OGH 1Ob652/87

OGH1Ob652/8721.10.1987

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schragel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert, Dr. Hofmann, Dr. Schlosser und Dr. Kodek als Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1.) Herbert K***, Kaufmann, Bachmanning, Bachmannsberg 1, 2.) Z*** E*** Gesellschaft mbH, Peuerbach, Bruck 39, beide vertreten durch Dr. Gerhard Wildmoser, Rechtsanwalt in Linz, wider die beklagten Parteien 1.) Dr. Manfred D***, Betriebswirt, Kallham, Lehen 12,

2.) Gerdrud D***, Hausfrau, ebendort, beide vertreten durch Dr. Klaus Dieter Strobach, Rechtsanwalt in Grieskirchen, wegen Räumung infolge Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Kreisgerichtes Wels als Berufungsgerichtes vom 13. April 1987, GZ R 170/87-25, womit infolge Berufung der beklagten Parteien das Urteil des Bezirksgerichtes Peuerbach vom 22. Dezember 1986, GZ C 81/86 -19, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben und die Rechtssache an das Prozeßgericht erster Instanz zur ergänzenden Verhandlung und neuerlichen Entscheidung zurückverwiesen. Die Kosten der Rechtsmittelverfahren sind weitere Prozeßkosten.

Text

Begründung

Am 23. April 1985 schlossen die klagenden Parteien, Josef E*** und Friederike E*** einerseits, Alfred D***, die Verlassenschaft nach Maria D***, die F*** D*** M*** UND Z*** KG und der Erstbeklagte unter Beitritt der Zweitbeklagten andererseits, eine umfassende Vereinbarung, die zur Bereinigung der beiderseitigen Streitigkeiten und vieler anhängiger Verfahren führen sollte. Nach Punkt III Z 3 dieser Vereinbarung verkaufte und übergab die F*** D*** M*** UND Z*** KG die Hälfte ihres 50 %igen Miteigentumsanteiles an der EZ 232 KG Kallham je zur Hälfte an die klagenden Parteien und diese kauften und übernahmen die an sie veräußerten Liegenschaftsanteile in ihr Eigentum. Nach Punkt III Z 5 dieser Vereinbarung verpflichteten sich die F*** D*** M*** UND Z*** KG und der Erstbeklagte, das auf der Ziegeleiliegenschaft (EZ 232 KG Kallham) befindliche Gebäude, in dessen Erdgeschoß das Brüo der F*** D*** M*** UND Z*** KG und in dessen ersten Stock die Wohnung des Dr. Manfred D*** untergebracht ist, zu räumen. Die Räumungsfrist für die Wohnung betrug ein Jahr. Nach Punkt V vereinbarten die klagenden Parteien und die F*** D*** M*** UND Z*** KG die Errichtung einer Kommanditgesellschaft. Die klagenden Parteien und die F*** D*** M*** UND Z*** KG veräußerten und übergaben ihre Miteigentumsanteile an der EZ 232 KG Kallham an die unter der Firma Z*** N***

Gesellschaft mbH & Co KG mit dem Sitz in Neumarkt neu zu errichtende Kommanditgesellschaft. Dafür war ihnen auf ihren Kapitalkonten die entsprechende Gegenleistung gutzuschreiben. Der Gesellschaftsvertrag über die zu gründende N*** Gesellschaft mbH & Co KG wurde am 4. Juli 1985 geschlossen. Das Grundbuchsgesuch um Einverleibung des Eigentumsrechtes der Firma N*** Gesellschaft mbH & Co KG an der EZ 232 KG Kallham langte am 29. August 1986 beim Grundbuchsgericht ein und wurde am 15. Oktober 1986 vollzogen.

Mit der am 19. August 1986 eingebrachten Klage begehren die klagenden Parteien, die Beklagten schuldig zu erkennen, die im Gebäude auf der Ziegeleiliegenschaft EZ 232 KG Kallham im ersten Stock befindliche Wohnung zu räumen. Diese Klage wurde der Zweitbeklagten am 22. August 1986, dem Erstbeklagten am 1. Oktober 1986 zugestellt. Es handle sich um die Wohnung des Geschäftsführers der F*** D*** M*** UND Z*** KG. Mit Vereinbarung vom 23. April 1985, der die Zweitbeklagte beigetreten sei, habe sich der Erstbeklagte gegenüber den klagenden Parteien verpflichtet, diese Wohnung bis spätestens 30. April 1986 zu räumen und geräumt zu übergeben. Bis zu diesem Zeitpunkt habe der Erstbeklagte die Wohnung ohne Rechtstitel benützen können.

