Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien zur ungeteilten Hand die mit 6.223,63 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 565,78 S an Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Am 9. Oktober 1984 stieß der Erstbeklagte, der im Rahmen der Nachbarschaftshilfe in Oberneuberg bei Pöllau Willibald P*** bei der Maisernte half, als Lenker und Halter des zum Verkehr auf öffentlichen Straßen mit einer zulässigen Höchstgeschwindigkeit bis zu 30 km/h zugelassenen Traktor Steyr540 (St 86.124), an dem ein 4,1 m langer, 1,8 m breiter und 2,2 m hoher (linke Bordwand um 40 cm in Schleuderrichtung des Gebläses überhöht), nicht zum öffentlichen Verkehr zugelassener, Willibald P*** gehöriger Anhänger angehängt war, beim Rückwärtsfahren den am 1. Februar 1942 geborenen, taubstummen Hermann R*** zu Boden. R*** geriet unter den Anhänger und wurde schwer verletzt (u.a. Brüche des Schulterblattes und des Schlüsselbeins, Sitzbeinfraktur, Abbruch eines Oberschenkelstückes rechts, Rippenserienfraktur rechts). Künftige unfallskausale Spitalsaufenthalte sind nicht auszuschließen. Für die Krankenhauskosten in der Höhe von 57.728,-- S und das unfallskausale Heilmittelpauschale in der Höhe von 553,-- S kam die Klägerin im Rahmen der Krankenversicherung der Kriegshinterbliebenen - R*** bezieht eine Waisenrente nach seinem im Krieg vermißten Vater - auf. Das Strafverfahren gegen den Erstbeklagten wurde gemäß § 90 Abs. 1 StPO eingestellt. Die Kfz-Versicherung des Erstbeklagten hinsichtlich des Traktors bei der Zweitbeklagten umfaßt gemäß Artikel 25 Abs. 2 AKHB 1967 auch Versicherungsfälle, die nicht auf Straßen mit öffentlichem Verkehr eintreten.
Mit der am 27. Dezember 1985 eingebrachten Klage begehrte die Klägerin unter Hinweis auf die Legalzession nach § 55a KOVG die Zahlung von 58.281,-- S s.A. und die Feststellung, daß der Klägerin gegenüber den Beklagten zur ungeteilten Hand das Recht auf Ersatz aller zukünftigen Leistungen zustehe, welche die Klägerin auf Grund des vom Erstbeklagten am 9. Oktober 1984 auf dem Maisacker des Willibald P*** verschuldeten Unfalls, bei dem Hermann R*** schwer verletzt wurde, auf Grund der Bestimmungen des KOVG erbringt und zu erbringen haben wird, dies jedoch nur insoweit, als die Leistungen der Klägerin in den Direktansprüchen des Hermann R***, gegen die Beklagten ohne Berücksichtigung der Legalzession Deckung finden, wobei überdies die Haftung der Zweitbeklagten auf die Haftungshöchstsumme nach dem bestehenden Haftpflichtversicherungsvertrag für das Fahrzeug St 86.124 beschränkt ist. Der Erstbeklagte sei ohne Einweiser und ohne entsprechende Beobachtung nach rückwärts gefahren, obwohl ihm bekannt gewesen sei, daß der taubstumme Hermann R*** sich auf dem Feld aufhalte; er habe dadurch den Unfall allein verschuldet; er sei auch als Fahrzeughalter haftbar.
Die Beklagten beantragten die Abweisung des Klagebegehrens. Auf Grund der örtlichen Verhältnisse hätten der Erstbeklagte und Willibald P*** ihre Traktoren am Feld zurücklenken müssen. Dabei sei der geistig behinderte Hermann R*** völlig unerwartet und für den Erstbeklagten nicht sichtbar in die Fahrbahn seines Traktors geraten.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.
Das Gericht zweiter Instanz gab der Berufung der Klägerin nicht Folge, sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes, über den es entschieden habe, zusammen mit dem in einem Geldbetrag bestehenden Teil 60.000,-- S nicht aber 300.000,-- S übersteige und die Revision gemäß § 502 Abs. 4 Z 1 ZPO zulässig sei.
