OGH 6Ob620/87

OGH6Ob620/8723.7.1987

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Melber, Dr. Egermann, Dr. Schlosser und Dr. Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Franz W***, Rechtsanwalt, Jakominiplatz 16, 8010 Graz, wider die beklagte Partei R*** G***-ST. P***, reg. Genossenschaft mbH, St.Peter, Hauptstraße 55, 8042 Graz, vertreten durch Dr. Michael Nierhaus, Rechtsanwalt in Graz, wegen S 95.270,85 s.A. infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 14.April 1986, GZ 5 R 45/86-41, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 5.Juli 1985, GZ 16 Cg 153/83-29, teilweise bestätigt und teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 4.243,80 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 385,80 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger begehrte zuletzt die Verurteilung der beklagten Partei zur Zahlung von S 95.270,85 s.A. als Honorar für die Vertretung im Verfahren 15 Cg 38/81 des Landesgerichtes für ZRS Graz. Die beklagte Partei stellte die eingeklagte Forderung der Höhe nach außer Streit, wendete jedoch ein, daß Verjährung der im Verfahren 15 Cg 38/81 eingeklagten, der beklagten Partei abgetretenen Forderung eingetreten sei, weil das Verfahren nicht gehörig fortgesetzt worden sei. Die Verjährung habe der Kläger zu vertreten, weil er weder die gebotene Sorgfalt aufgewendet noch die beklagte Partei über die mit einem verspätet gestellten Fortsetzungsantrag verbundenen Rechtsfolgen aufgeklärt habe.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es stellte fest:

Der Kläger brachte am 22.3.1977 als bevollmächtigter Rechtsanwalt für die Firma T*** SAN.- UND H*** Export-Import-Großhandel R*** & G*** (im folgenden kurz Firma T***) beim Landesgericht für ZRS Graz zu 15 Cg 38/81 gegen die L*** & Co Baugesellschaft mbH (in der Folge kurz Firma L***) eine auf die Lieferung von Waren und die Verrichtung von Installationsarbeiten gestützte Klage auf Zahlung von S 300.536,88 s. A. ein. Da die eingeklagte Forderung in Form einer stillen Zession an die beklagte Partei abgetreten war, bestimmte diese das Prozeßverhalten der dort klagenden Partei. Der Kläger war auch von der beklagten Partei beauftragt und bevollmächtigt, die Forderung im Namen der Firma T*** einbringlich zu machen. Die im früheren Verfahren beklagte Partei Firma L*** wendete insbesondere mangelnde Fälligkeit infolge mangelhafter Werkleistung ein. Am 5.4.1979 (in den Entscheidungen der Vorinstanzen heißt es offenbar irrig: 26.6.1979) wurde über das Vermögen der Firma T*** der Konkurs eröffnet, Rechtsanwalt Dr. Egon J*** zum Masseverwalter bestellt und ihm Othmar D*** als besonderer Verwalter für betriebswirtschaftliche Belange beigegeben.

Othmar D*** versuchte in der Folge, mit dem Geschäftsführer der Firma L***, Dipl.Ing. Hans G***, eine Vereinbarung zu treffen, wonach die von dem im Prozeß bestellten Sachverständigen Ing. Rudolf S*** festgestellten Mängel zu beheben gewesen wären und danach von der Firma L*** das gesamte eingeklagte Entgelt hätte bezahlt werden sollen. Da eine solche Einigung nach der Kontaktaufnahme mit Dipl.Ing. Hans G*** durchaus möglich schien, vereinbarte man im Einvernehmen mit der beklagten Partei, das Verfahren ruhen zu lassen. Die Parteienvertreter wurden von dieser Vereinbarung informiert, sodaß die Verhandlungstagsatzung am 18.2.1980 unbesucht blieb und damit Ruhen eintrat.

