Spruch:
Der Revision wird zum Teil Folge gegeben.
Das Urteil des Berufungsgerichtes wird dahin abgeändert, daß es einschließlich des unangefochtenen und bestätigten Teils insgesamt zu lauten hat:
Die Beklagte ist schuldig, der Klägerin S 208.876,-- brutto zuzüglich 4 % Zinsen aus S 127.300,-- brutto vom 11. Jänner 1984 bis 5. Juli 1984, aus S 174.025,-- brutto vom 6. Juli 1984 bis 31. Dezember 1984 und aus S 208.876,-- brutto seit 1. Jänner 1985 binnen 14 Tagen bei Exekution zu zahlen.
Das Mehrbegehren, die Beklagte sei schuldig, der Klägerin S 12.550,-- brutto sA binnen 14 Tagen bei Exekution zu zahlen, wird abgewiesen.
Die Beklagte ist schuldig, der Klägerin die mit S 53.310,87 (darin S 4.524,62 Umsatzsteuer und S 3.540,-- Barauslagen) bestimmten Kosten des Verfahrens erster Instanz binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Die Beklagte ist schuldig, der Klägerin die mit S 30.875,95 (darin S 2.603,25 Umsatzsteuer und S 2.240,-- Barauslagen) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens und die mit S 3.034,25 (darin S 203,84 Umsatzsteuer und S 792,-- Barauslagen) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin war ab 1. Dezember 1981 im Friseurbetrieb der Beklagten als Angestellte beschäftigt. Gemäß dem schriftlichen Dienstvertrag hatte sie sich damit einverstanden erklärt, daß sie der Gewerbebehörde gegenüber als gewerberechtliche Geschäftsführerin namhaft gemacht wurde. Vereinbarungsgemäß betrug ihr monatliches Gehalt S 14.600,-- brutto zuzüglich einer Prämie von 1 % des Jahresumsatzes; weiters sollte sie an den Erhöhungen der Lohnansätze des Kollektivvertrages des Gewerbes teilnehmen. Bis Mai 1982 wurde die Klägerin dieser Vereinbarung entsprechend entlohnt. Ab 1. Juni 1982 erhielt sie nur mehr ein monatliches Gehalt von S 7.900,--. Das Dienstverhältnis endete mit Ende des Jahres 1984. Mit der vorliegenden Klage verlangte sie die Nachzahlung ihres restlichen Gehalts vom 1. Juni 1982 bis 31. Dezember 1984 in Höhe von insgesamt S 221.426,-- brutto sA.
Die Beklagte beantragte, die Klage abzuweisen. Der Geschäftsführer der Beklagten Gerhard H*** habe mit der Klägerin im Mai 1982 vereinbart, daß ihr Bruttogehalt wegen schlechten Geschäftsganges auf monatlich S 7.900,-- und ab 1. Jänner 1984 auf monatlich S 7.925,-- herabgesetzt werde. Im Februar 1984 sei sie als Geschäftsführerin enthoben worden und damit sei ihr Angestelltenvertrag hinfällig geworden. Sie sei dann nur mehr als Arbeiterin tätig gewesen und habe nichts mehr zu fordern. Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es vertrat die Rechtsauffassung, daß der Anspruch der Klägerin unter Berücksichtigung der vereinbarten kollektivvertraglichen Erhöhungen zur Gänze zu Recht bestehe. Die von der Beklagten behauptete, aber nicht bewiesene einvernehmliche Gehaltsherabsetzung liege überdies weit unter dem Kollektivvertrag und sei unwirksam. Die Klägerin habe der Beklagten das ihr nicht ausgezahlte Gehalt zwar vorerst bis 31. Dezember 1983 gestundet, aber nie auf dessen Nachzahlung verzichtet.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten zum Teil Folge. Es bestätigte den Zuspruch eines Teilbetrages von S 148.221,32 brutto sA und wies das Mehrbegehren von S 73.204,68 brutto sA ab. Nach Beweiswiederholung traf es im wesentlichen folgende Feststellungen:
Die Klägerin leistete ihren Dienst bei der Beklagten als Geschäftsführerin; sie war bis zum Ende ihres Dienstverhältnisses mit der Lehrlingsausbildung betraut. Ihr monatliches Bruttogehalt setzte sich aus einem Normallohn von S 13.270,-- und einem Zuschlag für die Lehrlingsausbildung von S 1.330,-- zusammen. Ende Mai 1982 teilte ihr der Geschäftsführer Gerhard H*** mit, daß die Beklagte den bisher gezahlten Lohn wegen schlechten Geschäftsganges nicht mehr aufbringen könne. Die Klägerin erwiderte, daß sie mit einer vorläufigen Kürzung ihres monatlichen Gehalts auf S 7.200,-- brutto einverstanden sei, wenn die Differenz auf den vereinbarten Lohn bis Dezember 1982 nachgezahlt werde. Ab Juni 1982 erhielt die Klägerin monatlich brutto S 7.200,-- zuzüglich eines Zuschlags für die Lehrlingsausbildung von S 700,--. Im