OGH 4Ob534/87

OGH4Ob534/8715.9.1987

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof.Dr. Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith, Dr. Petrag, Dr. Kodek und Dr. Niederreiter als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach der am 13. November 1984 verstorbenen Stefanie H***, Hausfrau, wohnhaft gewesen in 8280 Fürstenfeld, Roseggergasse 8, infolge Revisionsrekurses der Erben

1. Prof.Dipl.Ing.Dr. Helmut H***, Zivilingenieur, 4060 Leonding, Gattermayrstraße 12, 2. Günther H***, Pensionist, 8940 Liezen, Hauptstraße 9a, beide vertreten durch Dr. Kurt Bielau und Dr. Helga Gaster, Rechtsanwälte in Graz, gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgerichtes vom 10. April 1987, GZ 3 R 79/87-54, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Fürstenfeld vom 4. März 1987, GZ A 335/84-46 abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Stefanie H*** ist am 13. November 1984 ohne Hinterlassung eines Testamentes verstorben. Ihre drei großjährigen Kinder - Prof.Dipl.Ing.Dr. Helmut H***, Günther H*** und Dr. Reingard W***-H*** - gaben auf Grund des Gesetzes zu je einem Drittel unbedingte Erbserklärungen ab (ON 4a, 5); das Erstgericht nahm diese Erbserklärungen an (ON 11). Das von den Erben gemeinsam erstattete eidesstättige Vermögensbekenntnis wurde von den beiden Söhnen durch die Aufnahme einer Forderung des Nachlasses gegen ihre Schwester aus von dieser in den Jahren 1978 bis 1984 getätigten Geldbehebungen von Giro- und Sparkonten der Erblasserin in der Höhe von S 1,096.459,99 unter die Aktiva ergänzt, von der Tochter durch Aufnahme weiterer Passiva, nämlich einer Forderung des Arztes Dr. August W*** für Leistungen zugunsten der Erblasserin im Betrag von S 700.633,-- und einer Forderung der "Frau Lore" - der Pflegerin der Erblasserin - in der Höhe von S 9.269,--. Eine Einigung der Erben über diese Streitpunkte kam nicht zustande (ON 38).

Am 3. Februar 1987 antwortete das Erstgericht den drei Kindern der Erblasserin deren Nachlaß zu je einem Drittel ein und erklärte die Verlassenschaftsabhandlung für beendet (ON 41). Die Einantwortungsurkunde wurde den Rechtsvertretern der Erben am 6. Februar 1987 und zusätzlich auch den Erben selbst (am 6., 9. und 10. Februar 1987) zugestellt.

Am 17. Februar 1987 beantragte Dr. Reingard

W***-H*** unter gleichzeitigem Verzicht auf ein Rechtsmittel gegen die Einantwortungsurkunde die "Realisierung der im Verlaß festgestellten Guthaben bei Banken im Verhältnis der Erbsanteile" (ON 42). Die beiden Söhne der Erblasserin traten diesem Antrag bei und ergänzten ihn gleichzeitig dahin, daß der Miterbin der Auftrag erteilt werden möge.

1.) die in ihrer Gewahrsame befindlichen Sparbücher bei den Geldinstituten, von denen sie ausgestellt seien, zu erlegen,

2.) den von ihr rechtswidrigerweise vom Sparbuch der S*** S*** in Fürstenfeld Nr. 2610-740652 behobenen

Betrag von S 700.000,-- samt Zinsen sofort wieder auf das Sparbuch einzuzahlen und

3.) alle sonstigen von Sparbüchern oder vom Girokonto entnommenen Beträge - ausgenommen die im gemeinsamen eidesstättigen Vermögensbekenntnis unter den Passiva angeführten Beträge - wieder auf die entsprechenden Konten einzuzahlen (ON 45).

Das Erstgericht erteilte der Miterbin Dr. W***-H*** diese drei Aufträge; sie seien notwendig, um die Realisierung der im Verlaß festgestellten Guthaben bei den Banken im Verhältnis der Erbanteile durchführen zu können (ON 46).

Die Miterbin ließ den Auftrag, die in ihrer Gewahrsame befindlichen Sparbücher binnen einem Monat bei den Geldinstituten von denen sie ausgestellt sind, zu erlegen, unbekämpft, erhob jedoch gegen die weiteren Aufträge zu 2.) und 3.) des erstgerichtlichen Beschlusses Rekurs.