Gegen diese Entscheidung des Berufungsgerichtes richtet sich die auf den Anfechtungsgrund des § 503 Abs. 1 Z 4 ZPO gestützte Revision der Klägerin mit dem Antrag, die Urteile der Vorinstanzen im Sinne der Stattgebung des Klagebegehrens abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Beklagten beantragten in ihrer Revisionsbeantwortung, der Revision keine Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist zulässig aber nicht berechtigt.
Die von den Vorinstanzen über den bereits wiedergegebenen Sachverhalt hinaus getroffenen Feststellungen lassen sich - soweit sie für die Beurteilung des Grundes des Anspruches noch entscheidend sind - im wesentlichen wie folgt zusammenfassen:
Der Maisacker, auf dem sich der Unfall ereignete, liegt auf einem von Norden nach Süden 4-6 % geneigten Hang. Etwa in der Mitte des Hanges - ca. 230 m südlich der von Ost nach West verlaufenden öffentlichen Straße - befindet sich hangparallel in Ost-West-Richtung ein Feldweg. Unmittelbar nördlich und südlich dieses Feldweges waren zur Unfallszeit rechteckige Maisfelder Willibald P***, die hangwärts gemessen je 80 bis 90 m breit und 75 bis 100 m lang waren. Das Maisfeld nördlich des Feldweges war in Richtung Norden bis auf die Höhe des Unfallortes hangparallel abgeerntet; weiter nördlich davon noch nicht. Die einzelnen Zeilen der Maispflanzen hatten voneinander einen Abstand von ca. 60 cm; innerhalb einer Zeile hatten die Maisstauden einen Abstand von 12 cm. Willibald P*** lenkte einen Traktor, an dem an der rechten Seite ein Häcksler angebracht war. Der Erstbeklagte hatte mit dem von seinem Traktor gezogenen Anhänger das mit einem am Traktor P*** vorhandenen Gebläse weiterbeförderte gehäckselte Maisgut aufzunehmen. Willibald P*** und der Erstbeklagte begannen bei der Süd-Ost-Ecke des Maisackers nördlich des Feldweges. Willibald P*** fuhr mit dem Traktor und dem Häcksler das Feld in seiner gesamten Länge von Osten nach Westen ab; der Erstbeklagte hatte mit seinem Traktor und dem Anhänger links neben dem Traktor des Willibald P*** mitzufahren. Nach Aberntung eines Streifens (wobei bei einer Fahrt zwei Zeilen auf einmal gehäckselt wurden) fuhr Willibald P*** mit seinem Traktor jeweils etwas weiter über das westliche Feldende hinaus. Dadurch konnte der Erstbeklagte mit seinem Traktor und dem Anhänger rechts vorfahren und dabei seinen Traktor und seinen Anhänger so weit nach rechts und parallel zur nächsten Maiszeile bewegen, daß die rechte Flanke seines Anhängers zu der nächsten stehenden Maiszeile einen Abstand von 0,5 - 1 m hatte. In dieser Fahrlinie fuhr der Erstbeklagte mit dem Traktor samt Anhänger jeweils verkehrt zurück. Willibald P*** fuhr mit seinem Traktor ebenfalls verkehrt in einem Abstand von ca. 10 m zum Traktor des Erstbeklagten zurück. Ein Umkehren oder Wenden am westlichen Ende des Feldes war insbesondere für den vom Erstbeklagten gelenkten Traktor wegen des weichen Erdbodens, der Neigung des Geländes nach Süden und der Neigung des Geländes in Richtung Westen zum Graben hin fahrtechnisch untunlich (Umsturzgefahr) und äußerst riskant. Bei den Fahrten von Osten nach Westen beim Abernten war die Aufmerksamkeit Willibald P*** auf die Einhaltung der Fahrtrichtung (weiches Erdreich) und auf die Erfassung der Maisstauden mit dem Kamm des Häckslers gerichtet. Die Aufmerksamkeit des Erstbeklagten hatte sich ebenfalls auf die Einhaltung der Fahrtrichtung und die Beibehaltung des richtigen Seitenabstandes zum Traktor des Willibald P*** zu konzentrieren. Beim Zurückfahren blickte der Erstbeklagte jeweils über seine rechte Schulter nach hinten. Er mußte trachten, daß der Traktor und der Anhänger die zeilenparallele Fahrlinie einhielten. Dies war wegen der Bodenunebenheiten, des weichen Erdbodens und des Anhängers schwierig. Der Erstbeklagte orientierte sich an der nächsten Maisstaudenzeile. War das Ostende des Feldes beim Zurückfahren erreicht, fuhr der Erstbeklagte mit