OGH 2Ob552/87 (2Ob553/87, 2Ob554/87)

OGH2Ob552/87 (2Ob553/87, 2Ob554/87)1.9.1987

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Scheiderbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Melber, Dr. Kropfitsch und Dr. Huber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden und widerbeklagten Partei Dipl.Ing. Herbert W***, 1080 Wien, Wickenburggasse 19, vertreten durch Dr. Erich und Dr. Richard Proksch, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte und widerklagende Partei R*** Ö***, vertreten durch die Finanzprokuratur, 1011 Wien, Singerstraße 17-19, und die Nebenintervenientin auf Seiten der beklagten und widerklagenden Partei H*** Baugesellschaft m.b.H., 1170 Wien, Frauenfelderstraße 14-18, vertreten durch Dr. Günther Weingartner, Rechtsanwalt in Wien, wegen 207.785,77 S sA im Verfahren 54 Cg 29/84, 586.947,19 S sA und Feststellung (100.000 S) im Verfahren 54 Cg 102/85 und 3,762.184,44 S sA im Verfahren 54 Cg 195/85 je des Landesgerichtes für ZRS Wien, infolge Rekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 20. Mai 1986, GZ 12 R 95/86-29, womit das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Wien vom 19. Dezember 1985, GZ 54 Cg 29/84-25, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Soweit der Rekurs die Aufhebung des Urteiles des Erstgerichtes in seinem Punkt I. 2. und 3. bekämpft, wird er zurückgewiesen; im übrigen wird dem Rechtsmittel nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind als weitere Verfahrenskosten zu behandeln.

Text

Begründung

Die klagende und widerbeklagte Partei (im folgenden "Kläger" genannt) begehrte in der am 26. Jänner 1984 zu 54 Cg 29/84 des Erstgerichtes eingebrachten Klage den Zuspruch von 207.785,77 S s.A. Der Kläger habe der beklagten und widerklagenden Partei (im folgenden "Beklagte" genannt) gegenüber mit Vertrag vom 30. Mai 1979 die statische und konstruktive Bearbeitung für den Zu- und Umbau der Höheren Bundeslehranstalt für gewerbliche Frauenberufe, 1160 Wien, Herbststraße 104, übernommen. Aufgrund dieses Vertrages habe er die Leistungen gemäß dem Baufortschritt zu erbringen und nach Maßgabe der von ihm erbrachten Leistungen Anspruch auf Teilzahlungen. Ing. G*** habe als Organ der Beklagten am 18. und 20. August 1981 die Standberechnung für den Bauteil A begehrt. Diese Standberechnung habe der Kläger erstellt und abgeliefert. Die diesbezügliche Teilrechnung vom 9. Mai 1983 sei jedoch von der Beklagten nicht bezahlt worden. Da der Kläger mit Bankkrediten arbeite, werde ein Zinsenbegehren von 12 % p.a. gestellt.

Die Beklagte bestritt dieses Vorbringen, beantragte die Abweisung der Klage und brachte vor, der Kläger habe die statischen Berechnungen für den Bauteil A ohne vertragliche Grundlage übersendet. Ing. G*** als Organ der Beklagten habe diese Leistung nie "abberufen". Da die vom Kläger für die Bauteile B, C und D derselben Schule durchgeführten Standberechnungen fehlerhaft gewesen seien und Sanierungsarbeiten erforderlich gemacht hätten, wendete die Beklagte letztlich eine Gegenforderung von 586.947,19 S kompensando gegen die Klageforderung ein. Bei diesem Betrag handle es sich um jene Kosten, die die Beklagte an die "H***" Baugesellschaft mbH für die Erstellung einer neuen Statik für den Bauteil D am 14. Dezember 1984 gezahlt habe.

