OGH 3Ob116/87

OGH3Ob116/877.10.1987

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Warta, Dr. Klinger und Dr. Angst als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Rudolf G***, Pensionist, 9201 Krumpendorf, Mohrenschildtweg 3, vertreten durch Dr. Gerd Tschernitz, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wider die beklagte Partei Franz L***, kaufmännischer Angestellter, 9201 Krumpendorf, Kochstraße 18, vertreten durch Dr. Otfried Fresacher, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wegen Einwendungen gegen den Anspruch, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Berufungsgerichtes vom 29. Juni 1987, GZ. 1 R 317/87-12, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Klagenfurt vom 16. März 1987, GZ. 6 C 1013/87-6, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Der Kläger ist schuldig, dem Beklagten die mit S 2.719,20 (darin S 247,20 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen vierzehn Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit der Behauptung, sein Grundstück grenze an das des Klägers, der seit Jahren schadstoffhaltigen Schnee an dem an der gemeinsamen Grenze vorhandenen Maschendrahtzaun anhäufe, erhob der Beklagte gegen den Kläger am 5. Februar 1986 eine auf Entfernung des angehäuften Schnees und auf Unterlassung der Ablagerung von Schnee auf dem Grundstück des Beklagten gerichtete Klage. In der Verhandlungstagsatzung vom 19. Februar 1986 kam es zum Abschluß eines Vergleiches: Der Kläger verpflichtete sich, keinen Schnee auf dem Grundstück des Nachbarn abzulagern und auf dem eigenen Grundstück Schnee nur so anzuhäufen, daß der Zaun an der Grenze frei bleibt, und bis 30. November 1986 an der Grenze entweder eine massive Mauer oder einen geschlossenen Holzzaun zu errichten. Der Beklagte stimmte diesem Bauvorhaben unter Einhaltung der baubehördlichen Vorschriften zu.

Auf seinen Antrag wurde dem Beklagten, der behauptet hatte, der Kläger habe keine der wahlweise geschuldeten Leistungen erbracht, auf Grund dieses Vergleiches am 15. Jänner 1987 zu 7 E 501/87 des Erstgerichtes zur Erwirkung der Errichtung einer massiven Mauer die Exekution bewilligt und der Beklagte zugleich ermächtigt, auf Kosten des Klägers die Mauer durch einen Bauunternehmer herstellen zu lassen. Der Rekurs des Klägers gegen den Exekutionsbewilligungsbeschluß hatte keinen Erfolg. Der Kläger erhob nun seine Einwendungen gegen den Anspruch mittels Klage. Er habe bei der Baubehörde schriftlich um die Genehmigung der Errichtung des Holzzaunes angesucht, aber noch keine Baugenehmigung erhalten. Bis zum Vorliegen der rechtskräftigen Entscheidung der Baubehörde sei die Durchsetzbarkeit des Anspruches des Beklagten aus dem Vergleich gehemmt.

Der Beklagte beantragte, das Klagebegehren abzuweisen. Der Kläger habe erst nach der Exekutionsbewilligung ein Bauansuchen gestellt. Auf Grund der Bewilligung der Exekution zur Erzwingung der vertretbaren Handlung durch Ersatzvornahme sei der Beklagte berechtigt, um die Baubewilligung einzukommen. Der Bürgermeister habe die Baubewilligung am 12. März 1987 versagt. Der Beklagte werde gegen diesen Bescheid Rechtsmittel ergreifen.

Das Erstgericht entschied, daß der Anspruch des Beklagten, zu dessen Durchsetzung Exekution bewilligt wurde, bis zum Vorliegen einer rechtskräftigen Baubewilligung gehemmt sei. Es stellte fest, daß der Kläger am 12. November 1986 den Antrag auf Genehmigung der Errichtung des Holzzaunes gestellt und der Bürgermeister nach Durchführung der Bauverhandlung mit Bescheid vom 11. März 1987 den Antrag abgewiesen hat, weil die Holzplanke (wie auch eine Mauer) die Sicht behindere. Das Erstgericht meinte, der Kläger habe innerhalb der Frist für die Leistung den Antrag auf Erteilung der Baubewilligung gestellt. Der Anspruch aus dem Vergleich sei, weil bisher die Errichtung des Zaunes (wie der Mauer) nach den Bauvorschriften verboten sei, vorläufig nicht durchsetzbar und gehemmt.

