OGH 12Os138/87

OGH12Os138/8712.11.1987

Der Oberste Gerichtshof hat am 12.November 1987 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral, Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Hörburger und Dr. Rzeszut als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Mitterhöfer als Schriftführer, in der Strafsache gegen Robert W*** und einen anderen Angeklagten wegen des Vergehens des versuchten Widerstands gegen die Staatsgewalt nach §§ 12, 15, 269 Abs 1 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Andreas S*** gegen das Urteil des Jugendgerichtshofes Wien als Schöffengericht vom 14.September 1987, GZ 1 a Vr 699/87-23, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Über die Berufung wird bei einem Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung entschieden werden.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde (ua) der 18-jährige Andreas S*** (zu A/) des Vergehens des versuchten Widerstands gegen die Staatsgewalt nach §§ 15, 269 Abs 1 erster Fall StGB und (zu C/) des Vergehens des unbefugten Gebrauchs von Fahrzeugen nach § 136 Abs 1 und Abs 3 StGB schuldig erkannt.

Darnach hat er (am 29.Juni 1987) in Wien

(zu A/) dadurch vorsätzlich versucht, als Lenker des von ihm eigenmächtig in Betrieb genommenen Firmen-Lastkraftwagens Marke Renault Traffic mit dem polizeilichen Kennzeichen W 787.090 der Firma K***-Österreich Beamte mit Gewalt an einer Amtshandlung zu hindern, daß er auf der Triesterstraße mit einer Geschwindigkeit zwischen 100 km/h und 130 km/h bei einer verordneten Geschwindigkeitsbeschränkung auf 70 km/h stadtauswärts fahrend den zum Überholen ansetzenden, ihn mit eingeschaltetem Blaulicht verfolgenden Polizeifunkstreifenwagen, gelenkt von Polizeirevierinspektor Franz Z***, der ihn anhalten wollte, nach links über die Fahrbahnmitte bis zum, in seiner Fahrtrichtung gesehen, linken Gehsteig abdrängte, in der Folge im Zick-Zack-Kurs fuhr, um ein Überholtwerden durch den Polizeiwagen zu verhindern, und nach Auffahrt auf die A 23 neuerlich den mit eingeschaltetem Blaulicht überholenden Polizeifunkstreifenwagen nach links in die Leitschienen abzudrängen suchte, um seine Anhaltung zu verhindern; (zu C/) im bewußten und gewollten Zusammenwirken mit dem Mitangeklagten Robert W*** vorsätzlich ein Fahrzeug, das zum Antrieb mit Maschinenkraft eingerichtet ist, nämlich den Firmen-Lastkraftwagen Marke Renault Traffic mit dem polizeilichen Kennzeichen W 787.090 der Firma K***-Österreich, ohne Einwilligung der Berechtigten in Gebrauch genommen, wobei der durch den Unfall (gemeint: durch die Tat) entstandene Schaden 5.000 S übersteigt.

Rechtliche Beurteilung

Dieses Urteil bekämpft der Angeklagte S*** mit einer auf die Z 3 und 5 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde sowie im Strafausspruch mit Berufung.

In der Verfahrensrüge (Z 3) reklamiert der Beschwerdeführer eine Verletzung der Vorschrift des § 151 StPO, weil es das Erstgericht unterlassen habe, den als Zeugen vernommenen Polizeibeamten Franz Z*** darüber zu befragen, ob er durch seinen Vorgesetzten von seiner Verschwiegenheitspflicht entbunden wurde. Dabei übersieht er jedoch, daß - wie sich auch aus dem von ihm zitierten Leitsatz ÖJZ-LSK 1976/84 ergibt - § 151 Z 2 StPO (im allgemeinen) für die zeugenschaftliche Vernehmung von Angehörigen der Sicherheitsdienststellen (Polizei- oder Gendarmeriebeamte) über deren Wahrnehmungen im Dienste der Strafrechtspflege nicht gilt (vgl Mayerhofer-Rieder StPO2 ENr 15 ff zu § 151). Da der Zeuge Z*** (vgl S 118 ff) ausschließlich über solche dienstliche Wahrnehmungen aussagte, über welche er pflichtgemäß ohnehin bereits den Strafverfolgungsorganen (Staatsanwaltschaft; Strafgericht) durch Erstattung der Anzeige Mitteilung gemacht hat, bestand kein Anlaß, vor seiner Einvernahme die Entbindung vom Amtsgeheimnis einzuholen. Somit kann von einer Urteilsnichtigkeit im Sinne der Z 3 des § 281 Abs 1 StPO keine Rede sein.

Entgegen dem Vorbringen in der Mängelrüge (Z 5) steht die Feststellung, der Beschwerdeführer habe am Nachmittag des 28. Juni 1987 drei bis vier Krügel Bier und sodann gegen 2,00 Uhr des 29. Juni 1987 noch Bier konsumiert, der weiteren Urteilsannahme, wonach er im Tatzeitpunkt (29.Juni 1987 zwischen 3,35 Uhr und 3,45 Uhr; vgl S 15) jedenfalls nicht voll berauscht gewesen ist, keineswegs zwingend entgegen. Dazu kommt, daß das Gericht ausdrücklich offen läßt, wieviel Bier der Beschwerdeführer tatsächlich getrunken hat (S 134), und seine Konstatierung über eine bloß leichte Alkoholisierung des Beschwerdeführers zur Tatzeit primär auf sein Verhalten bei Begehung der Tat und nach seiner Anhaltung, auf die Aussage des Meldungslegers und auf die Angaben des Mitangeklagten W*** stützte (S 133/134). Der Umstand aber, ob der Beschwerdeführer (nicht bloß leicht, sondern) erheblich alkoholisiert war, betrifft lediglich eine Strafzumessungstatsache und ist darum erst bei Erledigung der Berufung von Bedeutung. Die Feststellung eines 5.000 S übersteigenden Schadens an dem unbefugt in Gebrauch genommenen Lastkraftwagen hat das Schöffengericht mit der Bezugnahme auf die vom Zeugen J*** in der Hauptverhandlung vorgelegte Reparaturrechnung (S 118 sowie Blg/ B/ zu ON 22) durchaus zureichend begründet, wobei es ohnedies zu Gunsten des Beschwerdeführers diesem die Kosten der Reparatur der Kupplung nicht angelastet hat (S 135). Soweit der Beschwerdeführer die Richtigkeit der Reparaturkostenansätze in Zweifel zieht und meint, das Gericht hätte diese nicht dem Urteil zugrundelegen dürfen, bekämpft er der Sache nach lediglich die tatrichterliche Beweiswürdigung, ohne damit einen formalen Begründungsmangel aufzeigen zu können.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war demnach teils als offenbar unbegründet gemäß § 285 d Abs 1 Z 2 StPO, teils als nicht den Prozeßgesetzen entsprechend ausgeführt gemäß § 285 d Abs 1 Z 1 StPO in Verbindung mit § 285 a Z 2 StPO schon bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen.

Zur Entscheidung über die Berufung des Angeklagten wird ein Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung angeordnet werden.

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