OGH 3Ob543/87

OGH3Ob543/872.9.1987

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Warta, Dr. Klinger, Dr. Egermann und Dr. Angst als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach dem am 15. Juli 1974 verstorbenen Hugo I***, Schuhmachermeister, zuletzt wohnhaft gewesen in Breitenbach am Inn Nr. 12, infolge außerordentlichen Revisionsrekurses des erbserklärten Erben Siegfried I***, Laborant und Landwirt, Breitenbach am Inn Nr. 12, vertreten durch Dr. Peter Greil, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen den Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck als Rekursgerichtes vom 8. Mai 1987, GZ 2 b R 67/87-31, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Rattenberg vom 17. März 1987, GZ A 136/74-27, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Das sich aus der Todfallsaufnahme ergab, daß der am 15. Juli 1974 verstorbene Hugo I*** kein Vermögen hinterlassen habe, wurde der Bericht über die Todfallsaufnahme zunächst dahin erledigt, daß wegen Abganges eines Vermögens keine Verlassenschaftsabhandlung stattfinde (§ 72 Abs. 1 AußStrG). Als in der Folge hervorkam, daß auf der Liegenschaft EZ 69 II KG Kundl das Alleineigentum für den Verstorbenen einverleibt ist, und deshalb die Durchführung einer Verlassenschaftsabhandlung angeordnet wurde, gaben der erbl. Sohn Siegfried I*** zu zwei Drittel und die erbl. Tochter Christine A*** zu einem Drittel unbedingte Erbserklärungen ab. Siegfried I***, der mit dem am 4. September 1969 zwischen ihm und seinem Vater abgeschlossenen Übergabsvertrag die Liegenschaft EZ 8 I KG Breitenbach, auf der sich der elterliche Hof befindet, übernommen hatte, brachte allerdings vor, daß auch die Liegenschaft EZ 69 II KG Kundl mitübergeben und nur aus einem Versehen nicht in den Übergabsvertrag aufgenommen worden sei; die Liegenschaft sei daher nicht in das Nachlaßinventar aufzunehmen. Christine A*** bestritt dies. Der Erblasser habe ihr gegenüber nach der Hofübergabe erwähnt, er besitze noch ein Grundstück. Die Liegenschaft gehöre daher zum Nachlaß. Das Erstgericht ordnete an, daß die Liegenschaft im eidesstättigen Vermögensbekenntnis unter den Aktiva zu verzeichnen sei. Es traf folgende Feststellungen:

Die strittige Liegenschaft ist ein Wiesengrundstück, das durch dreimaliges Mähen im Jahr genutzt wird. Die Bewirtschaftung des Hofes änderte sich durch die Übergabe im Jahr 1969 nicht; sie wurde sowohl vor als auch nach der Übergabe von Hugo I***, dessen Ehegattin und Siegfried I*** gemeinsam durchgeführt. Das wirtschaftliche Risiko allerdings ging mit der Übergabe auf Siegfried I*** über. Es kann nicht festgestellt werden, daß das Grundstück EZ 69 II KG Kundl bei der Vertragserrichtung vergessen wurde. Hugo I*** hat noch nach Abschluß des Übergabsvertrages gegenüber Christine A*** erwähnt, daß er noch ein Stück Land besitze.

In seiner rechtlichen Beurteilung vertrat das Erstgericht die Ansicht, es hätten sich keine Anhaltspunkte dafür ergeben, daß der Erblasser zum Zeitpunkt seines Todes nicht mehr - wie es § 97 Abs. 1 und § 104 AußStrG für die Übernahme in das Nachlaßinventar fordere - im Besitz der Liegenschaft gewesen sei.

Das Rekursgericht bestätigte die Entscheidung des Erstgerichtes. Für die Frage, ob eine Liegenschaft in das Nachlaßinventar aufzunehmen ist, seien die Besitzverhältnisse im Zeitpunkt des Todes des Erblassers maßgebend. Die Ausübung des Besitzes werde bei Liegenschaften durch deren Bewirtschaftung indiziert. Hugo I*** sei bis zu seinem Tod im Besitz der Liegenschaft gewesen; denn durch die Übergabe des Hofes habe sich an der gemeinsamen Bewirtschaftung nichts geändert.

Siegfried I*** bekämpft den Beschluß des Rekursgerichtes mit außerordentlichem Revisionsrekurs aus dem Rekursgrund der offenbaren Gesetzwidrigkeit mit dem Antrag, die Entscheidungen der Vorinstanzen aufzuheben und dem Erstgericht eine neue Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufzutragen.

Rechtliche Beurteilung

In dem Umstand, daß die Vorinstanzen die Ansicht vertreten, die Liegenschaft sei in das eidesstättige Vermögensbekenntnis aufzunehmen, weil sich der Erblasser zur Zeit seines Todes in ihrem Besitz befunden habe, kann eine offenbare Gesetzwidrigkeit im Sinne der Verletzung eindeutiger Gesetzesvorschriften (EFSlg. 49.930) nicht gefunden werden. Die §§ 97 und 104 AußStrG, die die Aufnahme allen, selbst fremden Vermögens in das Inventar vorsehen, wenn sich nur der Erblasser zur Zeit seines Todes in dessen Besitz befunden hat und nicht die Eigentumsrechte dritter Personen klar, dh unzweifelhaft erscheinen, lasen die bekämpfte Anordnung zumindest aus dem Gesichtspunkt des Mitbesitzes des Erblassers im Zeitpunkt seines Todes zu, zumal die Frage, ob der Besitzbegriff der genannten Bestimmungen des Außerstreitgesetzes mit jenem des § 309 ABGB ident ist, im Gesetz nicht ausdrücklich gelöst wird (SZ 47/12; 1 Ob 701/76).

Strittige Eigentumsfragen sind nicht im Abhandlungsverfahren, sondern im Prozeßweg zu klären (SZ 47/12; EFSlg. 50.047). Durch die Aufnahme von Vermögenswerten in das Inventar (eidesstättige Vermögensbekenntnisse) wird der Frage des Eigentums nicht vorgegriffen (EFSlg. 47.323).

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