Dezember 1982 teilte Gerhard H*** der Klägerin mit, daß die Beklagte die gestundeten Beträge nicht nachzahlen könne, worauf ihm die Klägerin eine Nachzahlung in Raten anbot. Gerhard H*** lehnte diesen Vorschlag ab. Im Dezember 1983 eröffnete H*** der Klägerin, daß die Beklagte überschuldet sei und überhaupt nichts nachzahlen werde. Auch für dieses Jahr hatte sie nur monatlich S 7.900,-- brutto erhalten. Von Jänner bis September 1984 bezog sie monatlich S 7.925,-- brutto. Im Oktober 1984 befand sich die Klägerin 14 Tage im Krankenstand; die Beklagte leistete das Gehalt nicht weiter, sondern zahlte der Klägerin nur für die tatsächlich erbrachte Arbeitszeit S 6.389,-- brutto aus. Im November und Dezember 1984 erhielt die Klägerin monatlich brutto S 10.230,-- (einschließlich eines Teilbetrages von S 930,-- für Lehrlingsausbildung) und im Dezember 1984 eine Weihnachtsremuneration von brutto S 9.450,--. Dazu kamen noch für die gesamte Zeit ihrer Beschäftigung Familienbeihilfen in Höhe von monatlich S 1.000,--.
Die Klägerin war auf die Beschäftigung bei der Beklagten angewiesen; sie war wegen dieses Arbeitsplatzes von Birkfeld nach Turnau übersiedelt und hatte dort eine Wohnung genommen. Aus diesem Grunde begnügte sie sich auch damit, die Nachzahlung ihres ausstehenden Gehalts lediglich mehrmals außergerichtlich einzumahnen. Mit 1. Februar 1984 wurde sie mit ihrem Einverständnis als gewerberechtliche Geschäftsführerin bei der Gewerbebehörde abgemeldet. Ab diesem Tag war sie im Betrieb der Beklagten auch nicht mehr als Geschäftsführerin tätig; sie wickelte keinen Lieferantenverkehr mehr ab und führte auch das Kassabuch nicht mehr. Sie verrichtete die Tätigkeit einer Friseurgehilfin mit Meisterprüfung und bildete weiterhin die Lehrlinge aus. Über eine Änderung der Entlohnung wurde jedoch nichts vereinbart. Der Geschäftsführer Gerhard H*** teilte der Klägerin lediglich mit, daß sie nunmehr gleich wie jede andere Arbeiterin im Betrieb entlohnt werde.
Rechtlich beurteilte das Berufungsgericht den Sachverhalt dahin, daß die Klägerin für die Zeit bis 31. Jänner 1984 vereinbarungsgemäß zu entlohnen sei. Ihr stünden S 14.600,-- brutto pro Monat abzüglich der geleisteten Zahlungen zu. Ab 1. Februar 1984 sei aber durch die Beendigung ihrer Geschäftsführertätigkeit ein wesentlicher Bestandteil des Angestelltendienstvertrages weggefallen. Dieser sei hinsichtlich der von der Klägerin zu erbringenden Leistungen konkludent abgeändert worden. Mangels einer neuerlichen Entgeltvereinbarung habe die Klägerin nur Anspruch auf ein angemessenes Entgelt im Sinne des § 1152 ABGB, dessen Höhe sich nach den kollektivvertraglichen Löhnen in der Steiermark richte. Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der klagenden Partei aus den Gründen der Aktenwidrigkeit und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung der angefochtenen Entscheidung im Sinne einer gänzlichen Stattgebung des Klagebegehrens. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Die Beklagte beantragte, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist zum Teil berechtigt.
Der Revisionsgrund der Aktenwidrigkeit liegt nicht vor. Soweit die Klägerin mit 1 % der Stammeinlage an der Beklagten beteiligt war, ist dies wie ihre sonstige gesellschaftsrechtliche Stellung für das Vorliegen eines Angestelltenverhältnisses ohne Bedeutung. Nach dem schriftlichen Angestelltendienstvertrag trat die Klägerin als Meisterin in die Dienste der Beklagten. Sie erklärte sich einverstanden, gegenüber der Gewerbebehörde als gewerberechtliche Geschäftsführerin der Beklagten namhaft gemacht zu werden. Eine "entsprechende" Betätigungsmöglichkeit mußte sohin schon im Sinne des § 39 Abs 2 GewO gegeben sein. Darüber hinaus enthielt der Dienstvertrag aber auch noch Bestimmungen über Geheimhaltungspflichten, Gehaltszahlung und eine Kündigungsfrist von 24 Monaten. Lediglich auf ihre Stellung als gewerberechtliche Geschäftsführerin bezieht sich die als aktenwidrig gerügte Feststellung des Berufungsgerichtes, daß die Abmeldung einverständlich erfolgt sei. Diese Feststellung ist aber in der Aussage der Klägerin selbst begründet (S 168).