In der Folge gelang es Othmar D*** jedoch trotz zahlreicher Versuche nicht, mit Dipl.Ing. Hans G*** Kontakt aufzunehmen, um für die in Aussicht genommenen Verbesserungsarbeiten einen Termin festzulegen. Mit Schreiben vom 30.4.1980 teilte Othmar D*** daher der beklagten Partei mit, daß alle Versuche, die Angelegenheit vergleichsweise zu bereinigen, gescheitert seien, und ersuchte um Fortsetzung des Verfahrens. Mit Schreiben vom 10.6.1980 teilte der Vertreter der Firma L*** dem Kläger mit, er könne sich eine Regelung nur so vorstellen, daß das Verfahren ruhen bleibe und keine Partei von der anderen noch etwas zu fordern habe. Dieses Schreiben übermittelte der Kläger der beklagten Partei. Am 24.10.1980 richtete die Firma T*** ein von Othmar D*** und dem Gesellschafter Ing. Siegfried G*** gezeichnetes Schreiben an die Firma L*** zu Handen des Dipl.Ing. Hans G***, in dem von einem "letztmalig vereinbarten" Zugeständnis, die gerügten Mängel durch eine Umgehungsleitung zu beheben, wenn die Firma L*** die eingeklagte Forderung begleiche, die Rede ist. Mit Schreiben vom selben Tag empfahl Othmar D*** der beklagten Partei "sofort nach Ablauf der Nachfrist" das Verfahren fortzusetzen, weil die Gespräche mit Dipl.Ing. Hans G*** nur den Schluß zuließen, er sei zahlungsunwillig und hoffe, durch seine Verschleppungstaktik "um die Erledigung zu kommen". In Beantwortung des Schreibens vom 24.10.1980 teilte der Vertreter der Firma L*** dem Kläger am 10.11.1980 mit, diese lehne nach wie vor jede Zahlung ab, weil die Installation mangelhaft und überdies mangels gehöriger Fortsetzung des Verfahrens Verjährung eingetreten sei. Dies gab der Kläger der beklagten Partei am 13.11.1980 mit dem Bemerken bekannt, daß wegen der während des Ruhens geführten Vergleichsgespräche Verjährung nicht eingewendet werden könne, er dennoch unter einem die Fortsetzung des Verfahrens beantragt habe.

Dem Kläger war bekannt, daß sich Dipl.Ing. Hans G*** stets auf den Standpunkt gestellt hatte, nicht zahlen zu müssen. Auf die Folge der nicht gehörigen Fortsetzung des ruhenden Verfahrens hat der Kläger die beklagte Partei nie aufmerksam gemacht.

Der vom Kläger verfaßte Fortsetzungsantrag langte am 17.11.1980 beim Prozeßgericht ein. In der Verhandlungstagsatzung vom 10.12.1980 wendete die Firma L*** Verjährung mangels gehöriger Fortsetzung des Verfahrens ein. Im März 1981 kam es über Vorschlag des Gerichtssachverständigen Ing. Rudolf S*** erneut zu Vergleichsgesprächen, bei denen jedoch gleichfalls keine Einigung erzielt werden konnte. Nach neuerlicher Begutachtung durch diesen Sachverständigen vereinbarten die Parteien des früheren Verfahrens schließlich "ewiges Ruhen", das am 19.11.1982 wirksam wurde. Vorher hatte der Kläger nach Vollmachtskündigung durch die beklagte Partei alle Unterlagen an den Beklagtenvertreter übermittelt und die beklagte Partei dahin aufgeklärt, daß er das Verfahren zwar in deren Auftrag, wohl aber im Vollmachtsnamen der Firma T*** geführt habe. Der Beklagtenvertreter bestätigte dem Kläger, daß die beklagte Partei die Kostenhaftung übernehmen werde. Rechtlich vertrat das Erstgericht die Auffassung, dem Kläger fielen Verstöße gegen seine auf Grund besonderer Kenntnisse zu erwartende Sorgfaltspflicht zur Last, weshalb ihm das nur bei ordnungsgemäßer Vertragserfüllung gebührende Honorar nicht zustehe. Das Berufungsgericht bestätigte das erstinstanzliche Urteil mit Ausnahme eines im Revisionsverfahren nicht mehr strittigen Zinsenausspruches. Es ergänzte die erstinstanzlichen Feststellungen wie folgt:

Die Firma T*** legte über die an die Firma L***

gelieferten Waren und für diese geleisteten Installationsarbeiten am

29. und 31.12.1976 Rechnung über insgesamt S 300.536,88. Die Firma L*** bestritt die Fälligkeit des gesamten Rechnungsbetrages unter anderem auch deshalb, weil das gelieferte Werk verschiedene (im einzelnen dargestellte) Mängel aufweise. Von dem im früheren Verfahren bestellten Sachverständigen Ing. Rudolf S*** wurde unter anderem festgestellt, bei der Zirkulationsleitung liege ein Ausführungsfehler vor, es sei nicht darauf geachtet worden, die Kaltwasserleitung in einem solchen Abstand von Kamin, Warmwasser- und Heizungsanlagen zu führen oder so zu isolieren, daß das Wasser nicht merkbar beeinflußt wird. Deshalb erwärme sich das Kaltwasser. Um die Kaltwasserleitung besser zu isolieren oder in größerem Abstand von den Warmwasserleitungen zu verlegen, wären umfangreiche und kostspielige Maßnahmen erforderlich. Die Firma T*** vertrat im Vorprozeß den Standpunkt, daß die Rohrleitungen bauseits hätten isoliert werden sollen. Dies wurde von der Firma L*** aber bestritten. In der Verhandlungstagsatzung vom 10.12.1980 brachte die Firma L***, nachdem sie bereits Verjährung eingewendet hatte, vor, "daß ihre Zahlungsverweigerung auf die Rechtstitel der Minderung des geltend gemachten Werklohnes, auf eine Schadenersatzforderung in Höhe der restlichen Werklohnforderung aus dem Rechtsgrund der Beseitigung der von der Firma T*** geschuldeten Mängel der Anlage und auf jeden anderen Rechtstitel gestützt werde". In der Verhandlungstagsatzung vom 2.3.1981 erklärte sich die Firma T*** bereit, den Mangel (Heißwerden der Kaltwasserleitung) zu sanieren. Die vom Sachverständigen Ing. Rudolf S*** in seinem schriftlichen Gutachten vom 20.1.1982 vorgeschlagene Mängelbehebung (Herstellung von Direktanschlüssen der Kaltwasserleitung für die Küche und das Bad), die einen Aufwand von

S 35.000,-- erfordert hätte, wurde von der Firma L*** mit der Behauptung, der Sanierungsaufwand sei derart groß, daß er in keinem Verhältnis zum Erfolg der Sanierung stünde, abgelehnt. Die Firma L*** machte schließlich Minderung des Werklohnes in Höhe der Sanierungskosten (S 141.576,52 zuzüglich Kosten für Reinigung, Installationsarbeiten und allfällige Beschädigungen) geltend. Der Sachverständige Ing. Rudolf S*** hat in der Folge seinen Mängelbehebungsvorschlag wegen des hohen Sanierungsaufwandes zurückgezogen.