Der Kläger bestritt die eingewendete Gegenforderung und brachte hiezu vor, die von ihm für die Bauteile B, C und D aufgestellten statischen Berechnungen seien mängelfrei durchgeführt worden. Im übrigen sei eine allfällige Gegenforderung verjährt. Am 9. Mai 1985 brachte die Beklagte eine Widerklage ein, in der sie denselben Anspruch von 586.947,19 S s.A. geltend machte und ein Feststellungsbegehren erhob (Verfahren 54 Cg 102/85). Mit einer zweiten Widerklage, welche am 27. September 1985 zu 54 Cg 195/85 gerichtsanhängig wurde, begehrte die Beklagte den Zuspruch von 3,762.182,44 S s.A. Dabei handle es sich um Zahlungen an die Nebenintervenientin "H***" Baugesellschaft mbH zur Mängelsanierung. Der Kläger bestritt das Vorbringen in den Widerklagen, beantragte deren Abweisung und wendete jeweils Verjährung ein. Das Erstgericht erkannte im Verfahren 54 Cg 29/84 die Klageforderung als zu Recht bestehend (Punkt I/1), die Gegenforderung als nicht zu Recht bestehend (Punkt I/2), und verpflichtete die Beklagte zum Ersatz des eingeforderten Betrages samt 4 % Zinsen seit 12. Mai 1983 (Punkt I/3). Das Zinsenmehrbegehren des Klägers wies es ebenso wie die Widerklagen zu 54 Cg 102/85 und 54 Cg 195/85 ab (Punkt I/4, II und III).

Das Erstgericht legte seiner Entscheidung im wesentlichen folgende Feststellungen zugrunde:

Zwischen dem Kläger und der Beklagten wurde im Frühjahr 1979 ein Vertrag geschlossen, dessen Gegenstand die statische und konstruktive Bearbeitung für den Zu- und Umbau der Höheren Bundeslehranstalt für gewerbliche Frauenberufe, 1160 Wien, Herbststraße 104, war. Der Kläger sollte als Auftragnehmer der Beklagten entsprechende Berechnungen bezüglich der Bauteile B, C, D und A (in dieser Reihenfolge) durchführen. Die einzelnen Teilleistungen sollten jeweils nur dann erbracht werden, wenn die vorhergehende Leistung abgeschlossen und vom Auftraggeber genehmigt und die nachfolgende Leistung vom Auftragnehmer angeordnet ("abberufen") worden war. Vom Kläger wurden die Standberechnungen für die Bauteile B, C und D durchgeführt, weiters erstellte der Kläger die Vorstatik für den Bauteil A. Nach Vornahme dieser Arbeiten legte der Kläger darüber am 9. Dezember 1980 Rechnung, die Rechnungssumme wurde in der Folge von der Beklagten bezahlt. Am 19. und 20. August 1981 fand ein Baustellenbesuch statt, an dem der Kläger und, als Organ der Beklagten, Ludwig G*** teilnahmen. Im Rahmen dieses Besuchs forderte G*** den Kläger zur Vornahme der Standberechnung für den Bauteil A auf, weiters wurde bei diesem Bauteil eine "Deckenaufnahme" durchgeführt, also eine Deckenöffnung, die die Kenntnisnahme vom Bauzustand ermöglichen sollte. Der Kläger begann daraufhin mit der Ausführung der Standberechnung. Am 3. November 1981 fand eine Baubesprechung statt, in deren Rahmen G*** den Kläger darauf hinwies, daß an den bereits errichteten Bauteilen Haarrisse aufgetreten seien, die von der Beklagten auf Mängel der vom Kläger für diese Bauteile vorgenommenen Standberechnungen zurückgeführt würden. Am 17. November 1981 fand eine Baukontrolle statt. Mit Schreiben vom 25. November 1981 teilte die Beklagte dem Kläger mit, daß sie die Absicht habe, die vom Kläger erstellten Standberechnungen überprüfen zu lassen. In ihrem Brief vom 17. Dezember 1981 setzte die Beklagte den Kläger davon in Kenntnis, daß Dipl.Ing. Rudolf L*** mit der Überprüfung der vom Kläger für die Bauteile B und C ausgeführten Statik beauftragt worden sei. Bei einer Besprechung am 7. Jänner 1982, an der unter anderem der Kläger, Ludwig G*** und Dipl.Ing. L*** teilnahmen, erhob Dipl.Ing. L*** heftige Vorwürfe gegen die Berechnungen des Klägers. Am 21. Jänner 1982 legte Dipl.Ing. L*** einen Zwischenbericht vor, in dem zahlreiche Mängel der Statik des Klägers für die Bauteile B, C und D aufgelistet waren. In den Schreiben der Beklagten vom 26. Jänner 1982 und vom 16. Februar 1982 wurde der Kläger aufgefordert, zum Zwischenbericht des Dipl.Ing. L*** Stellung zu nehmen und einen Sanierungsplan auszuarbeiten. Am 25. März 1982 gab die Beklagte dem Kläger die Zahlungseinstellung aufgrund mangelhafter Standberechnungen bekannt.

