Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Das Urteil des Berufungsgerichtes wird dahin abgeändert, daß das Urteil des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.
Die klagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien binnen 14 Tagen die mit S 5.017,39 bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens (darin S 452,67 Umsatzsteuer und S 38,-- Barauslagen) und die mit S 4.491,12 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 271,92 Umsatzsteuer und S 1.500,-- Barauslagen) zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger behauptet, er sei mit der Erstbeklagten seit dem Jahr 1977 befreundet gewesen und habe ihr und ihrem Kind, der zweitbeklagten Partei, unentgeltlich und prekaristisch die Benützung eines Reihenhauses gestattet, an dem ihm das Nutzungsrecht zustehe. Wegen eines Zerwürfnisses habe er die beklagten Parteien aufgefordert, das Reihenhaus zu räumen. Er begehrt die Räumung. Die beklagten Parteien beantragten die Abweisung des Klagebegehrens und wendeten ein, zwischen dem Kläger und der Erstbeklagten sei konkludent eine Erwerbsgesellschaft bürgerlichen Rechts zustandegekommen. Alle Aufwendungen für das Haus seien aus den Erträgen der Gesellschaft zu bezahlen und auch bezahlt worden. Es habe eine gemeinsame Wirtschaftsführung stattgefunden und es seien von der Erstbeklagten Arbeitsleistungen erbracht und Investitionen finanziert worden. Es liege daher kein Prekarium vor. Die zweitbeklagte Partei leite ihr Benützungsrecht von der erstbeklagten Partei ab.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.
Das Berufungsgericht änderte das Urteil des Erstgerichtes im Sinne der Klage ab und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes S 300.000,-- übersteigt.
Die Vorinstanzen gingen im wesentlichen von folgenden Tatsachenfeststellungen aus:
Der Kläger ist seit 1974 Nutzungsberechtigter des strittigen Reihenhauses in Wien. Für die Anschaffung war ein Betrag von S 200.000,-- erforderlich.
Im Jahr 1977 lernte er die Erstbeklagte kennen und nahm mit ihr im Sommer 1977 eine Lebensgemeinschaft auf. Die Erstbeklagte hatte zuvor mit ihrer Tochter der zweitbeklagten Partei, eine Genossenschaftswohnung in Klosterneuburg bewohnt. Aus dem Verkauf dieser Wohnung erzielte die Erstbeklagte im Jahre 1978 S 277.000,--, davon borgte sie dem Kläger zum Ankauf eines neuen Autos für sein Geschäft S 120.000,--. Weitere S 150.000,-- übergab sie ihm zu Weihnachten 1978 zur Bezahlung offener Rechnungen. Vereinbarungen über die Rückzahlung dieser Beträge wurden nicht getroffen und Rückzahlungen nicht vorgenommen. Für die Einrichtung des Reihenhauses kamen Kläger und Erstbeklagte gemeinsam auf. Die Erstbeklagte, welche früher als Verkäuferin gearbeitet hatte und unmittelbare Aussichten auf die Erlangung eines Postens einer Filialleitern hatte, gab über Vorschlag des Klägers ihre Stelle auf, um ihre Arbeitskraft in Zukunft im "eigenen Betrieb" zu investieren. Der Kläger betrieb eine Süßwarenhandlung in der Großfeldsiedlung (Lokal 10) und mietete im September 1977 noch einen Kiosk am Rennbahnweg. Die Erstbeklagte arbeitete in der Süßwarenhandlung und half auch beim Umbau des Kioskes. 1980 wurde der Kiosk um S 350.000,-- verkauft und ein zweites Lokal in der Großfeldsiedlung (Lokal 30) gemietet, in welches diese S 350.000,-- und weitere S 220.000,-- aus einem vom Vater des Klägers gewährten Kredit investiert wurden. Im Jahr 1982 wurde das alte Lokal (Nr. 10) um S 1 Mio. verkauft, welcher Betrag ebenfalls in den Konditoreibetrieb im neuen Lokal (Nr. 30) floß. Die Erstbeklagte arbeitete, und zwar wohl mehr als nur 40 Stunden pro Woche, im Betrieb des Klägers wie eine "Chefin" und verrichtete alle mögliche Arbeiten, darunter auch selbständig den Einkauf, die Anstellung von Arbeitnehmern ua. Sie übernahm auch die Haftung für einen Kredit von ursprünglich S 160.000,--. Sie erhielt vom Kläger zunächst auf kollektivvertraglicher Basis ein Gehalt von etwa S 5.500,-- monatlich ausbezahlt, das auf ein Konto einbezahlt wurde, für das auch der Kläger zeichnungsberechtigt war. Umgekehrt war die Erstbeklagte auch für zwei Geschäftskonten zeichnungsberechtigt. Seit April 1978 erhielt sie kein Gehalt mehr, jetzt kam der Kläger aus den Erträgen des Betriebes für den Unterhalt der Erstbeklagten und teilweise auch der Zweitbeklagten und für die Betriebskosten und die Kosten "für das Haus" auf. Urlaube wurden teils von der Erstbeklagten (1978 und 1979), teils vom Kläger (in den Folgejahren) finanziert.