In rechtlicher Hinsicht führte das Gericht zweiter Instanz aus, gemäß § 1478 ABGB beginne die Verjährung, sobald das Recht an sich schon hätte ausgeübt werden können. Die Verjährungsfrist beginne in der Regel zu laufen, sobald der Geltendmachung des Anspruches kein rechtliches Hindernis entgegenstehe. Mangelnde Fälligkeit hindere demnach den Beginn der Verjährung. Nach § 1170 ABGB sei der Werklohn in der Regel nach vollendetem Werk zu entrichten. Sei das Werk mangelhaft geliefert worden, könne der Besteller Behebung verlangen und den gesamten Werklohn bis zur gehörigen Erfüllung des Vertrages, also bis zur Verbesserung des Werkes, verweigern, weil das Werk noch nicht als vollendet anzusehen, daher auch der Werklohn noch nicht fällig sei. In einem solchen Fall beginne die Verjährungsfrist nicht zu laufen, weil der Geltendmachung des Anspruches noch das rechtliche Hindernis der mangelnden Fälligkeit entgegenstehe. Der Unternehmer könne aber durch die Hinauszögerung oder Unterlassung der Verbesserung den Beginn der Verjährungsfrist nicht beliebig hinausschieben. Nehme er die Verbesserung nicht innerhalb angemessener Frist vor, so laufe die Verjährungsfrist von jenem Zeitpunkt an, in welchem dem Unternehmer die Verbesserung des mangelhaften Werkes objektiv möglich gewesen wäre. Das Begehren auf Preisminderung oder eine ungerechtfertigte Mängelrüge ändere weder die Fälligkeit noch den Beginn des Laufes der Verjährungsfrist. Im Vorprozeß habe die Firma L*** angesichts der Ausführungen ihres Privatgutachters im November 1976 eine nicht ungerechtfertigte Mängelrüge erhoben und Verbesserung begehrt. Die Firma T*** hätte diese Verbesserung auch vor Klagseinbringung zwischen November 1976 und März 1977 bewirken können. Räume man für die Behebung der Mängel eine angemessene Frist von drei Monaten ein, habe die Verjährungsfrist Mitte Februar 1977 zu laufen begonnen. Die Firma T*** habe ihre Klage rechtzeitig erhoben. Die Unterbrechungswirkung trete aber nur ein, wenn die Klage gehörig fortsetzt werde. Ob ein längeres Zuwarten mit der Verfolgung des Anspruches hingenommen werden könne oder eine ungewöhnliche Untätigkeit vorliege, sei nach den Umständen des Falles zu beurteilen. Der Prozeß sei nach fast dreijähriger Dauer zwecks Vergleichsverhandlungen am 18.2.1980 - als sich die damalige klagende Partei bereits im Konkurs befunden habe - zum Ruhen gekommen. Der Kläger habe behauptet, daß während des Ruhens laufend ernsthafte Vergleichsverhandlungen stattgefunden hätten. Dieser Nachweis sei ihm nicht gelungen. Zwar habe Othmar D*** in einem Gespräch mit Dipl.Ing. Hans G*** Ruhen erreicht, um eine vergleichsweise Regelung herbeizuführen, doch hätten die damalige klagende Partei und deren Rechtsfreund aus dem Verhalten der Firma L*** schließen müssen, daß diese eine vergleichsweise Bereinigung gar nicht ernsthaft angestrebt habe. Othmar D*** habe nämlich der beklagten Partei bereits am 30.4.1980 mitgeteilt, daß darauf abzielende Versuche gescheitert seien, und ersucht, das Verfahren weiterzuführen. Auch der Kläger habe in seiner Parteiaussage unmißverständlich zum Ausdruck gebracht, ihm sei von Prozeßbeginn an klar gewesen, daß Dipl.Ing. Hans G*** keinerlei Zahlungen erbringen wolle, und er habe den Standpunkt des Genannten während des gesamten Ruhenszeitraumes gekannt. Zumindest ab Ende April 1980 sei somit die Aussichtslosigkeit weiterer Vergleichsversuche für den Kläger erkennbar gewesen. Außerdem sei über das Vermögen der Firma T*** bereits am 26.6.1979 (richtig: 5.4.1979) der Konkurs eröffnet worden. Vergleichsgespräche hätten demnach vom Masseverwalter geführt werden müssen. Othmar D*** habe weitere außergerichtliche Vergleichsversuche mit Dipl.Ing. Hans G*** nach dem 30.4.1980 ausgeschlossen. Im Schreiben vom 24.10.1980 könne kein ernsthafter und tauglicher Vergleichsversuch erblickt werden. Daß erst nach fast neunmonatiger Ruhensdauer ein Fortsetzungsantrag eingebracht worden sei, sei als ungewöhnliche Untätigkeit anzusehen, sodaß die Einbringung der Klage die Verjährung nicht unterbrochen habe und schon die Verjährungseinrede zur Klagsabweisung hätte führen müssen. Auf Grund des Bevollmächtigungsvertrages zwischen den Streitteilen sei der Kläger als Gewalthaber (Rechtsanwalt) verpflichtet gewesen, das ihm von der beklagten Partei aufgetragene Geschäft - die Einbringung einer Forderung - der erteilten Vollmacht gemäß emsig und redlich zu besorgen (§ 1009 ABGB). Der Kläger sei insbesondere verpflichtet gewesen, die beklagte Partei angesichts der Ruhensvereinbarung über § 1497 ABGB und darüber, daß das Verfahren nach Ablauf der Ruhensfrist für den Fall, daß Verhandlungen mit der Gegenseite nicht geführt würden oder bereits gescheitert sein sollten, zur Vermeidung der Verjährung unverzüglich fortzusetzen sein werde, aufzuklären. Da der Kläger dieser Verpflichtung nicht nachgekommen sei und den Fortsetzungsantrag erst "sechs" Monate (richtig: fast neun Monate) nach Ablauf der Ruhensfrist gestellt habe, habe er gegen § 9 RAO und § 1009 ABGB verstoßen. Die Verletzung der Pflichten aus dem Bevollmächtigungsvertrag ziehe einerseits Schadenersatzfolgen nach sich und könne andererseits auch zum Verlust des Honoraranspruches führen. Daß der Kläger von der beklagten Partei ausdrücklich angewiesen worden wäre, mit der Verfahrensfortsetzung auch nach dem Zeitpunkt, in dem es bereits klar gewesen sei, daß die Vergleichsverhandlungen gescheitert gewesen seien, zuzuwarten, habe im erstinstanzlichen Verfahren nicht festgestellt werden können. Der Kläger sei auch seiner Aufklärungspflicht gegenüber der beklagten Partei in bezug auf die Verjährung nicht nachgekommen. Da ihm bekannt gewesen sei, daß Dipl.Ing. Hans G*** das Entgelt nicht habe zahlen wollen, sei er der beklagten Partei zu besonderer Sorgfalt verpflichtet gewesen, soweit es um die rechtzeitige Fortsetzung des Verfahrens gegangen sei. Sei der Geschäftszweck durch die Einbringung des Fortsetzungsantrages erst nach fast neunmonatiger Ruhensdauer ungeachtet der Frage, ob der beklagten Partei letzten Endes ein Schaden entstanden sei, vereitelt worden, habe der Kläger seinen Honoraranspruch gegen die beklagte Partei verloren.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision des Klägers gegen das berufungsgerichtliche Urteil ist zulässig, aber nicht berechtigt.

