Spruch:
Beiden Revisionen wird nicht Folge gegeben.
Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei die mit S 18.823,37 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 1.711,22 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Mit Beschluß vom 10. Mai 1983 eröffnete das Kreisgericht Ried im Innkreis über das Vermögen der Firma N*** G*** GESMBH (in der Folge: Gemeinschuldnerin) den Konkurs. Mit Urteil des Kreisgerichtes Ried im Innkreis vom 3. November 1983 wurden die beiden Beklagten des Vergehens der fahrlässigen Krida nach den §§ 159 Abs 1 Z 1 und 2, 161 StGB schuldig erkannt, weil sie von Ende März 1979 bis zur Konkurseröffnung als Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin in fahrlässiger Unkenntnis von deren Zahlungsunfähigkeit fahrlässig die Befriedigung ihrer Gläubiger dadurch geschmälert haben, daß sie neue Schulden in Millionenhöhe eingingen, andererseits Schulden in unbekannter Höhe zahlten und die Eröffnung des Konkursverfahrens nicht rechtzeitig beantragten.
Der Kläger brachte vor, die Beklagten hätten seit 1980 gewußt, daß die Gesellschaft zahlungsunfähig sei. Von diesem Zeitpunkt bis zur Konkurseröffnung sei ein Verlust von S 27,309.399,97 eingetreten, für welchen die Beklagten auf Grund ihrer strafgerichtlichen Verurteilung hafteten. Aus prozeßökonomischen Gründen werde jedoch nur ein Betrag von S 1 Mio geltend gemacht. Die Beklagten wendeten ein, die Firma N*** Hoch- und Tiefbau Gesellschaft mbH, deren Eigentümer sie seien, habe im Konkursverfahren eine Forderung von ca. S 11,4 Mio angemeldet, der Kläger habe diese Forderung anerkannt. Weiters hätten die Beklagten Darlehen und Kredite, die Gegenstand der vom Kläger behaupteten Schadenssumme seien, im Betrag von zumindest S 9,5 Mio zurückgezahlt. In der behaupteten Schadenssumme seien auch Forderungen des Finanzamtes und der O***
G*** enthalten, für welche die Beklagten als
persönlich haftend bereits Zahlungsübereinkommen getroffen hätten. Es handle sich um S 3,9 Mio. Im übrigen beinhalte die behauptete Schadenssumme auch die persönlichen Forderungen der Beklagten gegenüber der Gemeinschuldnerin, die nicht Gegenstand der Schadenersatzklage sein könnten. Der Zweitbeklagte bestritt überdies die Aktivlegitimation des Klägers.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es stellte folgenden wesentlichen Sachverhalt fest:
Die Gemeinschuldnerin wurde im Oktober 1978 gegründet. Zum 31. März 1979 standen den Lieferforderungen von S 4,1 Mio Liefer- und Wechselverbindlichkeiten von S 9,4 Mio gegenüber. Die Bankverbindlichkeiten waren von S 4,7 Mio auf S 7,7 Mio per 31. März 1979 gestiegen. Im Wirtschaftsjahr 1978/79 betrug der Verlust S 2,370.000,--. Im Jahr 1980 wurden 105 Exekutionsanträge gestellt sowie Konkursanträge eingebracht, welche mangels kostendeckenden Vermögens abgewiesen wurden. Der Beitragsrückstand bei der O*** G*** betrug zum 31. März 1980 S 1,853.324,-- und zum 31. Dezember 1980 S 2,592.000,--. Die Bilanz wies zum 31. März 1981 einen Jahresverlust von S 6,920.853,73 und einen Verlustvortrag von S 1,430.957,30, zum 31. März 1982 einen Jahresverlust von S 11,674.762,30 und einen Verlustvortrag von S 8,351.811,03 und zum Stichtag 31. März 1982 einen Verlust von S 15,634.637,67 und einen Verlustvortrag von S 20,026.573,33 auf. Die vom Kläger im Konkurs bisher anerkannten Forderungen betragen S 47,571.918,31, die Masseforderungen machen S 794.686,07 aus. Dem steht ein Befriedigungsfonds von S 4,120.000,-- gegenüber. In der Summe der vom Kläger anerkannten Forderungen ist auch eine Forderung der Firma N*** Hoch- und Tiefbau Gesellschaft mbH in der Höhe von rund S 11 Mio enthalten. Gesellschafter dieser Firma sind die beiden Beklagten. Ferner sind im anerkannten Forderungsbetrag Darlehen der O*** R*** reg. Genossenschaft mbH in
der Höhe von S 4,010.130,89 sowie der R*** E***
in der Höhe von S 6,791.739,89 enthalten. Inwieweit diese Forderungen im Zuge einer von der V*** S*** vorgenommenen Umschuldung bereits bezahlt wurden, ist nicht feststellbar. Die Beklagten haben auf die anerkannten Forderungen bisher keine Zahlungen geleistet.
