Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die erstbeklagte, zweitbeklagte und drittbeklagte Partei sind zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei die mit 22.008,63 S (darin 2.000,78 S Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen vierzehn Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die klagende Bank räumte der erstbeklagten Kommanditgesellschaft und ihrer zweitbeklagten Komplementärgesellschaft mbH im Mai 1982 einen Kontokorrentkredit ein, für dessen Rückzahlung vereinbarungsgemäß der Drittbeklagte und der Viertbeklagte als Gesellschaftergeschäftsführer der persönlich haftenden Gesellschaft mbH die Haftung als Bürge und Zahler übernahmen. Das Kreditverhältnis war beiderseits auf drei Monate aufkündbar; aus wichtigen Gründen, wie einer unrichtigen Angabe über das Vermögen, einer erheblichen Vermögensgefährdung, bevorstehender Insolvenz oder dann, wenn die Kreditnehmer Vertragspflichten nicht einhalten, sollte die Bank ohne Angabe von Gründen jederzeit den Kredit fällig stellen können. Auf Grund der Unterfertigung des Anbotes vom 5. April 1982 durch alle beklagten Parteien und dessen Annahme mit 18. Mai 1982 wurde der Kreditbetrag auf das Konto der erstbeklagten Kommanditgesellschaft zugezählt. Den Bürgen übermittelte die Bank jeweils innerhalb von 14 Tagen nach Jahresende Bürgschaftsverständigungen.
Seit Anfang 1984 gab es Schwierigkeiten bei der Abdeckung des Kredites. Bei Besprechungen ergab sich, daß die erstbeklagte Partei finanzielle Probleme hatte. Der Steuerberater unterbreitete Rückzahlungsvorschläge. Es haftete eine Forderung der Bank von 5,600.000 S aus. Die TOP S*** GmbH sollte Wechselakzepte geben und ein Restsaldo von 3,300.000 S vom Drittbeklagten und Viertbeklagten zu gleichen Teilen abgestattet werden. Bei der Besprechung am 27. August 1984 wurde schließlich vereinbart, daß die TOP S*** GmbH innerhalb einer Woche auf die Schuld von 5,933.348,17 S 2,300.000 S bezahle und der Rest mit je 1,816.674,08 S durch den Drittbeklagten und den Viertbeklagten abgestattet werde. Der Drittbeklagte verpflichtete sich, binnen einer Woche seine Zahlung zu leisten. Die Zahlungen durch die TOP S*** GmbH und den Drittbeklagten erfolgten. Sein Steuerberater bestätigte in einem Schreiben vom 27. August 1984 die mündliche Vereinbarung und schrieb der klagenden Bank unter anderem:
"..... Den danach verbleibenden Saldo in Höhe von 1,816.674,08 S werden sie bei Herrn Hubert R*** (Viertbeklagter) einfordern und alle in ihren Möglichkeiten liegenden Anstrengungen unternehmen (gegebenenfalls gegen Herrn Hubert R*** Exekution führen), daß dieser Betrag auch von Herrn Hubert R*** bei Ihnen eingeht. Es wird klargestellt, daß die von Herrn Komm.Rat Matthias P*** (Drittbeklagter) hinsichtlich des gesamten Kredites übernommene Haftung im bisherigen Umfang aufrecht bleibt und Sie daher unabhängig von der besprochenen Vorgangsweise den nicht eingegangenen Betrag entsprechend der von Herrn Komm.Rat Matthias P*** eingegangenen Verpflichtungen jederzeit bei diesem einfordern können."
Auf diesen Abschnitt des Schreibens reagierte die klagende Bank nicht. Sie verlangte nur die Richtigstellung eines Wortes in einem anderen Abschnitt des Schreibens des Steuerberaters. Der Drittbeklagte und sein Steuerberater hatten erreichen wollen, daß die Bank nach Eingang der Zahlungen der TOP S*** GmbH und des Drittbeklagten ihre Restforderung zunächst vom Viertbeklagten hereinbringe, doch hatte die Bank keine diesbezügliche Zusicherung gegeben. Die Bank führte auch mit dem Viertbeklagten Besprechungen, der die Schuld an den Verlusten der erstbeklagten Kommanditgesellschaft dem Drittbeklagten zuschob und verlangte, daß die Bank ihre Ansprüche zunächst gegen den Drittbeklagten verfolge. Da weitere Gespräche kein Ergebnis brachten und Zahlung nicht geleistet wurde, forderte die Bank am 22. Mai 1985 den nach Anrechnung aller Zahlungen und der richtig berechneten Belastungen mit Ende Mai 1985 aushaftenden Betrag von 1,818.500 S von allen beklagten Parteien.
