OGH 9ObA34/87

OGH9ObA34/8721.10.1987

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof.Dr.Kuderna als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Gamerith und Dr.Maier sowie die fachkundigen Laienrichter Dr.Harald Foglar-Deinhardstein und Adolf Klement als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Parteien 1.) Rudolf H***, 2.) Johannes Z***, 3.) Egon G***,

  1. 4.) Otto S***, 5.) Johann S***, 6.) Durdica H***,
  2. 7.) Walter E***, 8.) Ursula E***, 9.) Elfriede Z***,
  3. 10.) Otto S***, 11.) Gerhard K***, 12.) Anna S***,
  4. 13.) Herbert F***, 14.) Heinrich S***, 15.) Franz G***,
  5. 16.) Margot S***, 17.) Wilhelmine N***, 18.) Norbert B***, 19.) Walter S***, 20.) Edith M***, sämtliche

    wohnhaft in Vösendorf, Ortsstraße 158, vertreten durch Dr.Gerhard Rieger, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Bozena K***, Hausbesorgerin, Vösendorf, Ortsstraße 158, vertreten durch Dr.Johann Werth, Rechtsanwalt in Wien, wegen Aufkündigung eines Hausbesorgerdienstverhältnisses, infolge Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 27. Februar 1987, GZ. 33 R a 1015/87-12, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeitsgerichtes Wien vom 29. Juli 1986, GZ. 1 Cr 1032/86-6, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben und die Rechtssache wird an das Prozeßgericht erster Instanz zur Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Die Kläger machten in ihrer "Kündigung eines Hausbesorgerdienstverhältnisses mit Dienstwohnung" näher konkretisierte Kündigungsgründe im Sinne des § 18 Abs 6 lit c und d HBG geltend und brachten vor, daß sie das Dienstverhältnis zur Beklagten als Hausbesorgerin des Hauses Vösendorf, Ortsstraße 158, unter Einhaltung einer dreimonatigen Kündigungsfrist auf den 30.9.1986 gerichtlich aufkündigen ("Dienstverhältnis samt Dienstwohnung"). Sie beantragten, "der Kündigungsgegnerin mit Beschluß aufzutragen, ihre Dienstwohnung im Haus Vösendorf, Ortsstraße 158, Stiege 1, Tür 1, samt Zubehör binnen 14 Tagen nach dem 30.9.1986 den kündigenden Parteien zu übergeben oder gegen diese Kündigung binnen 14 Tagen nach Zustellung des Beschlusses Einwendungen anzubringen."

Gegen die vom Erstgericht bewilligte Aufkündigung erhob die Beklagte fristgerecht Einwendungen, in denen sie die behaupteten Kündigungsgründe bestritt und die Aufkündigung als formal verfehlt beanstandete, weil in dem darin beantragten Beschluß der Antrag fehle, daß vorerst die Kündigung für rechtswirksam erklärt werde. Die Beklagte beantragte, die gerichtliche Kündigung des Hausbesorgerdienstverhältnisses für rechtsunwirksam zu erklären und das Klagebegehren abzuweisen.

In der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 29.7.1986 ergänzten die Kläger ihr Begehren dahin, daß mit Beschluß auch festgestellt werde, daß die Aufkündigung des Hausbesorgerdienstverhältnisses im Haus Vösendorf, Ortsstraße 158, zwischen der kündigenden Partei und der aufgekündigten Partei mit Wirkung für 30.9.1986 für rechtswirksam erklärt werde. Die Beklagte sprach sich gegen diese unzulässige "Klageänderung" aus.

Das Erstgericht hob die Aufkündigung mit Urteil auf und wies das Klagebegehren, die Beklagte sei schuldig, den Klägern die Dienstwohnung Tür Nr.1, Stiege Nr.1 im Haus Vösendorf, Ortsstraße 158, binnen 14 Tagen nach dem 30.6.1986 zu übergeben ohne Beweisaufnahme ab. Es vertrat unter Hinweis auf § 22 Abs 1 HBG die Rechtsauffassung, daß eine Aufkündigung der Dienstwohnung ohne Auflösung des Dienstverhältnisses nicht möglich sei. Das Vorbringen der Kläger sei im Hinblick auf den gesondert formulierten und beantragten Beschluß unschlüssig. Das ergänzend erhobene Feststellungsbegehren sei eine unzulässige Klageänderung im Sinne des § 235 ZPO, weil damit eine Verzögerung und Erschwerung der Verhandlung verbunden gewesen wäre.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung, indem es den im erstgerichtlichen Urteil enthaltenen Beschluß auf Ergänzung des Urteilsantrages mit der Maßgabe bestätigte, daß die Ergänzung des Urteilsantrages als unzulässige Klageänderung nicht zugelassen werde und im übrigen der Berufung nicht Folge gab. Es sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes, über den es entschieden habe, S 30.000,-- übersteige. Auch das Berufungsgericht vertrat die Rechtsauffassung, daß der von den Klägern gestellte Sachantrag nur die Aufkündigung der von der Beklagten benützten Dienstwohnung umfaßt habe und ausschließlich auf Räumung gerichtet gewesen sei. Eine Ergänzung des Sachantrages um den Ausspruch der Aufkündigung des Hausbesorgerdienstverhältnisses sei nach der Bewilligung der Kündigung durch das Gericht wegen der Formgebundenheit der Aufkündigung, der Dringlichkeit des Kündigungsverfahrens und der Überschreitung der dreimonatigen Kündigungsfrist nicht mehr zulässig. Die von den Klägern auf die Dienstwohnung beschränkte Kündigung erweise sich als nicht gerechtfertigt.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die aus dem Grunde der unrichtigen rechtlichen Beurteilung erhobene Revision der Kläger mit dem Antrag, das angefochtene Urteil aufzuheben und den Untergerichten eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufzutragen.