In der Bauverhandlung am 7. April 1982 wurde im Hinblick auf die am Rohbau aufgetretenen Mängel gemäß § 127 Abs. 8 der Bauordnung für Wien die Baueinstellung für das Objekt 1160 Wien, Herbststraße 104, verfügt. Am 17. Juni 1983 sandte der Kläger die von ihm mittlerweile fertiggestellte Standberechnung für den Bauteil A an die Beklagte, diese wies die Leistung mit dem Bemerken zurück, daß die Statik für A nicht "abberufen" worden sei. Mit Schreiben vom 5. September 1983 legte der Kläger Rechnung über die Standberechnung für den Bauteil A. Der Rechnungsbetrag wurde von der Beklagten nicht bezahlt. Besondere Zinsenkosten für Überbrückungskredite entstanden dem Kläger nicht.

Zur Rechtsfrage führte das Erstgericht aus, der Klagsanspruch bestehe zu Recht, weil die Leistungen für den Bauteil A durch ein Organ der Beklagten vertragsgemäß abberufen und vom Kläger erbracht worden seien, die Beklagte jedoch keine Zahlung geleistet habe. Die Statiken für die Bauteile B, C und D seien am 9. Dezember 1980 abgerechnet worden, so daß die Frist für die klageweise Geltendmachung der Gewährleistungsansprüche im Dezember 1983 abgelaufen sei. Der Zuspruch der in den Widerklagen erhaltenen Begehren aus dem Titel der Gewährleistung komme daher nicht in Betracht. Aber auch die zu 54 Cg 29/84 erhobene Gegenforderung der Beklagten sei präkludiert, weil durch die Gewährleistungseinrede der Beklagten vom 26. Jänner 1982 hinsichtlich von Mängeln der Standberechnung für die Bauteile B, C und D nur eine Perpetuierung gegen jene Klagen erhalten geblieben sei, mit deren das Entgelt für die mangelhafte Sache begehrt werde, nicht jedoch auch hinsichtlich anderer Forderungen. Da die mangelhaften Standberechnungen für die Bauteile B, C und D der Beklagten spätestens am 26. Jänner 1982 bekannt gewesen seien, seien die nach dem 26. Jänner 1985 eingebrachten Widerklagen der Beklagten infolge Verjährung abzuweisen gewesen. Auch die Kompensandoeinwendung im Verfahren 54 Cg 29/84 sei verjährt. Die Einrede sei zwar am 27. Februar 1984 erhoben, aber nicht konkretisiert worden. Erst nach Ablauf der Verjährungsfrist (am 26. Jänner 1985) sei die Einrede spezifiziert worden. Da die Kompensation erst nach Ablauf der Verjährungsfrist erklärt worden sei, die Zielsetzung des Rechtsinstitutes der Verjährung jedoch eine Berücksichtigung der verspätet erhobenen Kompensationseinrede verbiete, sei auch die Gegenforderung infolge Verjährung abzuweisen gewesen.