dem Traktor und dem Anhänger etwas weiter östlich hinaus, sodaß Willibald P*** mit seinem Traktor und dem Häcksler wieder bei der nächsten Zeile einsetzen konnte. Beim Zurückfahren hielten sie eine Geschwindigkeit von durchschnittlich etwa 6 km/h ein. Der 1,76 m große, bei seiner Mutter etwa eine halbe Gehstunde von der Unfallstelle entfernt wohnende Hermann R*** ist dafür bekannt, daß er in einem Umkreis von ca. 30 km in der Gegend umherstreift und neugierig ist. Als der Erstbeklagte nach Aberntung einer Doppelzeile auf die beschriebene Weise wieder zurückfuhr, kam es ca. 20 m nördlich des genannten Feldweges etwa in der Mitte des Maisackers in der Ost-West-Richtung gesehen zum Unfall. Weder der Erstbeklagte noch Willibald P*** hatten an diesem Tag Hermann R*** vor dem Unfallsgeschehen bemerkt; mit der Anwesenheit anderer Leute auf dem Maisacker hatten sie nicht zu rechnen. Woher Hermann R*** in die Fahrlinie des vom Erstbeklagten gelenkten Traktors geraten ist, konnte nicht geklärt werden. Die Art, wie der Erstbeklagte beim Zurückfahren zurückblickte, nämlich über seine rechte Schulter dirket nach rechts hinten und nicht über den rechten Rückspiegel, war fahrtechnisch günstiger, da der Erstbeklagte dadurch doch ein größeres Sichtfeld hatte als über den Rückblickspiegel und er sich leichter orientieren konnte. Bei der Beobachtung über die rechte Schulter war die Sicht des Erstbeklagten nach hinten so, daß er 5 m hinter der hinteren Bordwand des Anhängers das Gelände erst ab 1,1 m seitlich (nördlich) der Flucht der rechten Flanke des Anhängeraufbaues einsehen konnte, gegenüber einer fiktiven Sicht schon ab 0,65 m im Falle der Rückbeobachtung über den rechten Außenspiegel. Der Erstbeklagte hatte Sicht nur entlang der südlichsten noch stehenden Maiszeile. Während des Zurückfahrens hätte der Erstbeklagte eine aus dem Maisfeld heraustretende Person, die nicht größer als 2 m gewesen wäre, erst dann sehen können, wenn diese tatsächlich aus der Front der letzten stehenden Zeile herausgetreten wäre und diese nicht vom Anhänger schon verdeckt gewesen wäre.
Das Erstgericht bejahte die Passivlegitimation der Zweitbeklagten im Hinblick auf die Bestimmung des § 59 Abs. 5 KFG 1976 iVm mit Art. 25 Abs. 2 AKHB. Den Erstbeklagten habe ein Verschulden am Zustandekommen des Unfalls nicht nachgewiesen werden können. Es handle sich um einen Arbeitsunfall, der sich auch nicht auf einer öffentlichen Straße ereignet habe. Die analoge Anwendung von Bestimmungen über die Verwendung eines Einweisers beim Zurückfahren erscheine nicht zulässig. Hermann R*** habe sich möglicherweise aus dem einen oder anderen Maisacker genähert, ohne daß er dabei im Sichtbereich des Erstbeklagten gewesen sei. Der Erstbeklagte habe auch keinen besonderen Grund gehabt, immer den gesamten Bereich in allen Richtungen zu beobachten. Die Aufmerksamkeit beider Traktorlenker sei von den Arbeitsvorgängen in Anspruch genommen gewesen. Das Erstgericht verneinte die Halterhaftung des Zweitbeklagten; den beklagten Parteien sei die Haftungsbefreiung des § 9 EKHG zuzubilligen, zumal auch eine außergewöhnliche Betriebsgefahr nicht zu erkennen sei. Der Klägerin sei zuzubilligen, daß sich die Grundlagen des Unfalles letztlich nicht im Detail hätten aufklären lassen. Im Zweifel darüber, ob der Unfall durch ein unabwendbares Ereignis verursacht worden sei, gehe dies zwar im allgemeinen zu Lasten des Kraftfahrzeughalters; im vorliegenden Fall habe es sich jedoch um eine Grundfläche gehandelt, die der Verrichtung von Arbeiten gedient habe und auf der mit der Anwesenheit betriebsfremder Personen nicht habe gerechnet werden müssen. Da der Erstbeklagte mit der Anwesenheit fremder Personen nicht habe rechnen müssen, sei davon auszugehen, daß er jede zumutbare und denkbare Sorgfalt angewendet habe und es dennoch durch das eigene Verhalten Hermann R*** zum Unfall gekommen sei. Das Klagebegehren sei daher nicht berechtigt.
