Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung wird Folge gegeben und die Freiheitsstrafe unter Anwendung des § 41 StGB auf 4 (vier) Monate herabgesetzt. Gemäß § 390 a StPO fallen der Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Adelheid Josefine H*** des Verbrechens der Verleumdung nach § 297 Abs 1 zweiter Deliktsfall StGB schuldig erkannt. Darnach hat sie am 18.Jänner 1987 durch einen Telefonanruf aus Graz an das Gendarmeriepostenkommando Fürstenfeld Reinhard H*** dadurch der Gefahr einer behördlichen Verfolgung ausgesetzt, daß sie sich bei diesem Telefonat als Dr. G*** vom Landeskrankenhaus Graz bezeichnete und behauptete, die bei ihr in Behandlung stehende 13 1/2-jährige Petra F*** habe mit dem Lebensgefährten der Auguste F***, Reinhard H***, vermutlich ein Verhältnis, wodurch sie den Genannten einer von Amts wegen zu verfolgenden, mit einer ein Jahr übersteigenden Freiheitsstrafe bedrohten Handlung, nämlich des Verbrechens des Beischlafes mit Unmündigen nach § 206 Abs 1 StGB, falsch verdächtigte, wobei sie wußte (§ 5 Abs 3 StGB), daß die Verdächtigung falsch war.
Rechtliche Beurteilung
Diesen Schuldspruch bekämpft die Angeklagte mit Nichtigkeitsbeschwerde aus Z 5, 9 lit a und 9 lit b des § 281 Abs 1 StPO.
Die Mängelrüge (Z 5) entbehrt zur Gänze einer gesetzmäßigen Ausführung. Das Erstgericht stützte die für den Schuldspruch entscheidenden Tatsachenfeststellungen vor allem auf die für glaubwürdig beurteilten Aussagen der Gendarmeriebeamten Franz L*** und Johann L*** und erörterte in den Urteilsgründen - im Einklang mit den Verfahrensergebnissen - auch das die Angeklagte belastende Substrat aus den Angaben der Zeugen Auguste F*** und Reinhard H*** (vgl. US 2, 3, 4). Indem die Beschwerdeführerin vorbringt, die Aussagen der beiden zuletzt genannten Zeugen seien zur Widerlegung ihrer leugnenden Verantwortung nicht geeignet, bekämpft sie nur in unzulässiger und mithin unbeachtlicher Weise die Beweiswürdigung des Schöffengerichtes und will damit bloß ihrer für widerlegt angesehenen Verantwortung, das ihr angelastete verleumderische Telefonat mit dem Gendarmeriepostenkommando Fürstenfeld überhaupt nicht geführt zu haben, zum Durchbruch verhelfen. Einen dem Ersturteil anhaftenden (formalen) Begründungsmangel in der Bedeutung des relevierten Nichtigkeitsgrundes zeigt sie solcherart aber nicht auf.
In der Rechtsrüge (Z 9 lit a) macht die Beschwerdeführerin (auch unter dem Gesichtspunkt von Feststellungsmängeln) geltend, die beim verfahrensgegenständlichen Telefonat erhobene Beschuldigung sei nach den besonderen Umständen, unter denen sie vorgebracht wurde, aber auch nach ihrem Inhalt so unglaubhaft gewesen, daß von vornherein die Wahrscheinlichkeit eines behördlichen Einschreitens gegen den Verdächtigten gefehlt habe und somit mangels konkreter Gefahr einer behördlichen Verfolgung des Reinhard H*** der objektive Tatbestand einer Verleumdung nach § 297 Abs 1 StGB nicht verwirklicht worden sei.
Dieser Einwand versagt, weil von einer generellen Untauglichkeit des der Angeklagten angelasteten Verhaltens zur Herbeiführung einer konkreten Gefahr für den von ihr wider besseres Wissen falsch Verdächtigten - ihrer Beschwerdeauffassung zuwider - schon deshalb keine Rede sein kann, weil die falsche Beschuldigung bereits Anlaß zu Erhebungen gegeben hat, welche die Aufklärung der Beschuldigung zum Ziele hatten: die Beschwerdeführerin läßt unberücksichtigt, daß die von ihr telefonisch gegen Reinhard H*** vorgebrachte Beschuldigung von den Beamten des Gendarmeriepostenkommendos Fürstenfeld keineswegs von vorneherein als völlig unglaubwürdig abgetan, sondern bereits am nächsten Tag (am 19.Jänner 1987) durch Befragung des angeblichen Tatopfers Petra F*** und deren Mutter Auguste F*** überprüft worden ist (vgl. S 7 und 8). Schon angesichts dieser Reaktion der Gendarmerie auf das verleumderische Vorbringen hat die Angeklagte den Reinhard H*** sehr wohl der konkreten Gefahr einer behördlichen Verfolgung ausgesetzt, wobei es zur Verwirklichung des Tatbestandes der Verleumdung an sich gar nicht erforderlich ist, daß es tatsächlich zur behördlichen Verfolgung des Verdächtigten kommt.
