Sicherungspostens Roland H***, der beim Betrieb der Eisenbahn tätig gewesen sei, zurechnen lassen; er habe den Zweitbeklagten vor der herannahenden Gleisstopfmaschine nicht gewarnt, weil er aus mangelnder Aufmerksamkeit dieses Fahrzeug nicht bemerkt habe; überdies habe die Klägerin die überwiegende Betriebsgefahr der Gleisstopfmaschine zu vertreten.
Diesen Ausführungen kann nicht gefolgt werden. Soweit die Beklagten ein Verschulden des Lenkers der Gleisstopfmaschine der Klägerin darin erblicken, daß dieser bei Annäherung an die Baustelle seine Fahrt nicht mit unverminderter Geschwindigkeit von 40 km/h hätte fortsetzen und sich nicht auf die Abgabe von Warnsignalen hätte beschränken dürfen, sondern mit besonderer Vorsicht fahren und bei Sicht auf den nur 2 m vom Gleis entfernten Radlader umgehend eine Vollbremsung hätte einleiten müssen, ist ihnen folgendes zu erwidern: Nach den vom Berufungsgericht übernommenen Feststellungen des Erstgerichtes zeigte das Hauptsignal vor dem Bahnhof-Ötztal bei Annäherung der Gleisstopfmaschine "Einfahrt erlaubt mit 40 km/h" an. Der Lenker der Gleisstopfmaschine fuhr beim Hauptsignal mit einer Geschwindigkeit von ca. 40 km/h vorbei. Ein Fahren auf Sicht wäre für ihn nur dann erforderlich gewesen, wenn dies gemäß den Dienstvorschriften der ÖBB eigens vom Fahrdienstleiter, im gegebenen Fall des Bahnhofes Roppen, angeordnet worden wäre, was nicht der Fall war. Als der Lenker der Gleisstopfmaschine den Baustellenbereich wahrnahm, bemerkte er den Radlader im Stillstand mit dessen Rückseite zum Geleis in einer Entfernung von ca. 2 - 3 m. Er gab mit dem Signalhorn der Gleisstopfmaschine ein Achtungssignal und fuhr weiter auf den Baustellenbereich zu. Daß für den Lenker der Gleisstopfmaschine erkennbar war, daß sich der Radlader bei einem Arbeitsvorgang befunden hatte, konnte das Erstgericht nicht feststellen. Die Gleisstopfmaschine benötigt bei einer Geschwindigkeit von 40 km/h eine Anhaltezeit von 9 Sekunden. Der Reaktionsweg beträgt dabei 17,8 m, der Bremsweg 41,1 m und der Anhalteweg 58,9 m. Der Radlader verharrte mehrere Sekunden in dieser Stellung, wobei der Zweitbeklagte in Anfahrtsrichtung der Gleisstopfmaschine nicht weiter schaute, obwohl durchaus davon auszugehen ist, daß für ihn Sicht in diese Richtung bestanden hätte. Bei seinem Blick zum Sicherungsposten konnte er wahrnehmen,daß dieser weder auf ihn, noch auf die Anfahrtsrichtung der Gleisstopfmaschine achtete, sondern in eine andere Richtung blickte und die Hand mit der roten Fahne herabhängen ließ. Der Zweitbeklagte ging davon aus, daß das Gleis wohl frei sein dürfte und fuhr daraufhin weitere 2 bis 3 m bis unmittelbar zum Gleis zurück, um dort Erdmaterial auszuheben. Zum Zeitpunkt des Anfahrens des Radladers befand sich die Gleisstopfmaschine bereits in einer Entfernung von ca. 10 bis 30 m zum Kollisionspunkt. Der Lenker der Gleisstopfmaschine reagierte mit einer Vollbremsung, konnte jedoch die Kollision nicht mehr vermeiden.
