Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Den Berufungen wird nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten Ali A*** auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem auf dem Wahrspruch der Geschwornen beruhenden, oben näher bezeichneten Urteil wurden der am 1.März 1968 geborene türkische Staatsangehörige Ali A*** und die am 12.März 1959 geborene Waltraud S*** des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs. 1, 143, erster Qualifikationsfall, StGB (Punkte A I 1 und 2 sowie A II des Urteilssatzes), A*** ferner des Verbrechens der Hehlerei nach § 164 Abs. 1 Z 1 und 2, Abs. 3 (letzter Fall) StGB (B und F), des Verbrechens des Diebstahls in Gesellschaft durch Einbruch nach §§ 127 Abs. 1, Abs. 2 Z 1, 129 Z 1 StGB (C I) sowie Waltraud S*** der Vergehen des Diebstahls nach § 127 Abs. 1 StGB (C II), der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs. 1 StGB (D) und des Betruges nach § 146 (E) schuldig erkannt. Danach haben die beiden Angeklagten in Gesellschaft als Beteiligte Mitte Juni 1986 in Schottwien einem Unbekannten S 2.000,-- und am 2. Juli 1986 in Ternitz dem Klaus W*** S 2.000,-- Bargeld und ein Halsketterl im Wert von ca S 450,-- durch Verabreichung von Rohypnol-Tabletten, sohin mit Gewalt, mit dem Vorsatz, weggenommen, sich durch die Zueignung der Sachen unrechtmäßig zu bereichern (A I 1 und 2), Waltraud S*** auf die gleiche Weise am 19. Mai 1986 allein dem Franz G*** Geld und Sachen im Gesamtwert von S 2.000,-- geraubt (A II), Ali A*** am 19.Mai 1986 einen Teil der aus dem vorgenannten Raub stammenden Beute in Kenntnis von deren Herkunft an sich gebracht (B), ferner im Jahre 1983 in Ternitz und am 25.Juli 1986 in Payerbach zwei Diebstähle mit einer Gesamtbeute von rund S 1.600,-- verübt, wobei einer der beiden Diebstähle durch Einsteigen in ein Gebäude begangen wurde (C I 1 und 2), Waltraud S*** am 28.Juni 1986 in Neunkirchen den Mopedzulassungsschein des Günter K*** durch Ansichbringen unterdrückt, wobei sie mit dem Vorsatz handelte, zu verhindern, daß diese Urkunde im Rechtsverkehr zum Beweise eines Rechtes, eines Rechtsverhältnisses oder einer Tatsache gebraucht werde (D), Waltraud S*** ferner am 12.Juli 1986 in Stollhof dem Gerhard B*** einen Barbetrag von S 1.000,-- betrügerisch herausgelockt (E) und am 28.Juni 1986 in Neunkirchen dem Günter K*** eine Geldbörse mit Bargeld im Gesamtwert von
ca S 400,-- gestohlen (C II) und Ali A*** schließlich am 28. Juni 1986 in Neunkirchen Waltraud S*** als Täterin des zu C II genannten Vergehens nach der Tat durch die schlüssige Behauptung, die Geldbörse samt Inhalt befinde sich nicht in der Wohnung, dabei unterstützt, die Sache, die sie durch das Vergehen erlangt hatte, zu verheimlichen (F I) sowie am 12.Juli 1986 in Stollhof Bargeld, das Waltraud S*** betrügerisch erlangt hatte (E) an sich gebracht (F 2).
Die vom Angeklagten A*** allein gegen den Schuldspruch wegen Raubes aus den Z 5, 6 und 8 des § 345 Abs. 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde ist nicht begründet.
