OGH 14Os122/87

OGH14Os122/8721.10.1987

Der Oberste Gerichtshof hat am 21.Oktober 1987 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Horak, Dr. Lachner und Dr. Massauer als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärter Dr. Thoma als Schriftführer, in der Strafsache gegen Karin E*** und andere wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten gewerbsmäßigen schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 1 Z 1, Abs. 3, 148 sowie § 15 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten Karin E*** und Günther A*** gegen das Urteil des Landesgerichtes St. Pölten als Schöffengericht vom 4.Juni 1987, GZ 14 U 871/86-124, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Tschulik, und der Verteidiger Dr. Mühl und Dr. Schuhmeister, jedoch in Abwesenheit der Angeklagten zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten Karin E*** und Günther A*** werden verworfen.

Aus deren Anlaß wird jedoch gemäß § 290 Abs. 1 StPO das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch der Angeklagten Karin E*** und Günther A*** sowie des Angeklagten Karl H*** wegen des Vergehens der Fälschung besonders geschützter Urkunden nach §§ 223 Abs. 2, 224 StGB (Punkt C/ des Urteilssatzes), sowie demgemäß auch in den die genannten drei Angeklagten betreffenden Strafaussprüchen (einschließlich der Aussprüche über die Vorhaftanrechnung) aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zurückverwiesen. Mit ihren Berufungen werden die Angeklagten Karin E*** und Günther A*** auf diese Entscheidung verwiesen.

Gemäß § 390 a StPO fallen den Angeklagten Karin E*** und Günther A*** die Kosten des Verfahrens über ihre Nichtigkeitsbeschwerden zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden - neben weiteren fünf Angeklagten - Karin E*** und Günther A*** (zu A/) des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten gewerbsmäßigen schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 1 Z 1 und Abs. 3, 148 sowie § 15 StGB, (zu B/I/1) des Vergehens des schweren Diebstahls nach §§ 127 Abs. 1 und Abs. 2 Z 1, 128 Abs. 1 Z 4 StGB und (zu C/) des Vergehens der Fälschung besonders geschützter Urkunden nach §§ 223 Abs. 2, 224 StGB sowie Günther A*** überdies (zu E/) des Vergehens der Verletzung der Unterhaltspflicht nach § 198 Abs. 1 StGB schuldig erkannt.

Darnach haben sie

(zu A/) mit dem Vorsatz, durch das Verhalten der Getäuschten sich unrechtmäßig zu bereichern, sowie in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung der Betrügereien eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen,

I/ in der Zeit vom 23.Dezember 1985 bis 16.Juni 1986 in Wien und anderen Orten des In- und Auslandes in wiederholten Angriffen durch Täuschung über Tatsachen unter Benützung verfälschter Urkunden Inhaber und Angestellte von Firmen zur Ausfolgung von Waren ohne Barzahlung sowie Angestellte von Banken und Sparkassen zur Ausfolgung von Bargeld, mithin zu Handlungen verleitet, welche Kreditkartenfirmen und Kreditinstitute an ihrem Vermögen um einen insgesamt 100.000 S übersteigenden Betrag schädigten, indem sie teils beim Einkauf von Waren entfremdete Kreditkarten verwendeten (Urteilsfakten A/I/1 bis 11, 13 bis 15, 17, 18 und 21), teils gefälschte (Urteilsfakten A/I/16) oder auf (von ihnen eröffnete) fingierte Gehaltskonten lautende (Urteilsfakten A/I/19 und 22) Schecks einlösten;

II/ am 20.März 1986 in Salzburg im einverständlichen Zusammenwirken mit anderen durch die Vorlage eines (gestohlenen) Wertpapierdepotscheines der Johanna Z*** und durch die Behauptung, wegen der Vielzahl ihrer Wertpapierkonten das bezughabende Losungswort momentan nicht nennen zu können, versucht, Angestellte der C***-B*** durch Täuschung über

