Spruch:
Der Nichtigkeitsbeschwerde wird dahin Folge gegeben, daß das Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch zu Punkt I. wegen des Vergehens der Veruntreuung und demgemäß auch der Strafausspruch aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zurückverwiesen wird.
Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde verworfen. Mit ihrer Berufung wird die Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.
Gemäß § 390 a StPO fallen der Angeklagten die Kosten des Verfahrens betreffend den erfolglos gebliebenen Teil der Nichtigkeitsbeschwerde zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Evelyn K*** des Vergehens der Veruntreuung nach § 133 Abs. 1 und Abs. 2 erster Fall StGB und des Vergehens der Urkundenfälschung nach § 223 Abs. 2 StGB schuldig erkannt. Ihr liegt zur Last, in Innsbruck unter Ausnützung der ihr durch ihre Amtstätigkeit gebotenen Gelegenheit
I./ in der Zeit vom 1.Jänner 1983 bis 27.Jänner 1984 als Rechnungsführer des Institutes für Gebäudelehre und Wohnbau an der Fakultät für Bauingenieurwesen und Architektur der Universität Innsbruck ein ihr anvertrautes Gut in einem 5.000 S übersteigenden Wert, nämlich 11.295,80 S Bargeld aus dem institutseigenen Handverlag, durch widmungswidrige Verwendung sich oder Dritten mit dem Vorsatz zugeeignet zu haben, sich oder Dritte dadurch unrechtmäßig zu bereichern;
II./ durch die Vorlage von Kassabons der Firma M*** O***, auf welchen sie die abgekürzte Bezeichnung der in Wahrheit gekauften Kontaktlinsenflüssigkeit ("KL-FLÜ") überklebt hatte, zur Abrechnung an die Universitätsquästur verfälschte Urkunden im Rechtsverkehr zum Beweis einer Tatsache, nämlich des Ankaufs von Filmmaterial, gebraucht zu haben.
Nach den wesentlichen Urteilsfeststellungen ist die Angeklagte Evelyn K*** seit Dezember 1971 als Vertragsbedienstete am Institut für Gebäudelehre und Wohnbau an der Fakultät für Bauingenieurwesen und Architektur der Universität Innsbruck beschäftigt. Bis zum Aufkommen der verfahrensgegenständlichen Gebarungsvorgänge, insbesondere aber in der Zeit vom 1.Jänner 1983 bis 27.Jänner 1984 oblagen der Angeklagten unter anderem die Agenden der institutsinternen Rechnungsführung. In deren Rahmen war ihr auch die Verwaltung des sogenannten Handverlages überantwortet. Dabei handelt es sich um seitens der Universitätsquästur in Teilbeträgen zu jeweils 2.000 S zugewiesene Geldmittel zur Bestreitung der im Unterrichts- bzw Forschungsbetrieb anfallenden Ausgaben im Einzelbetrag von maximal 500 S, deren wiederkehrende Bereitstellung vom Nachweis der widmungsgemäßen Verwendung der jeweiligen Vordotation anhand entsprechender Belege abhängig ist. Einzelauslagen in 500 S übersteigender Höhe unterfallen der sogenannten ordentlichen Dotation, deren Abwicklung in der Bezahlung entsprechender Rechnungen unmittelbar durch die Universitätsquästur besteht. Neben dem Handverlag und der ordentlichen Dotation sieht die akademische Geldgebarung die (in letzter Instanz der Entscheidung des Bundesministeriums für Wissenschaft und Forschung vorbehaltene) außerordentliche Dotation für außergewöhnliche Auslagen sowie weiters das sogenannte Bücherbudget vor, das der ausschließlichen Deckung des Bücherbedarfs der einzelnen Universitätsinstitute im Wege der jeweiligen Fakultätsbibliotheken dient. Die Angeklagte war mit den dargelegten Gebarungsgrundsätzen, der Widmung und den Grenzen der einzelnen Budgetbereiche auf Grund interner Schulungen bzw allgemeiner schriftlicher Mitteilungen der Universitätsquästur voll vertraut. Nach der institutsinternen Aufgabenverteilung war sie berechtigt bzw verpflichtet, die im Rahmen des Unterrichts- und Forschungsbetriebes anfallenden Ausgaben von maximal 500 S aus dem Handverlag zu