OGH 10ObS104/87

OGH10ObS104/8720.10.1987

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Resch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag. Engelmaier und Dr. Kellner sowie durch die fachkundigen Laienrichter Dr. Franz Köck und Karl Siegfried Pratscher als Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Friederike P***, Pensionistin, 9210 Pörtschach,

Ebenfeld Nr. 8, vertreten durch Dr. Wolfgang Gewolf, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wider die beklagte Partei P***

D*** A***, 1092 Wien, Rossauer Lände 3 (Landesstelle Graz, 8021 Graz, Bahnhofgürtel 79), diese vor dem Obersten Gerichtshof nicht vertreten, wegen Höhe der Alterspension, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 17. Juni 1987, GZ 8 Rs 1046/87-41, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Schiedsgerichtes der Sozialversicherung für Kärnten in Klagenfurt vom 12. Dezember 1985, GZ 8 C 134/85-11 (nunmehr 34 Cgs 139/87 des Landesgerichtes Klagenfurt als Arbeits- und Sozialgericht), bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die am 8. Juli 1921 geborene Klägerin weist an Pflichtversicherungs- und Ersatzzeiten nach dem ASVG und dem BSVG insgesamt 480 Versicherungsmonate auf. Sie stellte am 30. Oktober 1984 den Antrag auf Gewährung der Alterspension. Mit Bescheid vom 20. Februar 1985 anerkannte die beklagte Partei den Anspruch auf Alterspension und setzte diese ab 1. November 1984 mit monatlich S 7.472,80 und ab 1. Jänner 1985 mit monatlich S 7.719,40 fest. Ausgehend von einem Stichtag 1. November 1984 zog die beklagte Partei bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage die Beitragsgrundlagen der Jahre 1979 bis 1983 heran.

Die Klägerin begehrt, die beklagte Partei schuldig zu erkennen, die Pension auch unter Berücksichtigung der Beitragsgrundlagen vom 1. Jänner 1984 bis 31. Oktober 1984 zu bezahlen.

Die beklagte Partei bestritt das Klagebegehren unter Hinweis auf die Bestimmung des § 238 Abs. 2 ASVG.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es begründete seine Entscheidung rechtlich damit, daß für die Ermittlung der Bemessungszeit nach § 238 Abs. 2 ASVG zum Stichtag 1. November 1984 die letzten 60 anrechenbaren Versicherungsmonate aus allen Zweigen der Pensionsversicherung in Betracht gekommen seien, welche vor dem Kalenderjahr liegen, in welches der Bemessungszeitpunkt falle. Es seien daher nur die Beitragsgrundlagen aus den Jahren 1979 bis 1983, nicht aber auch jene aus dem Jahr 1984 für die Bemessungsgrundlage heranzuziehen.

Das Berufungsgericht gab der von der Klägerin aus den Berufungsgründen der Mangelhaftigkeit des Verfahrens und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung erhobenen Berufung keine Folge. Die Klägerin habe in den Berufungsausführungen nur geltend gemacht, sie habe den Pensionsantrag nur deshalb gestellt, weil ihr von der beklagten Partei verbindlich die Auskunft erteilt worden sei, daß für die Ermittlung der Bemessungsgrundlage die letzten 60 Versicherungsmonate vor dem 1. November 1984 herangezogen würden. Dies habe sie auch der ihr ausgehändigten Broschüre "Die Pensionsberechnung" entnehmen müssen. Da die anwaltlich vertretene Klägerin ein solches Vorbringen im erstinstanzlichen Verfahren nicht erstattet habe, seien die Berufungsausführungen als Neuerungen anzusehen und daher gemäß § 482 ZPO unzulässig. Nur als obiter dictum wies das Berufungsgericht darauf hin, daß auch die mit der Berufung vorgelegte Broschüre "Die Pensionsberechnung" den Hinweis enthalte: "Für die Ermittlung der Bemessungsgrundlage sind jedoch nur anrechenbare Versicherungsmonate bis spätestens Dezember des Kalenderjahres heranzuziehen, das vor dem 1. Jänner des Jahres liegt, in das der Stichtag fällt (vor dem 1. Jänner des Stichtagjahres)". Die Klägerin könne sich daher auch nicht auf Rechtsunkenntnis und Rechtsirrtum berufen, weil schon aus der Broschüre bei gehöriger Aufmerksamkeit erkennbar gewesen sei, daß nur die Beitragsgrundlagen bis Ende 1983 herangezogen werden konnten.

Rechtliche Beurteilung

In ihrer wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobenen Revision wiederholt die Klägerin nur (noch etwas ausführlicher) ihr in der Berufung erstmals erhobenes Sachvorbringen und begehrt die Abänderung des Berufungsurteiles im Sinne einer Klagestattgebung. Im Rechtsmittelverfahren in Sozialrechtssachen nach dem ASGG gilt ebenso wie nach den bis zum 31. Dezember 1986 in Geltung gestandenen Vorschriften schon im Berufungsverfahren ausnahmslos das Neuerungsverbot des § 482 Abs. 2 ZPO auch in der Revisionsinstanz können neues Tatsachenvorbringen und neue Einreden rechtlicher Natur nicht mehr vorgebracht werden, wenn die sie begründeten Tatsachen im Verfahren vor dem Erstgericht nicht erörtert wurden (Fasching in Tomandl System 3. ErgLfg. 728/23, Kuderna, ASGG 451). Da das Berufungsgericht ohnedies von der Unzulässigkeit des neuen Vorbringens ausgegangen ist, stellt der bloße Hinweis, daß auch aus der erst mit der Berufung vorgelegten Broschüre für die Klägerin nichts zu gewinnen wäre, nur ein unbeachtliches obiter dictum dar. Der Revision muß daher ein Erfolg versagt bleiben.

Ein Kostenersatzanspruch der zur Gänze unterlegenen Klägerin nach Billigkeit gemäß § 77 Abs. 1 Z 2 lit. b ASGG kommt schon deshalb nicht in Frage, weil sie im Hinblick auf die ihr bewilligte Verfahrenshilfe Kosten für eine Vertretung nicht zu tragen hat (vgl. Kuderna ASGG 413).

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