Im Jahr 1985 erteilte der Kläger der Erstbeklagten Lokalverbot und zahlte für August bis Dezember 1985 fünf Monatsgehälter und eine Abfertigung aus.
Zu 36 Cg 44/86 des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien begehrte die Erstbeklagte gegenüber dem Kläger ua. die Feststellung, es bestehe bezüglich der Konditorei eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts; in diesem Rechtsstreit trat Ruhen des Verfahrens. Das Erstgericht leitete aus diesem Sachverhalt ab, daß zwischen dem Kläger und der Erstbeklagten konkludent ein Gesellschaftsverhältnis zustandegekommen sei. Es habe eine, wenn auch lose Wirtschaftsorganisation bestanden, beide Partner hätten in wesentlichen Dingen Einwirkungs- und Mitspracherechte gehabt. Das Zusammenwirken sei über die bloße Aufnahme einer Lebensgemeinschaft hinausgegangen. Beide Teile hätten vielmehr ihre Arbeitskraft und ihre finanziellen Mittel auch für das strittige Reihenhaus aufgewendet. Es bestehe daher ein von der Lebensgemeinschaft unabhängiger Rechtstitel. Da noch keine Vermögensauseinandersetzung erfolgt sei, sei das Klagebegehren unberechtigt.
Das Berufungsgericht verneinte hingegen den stillschweigenden Abschluß eines Gesellschaftsvertrages. Ein gemeinsamer Zweck, ein Haus zu errichten, um darin zu wohnen, liege nicht vor, weil das Reihenhaus noch vom Kläger allein erworben worden sei. Auch alle laufenden Kosten seien vom Kläger getragen worden. Es stehe auch nicht zweifelsfrei fest, daß der Kläger der Erstbeklagten die einer Gesellschafterin zustehenden Mitwirkungsrechte einräumen wollte. Eine Gesellschaft könne höchstens zum Erwerb und gemeinsamen Betrieb der Konditorei angenommen werden. Dies reiche aber als Rechtstitel, der dem Begehren auf Räumung des Hauses erfolgreich entgegengesetzt werden könne, nicht aus.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision der beklagten Parteien ist berechtigt. Wie auch das Berufungsgericht zutreffend ausführt, kann ein Gesellschaftsvertrag - besonders über eine sogenannte Innengesellschaft - stillschweigend abgeschlossen werden (Kastner, Grundriß des österreichischen Gesellschaftsrechtes4 51). Dabei müssen die Voraussetzungen des § 863 ABGB erfüllt sein, es muß also das Verhalten der Beteiligten eindeutig für den Abschluß eines Gesellschaftsvertrages sprechen. Dazu gehört nicht nur die Vereinigung von Mühe oder Sachen zu einem gemeinschaftlichen Nutzen im Sinne des § 1175 ABGB, sondern auch die Vereinbarung oder zumindest faktische Handhabung gegenseitiger Einwirkungs- und Mitwirkungsrechte und einer wenigstens losen Gemeinschaftsorganisation (Welser, GesRZ 1976, 34 f). So wie die beiderseitige Vereinigung von Mühe, Kapital, Einkommen und sonstigen Sachen unter Ehegatten über die eheliche Bestandspflicht hinausgehen muß (WBl. 1987, 12 = GesRZ 1987, 41 = RdW 1987, 80), muß auch unter bloßen Lebensgefährten mehr geschehen als nur ein gemeinsames Wohnen und Wirtschaften, das ja neben einer geschlechtlichen Gemeinschaft zu den wesentlichen Merkmalen einer Lebensgemeinschaft überhaupt gehört. Nicht jede Lebensgemeinschaft ist also schon eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (SZ 50/123 ua).