Der Rechtsrüge der Revisionswerberin ist jedoch darin beizupflichten, daß der Angestelltendienstvertrag durch die - wenn auch einverständliche - Abmeldung der Klägerin als gewerberechtliche Geschäftsführerin nicht schlechthin "hinfällig" wurde. Sie hatte darin nur ihr Einverständnis erklärt, als gewerberechtliche Geschäftsführerin der Beklagten namhaft gemacht zu werden. Ihr Angestelltenverhältnis wurde damit weder auf die Dauer ihrer gewerberechtlichen Geschäftsführerfunktion beschränkt noch war diese Funktion Bedingung ihrer Angestelltentätigkeit. Insbesondere kann aus der nachmaligen Beschränkung ihres Wirkungsbereiches nicht der konkludente Entfall der Gehaltsvereinbarung abgeleitet werden (Dungl, Handbuch des österreichischen Arbeitsrechts5 439). Die Beklagte hatte auch die einseitige Gehaltskürzung aus anderen Gründen schon ab Juni 1982 vorgenommen, während die Abmeldung der Klägerin bei der Gewerbebehörde erst im Februar 1984 erfolgte und keine weitere Konsequenzen im Entgeltbereich mit sich brachte. Die Klägerin war im Friseurbetrieb der Beklagten weiterhin als Meisterin tätig und bildete Lehrlinge aus; ihr Tätigkeitsumfang verminderte sich lediglich hinsichtlich des Verkehrs mit Lieferanten und der Führung des Kassabuchs. Es wäre daher an der Beklagten gelegen, die Zustimmung der Klägerin zu einer Gehaltskürzung einzuholen. Der Geschäftsführer der Beklagten war jedenfalls nicht berechtigt, einseitig und eigenmächtig von der getroffenen Gehaltsvereinbarung abzugehen.
Die an sich gegebene Zulässigkeit einer Verschlechterungsvereinbarung (vgl. SrM III E 57; Arb. 6.912, 9.160, 9.774 mwH; Arb. 10.303 = DRdA 1984/17), ändert nichts daran, daß die Klägerin mit einer Verschlechterung des Inhalts ihres Dienstvertrages und einer Kürzung ihres Gehalts nach den maßgeblichen Feststellungen des Berufungsgerichtes nie einverstanden war. Sie begnügte sich auf Grund ihrer abhängigen Stellung zwar damit, das ausstehende Gehalt lediglich außergerichtlich einzumahnen, sie ließ jedoch nie einen Zweifel daran, daß sie auf ihre Entgeltansprüche auch für die Zukunft nicht verzichten wolle (Schwarz-Löschnigg Arbeitsrecht 223; Arb. 8.788 ua). Insoferne brachte sie bezüglich der ihr zustehenden Ansprüche stets einen eindeutigen Rechtstandpunkt hinreichend zum Ausdruck, weshalb deren nachträgliche aber noch in der Frist des § 1486 Z 5 ABGB gelegene Geltendmachung auch nicht als ein Verstoß gegen Treu und Glauben angesehen werden kann.
Der Klägerin stehen daher im Rahmen ihres Begehrens auch für den Zeitram vom 1. Februar 1984 bis 31. Dezember 1984 die im Angestelltendienstvertrag vereinbarten Entgeltansprüche abzüglich der bereits erbrachten und festgestellten Leistungen zu. Insgesamt errechnet sich ihr restlicher Gehaltsanspruch für die Zeit vom 1. Juni 1982 bis 31. Dezember 1982 aus einem begehrten Monatsgehalt von S 14.600,--, dem monatliche Zahlungen von S 7.900,-- gegenüber stehen; ferner für die Zeit vom 1. Jänner 1984 bis 31. Juli 1984 aus einem begehrten 1onatsgehalt von S 14.600,-- abzüglich der monatlichen Zahlungen von S 7.925,-- und für die Zeit vom 1. August 1984 bis 31. Dezember 1984 aus einem begehrten Monatsgehalt von S 14.500,-- vermindert um Leistungen der Beklagten in Höhe von S 52.149,--. Das Mehrbegehren, das im wesentlichen aus der Nichtberücksichtigung der vollen Höhe der erhaltenen Leistungen resultiert, ist abzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens erster Instanz gründet sich auf § 43 Abs 2 ZPO, da die Klägerin im Ergebnis lediglich mit 6 % ihres Begehrens unterlegen ist.
Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens und des Revisionsverfahrens ist in den §§ 43 Abs 2 bzw. Abs 1 und 50 ZPO begründet. Für ihre Revision stehen der Klägerin nur mehr 66 % der Kosten zu.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)