OGH 5Ob347/87 (5Ob348/87, 5Ob349/87, 5Ob350/87, 5Ob351/87)

OGH5Ob347/87 (5Ob348/87, 5Ob349/87, 5Ob350/87, 5Ob351/87)1.9.1987

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Griehsler, Dr. Jensik, Dr. Zehetner und Dr. Klinger als Richter in den Konkurssachen 1.) H*** E*** mbH (S 51/85 des Kreisgerichtes Wels), 2.) D*** E***

Gesellschaft mbH (S 57/85 des Kreisgerichtes Wels),

3.) Dipl.Ing. Wilhelm Siegfried P*** (S 74/85 des Kreisgerichtes Wels), 4.) Wilhelm P***, Hoch- und Tiefbaugesellschaft mbH & Co KG (S 45/85 des Kreisgerichtes Wels) und 5.) Wilhelm P***, Hoch- und Tiefbaugesellschaft mbH (S 46/85 des Kreisgerichtes Wels) infolge Rekurses der zu 1.) bis 5.) genannten Gemeinschuldner sowie der Gemeinschuldner Wilhelm P***, Internationale Hoch- und Tiefbaugesellschaft mbH (S 63/85 des Kreisgerichtes Wels), M*** Baugesellschaft mbH (9 S 25/85 des Landesgerichtes St. Pölten) und Karin P*** (S 66/86 des Kreisgerichtes Wels) gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz vom 22.Juli 1987, GZ 78, 79, 92, 97 und 98/87-6, und infolge der in diesem Rekurs enthaltenen Erklärung der Rekurswerber alle Richter des Oberlandesgerichtes Linz und der Gerichtshöfe erster Instanz im Sprengel des Oberlandesgerichtes Linz wegen Befangenheit abzulehnen und gemäß §§ 30, 31 JN die Delegierung eines anderen Oberlandesgerichtes zu beantragen, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs, der soweit er von den Gemeinschuldnern Wilhelm P***, Internationale Hoch- und Tiefbaugesellschaft mbH, M*** Baugesellschaft mbH und Karin P*** erhoben wurde, zurückgewiesen wird, wird im übrigen nicht Folge gegeben.

Die Erklärung der Rekurswerber, alle Richter des Oberlandesgerichtes Linz wegen Befangenheit abzulehnen und gemäß §§ 30, 31 JN die Delegierung eines anderen Oberlandesgerichtes zu beantragen, wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Am 21.4.1987 stellte Dipl.Ing. Wilhelm P*** in den oben genannten Konkursverfahren (im eigenen Namen, als Geschäftsführer der gemeinschuldnerischen Gesellschaften und als Vertreter seiner Gattin Karin P***) den Antrag, die beim Kreisgericht Wels anhängigen Konkursverfahren an ein anderes Gericht zu delegieren, weil das Oberlandesgericht Linz am 14.10.1986 zu 5 Nc 144/86 und am 18.3.1987 zu 11 Ns 138/87 der Befangenheitserklärung aller Richter des Kreisgerichtes Wels stattgegeben habe. In einem Nachsatz lehnte er das Oberlandesgericht Linz für die Beurteilung dieses Antrages ab, weil die bisherige Verhaltensweise aller Richter des Oberlandesgerichtes Anlaß zur Besorgnis der Befangenheit gebe. Nachdem der Oberste Gerichtshof in den Konkursverfahren 1.) bis