Rechtlich beurteilte das Erstgericht diesen Sachverhalt dahin, die Beklagten hätten spätestens zum 31. Dezember 1980 die Zahlungsunfähigkeit erkennen können und wären verpflichtet gewesen, einen Konkursantrag zu stellen. Sie hätten gemäß § 25 Abs 1 HGB als Geschäftsführer die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes anzuwenden gehabt und haften gemäß § 25 Abs 2 HGB wegen Verletzung ihrer Obliegenheiten gegenüber der Gesellschaft für den daraus entstandenen Schaden. Da allein in der Zeit vom 1. April 1981 bis zum 31. März 1983 ein Betriebsverlust von S 27,309.399,97 entstanden sei, der Kläger aber nur eine Million Schilling begehre, habe es keiner weiteren Konkretisierung mehr bedurft, um den Klagsbetrag zuzusprechen. Der Umstand der Anerkennung einer Forderung von rund S 11 Mio der Firma N*** Hoch- und Tiefbau Gesellschaft mbH vermöge am eingetretenen Verlust und an der Haftung der Beklagten gegenüber der Gesellschaft nichts zu ändern. Auch durch die Umschuldungsaktion sei der Schaden nicht vermindert worden. Sollte die Aktion durchgeführt worden sein, würde nun anstelle der ursprünglichen Gläubiger die V*** S*** getreten sein. Das Berufungsgericht gab der Berufung beider Beklagten nicht Folge. Der Masseverwalter sei berufen, Schadenersatzansprüche der im Konkurs verfallenen Gesellschaft mbH gegen ihre Geschäftsführer geltend zu machen. Die Beklagten seien mit dem für das Zivilgericht bindenden Straferkenntnis verurteilt worden, weil sie von Ende März 1979 bis zur Konkurseröffnung in fahrlässiger Unkenntnis der Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft die Befriedigung der Gläubiger dadurch schmälerten, daß sie neue Schulden in Millionenhöhe eingingen, Schulden in unbekannter Höhe bezahlten und die Eröffnung des Konkurses nicht rechtzeitig beantragten. Durch die nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit gesetzten Handlungen habe eine Vereitelung oder Schmälerung des Befriedigungsfonds der Gläubiger eintreten müssen. Nach dem bindenden Straferkenntnis seien die Beklagten von Ende März 1979 bis zur Konkurseröffnung neue Schulden in Millionenhöhe eingegangen. Aus dem dem Strafurteil zugrundeliegenden Sachverhalt sei noch ersichtlich, daß die Beklagten folgende Verbindlichkeiten eingegangen seien: 1981/82 für Maschinen, Betriebsausgaben, Fahrzeuge S 197.022,--, Kredit bei der Firma AVA S 750.503,--, Bezug von Waren bei der Firma B*** S 27.472,-- und Beitragsrückstände bei der Sozialversicherung 1981/82 S 800.000,--. Der Umfang des Schadens entspreche sohin zumindest dem geltend gemachten Betrag von 1 Million Schilling, da die Weiterführung des Unternehmens einen den neu eingegangenen Verbindlichkeiten entsprechenden Betriebsgewinn nicht erbracht habe. Der Masseverwalter habe S 47,571.918,31 anerkannt, die Masseforderungen betrügen S 794.686,70, der Wert des Befriedigungsfonds S 4,120.000,--. Selbst wenn man die Forderung der Firma N*** Hoch- und Tiefbau Gesellschaft mbH, allfällige