Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Der Kläger hat die Kosten des Revisionsverfahrens selbst zu tragen.
Text
Entscheidungsgründe:
Mit Bescheid der beklagten Partei vom 26.Februar 1985 wurde dem Kläger für die Folgen des Arbeitsunfalles vom 25.Juni 1983 für die Zeit vom 18.August 1983 bis 29.Februar 1984 eine Versehrtenrente im Ausmaß von 30 v.H. der Vollrente und ab 1.März 1984 eine solche im Ausmaß von 20 v.H. der Vollrente jeweils als vorläufige Rente gewährt.
Mit Bescheid vom 5.August 1986 wurde die Entziehung der Rentenleistung mit Ablauf des Monats September 1986 ausgesprochen. Der Kläger begehrt, die beklagte Partei zu verpflichten, die Rente im bisherigen Ausmaß über den 30.September 1986 hinaus weiterzuleisten, wobei er vorbrachte, daß die bestehenden Unfallfolgen weiterhin eine Minderung der Erwerbsfähigkeit von 20 v.H. bedingen.
Die beklagte Partei beantragte die Abweisung der Klage und brachte vor, daß seit der letzten Rentenfeststellung eine wesentliche Besserung eingetreten sei, die die Entziehung der Leistung rechtfertige.
Das Erstgericht gab dem Begehren des Klägers statt; es legte seiner Entscheidung nachstehende Feststellungen zugrunde:
Der Kläger erlitt am 25.Juni 1983 bei Ausübung seiner unfallversicherten Erwerbstätigkeit als Skilehrer und Bergführer durch einen Steinschlag beim Klettern eine otobasale Schädelfraktur links, eine Gehirnerschütterung, eine Prellung des Ohrlabyrinthes sowie eine Rißquetschwunde im Bereich der linken Augenbraue. Gegenüber dem für die Gewährung der Rente ab dem 1.März 1984 maßgeblichen Befund ist zwischenzeitlich eine Besserung eingetreten. Beim Kläger besteht nunmehr ein praktisch normales Hörvermögen; tonaudiometrisch ist jedoch eine Einschränkung des Hörvermögens im oberen Tonbereich links feststellbar. Die Ohrgeräusche links bestehen nach wie vor und diesbezüglich ist eine Änderung nicht eingetreten. Es besteht eine Einschränkung der Beweglichkeit der Halswirbelsäule, welche jedoch nur zum Teil auf das unfallbedingte Trauma zurückzuführen ist. Folgen aus der Gehirnerschütterung selbst sind weder im EEG noch klinisch nachweisbar. Der Zustand des Klägers hat sich lediglich unter Berücksichtigung eines vom gegenständlichen Arbeitsunfall unabhängigen früheren Traumas und einer anlagebedingten - somit ebenfalls arbeitsunfallsunabhängigen - Veränderung der Halswirbelsäule verschlechtert. Bezogen auf die Folgen des Arbeitsunfalles vom 25. Juni 1983 beträgt die Minderung der Erwerbsfähigkeit nunmehr 15 v.H.
Dazu führte das Erstgericht aus, daß die Neufeststellung einer Rente nach § 183 Abs 2 ASVG nur in Fällen vorgesehen sei, in denen eine wesentliche Änderung der Verhältnisse, die für die Feststellung der Rente maßgeblich waren, eingetreten sei. Von einer wesentlichen Besserung der Verhältnisse könne jedoch nur ausgegangen werden, wenn sich der Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit um mehr als 5 v.H. geändert habe. Dies sei im vorliegenden Fall nicht eingetreten, sodaß die Voraussetzungen für die Neufeststellung der Rente nicht erfüllt seien.
Das Berufungsgericht gab der von der beklagten Partei gegen dieses Urteil erhobenen Berufung Folge und änderte es im Sinne einer Klageabweisung ab.