Das Berufungsgericht änderte über Berufung des Beklagten das Urteil des Erstgerichtes in die Abweisung des Klagebegehrens ab. Es sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes wohl S 15.000,--, nicht aber S 300.000,-- übersteige, und erklärte die Revision für zulässig, weil eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zu der Frage fehle, von deren Lösung die Entscheidung abhänge. Der Kläger habe geltend gemacht, daß für die von ihm beabsichtigte Errichtung des Holzzaunes die Baubewilligung noch nicht erteilt sei. Weil aber zur Zeit des Schlusses der Verhandlung in erster Instanz der Bescheid des Bürgermeisters noch nicht rechtskräftig war (und, weil die Verhandlung schon zwei Tage nach Bescheiderlassung am 13. März 1987 geschlossen wurde, auch nicht rechtskräftig sein konnte), liege eine rechtshemmende Tatsache nicht vor. Die Parteien hätten die Vollstreckbarkeit des Vergleiches nicht von der Tatsache abhängig gemacht, daß eine rechtskräftige Baubewilligung vorliege. Auf das Erfordernis der Baubewilligung sei im Vergleich nicht Bedacht genommen worden. Es müsse daher, wenn der Kläger nicht rechtzeitig um Baubewilligung ansuche, die Exekution geführt werden, damit der Beklagte das Bauverfahren in die Wege leiten könne, weil sonst der zur Leistung Verpflichtete die Erfüllung vereiteln könne, wenn er nicht um Baubewilligung ersuche. Erst wenn die Baubewilligung endgültig rechtskräftig versagt wäre, könne der Kläger diese rechtsaufhebende, der Erfüllung des Anspruchs aus dem Vergleich entgegenstehende Tatsache nach § 35 EO geltend machen.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision des Klägers ist zulässig, aber nicht berechtigt. Der Klärung des Rechtsproblems, ob der in einem Exekutionstitel enthaltene Leistungsbefehl auch dann vollstreckt werden kann, wenn der zur Erbringung der Leistung bereite Verpflichtete zur Vornahme einer behördlichen Bewilligung bedarf, um diese auch angesucht hat, aber noch keine rechtskräftige Entscheidung erwirken konnte, kommt erhebliche Bedeutung im Sinne des § 502 Abs 4 Z 1 ZPO zu. Soweit überblickbar wurde dazu in der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes noch nicht Stellung genommen.

In dem gerichtlichen Vergleich ist nicht ausdrücklich auf das Erfordernis der Bewilligung der Baubehörde Bedacht genommen. Immerhin zeigt die vom Beklagten dem Bauvorhaben "bei Einhaltung der baubehördlichen Vorschriften" erteilte Zustimmung, daß die Verpflichtung des Klägers, die Scheidewand bis Ende November 1986 zu errichten, auch beinhaltete, daß er um die Baubewilligung ansucht und jede zumutbare Vorkehrung trifft, diese auch zu erlangen. Dem Kläger stand die Wahl zu, ob er die eine (Holzzaun) oder andere (Mauer) Leistung erbringt. Er hat nicht bald nach Vergleichsabschluß am 19. Februar 1986, sondern erst fast 9 Monate später am 12. November 1986 um die Baubewilligung für einen geschlossenen Holzzaun angesucht und konnte schon deshalb nicht damit rechnen, vor Ablauf der Leistungsfrist mit Ende November 1986 die Baubewilligung zu erlangen und den Holzzaun herstellen zu können.

Mit dem fruchtlosen Ablauf der Leistungsfrist war der Kläger objektiv in Verzug geraten. Da er weder die eine noch die andere der wahlweise zu erbringenden Leistungen vollendet hatte, konnte der beklagte Gläubiger die Exekution zur Bewirkung einer dieser Leistungen beantragen (§ 12 Abs 1 EO). Eine Hemmung des Eintritts der Vollstreckbarkeit trat dadurch, daß der Schuldner knapp vor Ablauf der für die Erbringung der Leistung bestimmten Frist den Antrag auf baubehördliche Bewilligung gestellt hatte, nicht ein. Ungeachtet der Exekutionsführung und der Angabe der vom Gläubiger gewünschten Leistung kann allerdings der Verpflichtete sein Wahlrecht solange ausüben, als der Gläubiger die gewählte Leistung weder ganz noch zum Teil empfangen hat. Der Verpflichtete kann aber dieses Wahlrecht nur durch die wirkliche Erfüllung ausüben und nicht schon dadurch, daß er um die baubehördliche Bewilligung der Errichtung des Holzzaunes ansuchte. Dem Berufungsgericht ist darin beizupflichten, daß dem Gläubiger durch die Exekutionsbewilligung die Möglichkeit verschafft werden muß, seinerseits die erforderlichen behördlichen Genehmigungen der Bauführung zur Errichtung der von ihm wegen Verzuges des Schuldners gewählten massiven Mauer zu beschaffen und deren Erlangung zu betreiben, weil sonst der Schuldner durch eine Untätigkeit die Erfüllung des vollstreckbaren Anspruchs vereiteln oder verzögern könnte. Eine Unmöglichkeit der Leistung ist nicht dargetan, weil bei Schluß der Verhandlung in erster Instanz eine rechtskräftige Versagung der Baubewilligung für keine der wahlweise geschuldeten Leistungen erfolgt war.

Das Berufungsgericht hat also ohne Rechtsirrtum erkannt, daß weder eine den Anspruch hemmende noch eine die Fälligkeit oder Vollstreckbarkeit des Anspruchs aufschiebende Tatsache vorliegt, die Anlaß zu berechtigten Einwendungen gegen den Anspruch (§ 35 EO) oder gegen die Exekutionsbewilligung (§ 36 EO) bilden könnte. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

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