Infolge Berufung der Beklagten bestätigte das Gericht zweiter Instanz das Urteil des Erstgerichts in seinem Punkt I) 1) als Teilurteil und erklärte in diesem Umfang die Revision für nicht zulässig; im übrigen wurde das Urteil des Erstgerichtes aufgehoben und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen; das Berufungsgericht sprach aus, daß das erstinstanzliche Verfahren über die Widerklagen 54 Cg 102/85 (Punkt II) und 54 Cg 195/85 (Punkt III) je des Landesgerichtes für ZRS Wien erst nach Rechtskraft dieses Beschlusses fortzusetzen sei. Das Berufungsgericht übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes als unbedenklich, gelangte aber auf Grund einer abweichenden rechtlichen Beurteilung zur Aufhebung der Entscheidung. Bei der Behandlung der Rechtsrüge sei davon auszugehen, daß die Beklagte durch ihr Organ, den Zeugen G***, den Kläger zur Vornahme der Standberechnung für den Bauteil A im Sinne des Punktes II) des Vertrages vom 30. Mai 1979 aufgefordert habe. Gemäß den Punkten II) in Verbindung mit Punkt VI) des Vertrages vom 30. Mai 1979 sei dem Kläger ein Entgeltanspruch für die von ihm erbrachte Leistung erwachsen, so daß lediglich zu prüfen bleibe, ob die Gegenforderung bzw. die Widerklagebegehren der Beklagten gerechtfertigt seien. Als Anspruchsgrundlagen kämen dabei die Normen über die Gewährleistung und über den Schadenersatz in Betracht. Gegenstand des Vertrages vom 30. Mai 1979 (Beilage ./A), sei die statische und konstruktive Bearbeitung für den Zu- und Umbau der Höheren Bundeslehranstalt für gewerbliche Frauenberufe gewesen. Gemäß Punkt E des Vertrages habe die vom Kläger zu erbringende Grundleistung den Konstruktionsentwurf, die statische Berechnung, die Erstellung von Konstruktionsplänen und die Koordinierungsmithilfe umfaßt. Rechtlich sei diese Vereinbarung als Werkvertrag zu beurteilen; Vertragsgegenstand sei die Lieferung von beweglichen Sachen. Da der Kläger das Werk der Beklagten vor dem 9. Dezember 1980 geliefert habe, sei die Gewährleistungsfrist im Juni 1981 abgelaufen. Die Beklagte habe allfällige Mängel der Standberechnung innerhalb dieser offenen Frist weder gerügt noch klageweise die Mängel geltend gemacht. Die Kompensationseinrede und die Widerklagen der Beklagten seien daher, soweit sie sich auf den Titel der Gewährleistung stützten, infolge Präklusion abzuweisen gewesen. Soweit die Beklagte ihre Gegenforderung bzw. ihre Widerklagen auf den Rechtsgrund des Schadenersatzes stütze, sei zu beachten, daß § 1167 ABGB die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen des Bestellers nicht ausschließe. Es sei daher zu prüfen, ob ein allenfalls entstandener Schadenersatzanspruch infolge Verjährung erloschen sei. Hiezu bestimme § 1489 ABGB, daß Schadenersatzansprüche in drei Jahren von der Zeit an verjähren, zu welcher der Schaden und die Person des Beschädigers dem Beschädigten bekannt wurde. Dies bedeute nach der Rechtsprechung, daß ihm objektiv alle für das Entstehen des Anspruches maßgeblichen Tatumstände bekannt gewesen seien. Zu diesen anspruchsbegründenden Tatsachen gehörten im Falle der Verschuldenshaftung auch jene Umstände, aus denen sich das Verschulden des Schädigers herleite. Dazu gehöre auch Klarheit darüber, worin das Verschulden des Schädigers bestehe. Dazu genüge es, wenn dem Geschädigten die schädlichen Wirkungen eines Ereignisses bekannt seien, dessen Ursache oder Mitursache irgendein dem Schädiger anzulastendes Verhalten sei. Wenn jedoch die Erkennbarkeit der für das Verschulden maßgeblichen Zusammenhänge eine besondere Sachkunde erfordere, über die der Geschädigte als Laie nicht verfüge, beginne die dreijährige Verjährungsfrist so lange nicht zu laufen, als die Unkenntnis andauere, mögen auch Schaden und Schädiger bekannt sein. Die Verjährungsfrist beginne, wenn dem Beschädigten der Sachverhalt soweit bekannt sei, daß er eine Klage mit Aussicht auf Erfolg anstellen könne. Er dürfe allerdings nicht so lange warten, bis er Gewißheit über den Erfolg einer angestrebten Klage habe. Verfahrensrechtlich sei zu beachten, daß der Beklagte für den Beginn der Verjährungsfrist beweispflichtig sei.

