OGH 12Os79/87

OGH12Os79/876.8.1987

Der Oberste Gerichtshof hat am 6.August 1987 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral, Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Hörburger und Dr. Rzeszut als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Sailler als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Christian F*** wegen des Vergehens der Hehlerei nach § 164 Abs. 1 Z 2 und Abs. 2 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Schöffengericht vom 16.Juni 1986, GZ 21 a Vr 1131/85-18, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, des Generalanwaltes Dr. Tschulik jedoch in Abwesenheit des Angeklagten zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 12.Juli 1935 geborene Gastwirt Christian F*** des Vergehens der Hehlerei nach § 164 Abs. 1 Z 2 und Abs. 2 StGB schuldig erkannt. Ihm liegt zur Last, im Oktober 1984 in Salzburg vorsätzlich Schmuckstücke im Gesamtwert von ca. 149.300 S, die von den abgesondert verfolgten Johann B*** und Fred Ernst Z*** am 9.Oktober 1984 in Salzburg der Anna K*** und der Angelika R*** gestohlen worden waren, mithin Sachen, welche andere durch eine mit Strafe bedrohte Handlung gegen fremdes Vermögen erlangt hatten, von Johann B*** zum Pfand genommen zu haben. Von einem weiteren Anklagepunkt wurde Christian F*** gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen.

Nach den zum Schuldspruch getroffenen Urteilsfeststellungen übernahm der Angeklagte F*** von Johann B*** zur Sicherstellung von Zechschulden in Höhe von ca. 15.000 S einen Papiersack, in dem sich die im Urteilsspruch bezeichneten Schmuckgegenstände befanden; den Schmuck verwahrte er nach einem kurzen Blick in den Papiersack, ohne dessen Inhalt jedoch einer näheren Prüfung zu unterziehen, in seinem Nachtkästchen. Johann B*** hatte ihm erklärt, die Schmuckgegenstände würden einen Wert von ca. 40.000 S repräsentieren. Nach Überzeugung des Schöffengerichtes war der Umstand, daß der Wert des Schmucks tatsächlich den Betrag von 100.000 S überstieg, vom Wissen und Willen des Angeklagten nicht umfaßt. Demgemäß ist die Qualifikation des § 164 Abs. 3 (erster Anwendungsfall) StGB von den Tatrichtern verneint worden.

Gegen die Nichtannahme dieser Deliktsqualifikation wendet sich die auf die Nichtigkeitsgründe der Z 5 und 10 des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft. Unter dem Gesichtspunkt nur unzureichender Begründung bekämpft die Anklagebehörde den Ausspruch des Gerichtes, der Vorsatz des Angeklagten sei nicht auf einen 100.000 S übersteigenden Wert des verhehlten Gutes gerichtet gewesen. Dabei bezieht sie sich auf die Verantwortung des Angeklagten in der Hauptverhandlung, sich den Schmuck nicht näher angesehen und demnach aus eigener Wahrnehmung keine konkreten Vorstellungen über dessen Wert gehabt (vgl. S 177 dA), diesen aber für echt gehalten (vgl. S 183 dA) und von Johann B*** die Mitteilung erhalten zu haben, der Schmuck sei ca. bzw. leicht 40.000 S wert (vgl. S 176, 181 dA).

Rechtliche Beurteilung

Bei der Argumentation, aus diesen Verfahrensergebnissen müsse gefolgtert werden, daß der zumindest bedingte Vorsatz des Angeklagten Christian F*** auf einen unbestimmten, nach oben nicht begrenzten Wert ausgerichtet gewesen ist und der Angeklagte folglich eine Überschreitung der Wertgrenze des § 164 Abs. 3 (erster Anwendungsfall) StGB ernstlich für möglich gehalten und sich damit abgefunden habe, handelt es sich jedoch lediglich um einen im Nichtigkeitsverfahren unzulässigen und daher unbeachtlichen Angriff auf die Beweiswürdigung des Schöffengerichtes, ohne formelle Begründungsmängel im Sinne der Z 5 des § 281 Abs. 1 StPO aufzuzeigen. Von offenbar nur unzureichenden Gründen könnte nämlich bloß dann gesprochen werden, wenn sich aus ihnen nach den Denkgesetzen und nach allgemeiner Lebenserfahrung ein Schluß auf die zu begründende Tatsache überhaupt nicht ziehen ließe oder doch der logische Zusammenhang kaum noch erkennbar wäre. Eine Urteilsnichtigkeit liegt hingegen dann nicht vor, wenn - wie hier - neben dem zwar nicht zwingenden, jedoch denkfolgerichtigen Schluß allenfalls noch andere, für den Angeklagten ungünstigere Folgerungen möglich gewesen wären. So gesehen entspricht es aber den Kriterien einer logisch einwandfreien und damit auch zureichenden Begründung, wenn das Erstgericht der Verantwortung des Angeklagten Christian F***, auf Grund der Mitteilungen des Übergebers mangels näherer Sachkenntnis nach nur oberflächlicher Besichtigung einen 100.000 S nicht übersteigenden Wert der Pfandgegenstände angenommen zu haben, gefolgt ist.

Verfehlt ist aber auch der den Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs. 1 Z 10 StPO reklamierende Beschwerdeeinwand, dem Angeklagten hätte selbst unter Zugrundelegung der getroffenen Tatsachenfeststellungen, denen zufolge er es unterlassen hat, sich vom Inhalt des übernommenen Papiersackes zu überzeugen, der höhere Wert des verhehlten Diebsgutes zugerechnet werden müsse. Hiebei übersieht die Anklagebehörde zunächst, daß es sich bei der Frage, welchen Wert ein Täter bei einem Vermögensdelikt in seinen zumindest bedingten Vorsatz aufgenommen und demgemäß als gewollt zu verantworten hat (vgl. ÖJZ-LSK 1978/152), um eine vom Gericht auf Grund der konkreten Gegebenheiten, nach allgemeiner forensischer Erfahrung und unter Berücksichtigung der Täterpersönlichkeit zu lösende Tatfrage handelt. In rechtlicher Hinsicht ist davon auszugehen, daß die Zurechnung des strafsatzändernden Wertes einer verhehlten Sache auf der inneren Tatseite zwar nicht voraussetzt, daß der Täter deren Wert kennt; es genügt vielmehr, wenn der höhere Wert annähernd in seinen Vorstellungen gedeckt ist (vgl. ÖJZ-LSK 1979/376). Richtig ist auch, daß bei einem Vermögensdelikt der Täter im Regelfall auf einen größtmöglichen Vorteil abzielt und daher in all jenen Fällen, in denen der Täter nicht einmal genau weiß, welche Gegenstände er durch die Tat in seinen Gewahrsam gebracht hat (wie insbesondere bei Aneignung eines Behältnisses mit einem dem Täter zunächst unbekannten Inhalt) ihm der tatsächliche Wert als von seinem bedingten Vorsatz befaßt anzulasten ist (vgl. ÖJZ-LSK 1979/377;

Mayerhofer-Rieder, I2, ENr. 38 zu § 128 StGB). Der vorliegende Fall ist jedoch insofern anders gelagert, als dem Angeklagten Christian F*** zum einen ein - wesentlich geringerer - angeblicher ungefährer Wert vom Übergeber ausdrücklich genannt worden ist und es ihm zum anderen darauf angekommen ist, für seine Forderung in Höhe von rund 15.000 S Deckung zu erlangen, sodaß der Vorteil aus der Übernahme des verhehlten Gutes von vornherein begrenzt sein sollte. Bei einer solchen Fallkonstellation liefe es aber auf eine unstatthafte Umkehr der Beweislast hinaus, wollte man von einer Zurechnung des höheres Wertes nur unter der Voraussetzung des Nachweises Abstand nehmen, daß der Angeklagte die Tat unterlassen haben würde, falls er den die Wertgrenze des § 164 Abs. 3 StGB übersteigenden Wert des Schmucks gekannt hätte (vgl. Kienapfel, BT II, RN 50 und 51 zu § 128 StGB; Bertel im WK, Rz. 17 zu § 128 StGB). Da sohin auch die Rechtsrüge versagt, war die Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft zu verwerfen.

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