Bei Erledigung der in der Berufung vorgetragenen Rechtsrüge ging das Berufungsgericht davon aus, daß die Bestimmungen der Straßenverkehrsordnung 1960 zwar für Straßen ohne öffentlichen Verkehr ebenfalls anzuwenden seien, der Unfall sich im vorliegenden Fall aber nicht auf einer Straße im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 1 StVO sondern auf einer der landwirtschaftlichen Nutzung dienenden Fläche ereignet habe. Die Vorschriften der Straßenverkehrsordnung seien daher nicht einmal sinngemäß anzuwenden. Dessen ungeachtet habe der Lenker eines Kraftfahrzeuges aber schon nach bürgerlichem Recht die nötige Vorsicht und Aufmerksamkeit aufzuwenden, um nicht Personen oder Sachen zu beschädigen oder zu gefährden, insbesondere beim Rückwärtsfahren. Im vorliegenden Fall seien mit der Maisernte lediglich der Erstbeklagte und Willibald P*** als Lenker eines weiteren Traktors befaßt gewesen; eine Rücksichtnahme auf andere Personen sei daher nicht geboten gewesen. Der Erstbeklagte und P*** hätten sich vielmehr auf den reibungslosen Ablauf des Arbeitsvorganges konzentrieren können, zumal mit dem Auftauchen dritter Personen nicht zu rechnen gewesen sei. Darauf habe der Erstbeklagte demnach auch nicht seine Fahrweise einrichten müssen. Ein schuldhaftes Verhalten könne ihm daher nicht angelastet werden. Die Haftpflicht nach dem EKHG sei allerdings nicht auf Unfälle beschränkt, die sich auf öffentlichen Straßen und Wegen ereigneten (ZVR 1985/51); dieses Gesetz sei vielmehr auch auf Unfälle anzuwenden, die durch Traktoren auf landwirtschaftlichem Kulturboden verursacht würden (Anm. 5 zu § 2 EKHG4, MGA 24a). Die strengen Voraussetzungen, unter denen der Entlastungsbeweis im Sinne des § 9 Abs. 2 EKHG als erbracht anzusehen sei, insbesondere bezüglich der Zurechnung unaufgeklärter Umstände, seien von der Rechtsprechung für die Verhältnisse im Straßenverkehr entwickelt worden, bei dem der Lenker eines Kraftfahrzeuges seine Aufmerksamkeit voll und ganz auf den Verkehr zu richten habe. Diese Grundsätze könnten aber nicht auf andere Verhältnisse übertragen werden, bei denen wie hier die Aufmerksamkeit sich auf die zu erbringende Arbeitsleistung und die in den Arbeitsprozeß einbezogenen Personen zu richten habe und wo nicht damit gerechnet werden müsse, daß unbefugte und mit dem Ablauf der Arbeitsvorgänge nicht vertraute Personen dazwischen kämen. Aus diesem Grunde könnten auch nicht unaufgeklärte Umstände nicht zu Lasten des Halters gehen, da er, im Gegensatz zum Straßenverkehr, nicht auf außerhalb des Arbeitsvorganges liegende Umstände Obacht geben könne, wolle er nicht die Gefahr von Arbeitsunfällen erhöhen. Es könne daher dem Erstbeklagten nicht angelastet werden, daß er neben der die Aufmerksamkeit in Anspruch nehmenden Arbeitstätigkeit (Rückwärtsfahren des Traktors) nicht auch auf unvorhersehbare Zwischenfälle und abstrakte Möglichkeiten (unauffälliges Auftauchen einer nicht zum Arbeitsprozeß gehörigen oder damit im Zusammenhang stehenden Person) Bedacht genommen habe. Der Erstbeklagte habe vielmehr damit rechnen können, daß herankommende Personen (wie Boten und dergleichen) entsprechend auf sich aufmerksam machten. Das Erstgericht habe daher zu Recht (in analoger Anwendung der in der Entscheidung ZVR 1968/206 dargelegten Rechtsansicht) den Entlastungsbeweis als erbracht angesehen.