Zur Begründung seiner Verjährungseinrede habe sich der Kläger in seinem Schriftsatz vom 19. September 1985 auf die dort im einzelnen angeführten Urkunden, in der Widerklage 54 Cg 102/85 des Erstgerichtes auf eine Standberechnung, Korrespondenz und Parteienvernehmung, sowie in der Widerklage 54 Cg 195/85 des Erstgerichtes auf die Vorakten sowie Urkunden und Parteienvernehmung berufen. Wenn auch die Beklagte schon im Jahre 1981 den Verdacht auf Fehlleistungen des Klägers gehabt habe, so komme doch entscheidende Bedeutung der Frage zu, ob dem Zwischenbericht des Dipl.Ing. Rudolf L*** vom 21. Jänner 1982, Beil./BB, eine derart eindeutige Aussagekraft zukomme, daß die Beklagte gegen den Kläger eine Klage mit Aussicht auf Erfolg hätte anstellen können, weil sich aus ihm bereits eine sichere Kenntnis des schädigenden Ereignisses und seiner Ursachen ergeben habe. Diese Frage sei nach Ansicht des Berufungsgerichtes entgegen der Meinung des Erstgerichtes zu verneinen. Zunächst habe es sich, wie sich bereits aus der Bezeichnung ergebe, bloß um einen Zwischenbericht gehandelt, und außerdem seien dagegen vom Kläger massive Einwendungen vorgebracht worden, die es keinesfalls geraten erscheinen ließen, bereits auf Grund des Zwischenberichtes auch nur eine Feststellungsklage zu erheben. In diesem Zusammenhang sei festgehalten, daß in einem Schlichtungsverfahren der endgültige Prüfbericht des Dipl.Ing. L*** vom 29. September 1982, dahin abgeändert wurde, daß in der Zusammenfassung dieses Gutachtens die (gerade wesentlichen) Absätze 1 und 2 zu entfallen hatten und lediglich der mehr oder weniger nichtssagende letzte Absatz "daher sind alle drei Bauteile zu sanieren" aufrecht geblieben sei. Auch aus der Aussage des von der Beklagten zum Beweis der nicht gegebenen Verjährung geführten Ludwig G*** ergebe sich für den Standpunkt des Klägers nichts. Dieser habe in der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 18. November 1985 einerseits ausgesagt, daß auf Grund des Zwischenberichtes Beil./BB "uns" (wem?) klar gewesen sei, daß die Risse mit Mängeln an der Statik, die vom Kläger zu vertreten seien, zusammenhingen. Weiters habe er jedoch ausgesagt, daß man damals noch nichts Endgültiges über die Verantwortlichkeit des Klägers betreffend Mängel an der Statik sagen konnte, dies erst durch den endgültigen Bericht L*** vom 29. September 1982 klar gewesen sei. Unmittelbar darauf habe er wieder ausgesagt, daß es auch nach dem genannten Endbericht nicht endgültig klar gewesen sei, daß der Kläger die aufgezeigten Mängel an der Statik zu vertreten hätte, ferner, daß sich für seine Dienststelle, die Bundesbaudirektion Wien, zwischen der Situation am 21. Jänner 1982

(Zwischenbericht) und 29. September 1982 (Schlußbericht) nichts geändert hätte, daß sie etwaige Mängel an der Statik nicht habe feststellen können und daher einen Übergutachter betraut hätte. Aus dieser teilweise widersprüchlichen Aussage sei für die Frage des Beginns der Verjährungsfrist somit nichts zu gewinnen. Der Kläger selbst sei zwar zur Frage des Beginns der Verjährungsfrist nicht als Partei vernommen worden, jedoch sei mit Rücksicht auf seinen gesamten Prozeßstandpunkt, wonach er die von der Beklagten behaupteten Mängel überhaupt nicht zu vertreten hätte, nicht zu erwarten, daß sich aus seiner Aussage sichere Hinweise für die Ursächlichkeit von Fehlern in den von ihm durchgeführten Arbeiten für die aufgetretenen Schäden ergeben hätten. Dem Kläger sei daher der Nachweis, daß die Verjährungsfrist mehr als drei Jahre vor dem 8. Mai bzw. 26. September 1985 zu laufen begonnen hätte, nicht gelungen.

