Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Peter F*** von der Anklage, er habe "Ende 1983" (ersichtlich gemeint: bei der Abgabe der Umsatzsteuererklärung für das Jahr 1983) in Paternion vorsätzlich unter Verletzung seiner abgabenrechtlichen Offenlegungs- und Wahrheitspflicht durch die Nichterklärung von Betriebseinnahmen eine Verkürzung bescheidmäßig festzusetzender Abgaben, und zwar der von ihm zu entrichtenden Umsatzsteuer, um 1,650.274 S bewirkt und hiedurch das (Finanz-) Vergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 FinStrG begangen, "gemäß § 214 Abs 2 FinStrG" (der Sache nach indessen: gemäß § 259 Z 3 StPO) freigesprochen. Nach den hier wesentlichen Urteilsfeststellungen gab der Angeklagte in seiner Umsatzsteuererklärung für das Jahr 1983 vereinnahmte Entgelte für von ihm erbrachte Bauleistungen im Gesamtbetrag von 9,168.188,63 S nicht an, sodaß die von ihm zu entrichtende Umsatzsteuer zu niedrig festgesetzt und dadurch um 1,650.273,95 S verkürzt wurde; darüber erstattete er vor dem Beginn einer bei ihm durchgeführten Betriebsprüfung Selbstanzeige (§ 29 FinStrG). Der Verkürzungsbetrag wurde mit (unbekämpft gebliebenem) Bescheid vom 19.Dezember (S 6, 7/8 d.A; im Urteil unrichtig: "19.2.") 1986 nachgefordert und am 2.Februar 1987 fällig, jedoch bis dahin nicht entrichtet; auch ein Ansuchen um Zahlungserleichterung brachte der Angeklagte beim Finanzamt nicht ein. Wohl aber hatte er schon am 12.Dezember 1986 beim Landesgericht Klagenfurt zum AZ 5 Sa 23/86 die Eröffnung des Ausgleichsverfahrens beantragt, die noch am selben Tag bewilligt worden war; der (am 19. Februar 1987 angenommene) Ausgleich wurde mit Beschluß vom 23. März 1987 bestätigt. In jenem Verfahren hat die Finanzprokuratur eine Steuerforderung in der Höhe von 4,487.931 S angemeldet, die auch den in Rede stehenden Nachforderungsbetrag enthielt, und dem Ausgleich zugestimmt; die bis zur Urteilsverkündung in erster Instanz allein fällig gewordene erste Rate auf die zu entrichtende 40 %ige Quote wurde vom Angeklagten fristgerecht bezahlt.
Rechtliche Beurteilung
Bei dieser Sachlage nahm das Schöffengericht an, daß dessen Ausgleichsantrag "einem Antrag auf Zahlungserleichterung gleichzustellen" sei; demzufolge billigte es ihm im Hinblick auf die bis zum Urteilszeitpunkt fristgerechte Erfüllung des Ausgleichs nach § 29 Abs (1 und) 2 FinStrG Straffreiheit zu. Bei anderer Rechtsansicht aber, so vermeinte es, komme ihm in bezug auf die Unterlassung eines Ansuchens um Zahlungserleichterung jedenfalls ein (im Hinblick auf die Eröffnung des Ausgleichsverfahrens noch vor der Fälligkeit der Abgabennachforderung) entschuldbarer Irrtum im Sinn des § 9 FinStrG zustatten. Außerdem wies es darauf hin, daß der Angeklagte den Nachforderungsbetrag bei dessen Fälligkeit wegen der (schon dem Bescheid) vorausgegangenen Ausgleichseröffnung nicht mehr zur Gänze hätte bezahlen dürfen, weil er sich ansonsten der Begünstigung eines Gläubigers (§ 158 Abs 1 StGB) schuldig gemacht hätte.
Der auf § 281 Abs 1 Z 9 lit b StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft gegen diesen Freispruch kommt keine Berechtigung zu.