Tatsachen zur Auszahlung von 200.000 S zu verleiten, wodurch das genannte Bankinstitut um diesen Betrag geschädigt werden sollte; (zu B/I/1) in verschiedenen Orten Österreichs unter mißbräuchlicher Verwendung einer auf Johanna Z*** lautenden Bankomat-Karte in der Zeit vom 8. bis 16.Mai 1986 in neun Angriffen der V*** V*** 45.000 S und vom 3. bis 5.Juni 1986 in drei Angriffen der S*** M*** 15.000 S mit dem Vorsatz weggenommen, sich dadurch unrechtmäßig zu bereichern; (zu C/I und II) inländische öffentliche Urkunden mit dem Vorsatz verfälscht, daß sie im Rechtsverkehr zum Beweise von Tatsachen gebraucht werden sollen, und diese zum Beweis ihrer Identität sodann auch gebraucht, indem zum einen Karin E*** und Günther A*** im März 1986 im einverständlichen Zusammenwirken das Lichtbild im Reisepaß der Johanna Z*** austauschten und im Juni 1986 im Personalausweis der Dkfm. Gerda O*** Geburtsdaten und Namen veränderten sowie darin das Lichtbild austauschten, und zum anderen Günther A*** allein in der ersten Hälfte des Jahres 1986 im Reisepaß des Hermann H*** das Lichtbild austauschte und in dessen Führerschein den Familiennamen änderte, im Reisepaß der Cornelia L*** das Lichtbild austauschte sowie das Geburtsdatum veränderte und im Führerschein der Dkfm. Gerda O*** die Generalien veränderte. Günther A*** hat überdies (zu E/) in der Zeit vom 10. Oktober 1984 bis 23.Juni 1986, indem er für seinen am 14.Mai 1979 geborenen ehelichen Sohn Oliver A*** keinerlei Zahlungen leistete, seine im Familienrecht begründete Unterhaltspflicht gröblich verletzt und dadurch bewirkt, daß der Unterhalt des Unterhaltsberechtigten ohne Hilfe von anderer Seite gefährdet gewesen wäre.

Dieses Urteil bekämpfen die Angeklagten Karin E*** und Günther A*** mit (getrennt ausgeführten) Nichtigkeitsbeschwerde, welche sie auf die Gründe der Z 9 lit. a und 10 des § 281 Abs. 1 StPO, Günther A*** darüber hinaus auch auf jene der Z 3, 5 und 11 der zitierten Gesetzesstelle, stützen.

In Ansehung der Punkte A/I/ und C/ des Schuldspruchs erachtet der Angeklagte A*** den Ausspruch des Gerichtes über entscheidende Tatsachen insofern für undeutlich (§ 281 Abs. 1 Z 5 StPO) und mit Feststellungsmängeln behaftet (§ 281 Abs. 1 Z 10 StPO), als dem Urteil nicht entnommen werden könne, bezüglich welcher Taten unmittelbare Täterschaft und bezüglich welcher bloße Tatbeteiligung gemäß dem dritten Fall des § 12 StGB angenommen worden sei; überdies stünde die in diesem Zusammenhang getroffene Urteilsfeststellung, die Angeklagten hätten sich "in wechselndem Beteiligungsverhältnis" als Verfügungsberechtigte über Kreditkarten, Scheckkarten und Konten ausgegeben, schon in sich im Widerspruch und auch mit den Denkgesetzen nicht im Einklang.