Der Kläger hat sein Rechtsmittel ohne Rücksicht auf den Streitwert, der den gemäß § 502 Abs 4 Z 2 ZPO maßgeblichen Schwellenwert von S 300.000,-- nicht übersteigt, in Mißachtung der im § 503 Abs 2 ZPO angeordneten Beschränkung der Anfechtung auf die Behauptung unrichtiger Lösung von im § 502 Abs 4 Z 1 ZPO bezeichneter Rechtsfragen des materiellen oder des Verfahrensrechtes ausgeführt. Die verfehlte Ausführung des Rechtsmittels steht dessen Zulässigkeit gemäß § 502 Abs 4 Z 1 ZPO jedoch nicht entgegen, weil zu der vom Berufungsgericht bezeichneten Rechtsfrage, ob die Verletzung der dem Rechtsanwalt gegenüber seinem Mandanten obliegenden Aufklärungspflichten und die Unterlassung rechtzeitiger Verfahrensfortsetzung nach Eintritt des Ruhens zum Verlust des Honoraranspruches führt, soweit überblickbar, Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes in der Tat fehlt.

Mit der Mängel- und der Aktenwidrigkeitsrüge zeigt der Beklagte keine erheblichen Rechtsfragen des Verfahrensrechtes auf (§ 510 Abs 3 ZPO).

Aber auch mit der Rechtsrüge wird keine unrichtige Lösung einer materiellrechtlichen Frage dargetan. Nach den im Revisionsverfahren nicht mehr bekämpfbaren Feststellungen der Vorinstanzen hat der dem Masseverwalter der damals im Konkurs verfangenen Firma T*** (der Konkurs wurde später infolge Bestätigung eines Zwangsausgleiches wieder aufgehoben) beigegebene besondere Verwalter Othmar D*** mit dem Geschäftsführer der im Vorprozeß beklagten Firma L*** Ruhen vereinbart, um in außergerichtlichen Verhandlungen eine Streitbereinigung zu erzielen. Das Ruhen trat ein, nachdem die Verhandlungstagsatzung am 18.2.1980 unbesucht geblieben war. Schon am 30.4.1980 teilte Othmar D*** der beklagten Partei, in deren Auftrag der Prozeß vom Kläger nur deshalb im Vollmachtsnamen der Firma T*** geführt wurde, weil die eingeklagte Forderung in Form einer stillen Zession an die beklagte Partei abgetreten war, mit, daß die Vergleichsversuche gescheitert seien. War diese Mitteilung noch unmittelbar an die (nun) beklagte Partei ergangen, so eröffnete der Vertreter der Firma L*** im Vorprozeß dem Kläger mit Schreiben vom 10.6.1980, eine Streitbeilegung komme für seine Mandantschaft nur in Form eines Verzichtes der Streitteile auf Verfahrensfortsetzung ("ewiges Ruhen") unter gegenseitiger Kostenaufhebung in Betracht. Dennoch hat der Kläger die beklagte Partei auch dann noch nicht über die Folgen nicht rechtzeitiger Verfahrensfortsetzung aufgeklärt, sondern erst fünf Monate später - im November 1980 - einen solchen Fortsetzungsantrag eingebracht.