Am 14. Juni 1985 nahm die klagende Bank die beiden Kreditnehmer und die beiden Bürgen auf Zahlung dieses nach Aufkündigung des Kreditverhältnisses offenen Betrages samt Zinsen als Gesamtschuldner in Anspruch.
Die beklagten Parteien beantragten, das Klagebegehren abzuweisen. Die erst-, zweit- und drittbeklagte Partei behaupteten, sie hätten mit der Bank vereinbart, daß die Forderung gegen sie nicht geltend gemacht werde. Der Viertbeklagte wendete ein, die Bank habe den Kredit vereinbarungswidrig fällig gestellt. Weil der Drittbeklagte durch seine kaufmännischen Fehlleistungen die Kreditrückzahlung erschwert habe, sei vereinbart worden, daß die Bank zuerst den Drittbeklagten in Anspruch nehme.
Das Erstgericht verpflichtete alle beklagten Parteien zur ungeteilten Hand zur Zahlung von 1,818.500 S samt 10 % Zinsen seit dem 1. Juni 1985, stellte den eingangs kurz dargestellten Sachverhalt fest und meinte im Rahmen der rechtlichen Beurteilung, die Restforderung aus dem zu Recht fällig gestellten Kredit bestehe mit dem eingeklagten Betrag und es sei keine Vereinbarung zustande gekommen, daß die Bank die Forderung gegen die Kreditnehmer oder einen der Bürgen nicht geltend mache. Die Haftung auch der Bürgen sollte voll aufrecht bleiben.
Das Berufungsgericht bestätigte das von allen beklagten Parteien mit Berufung angefochtene Urteil des Erstgerichtes und übernahm dessen Feststellungen als Ergebnis eines mängelfrei geführten Verfahrens und einer unbedenklichen Beweiswürdigung. Da die erstbeklagte Hauptschuldnerin den Kredit nicht abdecken konnte, sei die Fälligstellung berechtigt erfolgt. Eine Stundung sei nie gewährt worden. Die erstbeklagte Partei und ihre persönlich haftende Gesellschafterin hätten jedenfalls den offenen Forderungsbetrag zu zahlen. Der Drittbeklagte hafte als Bürge und Zahler solidarisch auch für den Restbetrag, selbst wenn er schon Zahlungen geleistet habe. Eine Beschränkung der wirksam erklärten Bürgschaft auf eine Ausfallbürgschaft komme nicht in Betracht, weil der Drittbeklagte nur behaupte, er habe erst nach Eintreibung der Forderung beim Mitbürgen und deren Erfolglosigkeit in Anspruch genommen werden sollen. Ihm gegenüber sei eine Stundung nicht erfolgt. Sie ergebe sich auch nicht auf Grund des Schreibens seines Steuerberaters vom 27. August 1984. Das Schweigen des Empfängers auf ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben, das mündlich Vereinbartes unrichtig wiedergebe, gelte nicht als Zustimmung zur Änderung des mündlichen Vertrages. Da die klagende Bank nach Erhalt des Schreibens nur eine geringfügige Änderung in einem anderen Punkt forderte sonst aber keine Einwände erhob, könne ihr Verhalten nicht anders gedeutet werden, als daß das Schreiben die mündliche Vereinbarung richtig wiedergab und die Bank dem Inhalt zustimmte. Da aber mündlich eine Zusage, den einen oder den anderen Schuldner zunächst nicht in Anspruch zu nehmen, von der Bank nicht gegeben wurde, folge daraus nur, daß die Vereinbarung dahin lautete, daß sich die Bank dafür verwende, ihre Forderung beim Viertbeklagten einzutreiben, daß aber die Haftung im bisherigen Umfang aufrecht bleibe und sie jederzeit den Betrag auch vom Drittbeklagten einfordern könne. Die klagende Bank habe auch kein Verhalten gesetzt, aus dem der Drittbeklagte unzweifelhaft entnehmen konnte, die Bank werde ihn vorerst nicht als Bürgen auf Zahlung in Anspruch nehmen.
