OGH 7Ob672/87

OGH7Ob672/8724.9.1987

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Flick als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurz, Dr. Egermann, Dr. Petrag und Dr. Niederreiter als weitere Richter in der Rechtssache der gefährdeten Parteien Dipl.Ing. Peter L*** Und Dr. Hans L***, Inhaber der Gesellschaft bürgerlichen Rechtes G*** L***, Wien 3., Zentralviehmarkt St. Marx,

vertreten durch Dr. Peter Kisler und DDr. Karl Pistotnik, Rechtsanwälte in Wien, wider die Gegnerin der gefährdeten Partei H*** U*** G***

A***, Budapest, Oktober 6 u. 12, Volksrepublik

Ungarn, vertreten durch Dr. Friedrich Gatscha, Rechtsanwalt in Wien, wegen Erlassung einer einstweiligen Verfügung, infolge Rekurses der Gegnerin der gefährdeten Parteien gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgerichtes vom 9. Juli 1987, GZ. 46 R 599/87-15, womit der Rekurs der Gegnerin der gefährdeten Parteien gegen den Beschluß des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 14. Mai 1987, GZ. 30 C 780/87-5, zurückgewiesen wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird Folge gegeben. Der angefochtene Beschluß wird ersatzlos aufgehoben.

Die Rekurskosten sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Das Erstgericht bewilligte die von den gefährdeten Parteien vor Einleitung eines Prozesses beantragte einstweilige Verfügung, setzte den gefährdeten Parteien zur Einbringung der Klage eine Frist bis 15.6.1987 und wies sie überdies an, spätestens zum 15.6.1987 die Einbringung der Klage nachzuweisen, widrigenfalls die einstweilige Verfügung von Amts wegen aufgehoben werde (ON 5). Am 12.6.1987 legten die gefährdeten Parteien die Rubrik einer gegen die Gegnerin beim Handelsgericht Wien am 12.6.1987 eingebrachte Klage vor (ON 11). Das Rekursgericht wies den gegen die Erlassung der einstweiligen Verfügung von der Gegnerin der gefährdeten Parteien eingebrachten Rekurs mit der Begründung zurück, daß die Vorlage der Klagshalbschrift allein kein ausreichender Nachweis der Einbringung der Rechtfertigungsklage sei, sodaß die einstweilige Verfügung vom Erstgericht von Amts wegen aufgehoben werden müsse. Sei die einstweilige Verfügung aber ohnedies aufzuheben, fehle der Gegnerin der gefährdeten Parteien ein Rechtsschutzinteresse. Das Fehlen eines Rechtsschutzinteresses habe die Unzulässigkeit des Rechtsmittels zur Folge (ON 15).

Nach Einlangen der Rekursentscheidung beim Erstgericht hob dieses die einstweilige Verfügung auf, wobei es zur Frage des Nachweises der Einbringung der Rechtfertigungsklage der Rechtsmeinung des Rekursgerichtes folgte (ON 16). Gegen die Aufhebung der einstweiligen Verfügung brachten die gefährdeten Parteien einen Rekurs, verbunden mit dem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung, ein (ON 18). Über diesen Rekurs hat das Rekursgericht noch nicht entschieden. Es wurde ihm jedoch vom Erstgericht aufschiebende Wirkung zuerkannt (ON 19). Gegen diesen Beschluß des Erstgerichtes erhob wieder die Gegnerin der gefährdeten Parteien Rekurs (ON 22), über den gleichfalls vom Rekursgericht noch nicht entschieden wurde.

Der Zurückweisungsbeschluß des Rekursgerichtes (ON 15) wird von der Gegnerin der gefährdeten Parteien bekämpft. Diesem Rekurs kommt Berechtigung zu.

Rechtliche Beurteilung

Wird eine einstweilige Verfügung vor Einleitung des Prozesses bewilligt, so ist im Beschluß eine angemessene Frist für die Einbringung der Klage zu bestimmen. Nach vergeblichem Ablauf der Frist ist die getroffene Verfügung auf Antrag oder von Amts wegen aufzuheben (§ 391 Abs.2 EO). Im vorliegenden Fall wurde die einstweilige Verfügung vor Einbringung der Klage bewilligt, sodaß das Erstgericht zutreffend in dem die einstweilige Verfügung bewilligenden Beschluß eine Frist zur Einbringung der Klage bestimmte. Da die Tatsache der Einbringung der Rechtfertigungsklage allein nicht genügt, sondern innerhalb der erteilten Frist auch nachgewiesen werden muß (Heller-Berger-Stix Kommentar4 2849), hat das Erstgericht zweckmäßigerweise den Antragstellern unter Hinweis auf die Rechtsfolgen des Unterbleibens eines Nachweises auch aufgetragen, die Einbringung der Rechtfertigungsklage innerhalb der erteilten Frist nachzuweisen. Darüber, ob ein Nachweis der Klagseinbringung ausreichend ist, kann, wie der vorliegende Fall zeigt, Streit bestehen (vgl. auch die bereits vom Rekursgericht zitierten Entscheidungen ZBl. 1936/164; RechtspflSlg. E 1978/4 und Heller-Berger-Stix aaO 2850). Solange darüber noch nicht abgesprochen und die einstweilige Verfügung rechtskräftig aufgehoben wurde, kann daher nicht gesagt werden, daß dem Gegner der gefährdeten Partei im Rechtsmittelverfahren gegen den Bewilligungsbeschluß ein Rechtsschutzinteresse fehlt, weil der Streit über den Nachweis der Rechtfertigungsklage auch zu seinen Ungunsten ausgehen kann. Dieses Rechtsschutzinteresse des Gegners der gefährdeten Partei wird auch nicht dadurch beseitigt, daß das Rekursgericht schon im Verfahren über den Rekurs gegen den Bewilligungsbeschluß vorweg seine Rechtsansicht zur Frage des Nachweises der Rechtfertigungsklage äußert und einen ausreichenden Nachweis verneint, weil diese Rechtsansicht mangels Vorliegens der Voraussetzungen des auch im Rekursverfahren analog anzuwendenden § 499 Abs.2 ZPO weder für das Erstgericht noch für das Rekursgericht bindend ist.

Der Gegnerin der gefährdeten Partei kann demnach im derzeitigen Verfahrensstadium ein Interesse an der Beseitigung der einstweiligen Verfügung unabhängig von der Frage des ausreichenden Nachweises der Einbringung der Rechtfertigungsklage nicht abgesprochen werden. Anders mag dies nach rechtskräftiger Bestätigung des erstgerichtlichen Aufhebungsbeschlusses sein.

Demgemäß ist dem Rekurs Folge zu geben.

Der Kostenvorbehalt beruht auf den §§ 402 Abs.2 und 78 EO und auf § 52 Abs.2 ZPO.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte