Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390 a StPO. fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Siegfried A*** wurde der Finanzvergehen der teils vollendeten, teils versuchten Abgabenhinterziehung nach §§ 33 Abs 1, 13 FinStrG. (I) und der vollendeten Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 2 lit a FinStrG. (II) schuldig erkannt. Inhaltlich des Schuldspruchs hat er als faktischer Leiter des Unternehmens seiner Gattin Gertrude A*** und für die Buchhaltung Verantwortlicher I. unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Offenlegungs- und Wahrheitspflicht, nämlich durch Abgabe unrichtiger Umsatz-, Einkommen- und Gewerbesteuererklärungen, insbesonders dadurch, daß er 69 % bis 90 % der erzielten Umsätze nicht verbuchte und vorhandene Warenbestände mit überhöhten Werten auswies, um ein unglaubwürdiges Betriebsergebnis zu vermeiden, eine Verkürzung der Umsatzsteuer, Einkommensteuer und Gewerbesteuer für die Jahre 1976 bis 1979 um insgesamt 2,271.822 S bewirkt und für das Jahr 1980 um einen Gesamtbetrag von 291.343 S zu bewirken versucht; II. im Jahr 1981 unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 des Umsatzsteuergesetzes 1972 entsprechenden Voranmeldungen, nämlich durch die Abgabe solcher unrichtigen Inhalts, eine Verkürzung von Vorauszahlungen an Umsatzsteuer für die Monate Jänner bis Dezember 1981 im Gesamtbetrag von 975.659 S bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiß gehalten.
Siegfried A*** bekämpft diese Schuldsprüche mit einer auf § 281 Abs 1 Z. 4, 5 und 9 lit a StPO. gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.
Rechtliche Beurteilung
Entgegen der Verfahrensrüge hat der Angeklagte in der Hauptverhandlung am 17.Februar 1987 keinen Beweisantrag gestellt, sodaß die prozeßordnungsmäßige Grundlage für die Geltendmachung der behaupteten Beeinträchtigung von Verteidigungsrechten fehlt. Die Verlesung des vom Verteidiger am 12.Februar 1987 eingebrachten Beweisantrags in dieser Hauptverhandlung diente dem Vorhalt darin aufgestellter und vom Angeklagten nicht aufrecht erhaltener Behauptungen, ohne daß hiebei eine antragstellende Willensbekundung zum Ausdruck kam (S. 214), weshalb darin ein erledigungsbedürftiges Beweisbegehren nicht zu erblicken war (siehe SSt. 30/29). Aus dem Umstand, daß das Schöffengericht dennoch ein ablehnendes Zwischenerkenntnis über die "gestellten Beweisanträge" gefällt hat, vermag der Angeklagte mangels gehöriger Antragstellung keine Beschwerdelegitimation abzuleiten.
Begründungsmängel liegen nicht vor, weil es unzutreffend ist, daß das Erstgericht die Erfüllung der inneren Tatseite aus den rechtskräftigen Bescheiden über die Abgabenfestsetzung gefolgert habe. Insoweit wurde nämlich in Wahrheit als Feststellungsgrundlage die Verantwortung des Angeklagten herangezogen, von welchem die Abgabe bewußt unrichtiger Steuererklärungen eingeräumt worden ist. Mit der Beschwerdebehauptung, daß das Geständnis "lediglich hinsichtlich eines Betrages von ungefähr 50.000 S" abgelegt worden sei, werden die Verantwortungen vor der Finanzstrafbehörde erster Instanz (Niederschrift vom 19.November 1982) und vor Gericht (S. 215) zur Gänze übergangen, weshalb der daran geknüpfte Einwand in den Verfahrensergebnissen keine Deckung findet. Daß die Tatsacheninstanz schließlich die Höhe der Steuerschulden den Feststellungsbescheiden der Abgabenbehörde entnommen und dies mit einer Bindung des Gerichts an derartige Bescheide begründet hat, entspricht einer ständigen strafgerichtlichen Judikatur (Dorazil-Harbich-Reichel-Kropfitsch, Komm., § 55 FinStrG. E. 3, 4, 11, 12, 13, 14, 15).
