OGH 6Ob17/87

OGH6Ob17/8722.10.1987

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schobel, Dr. Melber, Dr. Schlosser und Dr. Redl als weitere Richter in der Handelsregistersache betreffend die registrierte Firma "R***", Maschinen Gesellschaft mbH, Maria Enzersdorf, Südstadtzentrum 2, infolge Revisionsrekurses dieser Gesellschaft, vertreten durch den Geschäftsführer Dr. Emmerich A***, Industrieller, Kernstockgasse 16, 8430 Leibnitz, dieser vertreten durch Dr. Theresa Jordis, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgerichtes vom 2. September 1987, GZ 6 R 87/87-31, womit der Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 12. August 1987, GZ 7 HRB 27.936-27, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Im Handelsregister des Erstgerichtes ist seit 3. April 1981 die Firma "R***" Maschinen Gesellschaft mbH (im folgenden: Gesellschaft) eingetragen. Der Gesellschaftsvertrag vom 2. April 1981 lautet in seinem Punkt V.: "....Zum selbständigen vertretungsberechtigten Geschäftsführer der Gesellschaft wird....Kurt W***, jedoch längstens auf die Dauer seines Gesellschaftsverhältnisses bestellt." In der von Kurt W*** unterfertigten Gesellschafterliste zum 18. Dezember 1981 scheint als einzige Gesellschafterin die G*** H*** Gesellschaft mbH in Wien (im folgenden: G***) auf. Am 4. November 1982 langte beim Erstgericht der Antrag ein, in das Handelsregister die Bestellung des Ing. Alfred S*** zum weiteren Geschäftsführer der Gesellschaft einzutragen. Beigeschlossen war der Gesellschafterbeschluß, wonach die Alleingesellschafterin G*** durch ihren Geschäftsführer Kurt W*** den Beschluß faßte, Ing. Alfred S*** zum weiteren Geschäftsführer zu bestellen, wobei die Geschäftsführer Kurt W*** und Ing. Alfred S*** die Gesellschaft jeweils alleine vertreten. Die Unterschrift des Kurt W*** als Geschäftsführer der G*** auf dem Gesellschafterbeschluß ist notariell beglaubigt. Die Unterschriften des Kurt W*** und des Ing. Alfred S*** auf dem an das Handelsregister gerichteten Antrag sind ebenfalls notariell beglaubigt. Die Eintragung erfolgte antragsgemäß. Am 11. Juli 1983 langte beim Erstgericht der Antrag ein, in das Handelsregister die Abberufung des Ing. Alfred S*** als Geschäftsführer einzutragen. Beigeschlossen war der von Kurt W*** unterfertigte Gesellschafterbeschluß vom 29. Juni 1983, wonach die Alleingesellschafterin G*** den Beschluß faßte, Ing. Alfred S*** als Geschäftsführer der Gesellschaft abzuberufen. Die Eintragung erfolgte antragsgemäß. Am 24. Jänner 1985 langte beim Erstgericht der Antrag ein, - nach einer Kapitalerhöhung - unter anderem die Änderungen der Geschäftsführerbestellung in das Handelsregister einzutragen. Zum weiteren selbständigen vertretungsbefugten Geschäftsführer der Gesellschaft wurde Dr. Emmerich A*** bestellt. Der Antrag ist von Kurt W*** und Dr. Emmerich A*** unterfertigt, die Unterschriften sind beglaubigt. Nach dem beigeschlossenen Notariatsakt vom 8. August 1984 trat die Alleingesellschafterin G*** einen Teil ihrer Anteile an die Firma Brüder A*** ab, wodurch diese nach der Kapitalerhöhung 51 % der Anteile und die G*** 49 % der Anteile hat. Der Notariatsakt enthält weiters die Bestellung des Dr. Emmerich A*** zum weiteren selbständig vertretungsbefugten Geschäftsführer. Am 7. Juli 1987 zeigte die Gesellschafterin G*** dem Handelsregister an, daß sie mündlich über den - mangels 3/4-Mehrheit unzulässigen - Verkauf der Geschäftsanteile der Gesellschafterin Brüder A*** an die N*** C*** informiert worden sei und legte einen mit 6. Juli 1987 beurkundeten Gesellschafterbeschluß der G*** vor, daß sie nach Erwerb der Geschäftsanteile an der Gesellschaft am 18. Dezember 1981 als alleinige Gesellschafterin der Gesellschaft den damals schon in das Handelsregister eingetragenen Geschäftsführer Kurt W*** zum Geschäftsführer bestellt habe. Dr. Emmerich A*** als Geschäftsführer der Gesellschaft beantragte am 24. Juli 1987 die Löschung des Geschäftsführers Kurt W***, weil dieser im Gesellschaftsvertrag vom 2. April 1981 für die Dauer seiner Gesellschaftereigenschaft bestellt worden sei, seinen Geschäftsanteil an die G*** abgetreten habe und damit seine Geschäftsführereigenschaft erloschen sei.