Es versagt aber auch die weitere Rechtsrüge (Z 9 lit b), in welcher unter Hinweis auf den faktischen Widerruf der gegen Reinhard H*** vorgebrachten Anschuldigung anläßlich eines weiteren Telefonates mit einem Beamten des Gendarmeriepostenkommandos Fürstenfeld das Vorliegen des Strafaufhebungsgrundes des § 297 Abs 2 StGB reklamiert wird; hiefür ist nämlich vorauszusetzen, daß der Täter freiwillig die Gefahr einer behördlichen Verfolgung beseitigt, bevor eine Behörde etwas zur Verfolgung des Verdächtigten unternommen hat. An dieser Rechtzeitigkeit fehlt es aber, wenn schon vor dem Widerruf der Anschuldigung behördliche Schritte zu dessen Verfolgung unternommen worden sind, wozu auch Erhebungen durch Organe der Gendarmerie zwecks Aufklärung des (verleumderischen) Vorbringens gehören.
Entgegen der Behauptung in der Beschwerde erfolgte der (faktische) Widerruf der von der Angeklagten gegen Reinhard H*** vorgebrachten Beschuldigung aber nicht am 19.Jänner 1987, sondern erst anläßlich eines von ihr mit dem Beamten des Gendarmeriepostenkommandos Fürstenfeld, Johann L***, am Vormittag des 20.Jänner 1987 geführten Telefonates (vgl. S 6 und 41 f.). Daß dieses Telefonat erst am 20.Jänner 1987 (und nicht, wie in der Rechtsrüge behauptet, schon am 19.Jänner 1987) stattgefunden hat, wird auch im Ersturteil - durchaus im Einklang mit den Verfahrensergebnissen - ausdrücklich festgestellt (vgl. US 2 vso, 3; in der Begründung dieser Feststellung infolge einer offenbaren Terminverwechslung allerdings ersichtlich versehentlich "19.1.1987" - US 3 vso unten). Da die durch die falsche Beschuldigung (vom 18.Jänner 1987) ausgelösten und der Aufklärung des angezeigten Sachverhaltes dienlichen Erhebungen der Gendarmerie durch Befragung der Petra F*** und Auguste F*** bereits am 19. Jänner 1987 eingesetzt hatten, kann somit von einer Rechtzeitigkeit der Gefahrenbeseitigung durch den am 20.Jänner 1987 von der Angeklagten anläßlich eines Telefonates mit einem Beamten des Gendarmeriepostenkommandos Fürstenfeld getätigten (faktischen) Widerruf des gegen Reinhard H*** erhobenen verleumderischen Vorwurfs keine Rede sein.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.
Das Schöffengericht verhängte über die Angeklagte nach dem zweiten Strafsatz des § 297 Abs 1 StGB eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten, die es gemäß § 43 Abs 1 StGB unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachsah. Es wertete bei der Strafbemessung als mildernd die Unbescholtenheit und die heftige Gemütsbewegung zur Tatzeit; hingegen fand es keinen erschwerenden Umstand.
Mit ihrer Berufung begehrt die Angeklagte unter Anwendung des § 41 StGB eine Herabsetzung der Freiheitsstrafe. Diesem Rechtsmittel kann Berechtigung nicht abgesprochen werden.
Das Schöffengericht hat zwar die besonderen Strafbemessungsgründe vollständig angeführt; bei Würdigung des Gesamtverhaltens der Berufungswerberin aber ergibt sich, daß die von ihr verübte Straftat als unbedachte Kurzschlußhandlung zu beurteilen ist, die den Milderungsgründen beachtliches Gewicht verleiht. So gesehen kann tatsächlich von einem beträchtlichen Überwiegen dieser Milderungsgründe gesprochen werden. Daß vorliegend Erschwerungsgründe überhaupt nicht gegeben sind, steht der Gewährung einer außerordentlichen Strafmilderung - ungeachtet des Wortlautes des § 41 Abs 1 StGB (vgl. hiezu auch S 94 zweite Spalte Dok. StGB) selbstverständlich nicht entgegen. Andernfalls würde dies nämlich zu dem - unhaltbaren und den Intentionen des Gesetzgebers klar zuwiderlaufenden - Ergebnis führen, daß die Anwendung des § 41 StGB an das Vorliegen zumindest eines (Dok. StGB aaO) Erschwerungsgrundes geknüpft wäre.
Auch die zweite gesetzliche Voraussetzung, nämlich eine günstige Zukunftsprognose, ist bei der bisher unbescholtenen Angeklagten nach Lage des Falles noch zu bejahen. Es war daher die Unterschreitung des gesetzlichen Mindestmaßes der Freiheitsstrafe vertretbar, weshalb diese auf das aus dem Spruch ersichtliche Ausmaß herabzusetzen war.
Die Kostenentscheidung mußt auf der bezogenen Gesetzesstelle.
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