OGH 7Ob650/87

OGH7Ob650/8730.7.1987

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Flick als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Warta, Dr. Egermann, Dr. Kodek und Dr. Niederreiter als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1.) Verlassenschaft nach Johann H***, zuletzt wohnhaft gewesen in Lienz, Prof. Ploner-Straße 4 a, 2.) Helene H***, Hausfrau, Lienz, Prof. Plonerstraße 4 a, beide vertreten durch DDr. Jörg Christian Horwath, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagten Parteien 1.) Helmut D***, Elektromeister, 2.) Helena D***, Hausfrau, beide Lienz, Rosengasse 15, beide vertreten durch DDr. Peter Stern, Rechtsanwalt in Wien, wegen 350.000 S sA, infolge Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 30. April 1987, GZ 2 R 401/86-54, womit infolge Berufung der klagenden Parteien das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 12. September 1985, GZ 16 Cg 684/83- 36, teilweise bestätigt und teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, den klagenden Parteien die mit 13.686,66 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten 1.244,24 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Beklagten waren Vormieter der von der Zweitklägerin und ihrem Ehemann Johann H*** am 27. Februar 1981 gemieteten, aus 4 Zimmern samt Nebenräumen bestehenden Wohnung im Hause Lienz, Rosengasse 17. Nach der schriftlichen Vereinbarung vom 18. Februar 1981 überließen die Beklagten den Nachmietern die in der Urkunde Beilage B aufgezählten Einrichtungsgegenstände gegen eine Ablösesumme von 350.000 S. Die klagenden Parteien fechten diese Vereinbarung unter anderem wegen Verkürzung über die Hälfte an und begehren die Rückzahlung des Ablösebetrages samt Anhang. Mit Eventualantrag verlangen sie die Rückzahlung von 350.000 S, allenfalls von 280.210 S sA Zug um Zug gegen Rückstellung der Einrichtungsgegenstände. Die Beklagten behaupten, daß der Ablösebetrag nicht nur für die Überlassung der Einrichtungsgegenstände, sondern auch als Abgeltung für die von ihnen vorgenommenen umfangreichen Investitionen im Werte von rund 500.000 S und für die Aufgabe der Mietrechte vereinbart worden sei.

Das Erstgericht wies Haupt- und Eventualbegehren ab. Das Berufungsgericht änderte im ersten Rechtsgang das Ersturteil dahin ab, daß es dem Eventualbegehren auf Zahlung von 350.000 S Zug um Zug gegen Rückstellung der im Urteilsspruch näher bezeichneten Einrichtungsgegenstände stattgab.

Der Oberste Gerichtshof hob die Entscheidung der zweiten Instanz auf, weil das Berufungsgericht die Frage der Beweislastverteilung unrichtig gelöst hatte (ON 51).

Das Berufungsgericht fällte nunmehr nach Beweiswiederholung im Sinne der §§ 281 a, 463 Abs. 1 ZPO eine mit seiner ersten Entscheidung gleichlautenden Entscheidung, der folgender wesentlicher Sachverhalt zugrundeliegt:

Die Zweitklägerin und ihr Ehemann Johann H*** wurden durch eine Annonce auf die Wohnung aufmerksam. Sie reisten um den 10. Februar 1981 nach Lienz und besichtigten in Beisein der Beklagten die Wohnung. Die Beklagten erklärten hiebei, es sei ihnen lieber, wenn die in der Wohnung befindlichen Möbel und sonstigen Einrichtungsgegenstände abgelöst werden. Da die Zweitklägerin und ihr Ehemann die Möbel des Wohn- und Schlafzimmers nicht benötigten, einigten sich die Vertragsteile dahin, daß in den genannten Zimmern nur die Vorhänge bzw. im Schlafzimmer auch der Luster und zwei Soffitten abgelöst werden. Hinsichtlich der übrigen Möbel und Einrichtungsgegenstände einigten sich die Parteien darauf, daß diese von den Mietern zur Gänze abgelöst werden. Der Erstbeklagte nannte als Kaufpreis einen Betrag von 350.000 S zuzüglich Umsatzsteuer. Da Johann H*** die Zahlung der Umsatzsteuer ablehnte, einigten sich die Parteien auf einen Kaufpreis von 350.000 S für die in der Urkunde Beilage B angeführten Möbel und Einrichtungsgegenstände. Der Betrag von 350.000 S wurde bei Aushändigung der Urkunde Beilage B an die Beklagten bar bezahlt. Der Betrag war ausschließlich als Ablöse für die in der Urkunde angeführten Einrichtungsgegenstände vereinbart und bezahlt worden. Diese Einrichtungsgegenstände haben nur einen Wert von 69.790 S. Durch den Betrag von 350.000 S sollten nicht auch andere Investitionen oder die Aufgabe der Mietrechte durch die Beklagten abgelöst werden.

Nach der Auffassung des Berufungsgerichtes seien die Voraussetzungen für die von den klagenden Parteien begehrte Vertragsaufhebung wegen Verkürzung über die Hälfte nach § 934 ABGB gegeben, weil die von den klagenden Parteien erhaltenen Einrichtungsgegenstände weniger als die Hälfte des von ihnen bezahlten Preises wert seien.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen die Entscheidung der zweiten Instanz erhobene Revision der Beklagten ist nicht berechtigt.

Die Beurteilung, ob die Lösung einer bestimmten Tatfrage nur aufgrund des unmittelbaren Eindruckes der Zeugen und Parteien oder aufgrund einer Beweisaufnahme gemäß § 281 a ZPO möglich ist, gehört in den Bereich der durch den Obersten Gerichtshof nicht überprüfbaren Beweiswürdigung (vgl. EvBl. 1985/70). Unrichtig ist, daß der Oberste Gerichtshof in seinem Aufhebungsbeschluß eine ergänzende Beweisaufnahme verlangte. Daß ein ausdrücklicher Antrag nach § 281 a Z 1 ZPO nicht gestellt wurde, räumt die Revision selbst ein. Die geltend gemachte Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt daher nicht vor (§ 510 Abs. 3 ZPO).

In der Rechtsrüge wiederholen die Beklagten nur ihren Standpunkt, daß das Berufungsgericht ohne ergänzende Vernehmung der Zweitklägerin nicht über den Inhalt der Urkunde Beilage B hinausgehende Feststellungen treffen hätte dürfen und wendet sich demnach nur gegen die Beweiswürdigung des Berufungsgerichtes. Ein Akt der reinen Urkundenauslegung liegt nicht vor, weil das Berufungsgericht aufgrund anderer Beweismittel über den Urkundeninhalt hinausgehende Feststellungen über die Vereinbarung getroffen hat. Einer eigenen Leistungsfrist für die Zug um Zug zu erbringende Gegenleistung der klagenden Parteien bedurfte es nicht. Demgemäß ist der Revision ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

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