Mit dem nun angefochtenen Beschluß verfügte das Erstgericht die Eintragung der Löschung des Kurt W***. Gegen diesen Beschluß erhoben die Gesellschaft und die Gesellschafterin G*** Rekurs, wobei für die Gesellschaft Dr. Harald S*** aufgrund einer namens der Gesellschaft von Kurt W*** ausgestellten Vollmacht und für die Gesellschafterin G*** Rechtsanwalt Dr. Reich-Rohrwig aufgrund einer von Kurt W*** ausgestellten Vollmacht einschritten. Das Rekursgericht bejahte die Rekurslegitimation beider Rekurswerberinnen, gab dem Rekurs Folge und trug dem Erstgericht die Einleitung des Amtslöschungsverfahrens hinsichtlich der Löschung des Gesellschafters Kurt W*** nach § 142 FGG auf. Das Rekursgericht führte aus, dadurch, daß Kurt W*** seinen Stammanteil am 18. Dezember 1981 an die G*** abgetreten habe, sei seine Geschäftsführerbestellung erloschen. Eine Wiederbestellung sei jedoch entweder durch einen in einer förmlich einberufenen Generalversammlung gefaßten Gesellschafterbeschluß oder durch Beschlußfassung auf schriftlichem Wege möglich. Die Einhaltung der Bestimmungen über die Einberufung der Generalversammlung und über das schriftliche Verfahren könne dann nicht von Bedeutung sein, wenn ein einstimmiger Beschluß sämtlicher Gesellschafter vorliege. Wenn alle Gesellschafter in der Sache einig seien, sänken die erwähnten Formvorschriften zur Bedeutung bloßer Beweisbestimmungen herab (vgl. WBl. 1987, 190 mwH zu den §§ 34, 76 GmbHG). Demgemäß habe aber das Erstgericht nicht berücksichtigt, daß der Geschäftsführer Kurt W*** nach seinem Ausscheiden als Gesellschafter der Gesellschaft von der Alleingesellschafterin G*** am 18. Dezember 1981 zum Geschäftsführer bestellt worden sei, wie sich aus der beglaubigten Bestätigung vom 6. Juli 1987 ergebe. Ferner sei schon im Beschluß, mit welchem Ing. Alfred S*** zum weiteren Geschäftsführer bestellt worden sei, eine Geschäftsführerbestellung zu sehen, selbst wenn man die vom 18. Dezember 1981 negieren wollte. Kurt W*** sei weiters beim Handelsregister anläßlich der Abberufung des damals zweiten Geschäftsführers Ing. Alfred S*** als Geschäftsführer mit dem Beisatz angemeldet worden, daß Kurt W*** nunmehr die Gesellschaft alleine vertrete. Daß Kurt W*** unbestritten Geschäftsführer der Gesellschaft gewesen sei, ergebe sich ferner aus der Generalversammlung vom 8. August 1984, in der Dr. Emmerich A*** zum weiteren Geschäftsführer bestellt worden sei. Die Bestellung eines weiteren Geschäftsführers impliziere aber schon, daß der bisherige Geschäftsführer (Kurt W***) weiterhin Geschäftsführer bleibe. Darin sei ein einstimmiger, bei Gesellschaften mbH formlos zulässiger Gesellschafterbeschluß zu sehen. Der Formvorschrift für das Handelsregister (Nachweis der Bestellung gemäß § 17 GmbHG) sei durch die am 7. Juli 1987 erfolgte Vorlage der Beurkundung des Beschlusses vom 18. Dezember 1981 Genüge getan worden. Allerdings wäre die neuerliche Bestellung des Kurt W*** zum Geschäftsführer unverzüglich beim Handelsregister anzumelden gewesen. Als alleiniger Geschäftsführer hätte sich Kurt W*** selbst anmelden müssen. Diese Anmeldung sei aber jedenfalls mit dem Gesuch vom 11. Juli 1983 nachgeholt worden, weil darin ausgeführt worden sei, Kurt W*** vertrete die Gesellschaft nunmehr wiederum alleine. Dieses Gesuch sei von Kurt W*** beglaubigt unterfertigt. In Verbindung mit der beglaubigten Bestätigung vom 6. Juli 1987 liege daher eine gültige Anmeldung vor. Das Erstgericht habe demnach dem Antrag auf Löschung des Kurt W*** als Geschäftsführer nicht mehr entsprechen dürfen, obwohl dieser Antrag zunächst nach der Aktenlage berechtigt gewesen sei, weil inzwischen die für die Eintragung erforderliche Anmeldung vorliege. Wegen des Grundsatzes der materiellen Richtigkeit des Handelsregisters sei die Löschung nicht mehr zulässig. Denn bis zu ihrer - ex nunc wirkenden - Löschung bleibe die unzulässige Eintragung mit allen Rechtswirkungen bestehen. Sie könne also nicht rückwirkend vernichtet werden. Im vorliegenden Fall wäre es allerdings auch bei richtiger Vorgangsweise der Beteiligten zu keiner Löschung des Kurt W*** als Geschäftsführer gekommen, weil dieser zugleich mit seinem Ausscheiden am 18. Dezember 1981 neu bestellt worden sei, sodaß die Eintragung der Löschung wegen der gleichzeitig erforderlichen Neueintragung als bloßer Formalismus hätte unterbleiben können. Da nach ständiger Rechtsprechung eine bereits vollzogene Eintragungsverfügung des Registergerichtes wegen des zu beachtenden Grundsatzes der Erhaltung der Eintragung im Rekursverfahren nicht mehr im Sinne einer Abweisung des Eintragungsgesuchs abgeändert werden könne, sei dem Rekurs in der Form Folge zu geben, daß dem Erstgericht die Einleitung des Amtslöschungsverfahrens betreffend die bekämpfte Eintragung aufgetragen werde. Als Eintragung im Sinne des § 142 FGG sei auch eine Löschung anzusehen.