Rechtliche Beurteilung
Zu § 345 Abs. 1 Z 6 StPO:
Die vom Beschwerdeführer zur Untermauerung seiner These, in Ansehung der Hauptfrage I (Urteilsfaktum A I 1) hätten Eventualfragen in Richtung Hehlerei oder Diebstahl gestellt werden müssen, ins Treffen geführten Verantwortungspassagen gehen in verfälschender Verkürzung daran vorüber, daß er im Verlauf der Hauptverhandlung von seiner ursprünglichen Verteidigungslinie, erst nachträglich durch Erzählungen der Mitangeklagten S*** von einem von ihr beim Feuerwehrfest in Schottwien an einem unbekannten Burschen verübten Diebstahl erfahren zu haben, abwich und nach dem Zugeständnis, vom jeweiligen Tatvorhaben der Waltraud S***, mittels der Tabletten ihre Opfer "abzustieren", Kenntnis gehabt zu haben (vgl Band I S 365 Mitte) letztlich - über weitere Fragen darnach, warum er die (zur Tat verwendeten Rohypnol-Tabletten zum Zeltfest mitgenommen habe - das Zusammenspiel mit S*** (Arg: ...." .... daß wir die Absicht hatten ...."), mit diesem Mittel (auf die von ihm bereits beschriebene Art) zu Geld zu kommen, nicht mehr bestritt (Band I S 366 vorletzter Absatz). Nach dieser letzten (in der Folge nicht mehr revidierten) Verantwortung des Angeklagten A***, wonach die Verübung der Urteilstat A/ I/ 1/ einer zwischen ihm und der Mitangeklagten S*** schon vor dem gemeinsamen Besuch des Zeltfestes getroffenen Übereinkunft entsprach, war aber die Stellung einer Eventualfrage nach Hehlerei für den Fall der Verneinung der die Beteiligung als Raubgenosse betreffenden Hauptfrage I gewiß nicht mehr indiziert. Denn eine Raubgenossenschaft ist keineswegs auf unmittelbare Täter beschränkt; ihr können - unter den Voraussetzungen der (hier unbestrittenen) gleichzeitigen Anwesenheit am Tatort zur Tatzeit und des vom Beschwerdeführer (ebenfalls) zugegebenen Einverständnisses mit dem unmittelbaren Täter (insbesondere) auch solche Beteiligte angehören, welche ein die Raubausführung bloß förderndes Verhalten im Sinne eines sonstigen Raubbeitrags (§ 12 StGB letzte Täterschaftsform) setzen (vgl Leukauf-Steininger2, § 143 StGB, RN 7; § 127 StGB, RN 74 bis 77), wobei dieser Beitrag auch im Bereithalten zum allfälligen helfenden Eingreifen bestehen kann (RN 76 Anfang am zuletzt a O). Da der Angeklagte A*** sohin sein früheres Teilgeständnis im Verlaufe der Hauptverhandlung wesentlich (bis zum Eingeständnis der Mitwirkung als Raubgenosse) erweitert hat, bilden seine ursprünglichen (nur seiner Betätigung als Hehler einbekennenden) Angaben keine Grundlage für eine Eventualfrage in Richtung des § 164 StGB (Mayerhofer-Rieder2, § 314 StPO, EGr 30 und 31). Eine auf die Tatbeurteilung als Diebstahl abzielende Eventualfrage zur Hauptfrage I bezüglich des Angeklagten A*** wäre nicht einmal nach seiner ursprünglichen Verantwortung indiziert gewesen, weil nach dieser der Diebstahl durch S*** ohne jegliche Mitwirkung seinerseits verübt worden war. Hieran vermögen auch jene Ausführungen dieses Beschwerdeführers nichts zu ändern, in denen er überhaupt die Existenz des (nicht ausgeforschten) Opfers der Urteilstat A/ I/ 1/, wenigstens aber dessen Betäubung mit Rohypnol, in Zweifel zieht und vermeint, dem betreffenden Schuldspruch fehle jegliche Beweisgrundlage; denn damit bekämpft er (der Sache nach) unzulässigerweise die dem Wahrspruch zugrundeliegende Würdigung der Verfahrensergebnisse, zu welchen auch die Verantwortung der einander wechselseitig bezichtigenden Angeklagten zählt. Die von ihm in diesem Zusammenhang angestellten Mutmaßungen über Möglichkeiten einer abweichenden Fallgestaltung können nicht als Grundlage einer Eventualfrage dienen; denn eine solche Frage darf nicht auf bloß abstrakt denkbare Möglichkeiten, sondern stets nur auf ein konkretes Tatsachenvorbringen in der Hauptverhandlung bezogen werden (Mayerhofer-Rieder2, ENr 22 zu § 314 StPO).
Die Stellung einer Eventualfragestellung in Richtung eines (Bedrängnis-)Diebstahls des Angeklagten A*** erübrigte sich aber auch hinsichtlich der den Gegenstand der Hauptfrage VI (Punkt A/ I/ 2/ des Schuldspruchs) bildenden Tat, weil seine Verantwortung in der Hauptverhandlung (Bd I/ AS 357) keinen Anhaltspunkt dafür lieferte, daß er eine ohne sein Zutun bereits von Rudolf B***, dem Bruder der Mitangeklagten Waltraud S***, herbeigeführte Bedrängnis (Betäubung) des Klaus W*** zu einem Diebstahl ausgenützt hätte. Sein bezügliches Vorbringen geht vielmehr lediglich dahin, nicht der einzige gewesen zu sein, der W*** Tabletten (Rohypnol) während des Zeltfestes in Schottwien ins Getränk gemischt habe; schon vor ihm habe Rudolf B*** ein oder eineinhalb Tabletten in dieses Getränk geworfen. Im Zusammenhang mit dem vom Angeklagten A*** abgelegten Eingeständnis eines gemeinsamen Raubvorhabens (Bd I/ AS 357 ganz oben: "Wir wollten ihm sein Geld wegnehmen ...") kann diese Verantwortung nur als Eingeständnis eigener Mitwirkung im Rahmen einer - in diesem Einzelfall - auch Rudolf B*** mitumfassenden Raubgenossenschaft verstanden werden. Auf eine Beurteilung des Verhaltens des Beschwerdeführers in diesem Sinne zielte aber die Hauptfrage VI ohnehin ab, wogegen eine zu dieser Hauptfrage gestellte Eventualfrage nach Bedrängnisdiebstahl jeglichen Bezuges zu Verfahrensergebnissen entbehrt hätte.