bestreiten, sowie belegmäßig fundierte Abrechnungen über die einzelnen Etats zu je 2.000 S vorzubereiten, diese durch den Anweisungsberechtigten des Instituts abzeichnen zu lassen und anschließend der Universitätsquästur vorzulegen. Ab 15.Dezember 1983 stand ihr die bezügliche Anweisungsberechtigung selbst zu. Die Angeklagte hat in der Zeit vom 1. Jänner 1983 bis 27.Jänner 1984 im Rahmen der Gebarung des Handverlags Bargeld im Gesamtbetrag von zumindest 11.295,80 S widmungswidrig verwendet und die Zweckentfremdung der Mittel in der Folge durch Vorlage entsprechend manipulierter Abrechnungsunterlagen verschleiert (Punkt I des Schuldspruches). Dabei ging sie so vor, daß sie auf Kassabons, denen ohne Kenntnis der firmeninternen Codeziffern Aufschlüsse in bezug auf den jeweiligen Kaufgegenstand nicht zu entnehmen waren, handschriftlich Zahlungszwecke konkretisierte, die in der Widmung des Handverlages Deckung fanden. Im einzelnen wurden ihr der Ankauf von Trinkgläsern und einer Glaskaraffe im Wert von 2.556 S, eines Kalenders im Wert von 280 S und von Büchern, Zeitschriften und Katalogen im Gesamtwert von 7.459,80 S, sowie der Zuschuß von 1.000 S für eine institutsinterne Geselligkeit mit veruntreutem Geld angelastet. Der Schöffensenat nahm in diesem Zusammenhang als erwiesen an, daß die bezügliche Trinkgarnitur zwar fallweise von der Angeklagten in ihrer Wohnung verwahrt wurde, "im übrigen jedoch den Institutsangehörigen zu Repräsentationszwecken zur Verfügung stand", sowie daß der Kalender in dem von der Angeklagten benützten Büroraum, das Schrifttum hinwieder im Rahmen des Betriebes der Institutsbibliothek Verwendung fand.
In subjektiver Hinsicht ging das Erstgericht davon aus, daß die Angeklagte den jeweiligen Ausgabenzweck im Zuge der Abrechnung gegenüber der Universitätsquästur deshalb unrichtig deklariert hat, weil sie wußte, daß andernfalls eine ungeschmälerte Zuweisung des nächsten Etats nicht durchzusetzen gewesen wäre. Auf eben dem Wissen der Angeklagten um die Widmungswidrigkeit des bezüglichen Mitteleinsatzes beruht die weitere Urteilsfeststellung, daß die Angeklagte bei den von Punkt I./ des Schuldspruchs erfaßten Tathandlungen vom Vorsatz geleitet war, sich bzw andere Nutznießer ihres Vorgehens unrechtmäßig zu bereichern. In bezug auf den Gegenstand des Schuldspruches bildenden Ankauf von Büchern und anderem Schrifttum wird in der Urteilsbegründung in diesem Zusammenhang ergänzend darauf verwiesen, daß eine entsprechende Finanzierung aus den Mitteln des regulären Bücherbudgets nicht in Betracht gekommen wäre, weil die betreffenden Dotationen (wie alljährlich) auch in den Jahren 1983 und 1984 anderweitig voll ausgeschöpft gewesen waren.
Hinsichtlich eines weiteren, vom Schuldspruch wegen Veruntreuung nicht erfaßten Betrages von 6.485 S an von der Angeklagten erwiesenermaßen im Zuge der Abrechnung gleichfalls unrichtig deklarierten Ausgaben erachtete das Erstgericht (allerdings ohne formellen Freispruch von dem Punkt I./ des Schuldspruchs übersteigenden Teil des bezüglichen Anklagevorwurfs) für unwiderlegbar, daß die Angeklagte in diesem Umfang zumindest subjektiv gutgläubig der vorgegebenen Widmung Rechnung zu tragen gemeint hat.
Bei der materiellrechtlichen Beurteilung des in Rede stehenden Tatkomplexes ließ sich das Erstgericht im wesentlichen von der Erwägung leiten, daß in jenen Fällen, in denen Institutsgelder (nach der insoweit geständigen Verantwortung der Angeklagten) Verwendungszwecken zugeführt worden sind, die durch die bezüglichen Gebarungsrichtlinien nicht gedeckt waren, durchwegs eine (nach den Tatmodalitäten zwingend vom Tätervorsatz umfaßte) gemäß § 133 StGB tatbestandsessentielle Bereicherung der jeweiligen Nutznießer eingetreten sei.
Die von der Angeklagten in zwei Fällen vorgenommene Überklebung der Kurzbezeichnung der gekauften Waren auf Kassabons mit (ersichtlich nicht dem Aussteller der bezüglichen Urkunden zuorderbaren) abweichenden schriftlichen Warenkonkretisierungen wertete das Erstgericht (anklagekonform) im wesentlichen mit der Begründung als Vergehen der Urkundenfälschung nach § 223 Abs. 2 StGB, daß die Angeklagte solcherart zwar nicht den Anschein einer inhaltlich modifizierten Urkundenausstellung, wohl aber die Unkenntlichmachung der ursprünglichen Warenbezeichnung bezweckte (Punkt II./ des Schuldspruchs).
Dieses Urteil bekämpft die Angeklagte mit ihrer auf § 281 Abs. 1 Z 5, 9 lit a und 10 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde. Der Strafausspruch wird mit Berufung angefochten.
Rechtliche Beurteilung
Der Nichtigkeitsbeschwerde kommt insofern Berechtigung zu, als die Beschwerdeführerin gestützt auf § 281 Abs. 1 Z 9 lit a StPO in bezug auf den Schuldspruch wegen Veruntreuung (Punkt I./) Mangel am Tatbestand infolge Fehlens einer entsprechenden Bereicherung im wesentlichen mit der Begründung geltend macht, daß die inkriminierten, durchwegs institutsbezogenen Ausgaben (insbesondere aber jene für Bücher und Zeitschriften) jeweils einen dem finanziellen Aufwand entsprechenden Vermögensausgleich bewirkt hätten. Bei der Beurteilung der Frage, ob die bezüglichen Tathandlungen von Bereicherungsvorsatz geleitete Zueignungsakte im Sinne des § 133 StGB darstellen, kommt nämlich im Sinne der Beschwerdeargumentation dem Umstand entscheidende Bedeutung zu, daß die Angeklagte nach den Urteilsfeststellungen (vom auf ein Institutsfest entfallenden Finanzierungsaufwand von 1.000 S abgesehen) die angeschafften Sachwerte in der Folge durchwegs der Sachausstattung des Instituts für Gebäudelehre und Wohnbau zugeführt hat. Von den formal vorschriftswidrigen Finanzierungen aus dem Handverlag abgesehen, wurde das Schrifttum (wenn auch überwiegend ohne ordnungsgemäße Inventarisierung) im Rahmen des Bibliotheksbetriebes verliehen, die (wenn auch fallweise für private Zwecke entliehene) Trinkgarnitur zur Deckung des entsprechenden Institutsbedarfs herangezogen und der Kalender zur Ausstattung des der Angeklagten zugeteilten institutseigenen Büroraums (mithin zu Dienstzwecken) verwendet. Bei dieser Sachlage kann aber nicht gesagt werden, daß die im dargelegten Umfang eingesetzten Geldmittel bzw die dafür angeschafften Sachwerte (auch nur zeitweilig) in das Vermögen der Angeklagten oder nicht berechtigter Dritter überführt worden seien. Gerade eine solche Änderung der Vermögenszugehörigkeit wäre aber Voraussetzung der in § 133 StGB als Grundlage der tatbestandsspezifischen Bereicherung geforderten Zueignung. Die dem angefochtenen Schuldspruch zugrundeliegende kausale Verknüpfung der Widmungswidrigkeit des bezüglichen Mitteleinsatzes nach den gebarungsorganisatorischen Vorschriften mit der Bejahung einer von Bereicherungstendenz gekennzeichneten Zueignung im Sinne des § 133 StGB hält mithin einer Überprüfung nicht stand. Die rechtliche Beurteilung des Sachverhaltes als Veruntreuung ist aber vor allem aus folgender Überlegung verfehlt:
Nach den Urteilsfeststellungen war die Angeklagte befugt, über den sogenannten Handverlag zu verfügen. Sie hat somit keine bloß faktisch bestehende Verfügungsmöglichkeit - ohne rechtliche Vertretungsbefugnis - widerrechtlich ausgenützt. Es kommt somit nicht Veruntreuung (§ 133 StGB), wohl aber Untreue (§ 153 StGB) in Betracht (vgl Leukauf-Steininger Kommentar2 § 153 RN 9, 10, 29 und 30).