Den Ausspruch über die Zulässigkeit der Revision gründete das Berufungsgericht darauf, daß zu der hier zu lösenden Rechtsfrage (Auslegung des § 9 Abs. 2 EKHG) noch keine einschlägige Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes vorliege. Die Klägerin wendet sich in ihrer Revision sowohl gegen die Verneinung der Haftung des Erstbeklagten aus Verschulden als auch die Annahme der Erfüllung der Voraussetzungen des Haftungsausschlusses nach § 9 Abs. 2 EKHG. Wenn die Klägerin zur Stützung ihrer Ansicht über das behauptete Verschulden des Erstbeklagten ausführt, schon die "gewöhnliche Lebenserfahrung" schreibe einem Fahrzeuglenker vor, nicht einsehbare Räume und Flächen nur unter Zuhilfenahme eines Einweisers oder "nach vorheriger Überprüfung der gegebenen Möglichkeiten" zu befahren und sie meint, der Erstbeklagte habe "eine zweite Person bei sich gehabt und habe sich daher dieser mit Leichtigkeit als Einweiser bedienen können", so geht sie nicht vom festgestellten Sachverhalt aus. Nach der für die rechtliche Beurteilung allein maßgeblichen Sachverhaltsgrundlage waren der Erstbeklagte und P*** mit Erntearbeiten auf einem Maisfeld befaßt und hatten sie mit dem Auftauchen anderer Personen nicht zu rechnen. Die Tatsache, daß es in der Gegend eine neugierige nicht voll zurechnungsfähige Person gibt, die umherzustreifen pflegt, stellt für sich allein noch keine jederzeit in Rechnung zu stellende Gefahrenquelle dar. P*** und der Erstbeklagte hatten ihr Traktoren zu führen und dabei auf die Erfordernisse des Arbeitsprozesses Bedacht zu nehmen, der Erstbeklagte darüber hinaus auch noch auf die Fahrweise Willibald P***. Eine dritte Person war an den Erntearbeiten nicht beteiligt. Unter diesen Umständen kann keine Rede davon sein, daß nach der "gewöhnlichen Lebenserfahrung" ein Einweiser zu Hilfe zu nehmen gewesen wäre. Der Revisionswerberin kann auch darin nicht gefolgt werden, daß die Vorinstanzen zu Unrecht davon ausgegangen wären, der Unfall habe sich während des Arbeitsvorganges ereignet. Daß Hermann R*** beim Zurückschieben des vom Erstbeklagten gelenkten Traktors überrollt wurde, steht dem nicht entgegen, weil das regelmäßige Zurückschieben beider Traktoren wegen der örtlichen Gegebenheiten erforderlich war, um den Mais ernten zu können. Das Zurückschieben des Traktors des Erstbeklagten stellte somit einen Teil der Erntearbeit dar, sodaß die Vorinstanzen ohne Rechtsirrtum von der Annahme ausgehen durften, der Unfall habe sich während des Arbeitsvorganges ereignet. Da der Erstbeklagte beim Zurückschieben seines Traktors von der günstigsten Möglichkeit, die zu befahrende Landfläche zu beobachten, Gebrauch gemacht hat und er R*** dennoch vor dem Unfall nicht wahrgenommen hat, haben es die Vorinstanzen mit Recht abgelehnt, dem Erstbeklagten ein Verschulden an dem Unfall anzulasten.