Gegen den Aufhebungsbeschluß des Berufungsgerichtes wendet sich der Rekurs des Klägers aus den Anfechtungsgründen der Mangelhaftigkeit des Verfahrens und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag auf Aufhebung der Entscheidung und Wiederherstellung des Urteils des Erstgerichtes.

Die Beklagte beantragt in ihrer Rekursbeantwortung, dem Rekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Bekämpfung der Aufhebung des Punktes I) 2) und 3) des Ersturteiles durch das Berufungsgericht ist durch den Rechtskraftvorbehalt, der ausdrücklich nur das erstinstanzliche Verfahren über die Widerklagen 54 Cg 102/85 und 54 Cg 195/85 des Erstgerichtes (Punkte II) und III) des Ersturteiles) umfaßt, nicht gedeckt, weshalb der Rekurs in diesem Umfang als unzulässig zurückzuweisen war; im übrigen ist das Rechtsmittel nicht berechtigt.

Der Anfechtungsgrund der Mangelhaftigkeit des Verfahrens liegt nicht vor (§§ 528 a, 510 Abs. 3 ZPO).

Unter dem Anfechtungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung führt der Kläger aus, daß für den Beginn der Verjährungsfrist des § 1489 ABGB alle für das Entstehen des Anspruches maßgeblichen Tatumstände objektiv bekannt gewesen sein müßten, nicht aber, ob sich der Anspruchsberechtigte subjektiv in einem Irrtum befunden habe; auch die Höhe des Schadens müsse nicht bekannt sein. Im vorliegenden Fall seien im Herbst 1981 Verformungen und Risse am Gebäude festgestellt worden. Der Kläger sei unbestritten der verantwortliche Statiker gewesen. Die Baudirektion von Wien habe gegen ihn Vorwürfe erhoben, einen Sachverständigen beauftragt und den Kläger bereits im Jänner und Februar 1982 zur Sanierung aufgefordert. Damit seien der Beklagten der angebliche Schaden und der Schädiger bekannt gewesen. Für den Beginn der Verjährung sei jedoch die Kenntnis des Geschädigten, welche schuldhaften Handlungen oder Unterlassungen des Schädigers Ursache des Schadens waren, nicht erforderlich. Es genüge vielmehr, wenn dem Geschädigten die schädlichen Wirkungen eines Ereignisses bekannt seien, dessen Ursache oder Mitursache irgendeinem Schädiger anzulastendes Verhalten sei. Es müsse überhaupt keine Klarheit darüber bestehen, worin das Verschulden des Schädigers bestehe, und es müsse dem Geschädigten auch nicht bekannt sein, warum der Schädiger für die schädliche Wirkung eines Ereignisses hafte. Für die Beklagte sei klar gewesen, daß das Gebäude einen Mangel habe.

Die Beklagte habe vermutet, daß der Kläger unrichtig gerechnet und daher ein Verhalten gesetzt hätte, das ihm für die schädliche Wirkung anzulasten sei. Alle Möglichkeiten für eine falsche Statik seien nicht von der Beklagten zu überprüfen gewesen, sondern es sei für sie die schädliche Wirkung des Ereignisses, nämlich Risse an den Decken, Verformungen an den Säulen usw. erkennbar, die Statik des Klägers nach ihrer Meinung Ursache oder Mitursache und ihm daher sein Verhalten vorzuwerfen gewesen. Die Beklagte verfüge in der Bundesbaudirektion Wien über qualifizierte Facharbeiter und sei keinesfalls als Laie anzusehen, dem die erforderliche Sachkenntnis fehle, um ein schuldhaftes Verhalten des Schädigers erkennen zu können. Durch den Zwischenbericht des Sachverständigen Dipl.Ing. L*** vom 21. Jänner 1982 sei die Beklagte bereits hinreichend über die Ursache des Schadens und den Schädiger informiert gewesen, sodaß spätestens zu diesem Zeitpunkt der Lauf der Verjährungsfrist des § 1489 ABGB begonnen habe. Der Verjährungseinwand sei daher berechtigt.

Diesen Ausführungen kann nicht gefolgt werden.