persönliche Haftungen und geleistete Zahlungen an die R*** registrierte Genossenschaft mbH von S 4,010.130,89 und an die R*** E*** von S 6,791.739,89 sowie persönlich übernommene Haftungen für Verbindlichkeiten gegenüber der Sozialversicherung und dem Finanzamt in der behaupteten Höhe von S 3,9 Mio berücksichtige, seien noch immer unberechtigte Forderungen von mehreren Millionen Schilling offen, die zumindest zum Teil auf das Eingehen neuer Verbindlichkeiten nach dem Zeitpunkt, zu dem den Beklagten die Zahlungsunfähigkeit der Gemeinschuldnerin hätte bekannt sein müssen, zurückzuführen seien. Der Schaden sei sohin im Betriebsverlust zu erblicken, der in der Zeit zwischen dem Eintritt der Zahlungsunfähigkeit und der Konkurseröffnung entstanden sei. Beide Beklagten bekämpfen das Urteil des Berufungsgerichtes mit Revisionen, in denen der Anfechtungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung geltend gemacht und die Abänderung des angefochtenen Urteils im Sinne der Abweisung des Klagebegehrens oder die Aufhebung der Entscheidung und die Zurückweisung der Sache an das Erstgericht beantragt wird.
Der Kläger beantragt, beiden Revisionen nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revisionen sind nicht berechtigt.
Gemäß § 25 GmbHG sind die Geschäftsführer der Gesellschaft gegenüber verpflichtet, bei ihrer Geschäftsführung die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes anzuwenden (Abs 1), sie haften der Gesellschaft bei Verletzung ihrer Obliegenheiten zur ungeteilten Hand für den daraus entstandenen Schaden (Abs 2). Unter anderem sind sie insbesondere dann zum Ersatz verpflichtet, wenn nach dem Zeitpunkt, in dem sie die Eröffnung des Konkurses zu begehren verpflichtet waren, Zahlungen geleistet werden (Abs 3 Z 2). Den in dieser Gesetzesstelle angeführten Obliegenheiten sind die Beklagten nicht nachgekommen. Sie haben zumindest in fahrlässiger Unkenntnis der Zahlungsunfähigkeit - somit schuldhaft - die Stellung eines Konkursantrages unterlassen, den Betrieb noch durch Jahre hindurch weitergeführt, Schulden bezahlt und neue Schulden in Millionenhöhe gemacht. Die Beklagten haften daher gemäß § 25 Abs 2 GmbHG gegenüber der Gesellschaft für den dadurch entstandenen Schaden. Zur Geltendmachung dieses Schadens ist nach ständiger Rechtsprechung der Masseverwalter berufen (HS I/33; SZ 45/46; SZ 56/37; GesRZ 1979, 120 ua). Dies wird in den Revisionen auch nicht mehr bestritten, sondern lediglich die Ansicht vertreten, der Gesellschaft sei kein den Beklagten zuzurechnender Schaden entstanden.
Der Schaden besteht in dem Betriebsverlust, der zwischen dem Zeitpunkt, an dem spätestens der Konkurs anzumelden gewesen wäre, und dem Zeitpunkt, an dem er angemeldet wurde, entstanden ist. Jede Vermögensminderung stellt einen Schaden dar, und zwar auch dann, wenn das Vermögen der Gesellschaft bereits durch Schulden aufgezehrt ist. In diesem Fall besteht der Schaden in der Vergrößerung der Überschuldung (HS I 33).