Im vorliegenden Fall sprechen aber alle Umstände für das Zustandekommen einer solchen Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Der Kläger und die Erstbeklagte haben sich nicht nur zu einer gewöhnlichen Lebensgemeinschaft verbunden, sondern sie haben schlüssig vereinbart, daß sie gemeinsam ein Unternehmen betreiben und die Finanzierung einer Wohnung fortsetzen.
Beim Unternehmen nimmt dies auch das Berufungsgericht an. Die Erstbeklagte gab über Vorschlag des Klägers eine aussichtsreiche Arbeitsstelle auf, um im "eigenen Betrieb" zu arbeiten. Sie arbeitete nicht nur in diesem Betrieb, sondern stellte zu diesem Zweck auch erhebliche Geldmittel zur Verfügung. Im Unternehmen hatte sie die Stellung eines zweiten Chefs. Sie war über die Betriebskonten zeichnungsberechtigt, konnte selbständig entscheidende Verträge abschließen usw. Es fehlte also weder am gemeinschaftlichen Zweck noch an einer losen Gemeinschaftsorganisation mit beiderseitigem Mitwirkungsrecht. Dasselbe gilt aber auch für das Reihenhaus. Zwar stand dieses bei Beginn der Lebensgemeinschaft im Eigentum des Klägers und verblieb in seinem Alleineigentum. Das ist aber nicht entscheidend. Es muß vielmehr angenommen werden, daß der Kläger in der Folge auch dieses Reihenhaus in die Gesellschaft einbrachte. Immerhin gab die Erstbeklagte eine Wohnung auf, was einen beachtlichen Erlös erbrachte, den sie dem gemeinsamen Unternehmen zur Verfügung stellte. Die Erstbeklagte leistete weiters unmittelbar finanzielle Beiträge zur Einrichtung und Ausgestaltung des Reihenhauses. Vor allem aber trug sie zusammen mit dem Kläger nicht nur zu den Betriebskosten, sondern auch zu den laufenden Abzahlungen für das Reihenhaus bei (das sind die zusätzlich zu den Betriebskosten anfallenden "Kosten für das Haus" in der Diktion des Erstgerichtes, während vor Beginn der Lebensgemeinschaft nur die Eigenmittel von S 200.000,-- und Abzahlungen vom Kläger allein bestritten worden waren). In Würdigung aller dieser Umstände darf nicht davon ausgegangen werden, daß der Kläger allein für diese Kosten aufgekommen ist, denn er leistete die entsprechenden Zahlungen aus den Erträgen des Betriebes, die aber dem Kläger und der Erstbeklagten gemeinsam gebührten. Wenn ein Lebensgefährte auf diese Weise seine eigene frühere Existenzgrundlage (Arbeitsstelle und Wohnung) zugunsten des anderen Lebensgefährten preisgibt, um mit diesem gemeinsam einen Betrieb zu führen und ein schon vorhandenes Reihenhaus endgültig einzurichten und abzuzahlen, dann gehört auch dieses Reihenhaus unter die in die Gesellschaft eingebrachten Sachen und damit zum Hauptstamm der Gesellschaft im Sinne des § 1182 ABGB. Ob der Kläger durch seinen Wunsch, die Lebensgemeinschaft zu beenden, auch die Auflösung der bürgerlich rechtlichen Gesellschaft herbeigeführt hat, muß nicht untersucht werden; denn nach den getroffenen Feststellungen fand bisher noch keine Aufteilung des Gesellschaftsvermögens statt, so daß unabhängig von den sachenrechtlichen Beziehungen (WBl. 1987, 12) das Gesellschaftsverhältnis gemäß § 1215 ABGB nur in eine schlichte Miteigentumsgemeinschaft umgewandelt worden wäre (MietSlg 34.279), was dem Kläger noch nicht das Recht gäbe, die Räumung wegen titelloser Benützung zu begehren.
Da die Zweitbeklagte zwar keine Stellung als Mitgesellschafter, wohl aber ihr Benützungsrecht am Haus von der Erstbeklagten ableitet, kann der Kläger auch gegen sie nicht durchdringen. Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.
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