Rechtliche Beurteilung

Nach der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (SSt. 52/41 = ÖJZ-LSK 1981/182 uva) macht es indes angesichts der rechtlichen Gleichwertigkeit der Täterschaftsformen des § 12 StGB (im Sinne eines einheitlichen Täterbegriffs) grundsätzlich keinen Unterschied, ob ein Angeklagter als unmittelbarer Täter oder als Beitragstäter gehandelt hat, soferne nur sein Tatanteil in sachverhaltsmäßiger Beziehung mit hinreichender Deutlichkeit festgestellt ist. Dieser Voraussetzung ist im vorliegenden Fall entsprochen, weil das Schöffengericht ersichtlich von einem Einverständnis der tatbeteiligten Angeklagten über die Verübung des jeweiligen Delikts ausgegangen ist und als erwiesen angenommen hat, daß die jeweils nicht unmittelbar selbst handelnden Angeklagten zumindest einen Beitrag zur Ausführung der Tat geleistet haben, indem sie sich mit dem unmittelbaren Täter, welcher die mit seiner Unterschrift versehene Kreditkarte vorlegte, in die betreffenden Geschäftslokale begaben, um dort Waren auszusuchen, und sodann Verkaufsgespräche führten, wodurch sie den unmittelbaren Täter unterstützten und in seinem Tatentschluß bestärkten (vgl. Bd. V/S 337, 338).

Entgegen den Beschwerdeausführungen des Angeklagten A*** zum Nichtigkeitsgrund der Z 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO reicht eine solche, zur Tat in ihrer individuellen Erscheinungsform in Kausalbeziehung stehende Handlungsweise für die Annahme einer Beitragstäterschaft aus (vgl. ÖJZ-LSK 1976/206, 1977/87). Insoweit liegt daher weder ein Begründungsmangel, noch eine unrichtige Gesetzesanwendung oder ein auf einer solchen beruhender Feststellungsmangel vor.

Offenbar unzureichend begründet ist nach Meinung des Angeklagten A*** die Urteilsfeststellung, wonach die Einlösung gefälschter Schecks in München (Urteilsfaktum A/I/16) deshalb erfolgt sei, weil in der Bundesrepublik Deutschland ein Scheck auf 400 DM, mithin auf einen höheren Betrag als in Österreich, ausgestellt werden könne. Dem Motiv, aus welchem die Tat nicht in Österreich, sondern im Ausland begangen worden ist, kommt aber weder für die rechtliche Subsumtion noch für die anzuwendende Strafdrohung Bedeutung zu, sodaß durch den behaupteten Begründungsmangel keinesfalls entscheidende Tatsachen im Sinne der Z 5 des § 281 Abs. 1 StPO betroffen würden. Zudem findet die gerügte Annahme in den als Feststellungsgrundlage herangezogenen Angaben des Beschwerdeführers vor der Polizei Deckung (vgl. Bd. II/S 491).

Zu Unrecht zieht der Angeklagte A*** aus dem Nichtigkeitsgrund der Z 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO hinsichtlich der unter seiner Beteiligung im Ausland verübten Betrügereien (A/I/18/b bis e und 19) die inländische Gerichtsbarkeit mit dem Argument in Zweifel, der Vermögensschaden wäre bereits mit der Vorlage der entfremdeten Kreditkarten und Schecks eingetreten. Abgesehen davon, daß selbst bei Annahme eines ausländischen Tatortes die inländische Gerichtsbarkeit bezüglich seiner Person gegeben wäre, weil er zur Zeit der Tat Österreicher gewesen ist, die betreffenden Taten auch nach dem deutschen Strafgesetz mit Strafe bedroht sind (§ 65 Abs. 1 Z 1 StGB) und der Strafanspruch nicht erledigt ist (§ 65 Abs. 4 StGB), kommt - wie der Beschwerdeführer selbst einräumt - nach § 67 Abs. 2 StGB als Tatort auch jeder Ort in Betracht, an welchem ein dem Tatbild entsprechender Erfolg ganz oder zum Teil eingetreten ist. Beim Betrug ist dies der Ort, an welchem es zum effektiven Verlust an Vermögenssubstanz kommt, den ein Dritter als spezifische Folge des deliktischen Geschehens erleidet (vgl. SSt. 52/13 = ÖJZ-LSK 1981/87). Im Falle der Verwendung einer österreichischen Kreditkarte oder Scheckkarte im Ausland trifft der Schaden nicht den Getäuschten, sondern unmittelbar jene inländische (Kreditkarten-)Firma und jenes inländische Kreditinstitut, das die Kreditkarte bzw. die Scheckkarte ausgegeben hat und dem Berechtigten die Honorierung (nach den vertraglichen Vereinbarungen bzw. gemäß den Bedingungen der Österreichischen Kreditinstitute) garantiert (vgl. SSt. 52/13; 55/10). Hiebei kommt der Frage der Beteiligungsform keine Bedeutung zu, weil eine Inlandstat auch derjenige begeht, der im Ausland eine Tat vorsätzlich veranlaßt oder fördernd unterstützt, deren Erfolg in Österreich eintritt bzw. nach den Vorstellungen der Täter in Österreich eintreten soll (vgl. Liebscher im WK § 67 Rz. 18 ff).