5.) die Erklärung des Dipl.Ing. Wilhelm P*** vom 21.4.1987, alle Richter des Oberlandesgerichtes Linz wegen Befangenheit abzulehnen, zurückgewiesen und ausgesprochen hatte, daß es damit auch an der Grundlage für eine amtswegige Delegation durch den Obersten Gerichtshof im Sinne des § 30 JN fehlt (5 N 301, 302, 304, 305/87), wies das Oberlandesgericht Linz am 22.7.1987 durch den Senatspräsidenten Dr. H*** als Vorsitzenden und durch Dr. W*** und Dr. K*** als weitere Richter in diesem Konkursverfahren die Erklärung des Dipl.Ing. Wilhelm P*** (vom 21.4.1987), sämtliche Richter des Kreisgerichtes Wels, insbesondere den Konkursrichter Mag. Werner H***, als befangen abzulehnen und ein anderes Gericht erster Instanz zur Fortführung der Konkurse zu bestimmen, ab. Das Oberlandesgericht Linz führte im wesentlichen aus, daß sich die Ablehung - konform mit der von den abgelehnten Richtern abgegebenen Stellungnahme - als unbegründet erweise, weil der Umstand, daß sich diese Richter in Rechtssachen gegen ihre Kollegen, den Leitenden Staatsanwalt und einen Sachverständigen für befangen erachten, noch nicht bedeutet, daß sie auch in den Konkurssachen des Dipl.Ing. Wilhelm P*** und der von ihm bisher vertretenen Gesellschaften befangen wären.

Gegen diesen Beschluß richtet sich der als "Nichtigkeitsbeschwerde und Rekurs" bezeichnete, von Dipl.Ing. Wilhelm P*** im eigenen Namen, als Geschäftsführer der Geselleschaften Wilhelm P***, Hoch- und Tiefbaugesellschaft mbH & Co. KG, Wilhelm P***, Hoch- und Tiefbaugesellschaft mbH, H*** E*** Gesellschaft mbH, D*** Eigentumswohnungen Gesellschaft mbH, Wilhelm P***, Internationale Hoch- und Tiefbaugesellschaft mbH sowie M*** Baugesellschaft mbH und als Vertreter der Karin P*** erhobene Rekurs mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß wegen Nichtigkeit und Gesetzwidrigkeit aufzuheben. Zugleich werden alle Richter des Oberlandesgerichtes Linz und der Gerichtshöfe erster Instanz im Sprengel des Oberlandesgerichtes Linz mit dem Antrag wegen Befangenheit abgelehnt, gemäß §§ 30, 31 JN ein anderes Oberlandesgericht zu delegieren.

1.) Zum Rekurs:

Soweit der Rekurs von den Gemeinschuldnern Wilhelm P***, Internationale Hoch- und Tiefbaugesellschaft mbH, M*** Baugesellschaft mbH und Karin P*** erhoben wurde, ist er zurückzuweisen, weil der angefochtene Beschluß nicht in deren Konkursverfahren ergangen ist. Zu den Rekursausführungen der übrigen Rekurswerber ist wie folgt Stellung zu nehmen:

Rechtliche Beurteilung

Der Ansicht der Rekurswerber, die Geschäftsverteilung des Oberlandesgerichtes Linz sei verfassungs- und gesetzwidrig, weshalb der angefochtene Beschluß nichtig sei, ist zunächst allgemein entgegenzuhalten, daß eine Geschäftsverteilung (hier die vom Personalsenat des Oberlandesgerichtes Linz für diesen Gerichtshof beschlossene Geschäftsverteilung) als generell-abstrakte Norm, solange sie in Geltung steht, (in der jeweils geltenden Fassung) anzuwenden ist (4 Ob 516/80, 6 Ob 583/80). Davon abgesehen ist die Behauptung der Rekurswerber, die Geschäftsverteilung des Oberlandesgerichtes Linz für 1987 sei bereits 4mal ohne die dafür notwendigen Voraussetzungen des Gerichtsorganisationsgesetzes (offenbar gemeint: § 34 GOG) geändert worden, völlig unsubstantiiert. Wie der Oberste Gerichtshof erhoben hat, lagen hier die für eine Änderung der Geschäftsverteilung in § 34 GOG normierten Voraussetzungen im übrigen vor. Der Verteilungsmodus sowie dessen Änderung während eines Kalenderjahres sind im Hinblick darauf, daß die Geschäfte auf alle Richter tunlichst gleichmäßig zu verteilen sind (§ 17 Abs. 2 Geo), nicht zu beanstanden; die Einhaltung der Verteilungsgrundsätze und der Ausschluß einer willkürlichen Zuteilung sind durch die mit der Durchführung betrauten Gerichtsbediensteten zu gewährleisten. Wie der Oberste Gerichtshof erhoben hat, wurde auch den Vorschriften des § 22 Geo Genüge getan, soweit die Geschäftsverteilung im gegenständlichen Fall anzuwenden ist. Dazu kommt, daß die Geschäftsverteilung mit allen ihren Änderungen allen Interessierten zur Einsicht im Präsidium des Oberlandesgerichtes Linz zur Verfügung stand und den Rekurswerbern überdies eine Ablichtung der Geschäftsverteilung ausgehändigt wurde. Zur Auffassung der Rekurswerber, der Senat des Oberlandesgerichtes Linz, der den angefochtenen Beschluß gefaßt hat, sei nicht entsprechend der Geschäftsverteilung zusammengesetzt gewesen, weshalb dieser Beschluß nichtig sei, ist auszuführen: Gemäß § 171 KO, § 260 Abs. 4 ZPO idF der Zivilverfahrensnovelle 1983 ist zwar der Umstand, daß am Verfahren ein nach der Geschäftsverteilung nicht dazu berufener Richter beteiligt ist, ein relativer Nichtigkeitsgrund (Fasching, Lehrbuch, Rz 142 f, 727, 1758; Rechberger-Simotta, Zivilprozeßrecht/Erkenntnisverfahren3 Rz 34 und 699/1; Ballon in ÖJZ 1983, 226), der von den Rekurswerbern hier mangels Einlassung im Sinne des § 260 Abs. 4 ZPO auch noch geltend gemacht werden könnte, doch hat die Zusammensetzung des erkennenden Senates 6 des Oberlandesgerichtes Linz der Geschäftsverteilung entsprochen. Senatspräsident Dr. H*** ist der Vorsitzende dieses Senates, dessen Mitglieder die Richter Dr. W***, Dr. K*** und Dr. K*** sind. Dagegen, daß Dr. W***

zugleich Stellvertreter des Vorsitzenden ist, bestehen keine Bedenken. Die Bestimmung des Punktes 2 der allgemeinen Grundsätze der Geschäftsverteilung, wonach die Stellvertreter des Vorsitzenden dem betreffenden Senat in der angeführten Reihenfolge zugleich als letzte Ersatzmitglieder angehören, bezieht sich nur auf jene Stellvertreter, die nicht ohnehin - wie Dr. W*** - Mitglieder des Senates sind. Der Richter Dr. K*** befand sich, wie der Oberste Gerichtshof erhoben hat, im Zeitpunkt der Fassung des angefochtenen Beschlusses (22.7.1987) auf Urlaub.