Nach § 29 Abs 1 FinStrG wird der Täter eines Finanzvergehens insoweit straffrei, als er über seine Verfehlung Selbstanzeige erstattet. War jedoch mit der betreffenden Verfehlung eine Abgabenverkürzung (oder ein sonstiger Einnahmenausfall) verbunden, dann tritt nach Abs 2 dieser (mit § 167 StGB nicht deckungsgleichen privilegierenden Ausnahme-) Bestimmung die Straffreiheit nur insoweit ein, als der Behörde ohne Verzug die für die Feststellung der Verkürzung (oder des Ausfalls) bedeutsamen Umstände offengelegt und die sich daraus ergebenden Beträge, die der Anzeiger schuldet (oder für die er zur Haftung herangezogen werden kann), den Abgaben(oder Monopol-) Vorschriften entsprechend entrichtet werden; wenn für die Entrichtung Zahlungserleichterungen gewährt werden, dann darf der Zahlungsaufschub zwei Jahre nicht überschreiten. In bezug auf die vollstreckbar gewordene Abgabenschuldigkeit dürfen gemäß § 230 Abs 3 BAO bis zur Erledigung eines Ansuchens um Zahlungserleichterung (§ 212 Abs 1 BAO) selbst nach dem Ablauf der Zahlungsfrist Einbringungsmaßnahmen auch dann nicht eingeleitet (oder fortgesetzt) werden, wenn das betreffende Ansuchen spätestens eine Woche vor dem Fristablauf eingebracht wird; ist es später eingebracht worden, dann kann ihm die Abgabenbehörde aufschiebende Wirkung zuerkennen (§ 230 Abs 4 BAO). Auch bei einer solcherart - kraft Gesetzes oder kraft einer (vor dem Ablauf der Zahlungsfrist ergangenen) behördlichen Anordnung - eingetretenen Vollstreckungssperre (bis zur Erledigung eines Ansuchens um Zahlungserleichterung) handelt es sich um einen "Zahlungsaufschub" im Sinn des § 29 Abs 2 FinStrG (vgl VwGH v 27.9.1984, Zl 83/15/0137; Fellner § 29 RN 19; Sommergruber IV 166), dessen Inanspruchnahme der Annahme einer "den Abgabenvorschriften entsprechenden Entrichtung" des geschuldeten Abgabenbetrages nicht entgegensteht.
Gleiches gilt für die Inanspruchnahme einer von der Abgabenbehörde bewilligten Nachsicht einer fälligen Abgabenschuld (§ 136 BAO), durch die der sich aus der Selbstanzeige ergebende "Betrag, den der Anzeiger schuldet" (oder für den er zur Haftung herangezogen werden kann), reduziert wird, sodaß zur Erlangung der Straffreiheit eine (durchwegs) den Abgabenvorschriften (einschließlich eines darnach eingeräumten Zahlungsaufschubs) entsprechende Entrichtung dieses Betrages genügt.
Gesetzliche Vorschriften, wodurch gewisse Sachen und Forderungen der Vollstreckung wegen Geldforderungen ganz entzogen oder derlei Vollstreckungsmaßnahmen in Ansehung solcher Sachen, Rechte und Forderungen nur in bestimmten Grenzen und unter bestimmten Beschränkungen zugelassen werden, gelten nach § 8 Abs 2 AbgEO auch für das finanzbehördliche Vollstreckungsverfahren. Zu jenen Vorschriften gehört § 10 Abs 1 AO, wonach ab der Eröffnung des Ausgleichsverfahrens an den dem Schuldner gehörigen Sachen ein exekutives Pfand- oder Befriedigungsrecht nicht erworben werden kann; diese Vollstreckungssperre betrifft nach § 23 Abs 1 Z 2 AO (in der Fassung nach dem IRÄG) auch Steuern (gleichwie Sozialversicherungsbeiträge), wenn und soweit der die Abgabepflicht auslösende Sachverhalt schon vor der Eröffnung des Ausgleichsverfahrens verwirklicht wurde.