Ausgehend von diesen Feststellungen ist in der Auffassung des Berufungsgerichtes, daß den Lenker der Gleisstopfmaschine, dem weder eine verspätete Reaktion, noch eine überhöhte Geschwindigkeit zur Last fällt, kein Verschulden an dem Unfall trifft, keine unrichtige rechtliche Beurteilung zu erblicken. Unter den festgestellten Umständen kann entgegen der Auffassung der Revision auch von einer Erhöhung der durch den Betrieb der Gleisstopfmaschine hervorgerufenen gewöhnlichen Betriebsgefahr nicht gesprochen werden. Auch soweit die Beklagte darzutun versucht, daß der Unfall allein oder zumindest überwiegend auf das schuldhafte Fehlverhalten des Sicherungspostens H*** zurückzuführen sei, kann ihnen nicht gefolgt werden. Zutreffend hat das Berufungsgericht darauf verwiesen, daß gemäß § 1302 ABGB bei einer Mehrheit von fahrlässig handelnden Tätern Solidarhaftung eintritt, wenn nicht feststellbar ist, welche bestimmten Schadensfolgen anteilsmäßig jedem einzelnen anzulasten sind. Dem Geschädigten bleibt es hiebei unbenommen, von jedem der nach dieser Gesetzesstelle solidarisch Haftenden den Ersatz des ganzen Schadens zu verlangen und den Anspruch klagsweise geltend zu machen. Im vorliegenden Fall wurden von der Klägerin weder der Sicherungsposten H*** noch die ÖBB in der Klage in Anspruch genommen. Der endgültigen Verteilung der Schadenstragung wird hiedurch nicht vorgegriffen, sondern es besteht allenfalls ein interner Ausgleichsanspruch gegenüber den Mitschuldnern. Der Anspruch eines Mitschuldners gegen den anderen auf Ausgleichung wegen Erfüllung der Ansprüche Dritter über den im Innenverhältnis endgültig zu tragenden Anteil hinaus ist aber seiner Natur nach kein Schadenersatzanspruch im Sinne des § 1489 ABGB. Dieser Ausgleichsanspruch gegen den Mitschuldner entsteht nicht schon durch die widerrechtliche Schadenszufügung, sondern erst dann und nur soweit, als der Geschädigte von seinem Recht, von jedem der Solidarschuldner den Ersatz des ganzen Schadens zu verlangen, über den einen dieser Mitschuldner treffenden Anteil hinaus Gebrauch gemacht und dieser Mitschuldner tatsächlich über diesen im Innenverhältnis von ihm zu tragenden Anteil hinaus Ersatz geleistet hat. Dieses Vorgehen des Gläubigers und die Erfüllung seiner Ansprüche durch den Mitschuldner kann nicht als Schadenszufügung durch den anderen, dann ausgleichungspflichtigen Mitschuldner angesehen werden. Die dadurch bedingte Auslösung der Ausgleichungspflicht ist kein Eintritt des Schadens im Sinne des § 1489 ABGB (Klang-Klang2 VI/633; Wolff-Klang2 VI/56; Fenzl; ÖJZ 1949/416; Weiß, JBl 1947/529 ff; SZ 37/182, SZ 28/52 ua.). Erst nach Leistung von Schadenersatz durch einen Gesamtschuldner kommt daher die Regelung des § 11 Abs 1 EKHG über den internen Ausgleich überhaupt zur Anwendung, wobei für das Ausmaß des Regreßanspruches die in dieser Gesetzesstelle aufgestellten Kriterien maßgebend sind (vgl. ZVR 1982/142 ua.). Im vorliegenden Fall ist daher nur über das Verschulden der Beklagten gegenüber der Klägerin abzusprechen. Die Verknüpfung einer Einzelabwägung mit einer Gesamtabwägung der Verschuldensanteile mehrerer an einem Unfall Beteiligter ist nur anzuwenden, wenn der Geschädigte gegen mehrere Schädiger gleichzeitig vorgeht oder wenn sich nach der Inanspruchnahme eines Schädigers die Frage stellt, was die übrigen Schädiger noch aufzubringen haben. Bei der Inanspruchnahme nur