Der Rechtsanwalt hat die Rechte seines Mandanten mit Gewissenhaftigkeit zu vertreten (§ 9 RAO) und - wie jeder andere Geschäftsbesorger - das ihm übertragene Geschäft gemäß § 1009 ABGB emsig und redlich zu besorgen. Zu den wichtigsten Aufgaben des Rechtsanwaltes, der eine Vertretung übernimmt, gehört die Rechtsbelehrung des zumeist rechtsunkundigen Mandanten (Fenzl in ÖJZ 1951, 402 f.). Nach Rechtsprechung und Lehre (SZ 56/181 mwN ua; Fenzl aaO) hat der Rechtsanwalt demgemäß bei aufrechtem Vollmachtsverhältnis - der Kläger war im Vorprozeß von der beklagten Partei als der vom Verfahrensausgang auf der Klagsseite unmittelbar Betroffenen beauftragt und auch bevollmächtigt - den Ablauf der Ruhensfrist in Evidenz zu halten und seinen Mandanten über die damit verbundene Gefahr der Verjährung der eingeklagten Forderung zu belehren. Diese Belehrungspflicht trifft den Rechtsanwalt selbst dann, wenn er seinen Mandanten schon bei Eintritt des Ruhens auf diese mögliche Folge aufmerksam gemacht hat. Der Kläger hat die beklagte Partei aber weder bei Eintritt des Ruhens noch nach Ablauf der Ruhensfrist auf die möglichen Verjährungsfolgen hingewiesen und diese selbst dann noch nicht auf diese Gefahr aufmerksam gemacht, als ihm das nach dem Standpunkt der beklagten Partei dem Abbruch der Vergleichsgespräche gleichkommende Schreiben des Vertreters der (damals beklagten Partei) Firma L*** zugekommen war. Da die mit der Einbringung der Klage durch die Firma T*** verbundene Unterbrechung der Verjährung von der gehörigen Verfahrensfortsetzung abhängig (§ 1497 ABGB) und die Verjährungsfrist des § 1486 Z 1 ABGB bei Abbruch der Vergleichsgespräche jedenfalls abgelaufen war, wäre die Verjährung nur dann nicht eingetreten, wenn die im Vorprozeß klagende Partei entweder die Fortsetzung des Verfahrens nach Ablauf der Ruhensfrist unverzüglich beantragt hätte (vgl. SZ 58/180 ua) oder triftige Gründe für ihre Untätigkeit hätte dartun können (vgl. die bei Schubert in Rummel, ABGB, Rz 10 zu § 1497 wiedergegebene Rechtsprechung). Es wurde schon erörtert, daß der Kläger dem Schreiben des Vertreters der Firma L*** deren Unwilligkeit zum Abschluß des angestrebten Vergleiches hätte entnehmen müssen. Andere Gründe, die ihn dazu veranlaßt haben könnten, die Fortsetzung des Verfahrens erst etwa fünf Monate später zu begehren, haben die Vorinstanzen nicht festgestellt. Vergleichsverhandlungen haben danach auch nicht mehr stattgefunden. Das Schreiben Othmar D*** vom 24.10.1980 (Beilage Q) stellt sich zwar als ein letztmaliger Versuch des besonderen Verwalters, den Vergleich doch noch zustandezubringen, dar, doch konnte angesichts des bisherigen Verhaltens der Gegnerin weder mit einer positiven Erledigung gerechnet werden, noch hat Othmar D*** - wie seinem Schreiben vom selben Tag an die (nun) beklagte Partei (Beilage P) zu entnehmen ist - dies auch tatsächlich erwartet. Spätestens nach Erhalt des Schreibens des Vertreters der Firma L*** hätte sich der Kläger daher im Klaren sein müssen, daß die Vergleichsverhandlungen gescheitert waren. Von einer unverzüglichen Antragstellung erst fünf Monate danach kann dann aber keine Rede sein. Die Vorinstanzen haben die Unterlassung früherer Antragstellung als nicht gehörige Verfahrensfortsetzung gemäß §§ 1497 ABGB beurteilt. Ob die Antragstellung nach einem Zeitraum von fünf Monaten nach Lage des Falles ausnahmsweise dennoch als gehörige Fortsetzung im Sinne der genannten Gesetzesstelle angesehen werden könnte, ist aber eine Frage, der keine über den konkreten Einzelfall hinausgehende erhebliche Bedeutung nach § 502 Abs 4 Z 1 ZPO zukommt. Sie kann auch im Rahmen einer sonst zulässigen Revision nicht geprüft werden. Ist davon auszugehen, daß der Kläger das Verfahren nicht gehörig fortgesetzt und die beklagte Partei über die damit verbundenen Folgen nicht rechtzeitig aufgeklärt hat, müßte an sich - was der Kläger im Rechtsmittelverfahren auch erkannt hat - der deshalb nicht fortgesetzte Prozeß zur Prüfung der Ursächlichkeit des Unterlassungsverhaltens des Klägers für den Sachausgang hypothetisch nachvollzogen und danach beurteilt werden, wie er mit überwiegender Wahrscheinlichkeit geendet hätte (SZ 56/181 ua). Der Kläger hat aber zu dieser Frage nicht nur im Verfahren erster Instanz keine konkreten Behauptungen aufgestellt, sondern in der Revision (ON 42, S 13) im Gegenteil ausdrücklich behauptet, daß die Einwendungen der Firma L*** im Vorprozeß - Lieferung eines unbrauchbaren Werkes - nicht berechtigt gewesen seien, so daß die beklagte Partei seinem Prozeßstandpunkt nach allein im Hinblick auf die - durch sein Verhalten ausgelöste und, wie dargelegt,