Was nun die weiters in der Revision relevierte Frage des Entlastungsbeweises nach § 9 Abs. 2 EKHG anlangt, so bringt die Klägerin die Rechtsrüge insoweit nicht zur gesetzmäßigen Darstellung, als sie davon ausgeht, der Unfall habe sich nicht im Zuge des Arbeitsprozesses sondern während einer Arbeitspause, die lediglich dem Rückwärtsfahren gedient habe, ereignet. Zur Befreiung von der gesetzlichen Haftpflicht ist erforderlich, daß ein unabwendbares Ereignis vorliegt. Ein solches ist dann gegeben, wenn es trotz Anwendung aller erdenklichen Sachkunde und Vorsicht eingetreten ist. Der für diese Beurteilung anzuwendende Maßstab ist aber kein absoluter, abstrakter, es kommt vielmehr darauf an, ob die Abwendung des Unfalles bei den gegebenen Verhältnissen durch die äußerste Sorgfalt und durch Mittel, deren Anwendung dem Haftpflichtigen vernünftigerweise zugemutet werden konnte, möglich war (MGA EKHG4, § 9 Anm. 2). Der Revisionswerberin ist wohl beizupflichten, daß an die Sorgfaltspflicht im Sinne des § 9 Abs. 2 EKHG somit strengste Anforderungen zu stellen sind, diese Sorgfaltspflicht darf allerdings nicht überspannt werden, zumal eine vom Gesetzgeber nicht gewollte Erfolgshaftung vermieden werden muß (ZVR 1984/150). Das Ausmaß der Sorgfaltspflicht hat sich somit nach den Umständen des Einzelfalles zu richten. Hat ein Fahrzeuglenker bei Arbeiten auf einer nicht dem Verkehr dienenden Landfläche - wie etwa auf einem Feld - mit der Anwesenheit anderer Personen nicht zu rechnen, so würde es eine Überspannung seiner Sorgfaltspflicht bedeuten, wollte man ihn verhalten, bei Sichtbehinderung sein Fahrzeug nur dann in Bewegung zu setzen, wenn ihm eine Person als Einweiser zur Verfügung steht. Der Erstbeklagte hat unter den gegebenen Umständen die bestmögliche Art der Beobachtung der hinter ihm zu bearbeitende Landfläche gewählt und war bei Anwendung der ihm zumutbaren Vorsicht und Aufmerksamkeit nicht in der Lage, den Unfall zu vermeiden. War aber nach den Umständen des Falles die Beiziehung eines Einweisers nicht geboten und der Unfall durch das Verhalten R*** selbst ausgelöst worden, so sind die Vorinstanzen mit Recht zu dem Ergebnis gelangt, daß der Erstbeklagte als Halter und damit auch die Zweitbeklagte als Haftpflichtversicherer von der Haftung für die Unfallsfolgen nach § 9 Abs. 2 EKHG befreit sind, zumal das in § 9 Abs. 2 EKHG erwähnte, von der Haftung befreiende Verhalten des Geschädigten (auf das der Unfall zurückzuführen ist) kein schuldhaftes sein muß (vgl. ZVR 1977/252; MGA EKHG4 § 9 Anm. 5), vielmehr ein unsachgemäßes Verhalten des Geschädigten, der somit auch eine unzurechnungsfähige Person sein kann, genügt. Schließlich bekämpft die Revisionswerberin noch die Ansicht des Berufungsgerichtes, der Umstand, daß die unaufgeklärten Umstände über die Art, wie R*** in die Fahrlinie des Traktors des Erstbeklagten gekommen sei, ginge nicht zu Lasten des Erstbeklagten. Auch damit ist für die Klägerin nichts zu gewinnen, weil die verbliebenen Unklarheiten für die Haftungsfrage unerheblich sind. Der Erstbeklagte mußte - wie bereits dargetan - während der Erntearbeit auf dem Maisfeld mit der Anwesenheit anderer Personen auf der von ihm befahrenen Landfläche nicht rechnen. Hatte er aber auf von anderen Personen ausgehende Gefahren nicht Bedacht zu nehmen, so stellen der Zeitpunkt, wann und die Art, wie R*** - vom Erstbeklagten bei Anwendung der ihm unter den gegebenen Umständen zumutbaren Vorsicht unbemerkbar - auf das Feld in den Gefahrenbereich gelangen konnte, keine für die Haftungsfrage entscheidungswesentlichen Umstände dar.
Das Berufungsgericht hat daher die hier verbliebenen Unklarheiten im Ergebnis mit Recht nicht den Beklagten angelastet. Die Abweisung des Klagebegehrens entspricht somit der Sach- und Rechtslage, weshalb der Revision kein Erfolg beschieden sein konnte. Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)