Auch insoweit liegt daher keine Verletzung von die Fragestellung betreffenden Vorschriften - welche im Übrigen auch nach einem Zwischenerkenntnis auf Ablehnung eines bezüglichen Parteiantrages nur aus der Z 6, nicht jedoch (wie der Beschwerdeführer vermeint) auch aus der Z 5 des § 345 Abs. 1 StPO geltend gemacht werden kann (Mayerhofer-Rieder2, EGr 5 zu § 345 Abs. 1 Z 5 StPO) - vor.
Zu § 345 Abs. 1 Z 8 StPO:
Die Rechtsbelehrung zu den auf das Vergehen nach § 287 Abs. 1 StGB gerichteten Eventualfragen enthält zwar außer der wortgetreuen Wiedergabe des Tatbestandes (§ 287 Abs. 1 StGB) und einer Definition des Begriffes der vollen Berauschung nur eine Auseinandersetzung mit dem Fahrlässigkeitsbegriff. Das vom Beschwerdeführer beanstandete Fehlen von Erörterungen darüber, daß auch bei vorsätzlicher Herbeiführung des Rauschzustandes (abgesehen vom Falle der actio libera in causa) die Anwendung des § 287 Abs. 1 StGB nicht ausgeschlossen ist, wäre aber nur dann der im § 345 Abs. 1 Z 8 StPO vorausgesetzten Unrichtigkeit der Rechtsbelehrung gleichzustellen, wenn sie nach den Umständen des Einzelfalles geeignet wäre, die Geschwornen bei Beantwortung der an sie gestellten Fragen auf einen (rechtlich) falschen Weg zu weisen (Mayerhofer-Rieder2, EGr 66 zur zuletzt angeführten Gesetzesstelle uva). Vorliegend war dies mit Gewißheit nicht der Fall; denn der am Beginn des betreffenden Teiles der Belehrung zitierte Wortlaut des § 287 Abs. 1 StGB bringt in auch für Laien durchaus verständlicher Weise zum Ausdruck, daß die Anwendung dieser Gesetzesstelle keineswegs auf Fälle beschränkt ist, in welchen dem Täter (bloß) fahrlässige Herbeiführung der vollen Berauschung zur Last liegt (" ... wenn auch nur fahrlässig ..."). Schon auf Grund dieses Hinweises konnten die Geschwornen nicht dem (ihnen vom Beschwerdeführer als möglich unterstellten) Irrtum unterliegen, daß bei Annahme vorsätzlicher Herbeiführung der vollen Berauschung die Fragen nach der Verwirklichung des jeweiligen Grunddeliktes jedenfalls zu bejahen wären.
In seinen weiteren Ausführungen, wonach die Rechtsbelehrung auch "insbesondere in Ansehung der Hauptfrage I" eine Darstellung des Grundsatzes der materiellen Wahrheitsforschung und der Anforderungen des Art 6 Abs. 2 und des Art 5 MRK vermissen lasse, obgleich solche Erörterungen in Anbetracht der "besonderen Beweisproblematik" geboten gewesen wären, verkennt der Beschwerdeführer die aus § 321 Abs. 2 StPO hervorgehende Aufgabe einer schriftlichen Belehrung. Diese hat sich auf eine - für jede Frage gesonderte - Darlegung der gesetzlichen Merkmale der strafbaren Handlung, auf welche die Haupt- oder Eventualfrage gerichtet ist, auf eine Auslegung der in den einzelnen Fragen vorkommenden Ausdrücke des Gesetzes und auf die Klarlegung des Verhältnisses der einzelnen Fragen zueinander sowie der Folgen der Bejahung oder Verneinung jeder Frage zu beschränken. Hingegen hat sie sich eines Eingehens auf den konkreten Sachverhalt, insbesondere auf die Beweisproblematik des Einzelfalles zu enthalten; denn die Zurückführung der in die Fragen aufgenommenen gesetzlichen Merkmale auf den ihnen zugrundeliegenden Sachverhalt ist Sache der nach § 323 Abs. 2 StPO im Anschluß an die Rechtsbelehrung vom Vorsitzenden vorzunehmenden Besprechung (EGr 14 f zu § 345 Z 8 StPO in Mayerhofer-Rieder2). Auch ein bloß allgemeiner Hinweis auf Bestimmungen der MRK, insbesondere auf die Unschuldsvermutung (Art 6 Abs. 2), hätte den durch die Fragen gesteckten Rahmen der schriftlichen Rechtsbelehrung bereits überschritten. Solche Hinweise sind erforderlichenfalls der anschließenden Besprechung vorzubehalten, deren Inhalt nicht zum Gegenstand einer Nichtigkeitsbeschwerde gemacht werden kann (vgl Mayerhofer-Rieder2, EGr 1 zu § 323 StPO).
Die zur Gänze unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Ali A*** war sohin zu verwerfen.
Bei der Strafbemessung wertete das Geschwornengericht als erschwerend bei beiden Angeklagten die Wiederholung der Raubtaten, die Begehung strafbarer Handlungen gleicher und verschiedener Art und die einschlägige(n) Vorstrafe(n). Als mildernd zog es demgegenüber bei beiden Angeklagten die teilweise Schadensgutmachung, bei Ali A*** überdies das Alter unter einundzwanzig Jahren und das Teilgeständnis, bei Waltraud S*** das Geständnis sowie den Umstand, daß die strafbaren Handlungen durch ihre Angaben aufgedeckt wurden, in Betracht und verhängte es über die Angeklagten gemäß §§ 28 Abs. 1, 143, erster Strafsatz, StGB Freiheitsstrafen, und zwar über Waltraud S*** in der Dauer von fünf Jahren und über Ali A*** unter Bedachtnahme gemäß §§ 31, 40 StGB auf ein Urteil des Kreisgerichtes Wr.Neustadt, womit er wegen des Vergehens nach § 83 Abs. 1 StGB zu einer viermonatigen, für eine Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe verurteilt worden war, zu einer Zusatzfreiheitsstrafe im Ausmaß von vier Jahren und acht Monaten. Die Straferhöhung in Ansehung beider Angeklagten anstrebende Berufung der Staatsanwaltschaft ist - im Ergebnis - ebensowenig begründet, wie die des Angeklagten A***, mit der er eine Reduzierung der Strafe und deren bedingte Nachsicht anstrebt.
Dem zuletzt genannten Angeklagten kommt zwar die vom ärztlichen Sachverständigen konstatierte Medikamentenabhängigkeit sowie seine aus den Akten hervorleuchtende vernachlässigte Erziehung zusätzlich als mildernd zugute und wird das Gewicht des Milderungsumstandes nach § 34 Z 1 StGB auch dadurch erhöht, daß er die verfahrensgegenständlichen Verfehlungen kurz nach Vollendung des achtzehnten Lebensjahres gesetzt hatte. Zieht man aber demgegenüber mit ins Kalkül, daß Ali A*** nicht nur eine sondern zwei gerichtliche Vorverurteilungen einschlägiger Natur aufweist und legt man dem überaus hohen Unrechtsgehalt der Raubtaten die gebührende Bedeutung bei, dann erweist sich die geschöpfte Unrechtsfolge insgesamt als durchaus tatschuldgerecht und sonach keiner Korrektur - weder nach oben noch nach unten - zugänglich. Damit erledigt sich aber auch das Begehren des Angeklagten A*** um Gewährung bedingter Strafnachsicht (§ 43 Abs. 2 StGB). Nicht anhebungsbedürftig erscheint - der Ansicht der Anklagebehörde zuwider - aber auch die über Waltraud S*** verhängte Strafe. Deren Beitrag zur Wahrheitsfindung war im gegebenen Fall derart eklatant, daß die Frage, inwieweit die Geständnisqualität ihrer Verantwortung dadurch geschmälert wird, daß sie sich auf den von Ali A*** geübten Zwang berief, vernachlässigbar erscheint. Da auch der teilweisen Schadensgutmchung bei der gegebenen Sachlage nur marginale Bedeutung zukommt, bedürfen mithin die tatrichterlichen Strafzumessungsgründe bei Waltraud S*** keiner nennenswerten Ergänzung. Geht man aber davon aus, dann scheint auch bei dieser Angeklagten die gefundene Strafe tat- und tätergerecht und keiner Erhöhung zugänglich.
Die Kostenentscheidung fußt auf der bezogenen Gesetzesstelle.
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