Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die klagende Partei hat die Kosten der Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.
Text
Begründung
Am 18. Juli 1985 fällte der Beklagte als Arbeitnehmer der Ö*** B*** einen Baum, der auf ein Haus der Kläger stürzte und dort einen Schaden von S 22.530,66 verursachte. Die Kläger begehren den Ersatz dieses Schadens.
Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wendete ein, ihn treffe kein Verschulden, zumindest aber keine grobe Fahrlässigkeit, und er sei passiv nicht legitimiert, weil er über Auftrag der Ö*** B*** eine hoheitliche Aufgabe
erfüllt habe. Die Kläger hätten ihr Haus entgegen den Bestimmungen der Tiroler Bauordnung und der Tiroler Raumordnung zu nahe am Wald errichtet, weshalb sie ein Mitverschulden treffe. Überdies hätten die Kläger in einem Verwaltungsverfahren auf Schadenersatz aus der Waldbewirtschaftung verzichtet.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.
Das Berufungsgericht änderte das Urteil des Erstgerichtes im Sinn des Klagebegehrens ab und sprach aus, daß die Revision zulässig sei.
Das Berufungsgericht ging nach teilweiser Beweiswiederholung im wesentlichen von folgenden Tatsachenfeststellungen aus:
Das Haus der Kläger steht unmittelbar neben dem Wald der Ö*** B***. Als die Rechtsvorgänger der Kläger
ihr Haus erweiterten, kam es in der Bauverhandlung vom 9. Mai 1972 zur "Parteienvereinbarung", wonach die Ö*** B***
keinen Einwand gegen die Erweiterung erheben, jedoch festhalten, daß bereits das bestehende Gebäude zu nahe am Waldrand errichtet wurde (und zwar ursprünglich ohne Bauverhandlung) und die B*** daher keine Haftung für Schäden übernehmen, die aus der normalen Bewirtschaftung des Waldes am Gebäude entstehen sollten. Am 13. Mai 1985 war es bei einem Föhnsturm zu einem streifenförmigen Windwurf gekommen, wobei einige Bäume auf das Haus der Kläger geworfen wurden. Dieser Windschade machte die Bestandsbegradigung erforderlich, die zum Fällen des strittigen Baumes führte. Der Beklagte ist schon seit dem Jahr 1973 bei den
Ö*** B*** beschäftigt und hatte bis zum
jetzigen Schadensfall schon tausende Bäume gefällt. Der 21 m hohe Baum, den der Beklagte zu fällen hatte, stand 15 m vom Haus der Kläger entfernt. Er hatte eine starke Ovalität, war talseitig (zum Haus der Kläger hin) belastet und wies im Bereich des Fällschnittes eine Zwieselbildung auf. Der Beklagte beabsichtigte, den Baum parallel zum Haus zu fällen, weil er bei der gegebenen Ovalität bei dieser Fällrichtung eine wesentlich geringere Bruchleiste benötigte. Weil aber die Bruchleiste so statt der möglichen 37 cm nur 9 cm betrug, wurde eine Führung des Baumes in die beabsichtigte Fällrichtung erschwert. Weiters schnitt er die Fallkerbsehne auf der Druckseite nicht gerade (waagrecht), wodurch eine Hebelwirkung in Richtung des Hauses der Kläger entstand. Im Bereich der Zugseite der Bruchleiste wies der Baum eine Stockbräune auf, die jedoch von außen nicht ersichtlich war. In Verbindung mit der Mehrbelastung des Baumes in Richtung des Hauses der Kläger und wegen der nicht gerade durchgeschnittenen Fallkerbsehne auf der Druckseite brach dadurch die Bruchleiste auf der Zugseite kurz nach dem Beginn des Falles und der Baum drehte in Richtung des Hauses ab. In diesem Baumbestandsgebiet war eine Stockbräune zu etwa 15 bis 20 % vorhanden. Zufolge der exponierten Lage des Baumes, der gewählten Fällrichtung, der Ovalität, der talseitigen Belastung und der Zwieselbildung hätte die Fällrichtung durch geeignete Hilfsmittel wie Seil oder Greifzug abgesichert werden müssen, was der Beklagte jedoch unterließ.
Das Erstgericht war der Ansicht, daß dem Beklagten keine grobe Fahrlässigkeit vorgeworfen werden könne, weshalb er gemäß § 176 Abs 3 ForstG nicht hafte. Ein Verstoß gegen Normen der Dienstnehmerschutzverordnung diene nicht dem Schutz Dritter. Das Berufungsgericht bejahte hingegen grobe Fahrlässigkeit. Bei den festgestellten Umständen habe der Beklagte nicht ausschließen können, daß der Baum auf das Haus der Kläger stürzen könne, und er hätte daher entsprechende Vorsichtsmaßnahmen treffen müssen. Die Parteienvereinbarung vom 9. Mai 1972 (aufgenommen in den Bescheid vom 4. Jänner 1973) sehe nur für den Fall einer normalen Bewirtschaftung einen Haftungsausschluß vor und könne daher nicht auf den Fall einer groben Fahrlässigkeit angewendet werden.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist entgegen dem Ausspruch des Berufungsgerichtes nicht zulässig, weil die Voraussetzungen nach § 502 Abs 4 Z 1 ZPO nicht vorliegen.
Bei der Beurteilung des Grades des Verschuldens des Beklagten geht das Berufungsgericht von den in der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes entwickelten Grundsätzen aus. Der Frage, ob das festgestellte Fehlverhalten schon grobe oder noch leichte Fahrlässigkeit darstellt, kommt keine über den Einzelfall hinausgehende erhebliche Bedeutung iSd § 502 Abs 4 Z 1 ZPO zu. Auch bei der Auslegung der Parteienvereinbarung vom 9. Mai 1972 weicht das Berufungsgericht nicht von allgemeinen Vertragsauslegungsgrundsätzen und der dazu bestehenden Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes ab. Daß die klagenden Parteien auch für den Fall grober Fahrlässigkeit auf Schadenersatz verzichtet hätten, wurde von der beklagten Partei im Verfahren nicht geltend gemacht, sodaß nicht zu untersuchen ist, ob sich die Vereinbarung vom 9. Mai 1972 überhaupt auch auf den Beklagten erstreckte oder ob die Voraussetzungen für eine Anwendung des § 6 Abs 1 Z 9 KSchG gegeben wären.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 40 und 50 ZPO; die Kläger haben die Unzulässigkeit der Revision nicht erkannt.
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