Die Beklagten wendeten mangelnde Aktivlegitimation ein, weil die N*** Gesellschaft mbH & Co KG nunmehr bücherliche Eigentümerin der Liegenschaft EZ 232 KG Kallham sei. Die klagenden Parteien hätten die ihnen außerbücherlich gehörigen Liegenschaftsanteile an der EZ 232 KG Kallham in die Kommanditgesellschaft mit allen Rechten und Pflichten eingebracht. Ein Bestandverhältnis zwischen den klagenden Parteien und der Kommanditgesellschaft sei nicht begründet worden, so daß die klagenden Parteien nicht zur Räumungsklage berechtigt seien. Die Vereinbarung sei auch dahin abgeändert worden, daß die Wohnung nur dann zu räumen sei, wenn sie für den Betriebsleiter benötigt werde.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es stellte fest, eine Abänderung der schriftlichen Vereinbarung sei nicht erfolgt. Der während des Verfahrens eingetretene Eigentümerwechsel habe auf den Prozeß keinen Einfluß (§ 234 ZPO).

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten nicht Folge. Es sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes, über den es entschieden habe, S 60.000,--, nicht aber S 300.000,-- übersteige. Die Revision erklärte es für zulässig. Es vertrat die Rechtsansicht, daß durch den Eigentumserwerb der Firma N***

Gesellschaft mbH & Co KG an der EZ 232 KG Kallham eine Veräußerung der streitverfangenen Sache eingetreten sei. Die Beklagten bildeten gemäß § 14 ZPO eine notwendige Streitgenossenschaft. Streitanhängigkeit bei notwendiger Streitgenossenschaft trete mit der Zustellung der Klage an den ersten Streitgenossen ein. Der Eigentümerwechsel sei daher nach § 234 ZPO unbeachtlich.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der Beklagten ist berechtigt.

Die klagenden Parteien stützten ihr Begehren ausdrücklich auf die Vereinbarung vom 23. April 1985, nicht aber auf ihre Stellung als (außerbücherliche) Miteigentümer der Liegenschaft EZ 232 KG Kallham. In ihrer Revisionsbeantwortung stellen die klagenden Parteien nochmals mit aller Deutlichkeit klar, daß Rechtsgrund ihres Begehrens ausschließlich die Vereinbarung vom 23. April 1985 ist. Wird das Begehren aber lediglich auf einen bestimmten Rechtsgrund gestützt, ist das Gericht daran gemäß § 405 ZPO gebunden. Eine Prüfung, ob das Begehren nicht etwa aus einem anderen Rechtsgrund gleichfalls berechtigt wäre, hat nicht stattzufinden (RdW 1986, 271; JBl 1986, 537; SZ 56/94; SZ 52/195 uva). Die Prüfung der Frage, ob und welche Wirkung der Eigentumserwerb der Firma N*** Gesellschaft mbH & Co KG an der EZ 232 KG Kallham nach Zustellung der Räumungsklage an die Zweitbeklagte, aber vor Zustellung an den Erstbeklagten auf die Aktivlegitimation der klagenden Parteien hätte, kann daher unterbleiben.

Was den geltend gemachten vertraglichen Anspruch der klagenden Parteien betrifft, wendeten die Beklagten ein, die klagenden Parteien hätten die ihnen ehemals außerbücherlich gehörende Liegenschaft (bzw. deren Anteile) EZ 232 KG Kallham als Kommanditeinlage in die neu gegründete Firma N***

Gesellschaft mbH & Co KG mit allen Rechten und Pflichten eingebracht (S. 20, 58 d.A.). Darin ist die Behauptung zu erblicken, die klagenden Parteien hätten den ihnen auf Grund der Vereinbarung vom 23. April 1985 zustehenden Räumungsanspruch an die neu errichtete Kommanditgesellschaft zediert. Dies wurde zwar von den klagenden Parteien bestritten, ein Beweisverfahren zu diesem einzig wesentlichen Streitpunkt wurde aber nicht durchgeführt, Feststellungen dazu nicht getroffen.

In dieser Richtung ist das Verfahren mangelhaft geblieben. Die Urteile der Vorinstanzen sind aufzuheben und die Rechtssache zur ergänzenden Verhandlung und neuerlichen Entscheidung an das Prozeßgericht erster Instanz zurückzuverweisen. Sollte der vertragliche Räumungsanspruch der klagenden Parteien noch in ihre Rechtszuständigkeit gefallen sein, wäre die Rechtssache im Sinne der Stattgebung entscheidungsreif, andernfalls würde es den klagenden Parteien, die am 4. Juli 1985 den Gesellschaftsvertrag geschlossen hatten, an der Aktivlegitimation fehlen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf § 52 ZPO.

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