Es führte auf der Grundlage des vom Erstgericht festgestellten Sachverhalts aus, daß wohl grundsätzlich von einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse nur ausgegangen werden könne, wenn sich der Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit um mehr als 5 v.H. geändert habe. Von dieser Regel seien jedoch Fälle ausgenommen, in denen die Berücksichtigung auch einer geringeren Senkung oder Erhöhung zum Entstehen oder Verlust eines Anspruches auf eine Leistung überhaupt (§§ 203 und 210 ASVG) oder auf zusätzliche Leistungen (§§ 105 a, 205 Abs 4, 205 a und 207 ASVG) führe. In Fällen, in denen eine Änderung in der Minderung der Erwerbsfähigkeit um 5 v.H. zum Anspruchsverlust führe, sei auch bei Erreichung dieses Grenzwertes immer eine wesentliche Änderung gegeben. Ausgehend von den Feststellungen des Erstgerichtes seien daher die Voraussetzungen für die Entziehung der Rente erfüllt.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der klagenden Partei aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, daß das Urteil des Erstgerichtes wiederhergestellt werde. Die beklagte Partei beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Mit Bescheid vom 26.Februar 1985 wurde die Versehrtenrente als vorläufige Rente festgestellt. Gemäß § 209 Abs 1 ASVG hat der Träger der Unfallversicherung die Versehrtenrente als vorläufige Rente zu gewähren, sofern sie während der ersten zwei Jahre nach dem Eintritt des Versicherungsfalles wegen der noch nicht absehbaren Entwicklung der Folgen des Arbeitsunfalles oder der Berufskrankheit ihrer Höhe nach noch nicht als Dauerrente festgestellt werden kann. Spätestens mit Ablauf des zweijährigen Zeitraumes ist die Versehrtenrente als Dauerrente festzustellen.
Im vorliegenden Fall ist die Feststellung einer Dauerrente nicht erfolgt. Hat der Versicherungsträger die zwingende gesetzliche Vorschrift, daß die Dauerrente spätestens mit Ablauf von zwei Jahren nach dem Eintritt des Versicherungsfalles festzustellen ist, nicht eingehalten, so tritt die vorläufige Rente in die Funktion der Dauerrente mit der Rechtsfolge des § 183 Abs 2 ASVG hinsichtlich der Neufeststellung (ASVG MGA 45. Erg.Lieferung, 1038). Ungeachtet des Umstandes, daß eine Dauerrentenfeststellung unterblieb, ist daher vom Bestehen eines Dauerrentenanspruches ab Juni 1985 auszugehen.
Gemäß § 183 Abs 1 ASVG ist die Rente auf Antrag oder von Amts wegen neu festzustellen, wenn eine wesentliche Änderung der Verhältnisse eintritt, die für die Feststellung der Rente maßgeblich waren. Für die Anwendung dieser Bestimmung ist es erforderlich, daß die Änderung für die Erwerbsfähigkeit des Verletzten wesentlich ist. Es genügt also nicht, daß sich die Verhältnisse geringfügig geändert haben. Die Frage, ob eine wesentliche Änderung eingetreten ist, kann nicht generell unter Zugrundelegung starrer Prozentpunkte entschieden werden; es sind vielmehr die konkreten Verhältnisse des Einzelfalles zu berücksichtigen. Im vorliegenden Fall wurde bisher an den Kläger unter Zugrundelegung einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 20 v.H. eine Rentenleistung erbracht. Seit dem Zeitpunkt der Gewährung dieser Leistung hat sich der Zustand des Klägers soweit gebessert, daß die Minderung der Erwerbsfähigkeit jetzt 15 v.H. beträgt. Durch diese Änderung hat sich im Fall des Klägers der Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit um 25 % gebessert; dies rechtfertigt aber die Annahme einer wesentlichen Änderung im Sinn des § 183 Abs 1 ASVG und damit eine Neufeststellung der Rente.
Zutreffend ist daher das Berufungsgericht zu einer klageabweisenden Entscheidung gelangt, so daß der Revision ein Erfolg versagt bleiben mußte.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf
§ 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG; Gründe, die trotz des Unterliegens des Klägers einen Kostenersatzanspruch nach dieser Gesetzesstelle rechtfertigen könnten, wurden weder geltend gemacht noch sind Gründe dieser Art aus dem Akt ersichtlich.
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