berechtigte - Verjährungseinrede genötigt war, das Verfahren unter Aufgabe der eingeklagten Werklohnforderung zu beenden. Zufolge des Vorbringens des Klägers hatte daher die Prüfung des hypothetischen Prozeßverlaufes zu unterbleiben.

Es ist also davon auszugehen, daß die nicht gehörige Verfahrensfortsetzung auf einen Sorgfaltsverstoß des Klägers zurückzuführen und der Kläger auch seiner Belehrungspflicht gegenüber der beklagten Partei nicht nachgekommen ist und diese Pflichtwidrigkeiten für den Verlust der eingeklagten Werklohnforderung ursächlich waren. Die beklagte Partei hat dem Sinne nach eingewendet, der Kläger habe keinen Anspruch auf das eingeklagte Honorar für die Vertretung im Rechtsstreit 15 Cg 38/81 des Landesgerichtes für ZRS Graz, weil die eingeklagte Werklohnforderung durch das Verhalten des Klägers verjährt sei und er sie auf diese Rechtsfolgen nicht (rechtzeitig) aufmerksam gemacht habe. Nach Lehre und Rechtsprechung (Strasser in Rummel, aaO, Rz 9 zu § 1004; RdW 1984, 11; SZ 52/73; EvBl 1972/124; EvBl 1962/488 uva) erwächst dem Rechtsanwalt aus Vertretungshandlungen, die für seinen Auftraggeber wegen verschuldeter mangelhafter Vertretung wertlos sind, kein Honoraranspruch. Das trifft aber nicht nur dann zu, wenn der Rechtsanwalt seinen Mandanten nicht vor einer aussichtslosen Prozeßführung warnt (so der Fall in EvBl 1972/124), sondern es steht dem Entlohnungsanspruch die Einrede des schuldhaft nicht erfüllten Vertrages auch dann zu, wenn die unvollständige Auftragsausführung schon nach der Natur des Geschäftes den bereits bewirkten Teil der Ausführung wertlos macht (SZ 52/73; 1 Ob 570/78 ua). Gleiches muß auch gelten, wenn der Rechtsanwalt nach Abbruch der Vergleichsverhandlungen nicht nur nicht so rasch wie möglich die Fortsetzung des ruhenden Verfahrens beantragt, sondern seine Partei auch nicht über die Rechtsfolgen einer solchen Unterlassung aufklärt. War die beklagte Partei deshalb, wie festgestellt, genötigt, die weitere Verfolgung ihrer - selbst nach dem Standpunkt des Klägers - sonst berechtigten Forderung wegen des durch ihn verschuldeten Eintrittes der Verjährung aufzugeben, so war für die beklagte Partei die gesamte Vertretung in diesem Rechtsstreit wertlos. Die beklagte Partei konnte daher dem Erfüllungsanspruch des Klägers mit Erfolg die diesen Anspruch aufhebende Einrede des nicht gehörig erfüllten Vertrages entgegenhalten.

Haben die Vorinstanzen somit zu Recht den Bestand des behaupteten Honoraranspruches des Klägers verneint, so mußte seiner Revision ein Erfolg versagt bleiben.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte