OGH 6Ob691/87

OGH6Ob691/8722.10.1987

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schobel, Dr. Melber, Dr. Schlosser und Dr. Redl als weitere Richter in der Abhandlung der Verlassenschaft nach der am 6. Mai 1986 gestorbenen Anna Maria P***, zuletzt Pensionistin in Wien 16., Liebhartgasse 45/1/5-7, wegen Nachlaßabsonderung zugunsten der Vermächtnisnehmerinnen

  1. 1. Maria J***, Pensionistin, Wien 16., Kirchstetterngasse 49/10,
  2. 2. Mag. Elisabeth H***, Lehrerin, Wien 16., Kirchstetterngasse 49/10, und 3. Anna D***, im Haushalt, Klagenfurt, Viktringer Ring 25, alle vertreten durch Dr. Werner Neuhauser, Rechtsanwalt in Wien, infolge Revisionsrekurses der Vermächtnisnehmerinnen gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien als Rekursgerichtes vom 27. August 1987, GZ. 47 R 608/87-45, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Hernals vom 14. Juli 1987, GZ. 2 A 349/86-40, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht stattgegeben.

Text

Begründung

Die im 86. Lebensjahr verstorbene Erblasserin hatte rund vier Jahre vor ihrem Tod eine dem äußeren Anschein nach eigenhändig geschriebene und unterschriebene letztwillige Verfügung errichtet, mit der sie ein näher bezeichnetes, in ihrem Eigentum stehendes Haus und "100.00 S Geld" der Stieftochter ihres vorverstorbenen Bruders und deren zwei mit ihren Vornamen bezeichneten Töchtern vermachte. Die beiden Kinder eines anderen vorverstorbenen Bruders der Erblasserin, ein Neffe und eine Nichte der Erblasserin, gaben auf Grund des Gesetzes bedingte Erbserklärungen zum gesamten Nachlaß ab. Diese Erbserklärungen nahm das Abhandlungsgericht an. Es überließ den beiden sich zu Erben Erklärten antragsgemäß die Besorgung und Verwaltung des Nachlasses und veranlaßte dessen Inventarisierung. Danach besteht der Nachlaß außer der vermachten Liegenschaft mit einem steuerlichen Einheitswert zum 1. Januar 1983 von 353.000 S und einem Guthaben gegenüber der die vermachte Liegenschaft verwaltenden Hausverwaltung von rund 179.500 S, aus Fahrnissen im Schätzwert von rund 15.000 S, Pretiosen im Schätzwert von rund 7.500 S, Wertpapieren im Wert von rund 57.500 S, dem Guthaben aus einem Effekten-Kassa-Geschäft von rund 22.500 S, dem Guthaben aus einem Pensionskonto von rund 14.000 S sowie mehreren Sparbuchguthaben im Gesamtbetrag von rund 93.000 S. Diesen Nachlaßaktiven von rund 742.000 S (dem Gerichtskommissär ist bei Errichtung des Inventars diesbezüglich ein offenbarer Rechenfehler unterlaufen) stehen als Passiven die Beerdigungskosten im Betrag von rund 33.000 S gegenüber, woraus sich ein Reinnachlaß von rund 708.000 S errechnet. Die drei Vermächtnisnehmerinnen sind volljährig. Sie erklärten, das ihnen zugedachte Vermächtnis anzunehmen und beantragten die Ausstellung einer Amtsbestätigung im Sinne des § 178 AußStrG. Die beiden Erben bestritten zunächst übereinstimmend die Gültigkeit der letztwilligen Anordnung wegen Testierunfähigkeit der Erblasserin. Deshalb wies das Abhandlungsgericht auch den Antrag auf Ausstellung einer Amtsbestätigung ab. Die Nichte der Erblasserin zog allerdings im Laufe der Abhandlung ihre Bestreitung zurück, während der Neffe der Erblasserin seine Bestreitung aufrecht erhielt und es auf eine Legatserfüllungsklage ankommen ließ.

Das Abhandlungsgericht faßte am 22. Juni 1987 den sogenannten Mantelbeschluß und erließ am selben Tage die Einantwortungsurkunde; gleichzeitig stellte es in Ansehung eines Hälfteanteiles an der in die Verlassenschaft gefallenen Liegenschaft über die Einverleibung des Eigentumsrechtes der drei Vermächtnisnehmerinnen eine Amtsbestätigung nach dem § 178 AußStrG aus, während es in Ansehung des zweiten Hälfteanteiles an dieser Liegenschaft in der Einantwortungsurkunde festhielt, daß das Eigentumsrecht des Neffen der Erblasserin einzuverleiben sein werde.

Ausfertigungen des Mantelbeschlusses und der Einantwortungsurkunde wurden den beiden Erben und ihrem gemeinsamen Vertreter am 23. Juni 1987 zugestellt.

Am 6. Juli 1987 überreichten die drei Vermächtnisnehmerinnen einen Antrag auf Nachlaßabsonderung. Zu der von ihnen behaupteten Besorgnis, bei Besitzeinweisung im Sinne der Erbserklärung Gefahr zu laufen, daß die Durchsetzung ihrer Ansprüche auf Vermächtniserfüllung gegen den Neffen der Erblasserin in Ansehung der vermachten Liegenschaft vereitelt werden könnte, wiesen sie auf die als "standhaft" bezeichnete Weigerung des Miterben hin, die letztwillige Verfügung anzuerkennen, sowie auf die im Falle der Verlassenschaftseinantwortung gegebenen Verfügungsmöglichkeiten dieses Miterben.

Der Neffe der Erblasserin sprach sich gegen die beantragte Nachlaßabsonderung aus.

Das Abhandlungsgericht ordnete die Absonderung der Verlassenschaft vom Vermögen der Erben an und bestellte einen Rechtsanwalt zum Absonderungskurator.

Das Rekursgericht änderte diesen Beschluß im Sinne einer Abweisung des Antrages auf Nachlaßabsonderung ab.

Rechtliche Beurteilung

Der von den Vermächtnisnehmerinnen dagegen erhobene Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.

Die Vermächtnisnehmerinnen stellten ihren Antrag auf Nachlaßabsonderung erst zu einem Zeitpunkt, in dem die Einantwortungsurkunde bereits sämtlichen Verfahrensbeteiligten, deren Rechtsstellung durch die Einantwortung unmittelbar berührt werden konnte, zugestellt worden war, ohne daß nach den damals gestellten Anträgen einer von ihnen durch die abhandlungsgerichtliche Anordnung beschwert sein konnte, mangels Beschwer also keinem Verfahrensbeteiligten eine Anfechtungsbefugnis zugestanden sein konnte und die Einantwortung demgemäß rechtswirksam geworden war (so schon 6 Ob 645/86). Ein Absonderungsantrag muß vor rechtswirksamer Beendigung der Abhandlung gestellt werden, weil er nach Eintritt der Rechtswirkungen der Einantwortung nicht mehr vollziehbar wäre.

Schon aus dieser Erwägung konnte der Absonderungsantrag nicht bewilligt werden. Dem Revisionsrekurs war daher ein Erfolg zu versagen.

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