Der festgestellte Sachverhalt läßt allerdings auch eine Beurteilung als Untreue derzeit nicht zu, denn dieser Tatbestand setzt voraus, daß durch den Befugnismißbrauch dem Vertretenen ein Vermögensnachteil zugefügt werde (Leukauf-Steininger aaO § 153 RN 12). Entscheidend ist somit, ob die angeschafften Sachwerte ein für die hiefür aus Institutsgeldern aufgewendeten Beträge entsprechendes Äquivalent boten. Falls sich ergeben sollte, daß diese Gegenstände für den Institutsbetrieb überhaupt unbrauchbar sein sollten, wäre bei Berechnung des Schadens ein bei zumutbarer Verwertung erzielbarer Erlös zu berücksichtigen und nur der sogenannte Differenzschaden (Leukauf-Steininger aaO § 147, RN 28, 29) heranzuziehen.
Der auf ein Institutsfest entfallende Finanzierungsaufwand von 1.000 S läßt einen entsprechend objektiv erfaßbaren Vermögenszuwachs zugunsten des Institutes für Gebäudelehre und Wohnbau an der Fakultät für Bauingenieurwesen und Architektur der Universität Innsbruck nicht erkennen. Daß die Angeklagte mit dem Vorsatz handelte, den Betrag von 1.000 S, den sie für das Institutsfest zur Verfügung stellte, widmungswidrig zu verwenden, wurde nicht hinreichend begründet. Mit Recht bemängelt die Beschwerdeführerin, daß die Aussage des Leiters der Quästur Gottfried H*** (S 122), der nicht in der Lage war, das Erfordernis, daß die Ausgaben der Wissenschaft oder Forschung dienen, näher zu definieren, übergangen wurde. Das Erstgericht hätte sich umsomehr mit dieser Aussage befassen müssen, als es bei den vom angefochtenen Schuldspruch nicht erfaßten wahrheitswidrig deklarierten Ausgaben in der Höhe von 6.485 S selbst davon ausgeht, daß die verfahrensgegenständlichen Abrechnungsmanipulationen keineswegs zwingend dolose, auf unrechtmäßige Bereicherung ausgerichtete Zueignungshandlungen indizieren (S 10 der Urteilsausfertigung). Zudem haben sich im Beweisverfahren Anhaltspunkte dafür ergeben, daß die Angeklagte sich für den in Rede stehenden Finanzierungsbeitrag zu einem Institutsfest der entsprechenden Genehmigung durch ihren Vorgesetzten versichert hat (vgl die in der Hauptverhandlung verlesene Aussage des Zeugen Dipl.Ing. Gernot M***, S 165, 181).
Ohne daß auf das weitere Beschwerdevorbringen eingegangen werden mußte, war somit schon aus den angeführten Erwägungen der Schuldspruch wegen des Vergehens der Veruntreuung (Faktum I) aufzuheben.
Keine Berechtigung hingegen kommt der Rechtsrüge zu, soweit sie sich gegen den Schuldspruch wegen Vergehens der Urkundenfälschung (Faktum II) richtet. Mit dem Einwand, die Überklebung der betreffenden Kassabons mit handschriftlichen Zusätzen sei schon äußerlich unter keinen Umständen geeignet, den Anschein einer entsprechenden Korrektur durch das ausstellende Unternehmen zu erwecken, vernachlässigt die Beschwerdeführerin nämlich, daß die ihr in diesem Zusammenhang zur Last gelegten Verfälschungen in der Unkenntlichmachung der ursprünglichen Warenbezeichnung auf den Kassabons im Wege der Überklebung, nicht aber in der Vortäuschung anderer Warengattungen bestehen. Schon das Überkleben bloß einzelner Schriftzeichen stellt eine gemäß § 223 Abs. 1 StGB tatbildliche Verfälschungshandlung dar, sofern dadurch der gedankliche Inhalt der Urkunde verändert wird (Leukauf-Steininger aaO § 223 RN 29). Diese Voraussetzungen treffen aber im vorliegenden Fall zu. Es war demnach in teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten das angefochtene Urteil, welches im übrigen aufrecht bleibt, im Schuldspruch wegen Vergehens der Veruntreuung (Punkt I des Urteilssatzes) sowie im Strafausspruch aufzuheben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zurückzuverweisen. Im übrigen war aber die Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten zu verwerfen.
Mit ihrer Berufung war die Angeklagte auf die getroffene Entscheidung zu verweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf der angeführten Gesetzesstelle.
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