Als Nichtigkeit im Sinne der Z 9 lit. a (richtig Z 10) des § 281 Abs. 1 StPO rügt der Angeklagte A*** ferner das Fehlen von Feststellungen zur subjektiven Tatseite bezüglich der Schadenshöhe. Er übersieht jedoch, daß den Schuldsprüchen das volle Geständnis der Angeklagten zugrunde gelegt wurde und (auch) er sich in der Hauptverhandlung im vollen Umfang der Anklage schuldig bekannt hat, wobei er (ua) auf seine Angaben vor dem Untersuchungsrichter verwies, wo er ausdrücklich deponiert hatte, daß auch die Höhe der jeweils entstandenen Schäden ihm bewußt und von seinem Vorsatz umfaßt war (vgl. Bd. I/ S 127 a). Mit dem Hinweis auf dieses Geständnis hat das Erstgericht daher mit hinreichender Deutlichkeit seine Überzeugung zum Ausdruck gebracht, daß Günther A*** (ebenso wie die anderen Angeklagten) auch die Überschreitung der Wertgrenze von 100.000 S in seinen zumindest bedingten Vorsatz aufgenommen hatte.

Ebensowenig zielführend ist der Beschwerdeeinwand des Angeklagten A***, es liege ein Verstoß gegen die unter Nichtigkeitssanktion stehende Bestimmung des § 260 Abs. 1 Z (1 und) 2 StPO vor, weil dem Punkt A/ des Urteilsspruchs nicht zu entnehmen sei, welcher strafbaren Handlung er schuldig erkannt wurde und welche strafbare Handlung durch die als erwiesen angenommenen Tatsachen begründet wird. Der gerügte Urteilsspruch entspricht jedoch nicht nur den Voraussetzungen einer ausreichenden, Verwechslungen mit anderen Taten ausschließenden Individualisierung, sondern läßt auch klar erkennen, daß die inkriminierten Betrugstaten dem zweiten Anwendungsfall des § 148 StGB unterstellt wurden. Bei der Anführung der strafgesetzlichen Bestimmungen (§ 260 Abs. 1 Z 4 StPO) ist zwar eine Zitierung des (ersten oder) zweiten Anwendungsfalles des § 148 StGB unterblieben, doch hat das Erstgericht die Angeklagten Karin E*** und Günther A*** ausdrücklich des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten gewerbsmäßigen schweren Betruges schuldig erkannt und die Strafe auch nach dem zweiten Strafsatz des § 148 StGB bemessen. Daraus folgt aber, daß von einer - wie sie der Angeklagte A*** behauptet - gesetzwidrigen Ausmessung der Strafe nach dem zweiten Strafsatz des § 148 StGB anstatt nach dem ersten Strafsatz dieser Gesetzesstelle keine Rede sein kann. Denn Nichtigkeit nach § 281 Abs. 1 Z 11 StPO wäre nur dann gegeben, wenn sich das Gericht im Strafsatz, der durch den Schuldspruch bedingt war, vergriffen hätte. Hinsichtlich des Ausspruches, sämtliche Angeklagten (mit Ausnahme des Hans R***) haben einen schweren Betrug in der Absicht begangen, sich durch dessen wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu beschaffen, ist der Schuldspruch wegen (teils vollendeten, teils versuchten) Betruges seitens des Angeklagten A*** unangefochten geblieben. Der Vollständigkeit halber ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, daß es für den zweiten Anwendungsfall des § 148 StGB zwar nicht genügen würde, wenn sich der schwere Betrug nur durch die Zusammenrechnung mehrerer, die Wertgrenze des § 147 Abs. 2 StGB jeweils nicht übersteigender Schadensbeträge ergibt (vgl. SSt. 47/63 = ÖJZ-LSK 1976/387); die Gewerbsmäßigkeit kann aber, worauf sich das Urteil ersichtlich stützt, auch auf die fortgesetzte Begehung schwerer Betrugsfälle im Sinne des § 147 Abs. 1 Z 1 StGB abzielen.