Die erst-, zweit- und drittbeklagte Partei erheben gegen das Urteil des Berufungsgerichtes, das vom Viertbeklagten unbekämpft blieb, Revision aus dem Grunde der unrichtigen rechtlichen Beurteilung. Sie beantragen die Abänderung, daß das Klagebegehren gegen sie abgewiesen werde, und hilfsweise die Aufhebung. Die klagende Partei beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Als Ergebnis der im Revisionsverfahren nicht der Überprüfung unterliegenden Beweiswürdigung der Tatsacheninstanzen liegt die Feststellung vor, daß sich der Drittbeklagte und sein Steuerberater bei der Besprechung vom 27. August 1984 bemüht hatten, die Bank dazu zu bewegen, den nach Zahlung der Teilbeträge offen bleibenden und nach Ansicht des Drittbeklagten vom Viertbeklagten zu tragenden Restbetrag zunächst bei diesem hereinzubringen, daß aber keine solche Zusicherung der klagenden Bank gegeben wurde. Es ist richtig, daß nach neuerer Rechtsprechung und überwiegender Lehre dem Schweigen nur in besonderen Ausnahmsfällen Erklärungswert beigemessen werden darf und auch das Schweigen des Empfängers auf ein den mündlichen Vertragsabschluß zusammenfassend darstellendes Schreiben ("kaufmännisches Bestätigungsschreiben"), in dem das Vereinbarte nicht richtig wiedergegeben wird, nicht als Zustimmung zur Änderung des mündlichen Vertrages anzusehen sei (Koziol-Welser I8 84 f; Rummel in Rummel, ABGB, Rz 13 zu § 861; Wahle in Klang2 IV/2 39 ff; JBl 1975, 89 mit Anm. von Bydlinski; JBl 1977, 593; SZ 52/120 ua). Wie immer man sich zur rechtlichen Beurteilung des kaufmännischen Bestätigungsschreibens und seinen Wirkungen auch stellt (vgl. Rummel in Rummel, ABGB Rz 13 zu § 861), ist jedenfalls nach den besonderen Umständen dieses Einzelfalles aus der Sicht der Revisionswerber das Verhalten der klagenden Bank zu dem zugegangenen Bestätigungsschreiben mit Recht vom Berufungsgericht dahin beurteilt worden, daß die klagende Bank dem nicht widersprochenen Inhalt der Wiedergabe der Ergebnisse der mündlichen Besprechung zustimme. Danach sollte aber der Drittbeklagte im bisherigen Umfang, also auch solidarisch mit den anderen Beklagten, hinsichtlich des gesamten aushaftenden Kredites weiter haften und der nicht eingegangene Betrag jederzeit von ihm eingefordert werden können. Hatte die Bank die Zusage, ihre Restforderung zunächst vom Viertbeklagten einzutreiben und erst dann die Haftung des Drittbeklagten in Anspruch zu nehmen, nicht gegeben, so bestand für die Bank gar kein Anlaß zu einem Widerspruch gegen diesen Teil des vom Steuerberater verfaßten Schreibens, denn sie mußte nicht damit rechnen, daß der andere Vertragsteil wider Treu und Glauben aus dem Inhalt seiner Formulierung ableiten werde, die Bank füge sich nun doch ihrem Wunsch, nur den uneinbringlich gebliebenen Rest der Kreditforderung von ihnen einzufordern. Die als Schlußfolgerung aus der von der Vereinbarung unberührt bleibenden Forthaftung des Drittbeklagten anzusehende Formulierung, daß der nicht eingegangene Betrag jederzeit von ihm eingefordert werden könne, ist daher zutreffend nicht in dem von den Revisionswerbern unterstelltem Sinne verstanden worden, wodurch die Bank gehindert wäre, nach monatelangem erfolglosen Zuwarten auch sie zu klagen.
Das Berufungsgericht hat also ohne Rechtsirrtum entschieden, daß die Revisionswerber als Gesamtschuldner der klagenden Bank die fällige und richtige Schuld abzustatten haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 41, § 46 Abs 2 und § 50 ZPO.
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