OGH 1Ob659/87

OGH1Ob659/872.9.1987

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Schragel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schubert, Dr.Hofmann, Dr.Kodek und Dr.Redl als weitere Richter in der Pflegschaftssache mj. Theresia R***, geboren 7.Oktober 1986, infolge Revisionsrekurses der ehelichen Mutter Rita R***, Hausfrau, Feldkirch, Tosters, Im Brühl 33, vertreten durch Dr.Anna Jahn, Rechtsanwalt in Feldkirch, gegen den Beschluß des Landesgerichtes Feldkirch als Rekursgerichtes vom 15.Juli 1987, GZ. 1 a R 271/87-16, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Feldkirch vom 22.Juni 1987, GZ. P 124/87-12, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs dessen Kosten die Mutter selbst zu tragen hat, wird Folge gegeben. Der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß die Entscheidung des Erstgerichtes mit der Maßgabe wiederhergestellt wird, daß im Punkt 2 erster Absatz die Worte "im Monat" zu entfallen haben.

Die Revisionsrekursbeantwortung des Vaters wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Die Eltern leben dauernd getrennt. Ein Scheidungsverfahren ist anhängig. Mit Punkt 1 des Beschlusses des Erstgerichtes vom 22. Juni 1987, ON 12, wurde das Sorgerecht am Kind rechtskräftig der Mutter übertragen.

Die Mutter beantragte, dem Vater an jedem zweiten Sonntag im Monat in der Zeit von 14 bis 17 Uhr ein Besuchsrecht einzuräumen. Der Vater sprach sich gegen eine Besuchsrechtsregelung aus, diese sei vorerst nicht notwendig. Er möchte ein uneingeschränktes Besuchsrecht haben, er wolle das Kind jedes Wochenende besuchen. Das Erstgericht räumte dem Vater an jedem zweiten Sonntag im Monat (gemeint: vierzehntägig) von 14 Uhr bis 17 Uhr ein Besuchsrecht ein. Es stellte fest, es komme im Zusammenhang mit der Ausübung des Besuchsrechtes durch den Vater immer wieder zu Problemen und Reibereien. Die Mutter habe bereits ihren Bruder um Intervention bitten müssen, damit es nicht zu größeren Auseinandersetzungen käme. Wer diese Auseinandersetzungen auslöse, könne nicht festgestellt werden. Einmal habe sogar die Gendarmerie einschreiten müssen, um den Vater zu beruhigen und aus der Wohnung zu entfernen. Das Kind werde durch diese Streitigkeiten aufgeweckt und sei dann mitunter nur schwer wieder zu beruhigen. Rechtlich ging das Erstgericht davon aus, daß das Wohl des Kindes für die Regelung des Besuchsrechtes ausschlaggebend sei. Die zwischen den Eltern aufgetretenen besonderen Spannungen gereichten dem Kind nicht gerade zum Vorteil und entsprächen nicht dem Grundgedanken des Kindeswohles. Eine Besuchsrechtsausübung alle zwei Wochen erscheine daher ausreichend.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Vaters teilweise Folge und räumte ihm an jedem ersten und dritten Samstag von 14 bis 16 Uhr und an jedem zweiten und vierten Sonntag eines jeden Monates von 14 bis 17 Uhr ein Besuchsrecht ein. Bei einem Kleinkind könne der Zweck des Besuchsrechtes nur dann erreicht werden, wenn besonders häufige und regelmäßige Kontakte zwischen dem nicht sorgeberechtigten Elternteil und dem Kind bestünden. Lägen zwischen den einzelnen Besuchen längere Zeiträume, so verblasse die Erinnerung des Kindes an die Besuchsperson. Der Erfolg des Besuchsrechtes könne beeinträchtigt oder ganz in Frage gestellt werden. Das Rekursgericht erachte daher wöchentliche Besuchskontakte des Vaters zum Kind für empfehlenswert und erforderlich, um die von der Zielsetzung des § 148 ABGB angestrebte Verbundenheit zwischen dem nicht sorgeberechtigten Elternteil und dem Kind herzustellen. Nach der Aktenlage könne erwartet werden, daß es sich bei den aufgetretenen Spannungen um einen einmaligen Vorfall gehandelt habe und sich nunmehr die Eltern bei Besuchskontakten in einer Weise begegnen werden, die sich nicht nachteilig auf das Kind auswirken werde.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der Mutter ist berechtigt.

Für jede Besuchsrechtsregelung ist das Wohl des Kindes ausschlaggebend (EFSlg 48.276, 45.720, 43.222 uva). Der Umfang des Besuchsrechtes muß daher mit den wohlverstandenen Interessen des Kindes in Einklang gebracht werden (EFSlg 29.038). Was die Häufigkeit eines periodisch geregelten Besuchsrechtes betrifft, wird im allgemeinen bloß ein Besuchstag monatlich für unzureichend, zwei Besuchstage aber für ausreichend angesehen, um die mit der Besuchsrechtseinräumung angestrebten Ziele zu erreichen (EFSlg 48.320, 43.242, 40.765, 38.256 ua). Ob bei Kindern im Alter von nicht einmal einem Jahr grundsätzlich häufigere, dann aber jeweils kürzere Besuchszeiten angeordet werden sollen, um Anpassungsschwierigkeiten entgegenzuwirken (so EFSlg 38.258, in welchem Fall aber statt eines einmaligen ein zweimaliges monatliches Besuchsrecht festgesetzt wurde), und ein viermaliges monatliches Besuchsrecht dem Kindeswohl entspräche, kann hier dahingestellt bleiben. Das Erstgericht stellte ausdrücklich fest, daß es wegen der zwischen den Eltern im Zuge des Scheidungsverfahrens bestehenden Spannungen zu Vorfällen gekommen sei, die dem Kind nicht zum Vorteil gereichten und die daher nicht dem Grundgedanken des Kindeswohles entsprächen. Da das Scheidungsverfahren der Aktenlage nach noch anhängig ist, kann dem Rekursgericht nicht darin gefolgt werden, daß weitere Irritationen des Kindes durch das Verhalten der Eltern nun micht mehr zu befürchten seien. Auch auf die Möglichkeit der teilweisen Freizeitgestaltung der Mutter an Wochenenden muß Bedacht genommen werden. Das vom Erstgericht eingeräumte vierzehntägige Besuchsrecht genügt sowohl der Förderung des Kindeswohles als auch der Aufrechterhaltung des persönlichen Kontaktes zwischen Vater und Tochter.

Dem Revisionsrekurs ist Folge zu geben und der Beschluß des Erstgerichtes unter Klarstellung seiner wahren Absicht wiederherzustellen. Kostenersatz ist im Pflegschaftsverfahren nicht vorgesehen.

Da das außerstreitige Rechtsmittelverfahren, soweit nicht Sonderbestimmungen eingreifen, einseitig ist, ist die Revisionsrekursbeantwortung des Vaters zurückzuweisen.

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