OGH 2Ob40/87

OGH2Ob40/8728.10.1987

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Scheiderbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Melber, Dr. Kropfitsch und Dr. Huber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei K*** Kraftfahrzeughandelsgesellschaft m.b.H., Rusterstraße, 7000 Eisenstadt, vertreten durch Dr. Günter Philipp, Rechtsanwalt in Mattersburg, wider die beklagten Parteien 1.) Georg H***, Bundesbediensteter, Wehrgasse 2a, 7210 Mattersburg,

2.) I***, Internationale Unfall- Schadensversicherungs AG, Neusiedler Straße 24-26, 7000 Eisenstadt, vertreten durch Dr. Eugen Radel, Rechtsanwalt in Mattersburg, wegen S 18.669,--s.A., infolge Rekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes Eisenstadt als Berufungsgerichtes vom 9. April 1987, GZ R 47/87-15, womit infolge Berufung der beklagten Parteien das Urteil des Bezirksgerichtes Mattersburg vom 17. Dezember 1986, GZ C 135/86 -8, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind gleich weiteren Verfahrenskosten erster Instanz zu behandeln.

Text

Begründung

Unbestritten ist die Haftung der Beklagten für den Schaden, der am 6. Februar 1986 bei einem Verkehrsunfall am PKW Audi 100 des Helmut R*** entstand. Der Zeitwert dieses Fahrzeuges betrug S 138.000,--, eine Reparatur hätte S 131.669,-- gekostet. Der Wrackwert betrug S 25.000,--. Helmut R*** hat seine Ansprüche an die Klägerin zediert.

Die Klägerin brachte vor, die Zweitbeklagte habe lediglich einen Betrag von S 113.000,-- bezahlt, es sei daher noch eine restliche Reparaturkostenforderung von S 18.669,-- offen, die samt 4 % Zinsen seit 11. Juni 1986 begehrt werden.

Die Beklagten wendeten ein, Helmut R*** habe den PKW nicht reparieren lassen, sondern von der Klägerin ein neues Fahrzeug erworben. Aus dem Zeitwert abzüglich des Wrackwertes errechne sich ein Betrag von S 113.000,--. Dazu kämen die Kosten für die An- und Abmeldung von S 1.300,--. Den sich so ergebenden Betrag habe die Zweitbeklagte bezahlt.

Das Erstgericht erkannte im Sinne des Klagebegehrens. Es führte aus, da es sich um keinen Totalschaden gehandelt habe, bestehe der Anspruch auf fiktive Reparaturkosten zu Recht, selbst wenn der Geschädigte unter Berücksichtigung des Wrackwertes mehr erhalte als den Zeitwert.

Das Berufungsgericht hob das Ersturteil unter Rechtskraftvorbehalt auf. Nach der Entscheidung 2 Ob 13/84 (ZVR 1984/344 = RZ 1984/86 = JBl 1985, 41) verbiete sich der Zuspruch fiktiver Reparaturkosten, wenn diese höher als die objektive Wertminderung seien. Es müsse daher geprüft werden, ob die Zweitbeklagte S 113.000,-- oder S 114.300,-- bezahlt habe und ob bzw. um welchen Betrag der Geschädigte das beschädigte Fahrzeug verkauft oder in Zahlung gegeben habe.

Gegen den Beschluß des Berufungsgerichtes richtet sich der Rekurs der Klägerin mit dem Antrag, das Urteil des Erstgerichtes wiederherzustellen.

Die Beklagten beantragen, dem Rekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist nicht berechtigt.

Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes besteht - entgegen einem Teil der Lehre (Koziol2 I 178; Apathy in ZVR 1981,261) - bei Beschädigung eines Kraftfahrzeuges ein Anspruch auf Ersatz der Reparaturkosten, gleichgültig ob die Reparatur durchgeführt wurde oder nicht (sogenannte fiktive Reparaturkosten). Wird die Reparatur tatsächlich durchgeführt, dann steht dem Geschädigten ein Anspruch auf die Kosten zu, selbst wenn diese den Zeitwert des Fahrzeuges geringfügig übersteigen. Zur Frage, ob "fiktive Reparaturkosten" auch dann zu ersetzen sind, wenn der Geschädigte einen den Zeitwert des Fahrzeuges abzüglich des Wrackwertes übersteigenden Schadenersatzbetrag erhalten würde, ist die Judikatur nicht einhellig. Die neuere Lehre lehnt dies - soweit überblickbar - geschlossen ab und vertritt die Ansicht, der Geschädigte dürfe, sofern er die Reparatur nicht durchführen lasse, nicht mehr erhalten als die Differenz zwischen dem Zeitwert des unbeschädigten Fahrzeuges und dem Wert, den dieses im beschädigten Zustand noch hat (Koziol2 I 196; Reischauer in Rummel, ABGB, Rdz 12 zu § 1323; Apathy, Aufwendungen zur Schadensbehebung 81; Apathy in ZVR 1981, 262; Harrer in Schwimann, ABGB V 191, Rz 51 zu § 1323). In einer Reihe von Entscheidungen hat der Oberste Gerichtshof eine derartige Begrenzung des Anspruches auf Ersatz "fiktiver Reparaturkosten" abgelehnt (JBl 1971, 364; ZVR 1971/125; ZVR 1981/95 ua), bereits in SZ 41/114 hat er jedoch ausgeführt, der Schaden sei mit der Differenz zwischen Zeit- und Wrackwert zu limitieren und in der vom Berufungsgericht zitierten, mehrfach veröffentlichten Entscheidung 2 Ob 13/84 hat der erkennende Senat entsprechend der Lehre ausgeführt, der Zuspruch "fiktiver Reparaturkosten" in voller Höhe verbiete sich dann, wenn sie höher seien als die objektive Wertminderung. Dies hat der Oberste Gerichtshof auch bereits in 1 Ob 814/81 ausgesprochen. Es besteht kein Anlaß, von der von Apathy in JBl 1985, 42 zustimmend besprochenen Entscheidung 2 Ob 13/84 abzugehen. Wie bereits dort ausgeführt, würde man andernfalls die Prinzipien des Schadenersatzrechtes verlassen, der Geschädigte würde nicht nur den ihm für den erlittenen Schaden gebührenden Ausgleich erhalten, sondern er würde bereichert werden.

Im Sinne der Entscheidung des Berufungsgerichtes ist daher zu prüfen, welche Zahlung der Geschädigte bisher erhalten hat und was mit dem Wrack tatsächlich geschehen ist.

Aus diesem Grund mußte dem Revisionsrekurs ein Erfolg versagt bleiben.

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO.

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