OGH 9ObA155/87

OGH9ObA155/874.11.1987

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof. Dr. Kuderna als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith und Dr. Maier als weitere Richter sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Carl Hennrich und Mag. Karl Dirschmied als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Friedrich S***, Angestellter, Kasern bei Salzburg, Berg 77, vertreten durch Dr. Wilfried Haslauer, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die beklagte Partei M*** GesmbH, Wien 22, Donaustadtstraße 1, vertreten durch Dr. Rudolf Gürtler, und Dr. Friedrich Halzl, Rechtsanwälte in Wien, wegen S 326.462,66 brutto sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 27. Juli 1987, GZ 13 Ra 1056/87-9, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Arbeits- und Sozialgerichtes vom 17. März 1987, GZ 39 Cga 1009/87-5, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Der Kläger ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 11.333,85 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (davon S 1.030,35 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger war vom 1. März 1980 bis 30. September 1982 bei der beklagten Partei angestellt und mit dem Verkauf von Herzschrittmachern beschäftigt. Der zwischen den Streitteilen am 29. Jänner 1980 schriftlich geschlossene Anstellungsvertrag enthält in Pkt. VI folgende Konkurrenzklausel:

"6.1. Mit Rücksicht auf die Wichtigkeit der dem Dienstnehmer bekanntwerdenden geschäftlichen Daten und Unterlagen ist es ihm während der ersten 12 Monate nach Beendigung des Dienstverhältnisses untersagt, in dem von ihm bearbeiteten Gebiet oder Kundenkreis im Geschäftszweig des Dienstgebers für eigene oder fremde Rechnung tätig zu werden. Als Entschädigung erhalten Sie (gemeint: der Dienstnehmer) hiefür 12 halbe Monatsgehälter. Bei Vertragsbruch fordern wir von Ihnen (gemeint: vom Dienstnehmer) ein halbes Jahresgehalt."

Am 30. Juni 1982 kündigte die beklagte Partei das Dienstverhältnis des Klägers zum 30. September 1982 auf, ohne daß er durch schuldhaftes Verhalten hiezu Anlaß gegeben hätte. Der Kläger hielt die Konkurrenzklausel ein; er unterließ es in der Zeit vom 1. Oktober 1982 bis 30. September 1983, im Geschäftszweig der beklagten Partei tätig zu werden. Der Kläger begehrt von der beklagten Partei mit der am 13. Jänner 1987 eingebrachten Klage zuletzt Zahlung von S 326.462,66 brutto sA. Er habe erst Ende 1986 erfahren, daß die zwischen den Streitteilen vereinbarte Konkurrenzklausel dem § 37 Abs 2 AngG widerspreche und gemäß § 879 ABGB sittenwidrig sei. Wie das Landesgericht für ZRS Wien als Berufungsgericht in arbeitsgerichtlichen Rechtsstreitigkeiten zu 44 Cg 59/86 in einem gleichgelagerten Fall entschieden habe, sei die Konkurrenzklausel "im Sinne einer" ihn "begünstigenden Nichtigkeit rückabzuwickeln". Die beklagte Partei sei daher verpflichtet, nicht nur das halbe, sondern das volle bisherige Entgelt einschließlich der Sachbezüge zu zahlen. Diesen Anspruch stütze der Kläger auf jeden erdenklichen Rechtsgrund. Insbesondere sei die beklagte Partei durch die Einhaltung der Konkurrenzklausel durch den Kläger bereichert. Für diesen Anspruch gelte die dreißigjährige Verjährungsfrist. Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wendete Verjährung ein.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Der Kläger stütze sich trotz der geäußerten Rechtsansicht nicht auf die Unwirksamkeit der Konkurrenzklausel und mache keine Bereicherungsansprüche geltend, sondern verlange die gesetzmäßige Erfüllung der Konkurrenzklausel. Damit mache der Kläger eine Entgeltforderung aus einem Dienstvertrag - wenn auch nicht Arbeitslohn - geltend; diese Forderung unterliege gemäß § 1486 Z 5 ABGB der dreijährigen Verjährung und sei daher am 13. Jänner 1987 bereits verjährt gewesen. Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil. Es billigte die Rechtsansicht des Erstgerichts, daß der Kläger ungeachtet seines Rechtsstandpunktes die gesetzmäßige Erfüllung der Konkurrenzklausel verlange und somit Entgeltansprüche aus dem Dienstverhältnis geltend mache. Unter "Entgelt" sei alles zu verstehen, was dem Dienstnehmer aus dem Dienstverhältnis zukomme. Die in § 37 Abs 2 AngG vorgesehene Entgeltfortzahlung sei die Gegenleistung für die Beschränkung des Arbeitnehmers durch die Konkurrenzklausel. Damit falle die Klagsforderung unter § 1486 Z 5 ABGB, wonach Forderungen der Dienstnehmer wegen des Entgeltes und des Auslagenersatzes aus dem Dienstverhältnis in drei Jahren verjähren. Der Kläger mache keine Bereicherungsansprüche geltend. Verjährtes Entgelt könne nicht aus dem Titel der Bereicherung gefordert werden. Der erhobene Anspruch sei auch kein Rückabwicklungsanspruch. Der Beginn der Verjährung werde grundsätzlich an die objektive Möglichkeit der Rechtsausübung geknüpft. Subjektive oder nur in der Person des Berechtigten liegende Hindernisse hätten in der Regel auf den Beginn der Verjährungsfrist keinen Einfluß. Der Kläger habe mindestens seit Oktober 1983 die objektive Möglichkeit gehabt zu klagen. Anhaltspunkte für ein sittenwidriges Verhalten der beklagten Partei lägen nicht vor.