Gegen den Beschluß des Rekursgerichtes richtet sich der von Dr. Theresa J*** im Namen der Gesellschaft, vertreten durch Dr. Emmerich A***, eingebrachte Revisionsrekurs, in welchem der Antrag gestellt wird, den Beschluß des Rekursgerichtes ersatzlos aufzuheben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs wird von einer der Parteien, deren Rekurs das Rekursgericht Folge gegeben hat, erhoben. Nach ständiger Rechtsprechung fehlt demjenigen eine Beschwer, der die Entscheidung selbst beantragt hat, sofern es sich nicht um eine von Amts wegen zu treffende Entscheidung handelte (SZ 10/195; EFSlg 32.440 uva, zuletzt 7 Ob 705/86). Da eine Rechtsmittelentscheidung nur auf Antrag ergehen kann, müßte bei Anwendung dieser Grundsätze ein Rechtsmittelrecht der Gesellschaft gegen die Entscheidung des Rekursgerichtes verneint werden. Zu berücksichtigen ist allerdings, daß nach dem im Revisionsrekurs vertretenen Standpunkt die Gesellschaft bei der Rekurserhebung nicht gesetzmäßig vertreten gewesen sein soll. Wäre dies richtig, dann wäre der Revisionsrekurs der Gesellschaft zulässig.