Im derzeitigen Verfahrensstadium ist die Frage zu entscheiden, ob der Lauf der Verjährungsfrist des § 1489 ABGB mehr als drei Jahre vor der Einbringung der Widerklagen zu 54 Cg 102/85 (9. Mai 1985) bzw. 54 Cg 195/85 des Erstgerichtes (27. September 1985) begonnen hat und damit die mit den Widerklagen geltend gemachten Schadenersatzansprüche verjährt sind.

Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, daß die Verjährungsfrist des § 1489 Satz 1 ABGB erst beginnt, wenn dem Geschädigten der Sachverhalt soweit bekannt ist, daß die Klage mit Aussicht auf Erfolg erhoben werden kann (SZ 18/171; 20/236; 40/40; 48/27; 56/36 uva). Zu den für das Entstehen des Schadenersatzanspruchs maßgebenden Umständen gehört auch die Kenntnis des Ursachenzusammenhanges zwischen dem Schaden und einem bestimmten dem Schädiger anzulastenden Verhalten (SZ 56/76; ZVR 1982/277; SZ 52/167; SZ 40/40 ua). Die Verjährungszeit beginnt hingegen nicht zu laufen, wenn der Geschädigte als Laie keinen Einblick in die für das Verschulden maßgeblichen Zusammenhänge hat (MietSlg. 29.217; 1 Ob 648/86 ua;

Schubert in Rummel, ABGB, Rdz 3 zu § 1489). Dies muß umso mehr dann gelten, wenn für den Geschädigten als Laien die Ursachen des Schadens ohne Beiziehung eines Sachverständigen nicht erkennbar waren (1 Ob 648/86 ua).

Werden diese Grundsätzte auf den vorliegenden Fall angewendet, ist dem Berufungsgericht entgegen der Auffassung des Rekurses beizupflichten, daß sich aus dem Zwischenbericht des Sachverständigen Dipl.Ing. L*** vom 21. Jänner 1982 für die Beklagte, der die erforderliche Sachkenntnis auf dem Gebiete der Statik jedenfalls mangelte, was schon daraus erhellt, daß sie sich eben des Klägers als Fachmannes für dieses Gebiet bediente, kein zur Erhebung einer Klage gegen den Kläger mit Aussicht auf Erfolg hinreichender Einblick in die für das Verschulden des Klägers maßgeblichen Zusammenhänge ergab, zumal der Kläger vehement jedes Verschulden bestritt und gegen die vom Sachverständigen Dipl.Ing. L*** in seinem Zwischenbericht erwähnten, ihm angeblich unterlaufenen Fehler bei der statischen Berechnung dezidierte Einwendungen erhob. Erst mit dem abschließenden Prüfbericht des Sachverständigen Dipl.Ing. L*** vom 29. September 1982 erlangte die Beklagte die erforderliche Klarheit, um mit hinreichender Wahrscheinlichkeit feststellen zu können, ob die am Gebäude aufgetretenen Schäden auf einen dem Kläger anzulastenden Fehler bei der Erstellung der Statik oder auf andere Ursachen, etwa auf Fehler der dem Verfahren als Nebenintervenient beigetretenen ausführenden Baufirma, zurückzuführen waren. Erst auf Grund dieses Prüfberichtes war die Beklagte somit soweit in Kenntnis der für das Verschulden des Klägers maßgebenden Zusammenhänge, daß ihr die Erhebung einer Klage mit Aussicht auf Erfolg zugemutet werden konnte und damit der Lauf der Verjährungsfrist des § 1489 ABGB begann. Beide Widerklagen wurden aber vor dem Ablauf von drei Jahren nach dem genannten Zeitpunkt erhoben. Ohne Rechtsirrtum hat daher das Berufungsgericht die Verjährungseinrede nicht als berechtigt erachtet. Erachtet aber das Berufungsgericht, ausgehend von einer zutreffenden Rechtsansicht, die Sachverhaltsgrundlage für ergänzungsbedürftig, kann der Oberste Gerichtshof, der nicht Tatsacheninstanz ist, den in dieser Richtung dem Erstgericht erteilten Aufträgen nicht entgegentreten (SZ 38/29 ua).

Dem Rekurs war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 52 ZPO.

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