Das Gericht zweiter Instanz gab diesem Rekurs dahin Folge, daß es die auf die Anordnungen zu 2.) und 3.) gerichteten Anträge der beiden Söhne der Erblasserin abwies. Sollte die Einantwortungsurkunde inzwischen in Rechtskraft erwachsen sein, wäre damit das Abhandlungsverfahren beendet und die Zuständigkeit des Abhandlungsgerichtes für Verfügungen über das Nachlaßvermögen weggefallen. Für die Rekurswerber wäre aber auch dann nichts gewonnen, wenn das Abhandlungsverfahren noch nicht als beendet anzusehen wäre: Die Miterbin Dr. W***-H*** behaupte im Gegensatz zu den beiden Rechtsmittelwerbern, von der Erblasserin mit Behebungen von Sparkonten beauftragt worden zu sein, um Verpflichtungen der Erblasserin gegenüber dritten Personen zu befriedigen. Wer aber die Herausgabe eines angeblich in den Nachlaß fallenden Gegenstandes mit der Behauptung verweigere, einen solchen Gegenstand auf Grund einer Vereinbarung mit dem Erblasser an sich genommen zu haben, könne vom Abhandlungsgericht nicht zur Herausgabe verhalten werden. Dieses habe über die Frage des Eigentumsrechtes an den angeblich in den Nachlaß fallenden Sachen nicht abzusprechen; vielmehr sei es Sache der Erben, den von ihnen behaupteten Herausgabeanspruch im Rechtsweg geltend zu machen, ohne daß eine (förmliche) Verweisung auf den Rechtsweg durch das Abhandlungsgericht zu erfolgen hätte.

Rechtliche Beurteilung

Dem dagegen von den Söhnen der Erblasserin erhobenen Revisionsrekurs kommt keine Berechtigung zu.

Nach Ansicht der Rechtsmittelwerber sei der Rekurs ihrer Miterbin gegen den Beschluß der ersten Instanz unzulässig gewesen, weil es ihr an der Beschwer gefehlt habe. Das Erstgericht habe nämlich nichts anderes getan, als den übereinstimmenden Anträgen sämtlicher Erben stattzugeben. Die Miterbin selbst habe den Antrag auf Realisierung "der im Verlaß festgestellten Guthaben" im Verhältnis der Erbanteile von je einem Drittel gestellt; das Gericht erster Instanz habe diesen Auftrag nur im Sinne des Antrages der beiden anderen Miterben präzisiert. Dem kann nicht gefolgt werden:

Unrichtig ist, daß Dr. Reingard W***-H*** selbst

den Antrag gestellt hätte, ihr möge der Auftrag erteilt werden, die von ihr abgehobenen Beträge, insbesondere jenen von S 700.000,-- wieder einzuzahlen. Die darauf abzielenden Anträge der Rechtsmittelwerber waren keine bloße "Präzisierung" des Antrages ihrer Schwester, sondern der Versuch, das Abhandlungsgericht über die zwischen den Erben umstrittene Frage, ob die Miterbin zu solchen Abhebungen berechtigt war, entscheiden zu lassen. Bei ihrem Hinweis darauf, daß dem gemeinsamen eidesstättigen Vermögensbekenntnis der Stand der Sparbücher vor den Abhebungen zugrunde liege, übersehen die beiden Miterben, daß ihre Schwester ebenso wie sie selbst dieses gemeinsame eidesstättige Vermögensbekenntnis ihrem Standpunkt entsprechend in unterschiedlicher Weise ergänzt haben. Das Interesse der Miterbin Dr. W***-H*** an der Anfechtung des erstgerichtlichen Beschlusses unterliegt somit keinem Zweifel.

Zutreffend hat das Rekursgericht ausgeführt, daß mit der Rechtskraft der Einantwortung des Nachlasses die Abhandlung beendet ist (§ 174 Abs 1 AußStrG; SZ 47/12 uva). Im Zeitpunkt der Fassung des Beschlusses erster Instanz (4. März 1987) war aber die Einantwortungsurkunde bereits in Rechtskraft erwachsen. Nach rechtskräftiger Einantwortung ist das Abhandlungsgericht - von hier nicht in Betracht kommenden Ausnahmen abgesehen - zu keiner Verfügung über das zur Verlassenschaft gehörige Vermögen mehr befugt (SZ 57/32 ua). Grundsätzlich besteht für das Abhandlungsgericht überhaupt keine Möglichkeit mehr, sich mit der konkreten Nachlaßsache zu beschäftigen (SZ 25/293); auch vor Rechtskraft der Einantwortung eingebrachte Ansuchen, so etwa solche um Verfügungsermächtigung über Nachlaßgegenstände und dgl., können nicht mehr erledigt werden (Feil, Verfahren Außerstreitsachen, 456 mwN). Der Streit darüber, ob die von Dr. W***-H*** abgehobenen Geldsummen in den Nachlaß fallen, kann nicht im außerstreitigen Verlassenschaftsverfahren ausgetragen werden (Feil a.a.O. 334; LGZ Wien in EFSlg. 47.316 ua). Aus der im Revisionsrekurs angeführte Entscheidung EvBl 1966/24 ist für den gegenteiligen Standpunkt nichts zu gewinnen, weil es dort nur um die Frage gegangen war, in welchem Verfahren Streitigkeiten der Miterben über Verwaltungsmaßnahmen während der Dauer der Verlassenschaftsabhandlung zu entscheiden sind.

Der Revisionsrekurs mußte demnach erfolglos bleiben.

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