Die Frage der Zulässigkeit des Rechtsmittels hängt daher davon ab, ob Kurt W*** Gesellschafter der Gesellschaft ist. Der im Revisionsrekurs vertretenen Ansicht, es liege kein beglaubigter Beschluß der Gesellschaft über die Bestellung des Kurt W*** nach seinem Ausscheiden aus der Gesellschaft vor, die "Beurkundung" vom 6. Juli 1987 sei auf ihren Wahrheitsgehalt nicht überprüfbar und erfülle die Erfordernisse einer rechtsgültigen Bestellung nicht, ist folgendes entgegenzuhalten:

Gemäß § 15 GmbHG erfolgt die Bestellung der Geschäftsführer durch Beschluß der Gesellschafter. Einer notariellen Beurkundung dieses Beschlusses, wie sie für die Abänderung des Gesellschaftsvertrages (§ 49 GmbHG) und die Auflösung der Gesellschaft (§ 84 Abs 1 Z 2 GmbHG) vorgesehen ist, bedarf ein solcher Beschluß nicht. Eine schriftliche Abstimmung im Sinne des § 34 GmbHG ist daher möglich (vgl. Kostner, GmbH3 57, 94; Reich-Rohrwig, GmbH-Recht 324). Nach § 17 Abs 1 GmbHG ist es zwar erforderlich, der Anmeldung im Handelsregister die Bestellung in beglaubigter Form nachzuweisen. Laut der beglaubigten "Beurkundung" der Gesellschafterin G*** vom 6. Juli 1987 hat diese Gesellschafterin am 18. Dezember 1981, also zu einer Zeit, als sie alleinige Gesellschafterin war, Kurt W*** zum Geschäftsführer bestellt. Diese "Beurkundung" stellt einen Nachweis der Bestellung in beglaubigter Form dar. Die Anmeldung beim Handelsregister erfolgte entgegen der Bestimmung des § 17 Abs 1 GmbHG zwar nicht unverzüglich, doch änderte dies nichts an der Wirksamkeit der Geschäftsführerbestellung. Den Ausführungen im Revisionsrekurs, der Wahrheitsgehalt der Geschäftsführerbestellung sei nicht überprüfbar, ist zu erwidern, daß sich die Richtigkeit der "Beurkundung" aus mehreren Eingaben der Gesellschafterin G***, die noch aus der Zeit stammen, zu der diese Gesellschaft die alleinige Gesellschafterin war, ergibt. So geht aus dem Gesuch um Eintragung des Ing. Alfred S*** zum weiteren Geschäftsführer und dem Gesellschafterbeschluß über dessen Bestellung eindeutig hervor, daß Kurt W*** damals Geschäftsführer war. Dies ergibt sich gleichfalls aus dem Gesuch um Eintragung der Abberufung des Geschäftsführers Ing. Alfred S***. Auch die Gesellschafterin Firma Brüder A*** zweifelte - bevor Differenzen mit der anderen Gesellschafterin auftraten - offenbar nicht daran, daß Kurt W*** zum Geschäftsführer bestellt worden war, denn sonst wäre die Formulierung, Dr. Emmerich A*** werde zum weiteren Geschäftsführer bestellt, nicht verständlich. Es besteht daher kein Anlaß, an der Richtigkeit der Beurkundung vom 6. Juli 1987 zu zweifeln.

Kurt W*** war somit zur Zeit der Erhebung des Rekurses gegen den Beschluß des Erstgerichtes zur Vertretung der Gesellschaft befugt, die Gesellschaft ist durch die ihrem Rekurs stattgebende Entscheidung des Rekursgerichtes nicht beschwert und daher ist ihr Revisionsrekurs, auch wenn er vom anderen Geschäftsführer eingebracht wurde, unzulässig.

Aus diesen Gründen mußte der Revisionsrekurs zurückgewiesen werden.

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