Die Beklagte beantragte in ihrer Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist berechtigt.

Wurde dem Hausbesorger eine Dienstwohnung gemäß § 13 Abs 1 HBG eingeräumt, hat die nach § 18 HBG mögliche Kündigung des Dienstverhältnisses durch den Hauseigentümer gerichtlich zu erfolgen (§ 22 Abs 1 HBG). Hiebei sind die Bestimmungen der §§ 562 bis 564 und 567 bis 575 ZPO über das Verfahren bei Streitigkeiten aus Bestandverträgen sinngemäß anzuwenden (vgl. dazu Arb.9513). Den Vorinstanzen ist daher insoweit beizupflichten, daß diese zwingenden Kündigungsbestimmungen eine Aufkündigung des Dienstverhältnisses voraussetzen und die Übergabe der Dienstwohnung nur eine Folge der Beendigung des Dienstverhältnisses sein kann (Arb.10.243). Die bloße Aufkündigung einer Hausbesorgerdienstwohnung ohne gleichzeitige Auflösung des Dienstverhältnisses ist rechtlich nicht zulässig. Ein solches Vorgehen ist aber der Aufkündigung der Kläger entgegen der Ansicht der Vorinstanzen nicht zu entnehmen.

Nach § 562 Abs 1 ZPO hat die mittels Schriftsatzes erhobene gerichtliche Aufkündigung die Bezeichnung des Bestandgegenstandes, die Angabe des Zeitpunktes in welchem der Bestandvertrag endigen soll und den Antrag zu enthalten, den Bestandgegenstand zur bestimmten Zeit zu übergeben oder gegen die Aufkündigung Einwendungen bei Gericht anzubringen. In sinngemäßer Anwendung dieser Vorschrift hat daher die Aufkündigung eines Dienstverhältnisses als Hausbesorger - neben der Anführung der Kündigungsgründe (§ 22 Abs 1 HBG) - die Bezeichnung des Dienstverhältnisses, die Angabe des Zeitpunktes, in welchem der Dienstvertrag endigen soll und den die Dienstwohnung näher zu beschreibenden Beschlußantrag zu enthalten (Fasching, Komm. IV, 624 ff; § 562 Anm.3,4, 645 ff). Alle diese Voraussetzungen haben die Kläger mit ihrer Aufkündigung erfüllt. Sie kündigten weder die Dienstwohnung allein auf noch verwiesen sie auf eine allfällige außergerichtliche Kündigung des Dienstverhältnisses (vgl. Arb.10.242). Sie kündigten der Beklagten vielmehr ausdrücklich das Dienstverhältnis als Hausbesorgerin, machten Kündigungsgründe geltend und beantragten die Erlassung eines die Dienstwohnung näher beschreibenden Übergabsauftrages. Damit wurde das Übergabsobjekt entgegen der Ansicht der Beklagten hinreichend bezeichnet. Eines weiteren Sachantrages, daß die Aufkündigung des Hausbesorgerdienstverhältnisses für rechtswirksam erklärt werde, bedurfte es in der Aufkündigung schon deshalb nicht, da die Aufkündigung ungeachtet ihrer Einordnung als prozeßeinleitender Parteienantrag eine einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung der Kläger ist, einen auf unbestimmte Zeit geschlossenen Vertrag zu einem gesetzlich bestimmten Zeitpunkt unter Einhaltung der gesetzlich festgelegten Kündigungsfrist aufzulösen (Fasching, Komm.a.a.O, 629; ZPR Rz 2140). Die Mitwirkung des Gerichtes beschränkte sich in diesem Stadium des Verfahrens darauf, die gerichtliche Aufkündigung zuzustellen und der Beklagten aufzutragen, der Aufkündigung bei Exekution rechtzeitig Folge zu leisten oder dagegen Einwendungen zu erheben (§ 564 Abs 1 ZPO; Fasching, Komm.a.a.O. 658). Der Ausspruch, daß die Kündigung als wirksam erkannt oder aufgehoben wird, ist erst notwendiger Bestandteil des die Einwendungen erledigenden Urteils nach § 572 ZPO (Fasching a. a.O. Komm.684; ZPR Rz 2153).

Aus diesen Erwägungen sind die Entscheidungen der Vorinstanzen aufzuheben. Da es bereits das Erstgericht aus verfehlter Rechtsansicht unterließ, Feststellungen über die behaupteten Kündigungsgründe zu treffen, und es daher noch einer Verhandlung in erster Instanz bedarf, um die Rechtssache spruchreif zu machen, ist diese an das nunmehr zuständige Arbeits- und Sozialgericht Wien zurückzuverweisen, Dieses wird auch die Kläger im Sinne des § 75 Z 1 ZPO aufzufordern haben, ihre Beschäftigung anzugeben. Die Kostenentscheidung ist in § 52 ZPO begründet.

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