eines von mehreren Schädigern kann nicht über die Beteiligung der übrigen nach freier Überzeugung mitbefunden und daran eine Gesamtschau angeschlossen werden (vgl. EvBl 1978/84, ZVR 1983/190 ua.). Zu Unrecht versucht die Beklagte, ein der Klägerin zuzurechnendes Mitverschulden an dem Unfall aus der Bestimmung des § 19 Abs 2 EKHG dadurch abzuleiten, daß sich die Klägerin das schuldhafte Fehlverhalten des Sicherungspostens H***, der beim Eisenbahnbetrieb der Klägerin mit deren Willen tätig gewesen sei, anrechnen lassen müsse. Nach den vom Berufungsgericht übernommenen Feststellungen des Erstgerichtes war H*** seitens der ÖBB als Sicherungsposten beigestellt worden, der die Aufgabe hatte, Gefahren für die im Gleisbereich arbeitenden Personen durch entsprechende Signale abzuwenden. Daraus folgt aber, daß H*** jedenfalls nicht als Betriebsgehilfe (§ 19 Abs 2 EKHG) der Klägerin, die mit den von der Erstbeklagten in der Nähe des Gleiskörpers durchgeführten Erdarbeiten in keinerlei Zusammenhang stand, anzusehen war; ob H*** allenfalls die Stellung eines Betriebsgehilfen der Beklagten zukam, da er ja die im Gleisbereich arbeitenden Leute der Beklagten vor den Gefahren des Eisenbahnbetriebes schützen sollte, ist für die Entscheidung des Rechtsstreites nicht relevant. Zutreffend ist daher das Berufungsgericht auf die Frage eines allfälligen Verschuldens des Sicherungspostens H*** nicht eingegangen.
Schließlich versucht die Revision darzutun, daß den Lenker des Radladers kein Verschulden an dem Schaden der Klägerin treffe. Der Lenker habe auf das vorschriftsmäßige Verhalten des Sicherungspostens vertrauen und daher, da jener das Herannahen der Gleisstopfmaschine nicht angekündigt habe, in den Gleisbereich fahren dürfen.
Diesen Ausführungen kommt keine Berechtigung zu. Nach den vom Berufungsgericht übernommenen Feststellungen des Erstgerichtes achtete der Sicherungsposten H***, als der Zweitbeklagte vor dem weiteren Rückwärtsfahren zu ihm blickte, weder zum Radlader noch auf die Anfahrtsrichtung der Gleisstopfmaschine, sondern blickte in eine andere Richtung bzw. zu Boden und ließ die Hand in der er die rote Fahne hielt, herabhängen. Dem Berufungsgericht ist beizupflichten, daß der Zweitbeklagte aus diesem Verhalten nicht sicher schließen konnte, ob der Posten die Gefahr eines herannahenden Schienenfahrzeuges überhaupt erkennen konnte. Auf Grund der unklaren Situation wäre der Zweitbeklagte zur besonderen Vorsicht verpflichtet gewesen und hätte das Rückwärtsfahren in den unmittelbaren Gleisbereich jedenfalls unterlassen müssen. Er hätte sich vielmehr selbst durch einen Blick auf die Gleise über ein allfälliges Herannahen eines Schienenfahrzeuges Klarheit verschaffen müssen bzw. wie es vor dem Unfall regelmäßig erfolgt war, sich durch Herstellung des Sichtkontaktes mit dem Sicherungsposten und dessen eindeutiges Zeichen von der gefahrlosen Durchführbarkeit seines Fahrmanövers überzeugen müssen. Ohne Rechtsirrtum hat daher das Berufungsgericht dem Zweitbeklagten das Alleinverschulden an dem Unfall zur Last gelegt; daraus folgt aber auch die Haftung der Erstbeklagten als Halterin des Radladers und der Drittbeklagten als Haftpflichtversicherer für den Schaden der Klägerin, der der Höhe nach im Revisionsverfahren nicht mehr bestritten ist. Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.
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