OGH 7Ob654/87

OGH7Ob654/8730.7.1987

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Flick als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Warta, Dr. Egermann, Dr. Kodek und Dr. Niederreiter als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach dem am 23. September 1985 verstorbenen Otto S***, infolge Revisionsrekurses der erbserklärten Erben KommRat Gerhard S***, Kaufmann, 1210 Wien, Dafertgasse 31, und 2. Ilse S***, Hausfrau, 1050 Wien, Siebenbrunnengasse 3, beide vertreten durch Dr. Hans Kreinhöfner, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgerichtes vom 22. Mai 1987, GZ 44 R 60/87-14, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Floridsdorf vom 25. Februar 1987, GZ 4 A 323/85-9, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Im Testament vom 9. April 1980 bestimmte der Erblasser Otto S***

unter anderem:

"Als Alleinerben gelten:

  1. 1. Mein Sohn Gerhard S***
  2. 2. Meine Tochter Ilse S***
  3. 3. Als Nachfolger gelten nur deren Kinder"; und:

    "Seitens meiner Kinder darf das Rettenegger Haus und Grundbesitz nicht verkauft und vermietet werden, alles hat im Familienbesitz zu bleiben." Die Erben haben die unbedingte Erbserklärung je zur Hälfte des Nachlasses abgegeben und dabei zu Protokoll erklärt, nach dem mündlich erklärten Willen des Erblassers sei diese Anordnung als Ersatzerbschaft aufzufassen. Das Erstgericht nahm die Erbserklärungen an.

    Das Erstgericht bestellte Dr. Ingrid R*** für die minderjährigen Enkelkinder des Erblassers Peter und Michael S***

    sowie Martina S*** zum Kollisionskurator. Wegen der Erklärung der Erben, es liege bloß die Anordnung einer Ersatzerbschaft vor, könnten die Interessen der Enkelkinder verletzt werden. Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung. Auf Grund der festgestellten Anordnungen sei das Vorliegen einer fideikommissarischen Substitution zumindestens denkbar, weil der Erblasser die Enkelkinder zu Nacherben bestimmt habe und auch der Wunsch, alles im Familienbesitz zu belassen, in diese Richtung weise. Die Feststellung der Rechtsnatur einer Substitution könne, wenn diese strittig sei, nur auf dem Rechtsweg erfolgen. Selbst wenn sie nicht strittig sei, müsse der deklaratorische Beschluß des Abhandlungsgerichtes über die Rechtsnatur der Substitution den Enkelkindern im Wege eines Kollisionskurators zugestellt werden. Daher sei die Bestellung eines solchen geboten gewesen. Der dagegen von den erbserklärten Erben erhobene Revisionsrekurs ist unzulässig.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 16 AußStrG kann gegen eine bestätigende Entscheidung des Rekursgerichtes ein weiteres Rechtsmittel nur im Falle einer offenbaren Gesetz- oder Aktenwidrigkeit oder einer begangenen Nullität (Nichtigkeit) ergriffen werden.

Nach Auffassung der Revisionsrekurswerber sei der angefochtene Beschluß deshalb offenbar gesetzwidrig, weil die testamentarische Anordnung keine fideikommissarische Substitution enthalte. Die gemeine Substitution sei aber bereits durch die Abgabe der Erbserklärungen erloschen. Mangels einer Interessenkollision zwischen den Erben und deren Kindern seien die Voraussetzungen für die Bestellung eines Kurators nicht gegeben.

Eine offenbare Gesetzwidrigkeit im Sinne des § 16 Abs. 1 AußStrG liegt nur dann vor, wenn die zur Beurteilung gestellten Fragen im Gesetz so klar gelöst sind, daß kein Zweifel über die Absicht des Gesetzgebers aufkommen kann, und trotzdem eine damit im Widerspruch stehende Entscheidung gefällt wurde (EvBl. 1979/214; SZ 39/103 ua). Bildet eine Auslegungsfrage die Grundlage einer Gesetzwidrigkeitsrüge im Sinne des § 16 AußStrG, so muß dargetan werden, daß die rekursgerichtliche Auslegung bestehenden Auslegungsregeln widerspricht, unlogisch oder mit den Sprachregeln unvereinbar ist. Dazu reicht der bloße Hinweis auf eine andere Auslegungsmöglichkeit nicht aus (NZ 1986, 213; NZ 1967, 90 ua). Daß der Erblasser seine Erben verpflichten wollte, die angetretene Erbschaft nach ihrem Tode seinen Enkelkindern zu überlassen (§ 608 ABGB), geht aus dem Testament zwar nicht wörtlich hervor, soll aber nach den übereinstimmenden Erklärungen der beiden Rekurswerber vor dem Gerichtskommissär (S 14) vom Erblasser beabsichtigt gewesen sein. Die Auffassung des Rekursgerichts, daß eine fideikommissarische Substitution nicht ausgeschlossen sei, widerspricht somit nicht den Gesetzen der Logik. Auch im Testament ist von "Nachfolgern" und davon die Rede, daß die Liegenschaften nicht verkauft werden dürfen, sondern im Familienbesitz zu verbleiben haben. Zweifel, ob überhaupt eine fideikommissarische Substitution angeordnet ist, sind zunächst im Verlassenschaftsverfahren zu klären. Ist dies nicht möglich, erfolgt die Entscheidung endgültig im Rechtsweg (Welser in Rummel ABGB, Rz 4 zu § 604, Rz 3 zu § 608 und Rz 4 zu § 614; EvBl. 1980/60; RZ 1963, 14). Die Bestellung eines Kollisionskurators ermöglicht aber erst weitere Entscheidungen im Verlassenschaftsverfahren und die Einflußnahme der Enkelkinder des Erblassers auf dieses (3 Ob 183/73).

Da die vom Rekursgericht vertretene Auffassung weder § 614 ABGB noch § 77 AußStrG widerspricht, war der Revisionsrekurs zurückzuweisen.

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