Soweit der Beschwerdeführer in der Rechtsrüge darzulegen sucht, daß dieser Rechtsprechung zuwider die endgültige Abgabenfestsetzung keine Bindungswirkung entfalten könne, sondern vielmehr einer strafgerichtlichen Überprüfung unterliege, macht er inhaltlich abermals einen Begründungsmangel (Z. 5) geltend, jedoch sind die Einwände nicht zielführend.
Aus dem Umstand, daß das Gericht im Finanzstrafverfahren vom Bestehen einer bescheidmäßig rechtskräftig festgestellten Abgabenschuld dem Grunde und der Höhe nach als Tatsache auszugehen hat, ergeben sich nämlich keineswegs die im Beschwerdevorbringen unterstellten Prämissen; denn damit wird weder ein Ausspruch über die strafrechtliche Schuld vorweggenommen oder eine solche indirekt unterstellt noch ein in der Rechtsordnung vorgesehenes Verteidigungsmittel eines Angeklagten gegen den Vorwurf strafbaren Handelns abgeschnitten. Von einer mit dem verfassungsgesetzlichen Grundrecht der Gleichheit vor dem Gesetz oder der sogenannten Schuldlosigkeitsvermutung nach Art. 6 § 2 MRK. unvereinbaren Gesetzesauslegung kann also keine Rede sein. Ebensowenig ist die Bezugnahme des Beschwerdeführers auf andere Regelungen des Art. 6 MRK. zielführend, weil diese Norm der Annahme einer gerichtlichen Bindung an Bescheide von Verwaltungsbehörden nicht entgegensteht (siehe EvBl 1983/76).
Die Nichtigkeitsbeschwerde blieb daher erfolglos.
Dieses Schicksal teilt auch die Berufung des Angeklagten, mit der er eine Herabsetzung der Strafe anstrebt (das begehrte "Mindestmaß" ist laut § 33 Abs 5 FinStrG., der keine Untergrenze der Geldstrafe vorsieht, die Größe Null).
Das Schöffengericht verhängte über Siegfried A*** nach § 33 Abs 5 FinStrG. unter Anwendung des § 21 Abs 1 und 2 FinStrG. (Realkonkurrenz) sowie unter Bedachtnahme auf die Strafverfügung vom 31. Jänner 1984 des Finanzamts für den 2./20.Bezirk, Zl. 240/83 (9.000 S Geldstrafe), eine Zusatzgeldstrafe in der Höhe von 700.000 S, im Fall der Uneinbringlichkeit vier Monate Ersatzfreiheitsstrafe. Die Bezugnahme in Spruch und Gründen des angefochtenen Urteils auf §§ 31, 40 StGB. ist grundsätzlich verfehlt, weil für die Verhängung von Zusatzstrafen im Bereich der Finanzvergehen die Sondervorschriften des § 21 Abs 3 und 4 FinStrG. gelten; sie ergeben sich folgerichtig aus dem Kumulierungsgrundsatz des § 22 Abs 1 FinStrG. Im übrigen zeigt schon der Wortlaut des § 21 Abs 4 FinStrG. (Bedachtnahme des Gerichts auf Verwaltungsstrafen) die Unanwendbarkeit der §§ 31, 40 StGB. im Finanzstrafrecht mit nicht übersehbarer, indes vom Landesgericht dennoch unbeachteter, Deutlichkeit.
Erschwerend wurde nichts, mildernd hingegen wurden der bisherige untadelige Wandel des Angeklagten, sein Geständnis sowie der Umstand, daß das Finanzvergehen teilweise beim Versuch geblieben ist, gewertet.
Entgegen der Meinung des Berufungswerbers hat das Schöffengericht die Milderungsgründe keineswegs zu gering bewertet, sondern eine der Schuld des Täters angemessene Strafe verhängt (§ 23 FinStrG.). Die Frage der Einbringlichkeit der Geldstrafe hat auf das Ausmaß der Schuld des Täters keinen Einfluß und ist daher zu Recht nicht als mildernd angenommen worden.
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