Der Kläger erhebt Revision wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne des Klagebegehrens abzuändern; hilfsweise stellt er einen Aufhebungsantrag.

Die beklagte Partei beantragt, der Revision des Klägers nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Hat der Dienstgeber durch schuldbares Verhalten dem Angestellten begründeten Anlaß zum vorzeitigen Austritt oder zur Kündigung des Dienstverhältnisses gegeben, so kann er gemäß § 37 Abs 1 AngG die durch die Konkurrenzklausel begründeten Rechte gegen den Angestellten nicht geltend machen. Das gleiche gilt gemäß § 37 Abs 2 AngG, wenn der Dienstgeber das Dienstverhältnis löst, es sei denn, daß der Angestellte durch schuldbares Verhalten hiezu begründeten Anlaß gegeben oder daß der Dienstgeber bei der Auflösung des Dienstverhältnisses erklärt hat, während der Dauer der Beschränkung dem Angestellten das ihm zuletzt zukommende Entgelt zu leisten. Gemäß § 40 AngG können die Rechte, die dem Angestellten auf Grund der Bestimmung des § 37 AngG zustehen, durch den Dienstvertrag weder aufgehoben noch beschränkt werden.

Bei einer Kündigung durch den Dienstgeber entfaltet somit eine Konkurrenzklausel - von dem weiteren Fall eines schuldhaften Verhaltens des Dienstnehmers abgesehen - trotz entgegenstehender Vereinbarung nur dann ihre Wirkung, wenn sich der Dienstgeber verpflichtet, während der Dauer der Beschränkung dem Angestellten das ihm zuletzt zukommende Entgelt zu leisten. Diese Verpflichtung muß das gesamte dem Angestellten zuletzt zukommende Entgelt während der Dauer der Beschränkung umfassen. Jede Vereinbarung über die teilweise Befreiung des Dienstgebers von der Entgeltzahlung verstößt gegen die gesetzlichen Bestimmungen der §§ 37, 40 AngG und ist daher aus diesem Grunde im Sinne des § 879 ABGB nichtig (Arb. 10.132). Wegen der synallagmatischen Verknüpfung zwischen der Verpflichtung zur Entgeltleistung und der Beschränkung des Angestellten durch die Konkurrenzklausel erfaßt die Nichtigkeit nach dem Zweck des Verbotes die Verpflichtung beider Vertragsparteien. Der Angestellte braucht die Konkurrenzklausel nicht einzuhalten und der Dienstnehmer das Teilentgelt nicht zu leisten. Eine bloße Teilnichtigkeit einer der beiden Leistungen kommt im vorliegenden Fall nicht in Betracht. Im Falle Arb. 10.132 war dies deshalb anders, weil sich dort der Dienstgeber entsprechend § 37 Abs 2 AngG zur Zahlung des gesamten Entgelts verpflichtet hatte und nur zusätzlich das Recht ausbedungen hatte, einseitig auf die Einhaltung der Konkurrenzklausel zu verzichten und dadurch von der