Gegen Punkt A/II/ des Schuldspruchs wenden beide

Beschwerdeführer aus der Z 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO ein, es liege ein absolut untauglicher Versuch vor, weil der Wertpapierdepotschein, den sie bei der CA-BV in Salzburg zu Lasten des Wertpapierkontos der Johanna Z*** einlösen wollten, mit einem Losungswort versehen gewesen ist. Nach den Urteilsannahmen versuchte Karin E***, dem Angeklagten der CA-BV glaubhaft zu machen, daß sie infolge Besitzes mehrerer solcher vinkulierter Wertpapierkonten das für diesen Wertpapierdepotschein passende Losungswort momentan nicht angeben könne (vgl. Bd. V/ S 28). Dem Erstgericht ist beizupflichten, daß in einem derartigen Fall von einem absolut untauglichen Versuch nicht gesprochen werden kann. Setzt doch ein solcher voraus, daß ein Verhalten jener Art, wie es der Täter gesetzt hat, von der Handlungsweise oder vom verwendeten Mittel her den Deliktserfolg unter keinen wie immer gearteten Umständen herbeizuführen vermochte. Ist es dagegen, wie hier, zur geplanten Vermögensschädigung (bloß) deshalb nicht gekommen, weil der pflichttreue Bankbeamte der Karin E*** ihre Ausrede nicht abgenommen und sie zur Beischaffung des Losungswortes aufgefordert hat, so ist die Tatvollendung nur infolge der Umstände des Einzelfalles gescheitert, obwohl Handlung und Mittel bei generalisierender Betrachtung zur Herbeiführung des strafgesetzwidrigen Erfolges in abstracto geeignet gewesen wären. Eine Urteilsnichtigkeit gemäß der Z 10 des § 281 Abs. 1 StPO erblickt die Angeklagte Karin E*** in der Unterstellung der dem Punkt C/ des Schuldspruchs zugrundeliegenden Tathandlungen unter die §§ 223 Abs. 2, 224 StGB. Ihrer Ansicht nach hätte eine Verurteilung nach Abs. 1 des § 223 (iVm § 224) StGB erfolgen müssen, weil der Gebrauch einer gefälschten oder verfälschten Urkunde im Rechtsverkehr durch den Hersteller der Fälschung oder Verfälschung eine straflose Verwertungshandlung darstelle. Damit setzt sich die Beschwerdeführerin jedoch in Widerspruch zur ständigen, mit dem überwiegenden Schrifttum (vgl. Kienapfel im WK § 223 Rz. 260; Leukauf-Steininger Komm.2 § 223 RN 40 ff) im Einklang stehenden Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (vgl. SSt. 48/60 = ÖJZ-LSK 1977/299) - von der abzugehen ihre Ausführungen keinen Anlaß bieten -, wonach die Fälschung oder Verfälschung der Urkunde (§ 223 Abs. 1 StGB) als nachbestrafte Vortat gegenüber dem Gebrauch der falschen oder verfälschten Urkunde (§ 223 Abs. 2 StGB) zurücktritt und zufolge materieller Subsidiarität nicht selbständig strafbar ist. Auch in diesem Belang erweist sich demnach die Beschwerde der Angeklagten E*** als unbegründet.