§ 10 Abs 1 AO zählt mithin zu jenen "Abgabenvorschriften" im Sinn des § 29 Abs 2 FinStrG, deren Beachtung bei der zur Erlangung der Straffreiheit erforderlichen Entrichtung einer Abgabenschuld einerseits notwendig, anderseits aber auch ausreichend ist; die Inanspruchnahme der damit angeordneten Vollstreckungssperre in Ansehung der Einbringung einer derartigen Abgabenschuld liegt dementsprechend ebenso im Rahmen einer "den Abgabenvorschriften entsprechenden Entrichtung" des geschuldeten Abgabenbetrages wie das Ausnützen einer Vollstreckungssperre nach § 230 Abs 3 oder (bei Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung noch vor dem Ablauf der Zahlungsfrist) Abs 4 BAO.
Gleichermaßen steht die Inanspruchnahme der schuldbefreienden Wirkung einer rechtskräftigen Ausgleichsbestätigung (§ 53 AO) in bezug auf nicht bevorrechtete Steuern (gleichwie Sozialversicherungsbeiträge), durch die der sich aus der Selbstanzeige ergebende "Betrag, den der Anzeiger schuldet" (oder für den er zur Haftung herangezogen werden kann), unabhängig vom Stimmverhalten des Trägers der Abgabenhoheit im Ausgleichsverfahren (nach Maßgabe des Ausgleichs) reduziert wird, der Annahme, daß die (den Abgabenvorschriften entsprechende) Entrichtung dieses Betrages zur Erlangung der Straffreiheit genügt, ebensowenig entgegen wie das Ausnützen einer Abgabennachsicht nach § 236 BAO.
Mehr als eine nach der Selbstanzeige (stets) den Abgabenvorschriften entsprechende Entrichtung des von ihm (jeweils) geschuldeten Abgabenbetrages wird demnach vom Täter eines Finanzvergehens zur Erwirkung der Strafaufhebung nach § 29 Abs 2 FinStrG nicht verlangt; die - durch das IRÄG, BGBl 1982/370, gezielt verstärkte (vgl hiezu den JAB, 1147 dBeil XV. GP 6 f.) - Prävalenz der Rechtswirkungen eines Ausgleichs vor hoheitsrechtlichen Maßnahmen der Abgabenbehörde ist dabei eine vom Gesetzgeber gewollte Konsequenz der Gleichbehandlung nicht bevorrechteter öffentlich-rechtlicher mit zivilrechtlichen Forderungen gegen den Ausgleichsschuldner.
Daraus ergibt sich für den vorliegenden Fall, daß der Angeklagte bis zur Urteilsfällung in erster Instanz der ihm nach § 29 Abs 2 FinStrG oblegenen Pflicht zu einer den Abgabenvorschriften entsprechenden Entrichtung des von ihm jeweils geschuldeten Abgabenbetrages, der sich aus seiner Selbstanzeige ergeben hatte und in Ansehung dessen der seine Abgabenpflicht auslösende Sachverhalt schon vor der Eröffnung des Ausgleichsverfahrens verwirklicht worden war, durchwegs entsprochen hatte, sodaß ihm im Ergebnis zu Recht Straffreiheit zugebilligt wurde.
Diese resultiert allerdings, wie zur Klarstellung (nochmals) vermerkt sei, nicht etwa aus einer (vom Erstgericht angenommenen) "Gleichstellung" des Ausgleichsantrags mit einem Ansuchen um Zahlungserleichterung, also aus einer analogen Anwendung des § 230 Abs 3 BAO, die im Hinblick auf das (teleologische) Gebot, § 29 FinStrG als Ausnahmebestimmung strikt zu interpretieren (vgl RZ 1986/53, 1985/88 ua), nicht zulässig wäre, sondern vielmehr aus der durch die Ausgleichseröffnung erwirkten Vollstreckungssperre (§ 8 Abs 2 AbgEO iVm § 10 Abs 1 AO) und aus den Rechtswirkungen der späteren Ausgleichsbestätigung (nach den die Höhe und die Fälligkeit der Abgabenschuld betreffenden Vorschriften der §§ 23 Abs 1 Z 2, 53 AO).
Die Nichtigkeitsbeschwerde der Anklagebehörde war demnach zu verwerfen, ohne daß es einer Erörterung der damit vorgebrachten Einwände gegen die übrigen Argumente des Schöffengerichts bedarf.
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