Der Erstbeklagte vertritt in seiner Revision die Ansicht, es hätte genau festgestellt werden müssen, welche neuen Schulden eingegangen worden sind und ob dadurch eine Schädigung der Gläubiger eingetreten sei. Die angefochtene Entscheidung differenziere nicht, welche Schäden durch das Verhalten der Beklagten entstanden seien. Der Masseverwalter könnte nur Schäden der Gesellschaft geltend machen. Eine Zuordnung der Schadensursache an die Beklagten sei nicht erfolgt, es sei von einem Pauschalbetrag von S 1 Million ausgegangen worden, es wäre eine exakte Schadensermittlung notwendig gewesen.
Dem ist entgegenzuhalten, daß der festgestellte Eintritt eines Betriebsverlustes von mehr als 27 Millionen Schilling in der Zeit vom 1. April 1981 bis 31. März 1983 - also zu einer Zeit - zu der die Beklagten längst verpflichtet gewesen wären, den Konkurs anzumelden - ausreicht, um dem Klagebegehren stattzugeben. Detaillierte Feststellungen, welche neuen Schulden eingegangen und inwieweit Gläubiger geschädigt wurden, sind daher nicht erforderlich. Der Zweitbeklagte weist in seiner Revision zutreffend darauf hin, daß bei Beurteilung der Höhe des Schadens nicht davon ausgegangen werden kann, in welcher Höhe der Masseverwalter Forderungen anerkannt habe. Dies schon deshalb, weil nicht feststeht, welche Forderungen zu dem Zeitpunkt bestanden, zu welchem die Beklagten verpflichtet gewesen wären, die Eröffnung des Konkurses zu beantragen. Einen Geschäftsverlust von mehr als 27 Millionen Schilling bestreitet der Zweitbeklagte nicht, er vertritt jedoch die Ansicht, unter Berücksichtigung des Befriedigungsfonds von S 4,120.000,--, der Forderung der Firma N*** Hoch- und Tiefbau Gesellschaft mbH von S 11 Mio, der Kreditzahlungen von S 10,801.870,-- und der Haftung der Beklagten für Verbindlichkeiten von S 3,900.000,-- sei kein Schaden nachzuweisen.
Diese Ausführungen sind jedoch verfehlt. Ginge man von den anerkannten Forderungen von mehr als S 47 Millionen aus, dann wären diesen die Aktiven gegenüber zu stellen. Vom Betriebsverlust können diese aber nicht abgezogen werden. Der Schaden der Gesellschaft wird auch nicht dadurch geringer, wenn zu ihren Verbindlichkeiten die Forderung einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung gehört, die im Eigentum der Beklagten steht. Die Beklagten könnten eine nicht ihnen, sondern einer juristischen Person zustehende Gegenforderung auch nicht mit der Klagsforderung aufrechnen. Dadurch, daß die Beklagten auch persönlich für Verbindlichkeiten der Gemeinschuldnerin haften, wird deren Schaden nicht vermindert, dies wäre nur dann der Fall, wenn die Beklagten tatsächlich Zahlung geleistet hätten. Dies haben sie aber nicht einmal behauptet, überdies steht fest, daß die Beklagten auf die anerkannten Forderungen bisher keine Zahlungen leisteten. Daß Kredite im Betrag von S 10,801.870,-- (durch eine Umschuldung) zurückbezahlt wurden, ist nicht erwiesen, weshalb auch nicht geprüft werden muß, ob hiedurch nicht nur ein Gläubigerwechsel eingetreten wäre. Überdies wäre, selbst wenn der Schaden um diesen Betrag vermindert worden wäre, das Klagebegehren im Betrag von S 1 Million noch immer berechtigt.
Aus diesen Gründen erweisen sich beide Revisionen als nicht berechtigt.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.
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