Der Meinung der Rekurswerber, die Abweisung ihres sämtliche Richter des Kreisgerichtes Wels, insbesondere den Konkursrichter Mag. Werner H***, betreffenden Ablehnungsantrages (vom 21.4.1987) sei gänzlich unbegründet und wegen der gebotenen ganzheitlichen Betrachtungsweise sowie im Hinblick darauf, daß nicht der Ablehnende die Befangenheit des Richters, sondern der abgelehnte Richter bzw. die über die Ablehnung befindende Gerichtsinstanz die volle Unbefangenheit darzutun habe, unhaltbar, kann nicht gefolgt werden. Ob der abgelehnte Richter befangen ist, ist stets in bezug auf die Rechtssache zu prüfen, in welcher er wegen Befangenheit abgelehnt worden ist. Die ablehnende Partei hat die Umstände genau anzugeben, welche die Ablehnung begründen (§ 22 Abs. 1 Satz 2 JN), und die vom Richter bestrittenen Ablehnungsgründe glaubhaft zu machen (§ 22 Abs. 3 Satz 1 JN). Wurde ein Ablehnungsantrag rechtskräftig abgewiesen, dann dann auf die Ablehnungsgründe allein, die diesem Ablehnungsantrag zugrundelagen, ein neuer Ablehnungsantrag nicht mit Erfolg gestützt werden. Im Rekurs gegen die erstinstanzliche Abweisung eines Ablehnungsantrages können wegen des Neuerungsverbotes neue Ablehnungsgründe nicht geltend gemacht werden. Wie der Oberste Gerichtshof bereits wiederholt - und zwar auch in den gegenständlichen Konkursverfahren (zB zu 5 N 301/86) - ausgesprochen hat, können nur namentlich bezeichnete Richter aus im einzelnen darzulegenden bestimmten persönlichen Gründen abgelehnt werden, während die Ablehnung eines ganzen Gerichtes unzulässig ist. Von einem Richter kann erwartet werden, daß er auch dann unbefangen entscheidet, wenn eine Partei gegen ihn Klagen und Aufsichtsbeschwerden erhebt sowie Straf- und Disziplinaranzeigen erstattet. Ein unterlaufener Fehler kann eine Entscheidung unrichtig machen - dies ist im Rechtsmittelweg zu bekämpfen - , ohne daß die Entscheidung dadurch schon zu einer unsachlichen Entscheidung würde. Legt man diese in der Lehre und Rechtsprechnung herausgearbeiteten Grundsätze, von denen abzugehen die Ausführungen der Rekurswerber keinen Anlaß bieten, der Entscheidung zugrunde, dann verfiel der alle Richter des Kreisgerichtes Wels, insbesondere den Konkursrichter Mag. Werner H***, betreffende Ablehnungsantrag der Rekurswerber zu Recht der Abweisung.

Es war daher dem Rekurs, soweit er meritorisch zu erledigen war, ein Erfolg zu versagen.

2.) Zur Ablehnung aller Richter des Oberlandesgerichtes Linz und zum Antrag, ein anderes Oberlandesgericht zu delegieren; Die Rekurswerber leiten die Befangenheit bzw. den Ausschluß aller Richter des Oberlandesgerichtes Linz, ohne sie namentlich zu bezeichnen und für jeden von ihnen bestimmte Ablehnungsgründe konkret anzuführen, zusammengefaßt daraus ab, wie diese Richter in den gegenständlichen Konkursverfahren, insbesondere in den Ablehnungssachen, entschieden haben sowie daß die Rekurswerber gegen sie Straf- und Disziplinaranzeige erstattet und Klagen sowie Aufsichtsbeschwerden erhoben haben.

Der Oberste Gerichtshof hat bereits wiederholt - und zwar auch in den gegenständlichen Konkursverfahren (zB zu 5 N 301/86, 5 N 301/87 ua) - entschieden, daß ein schlüssiger Ablehnungsantrag nur dann vorläge, wenn die Ablehnungswerber (mindestens) soviele namentlich bezeichnete Richter des Oberlandesgerichtes Linz aus im einzelnen angeführten bestimmten persönlichen Gründen, die geeignet sind, deren Unbefangenheit in Zweifel zu ziehen, abgelehnt hätten, daß dieser Gerichtshof im Sinne des § 23 JN beschlußunfähig geworden wäre. Dies ist jedoch auch nunmehr nicht der Fall. Aus dem Vorbringen der Rekurswerber ergibt sich auch nicht, daß alle Richter des Oberlandesgerichtes Linz von der Entscheidung kraft Gesetzes ausgeschlossen wäre.

Die Ablehnung aller Richter des Oberlandesgerichtes Linz war daher zurückzuweisen. Damit fehlt es auch an der Grundlage für eine amtswegige Delegation durch den Obersten Gerichtshof im Sinne des § 30 JN.

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