Beide Nichtigkeitsbeschwerden waren daher zu verwerfen. Aus deren Anlaß hat sich der Oberste Gerichtshof jedoch davon überzeugt, daß der Schuldspruch der Angeklagten Karin E*** und Günther A*** sowie jener des Angeklagten Karl H*** wegen des Vergehens der Fälschung besonders geschützter Urkunden nach §§ 223 Abs. 2, 224 StGB (Punkte C/I und II sowie C/III des Urteilssatzes) aus einem anderen Grund zum Nachteil dieser Angeklagten mit Nichtigkeit nach der Z 10 des § 281 Abs. 1 StPO behaftet ist, ohne daß dies von den betroffenen Angeklagten oder von der Anklagebehörde gerügt worden wäre.

Nach den Urteilsfeststellungen haben Karin E***, Günther A*** und Karl H*** nämlich die betreffenden Urkunden, nachdem sie diese teils allein, teils in wechselndem Beteiligungsverhältnis durch Austausch des Lichtbildes oder durch Veränderung von Namen, Geburtsdaten oder sonstiger Generalien verfälscht hatten, zum Beweis ihrer Identität für die weiteren Betrugsfakten verwendet (vgl. Bd. V/S 337). Benützt aber jemand bei einem Betrug zur Täuschung eine falsche oder verfälschte Urkunde, dann geht die zu diesem Zweck erfolgte Fälschung oder Verfälschung der Urkunde sowie deren nachfolgender Gebrauch in der Qualifikation des § 147 Abs. 1 Z 1 StGB auf (vgl. Kienapfel aaO § 223 Rz. 264 und das dort zitierte Schrifttum); die Strafbarkeit nach § 223 Abs. 1 oder Abs. 2 StGB bleibt in solchen Fällen nur solange erhalten, als der Betrug nicht wenigstens versucht worden ist (vgl. SSt. 50/3 = ÖJZ-LSK 1979/124). Demnach wird das vorangegangene Fälschen oder Verfälschen einer Urkunde durch den selben Täter von der Bestrafung wegen versuchten oder vollendeten Urkundenbetruges miterfaßt, soweit es zu dessen Vorbereitung gedient hat. Inwieweit dies auf die vorliegenden Fälle der Urkundenfälschung zutrifft, welche den Angeklagten E*** und A*** als gemeinschaftlich begangen (C/I/) oder dem Angeklagten A*** (C/II/) und dem Angeklagten H*** (C/III/) jeweils allein angelastet wurden, kann der pauschalen, auf die jeweilige konkrete Tatsituation nicht eingehenden Urteilsbegründung nicht verläßlich entnommen werden. Dies zwingt gemäß § 290 Abs. 1 StPO zur Aufhebung der Schuldsprüche laut Punkt C/ (sowie der die genannten Angeklagten betreffenden Strafaussprüche) und zur Anordnung der Verfahrenserneuerung im Umfang dieser Aufhebung.

Im fortgesetzten Verfahren wird zu prüfen sein, inwiefern die einzelnen Urkundenverfälschungen zur Vorbereitung bestimmter in Aussicht genommener Betrugshandlungen erfolgt sind und die sodann verfälschten Ausweispapiere seitens der an der Verfälschung beteiligten Täter auch tatsächlich die geplante Verwendung gefunden haben. Hiebei wird zu beachten sein, daß teils (Urteilsfakten C/II/1 und III/) eine Zuordnung der verfälschten Urkunden zu bestimmten Betrugshandlungen nach der derzeitigen Aktenlage nicht vorgenommen werden kann, teils (Urkundenfakten C/I/1 und II/2 und 3) durch die Verfahrensergebnisse zwar indiziert ist, daß die Urkunden bei einem Betrug gebraucht werden sollten, möglicherweise aber sodann nicht als Mittel der Täuschung (bei den diversen Konteneröffnungen) eingesetzt worden sind (vgl. Bd. II/S 119, 173, 195). Im Hinblick auf die Kassierung (auch) des Strafausspruches waren die Angeklagten E*** und A*** mit ihren Berufungen auf die getroffene Entscheidung zu verweisen.

Gemäß § 390 a StPO haben die Angeklagten E*** und A*** die Kosten des Verfahrens über ihre Nichtigkeitsbeschwerden zu tragen.

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