weiteren Entgeltzahlung wieder befreit zu sein. In jenem Fall entsprach die Teilnichtigkeit dieser zusätzlichen Vereinbarung dem Verbotszweck. Durch ihren Wegfall wurden die Bedingungen, unter denen Konkurrenzklauseln nach § 37 Abs 2 zweiter Fall vereinbart werden dürfen, wieder hergestellt. Aus der dem § 37 Abs 2 AngG nicht entsprechenden Erklärung des Dienstgebers, nur einen Teil des dem Angestellten zuletzt zukommenden Entgelts während der Dauer der Beschränkung zu leisten, erwächst dem Angestellten infolge Nichtigkeit dieser Vereinbarung kein Recht, die Ergänzung auf das volle Entgelt zu verlangen. Es ist Sache des Dienstgebers zu erklären, ob er bereit ist, während der Dauer der Beschränkung dem Angestellten das ihm zuletzt zukommende Entgelt zu leisten und damit die Voraussetzungen für die ausnahmsweise Gültigkeit der sonst bei Dienstgeberkündigung (ohne schuldbares Verhalten des Angestellten) unwirksamen Konkurrenzklausel zu schaffen. Damit kommt es aber auf die Frage der Verjährung der Ansprüche des Klägers, die die Vorinstanzen auf der Grundlage der erhobenen Erfüllungsansprüche an sich richtig gelöst haben, nicht an; der Kläger hätte - unabhängig davon, ob nur er zur Geltendmachung der Nichtigkeit der Konkurrenzklausel berechtigt war - (vgl. Krejci in Rummel, ABGB, RZ 249 zu § 879) auch bei rechtzeitiger Erhebung der Klage keinen Anspruch auf Zahlung der zweiten Hälfte des ihm zuletzt zukommenden Entgelts gehabt. Ob der Kläger aus der Unwirksamkeit der Konkurrenzklausel Rückabwicklungsansprüche ableiten könnte, ist nicht zu prüfen. Wörtlich genommen ist im Fall der Unwirksamkeit einer Konkurrenzklausel die "Zurückstellung" der erhaltenen Vorteile iS des § 877 ABGB durch den Dienstgeber nicht möglich, weil die Leistung des Dienstnehmers in einer Unterlassung bestand. Ob eine Rückabwicklung nach bereicherungsrechtlichen Grundsätzen ähnlich wie bei Handlungen (§ 1431 ABGB) in Betracht käme, kann auf sich beruhen, da der Kläger entsprechende Tatsachenbehauptungen über die Bereicherung der beklagten Partei (etwa daß er bei Kenntnis von der Unwirksamkeit der Konkurrenzklausel in ein Konkurrenzunternehmen eingetreten wäre und die beklagte Partei durch seine dortige Tätigkeit Auftragseinbußen erlitten hätte) nicht aufgestellt hat. Da es an jeder Rechtsgrundlage für den erhobenen Anspruch fehlt, braucht auf die in der Revision relevierte Frage der Verjährung nicht mehr eingegangen zu werden.

Der Revision ist daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 41, 50 ZPO.

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