Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 4.November 1943 geborene (beschäftigungslose) Helmut W*** aufgrund des Wahrspruchs der Geschwornen des Vergehens der fahrlässigen Körperverletzung nach dem § 88 Abs. 1 und Abs. 4, zweiter Fall, StGB schuldig erkannt. Die Geschwornen hatten die an sie gerichtete erste Hauptfrage nach dem Verbrechen des versuchten Mordes (§§ 15, 75 StGB) ebenso wie die erste Eventualfrage nach dem Verbrechen des versuchten Totschlags (§§ 15, 76 StGB) einstimmig verneint, die zweite Eventualfrage nach dem Verbrechen der absichtlichen schweren Körperverletzung (§ 87 Abs. 1 StGB) mit fünf Nein- gegen drei Ja-Stimmen und die dritte Eventualfrage nach dem Vergehen der schweren Körperverletzung (§§ 83 Abs. 1, 84 Abs. 1 und Abs. 2 Z 1 StGB) mit vier Nein- gegen vier Ja-Stimmen beantwortet und schließlich die vierte Eventualfrage stimmeneinhellig bejaht, nämlich die Frage, ob Helmut W*** schuldig sei, "am 17. August 1986 in Wien den Herbert G*** fahrlässig am Körper verletzt und an der Gesundheit geschädigt zu haben, wobei die Tat unter besonders gefährlichen Verhältnissen begangen wurde, indem er an seinem Gewehr der Marke Riva Modell Texas Carbine Kal. 22 LR hantierte, wobei er es in Hüftanschlag hielt, wobei der Lauf des Gewehres gegen den Oberkörper des Herbert G*** gerichtet war, ohne sich vorher davon überzeugt zu haben, ob alle sechs Kammern der Trommel ungeladen seien, wodurch er eine Patrone, die sich in einer der Kammern befand, übersah und sich ein Schuß löste, durch den Herbert G*** eine an sich schwere Verletzung, nämlich eine Läsion der Leber und des Zwerchfells (Bauchsteckschuß) erlitt, verbunden mit einer 24 Tage übersteigenden Gesundheitsschädigung und Berufsunfähigkeit, wobei Helmut W*** in einem übermüdeten und alkoholbeeinträchtigten Zustand handelte und wobei die Tat in der nur ca. 24 m2 großen Küche der Wohnung des Helmut W*** begangen wurde, in der sich außer Herbert G*** noch drei weitere Personen aufhielten" (§ 88 Abs. 1 und Abs. 4, zweiter Fall, StGB). Der erwähnte Schuldspruch wird vom Angeklagten mit einer (ausdrücklich) auf die Z 6, 8, 12 und 13 des § 345 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde bekämpft.
Den Nichtigkeitsgrund des § 345 Abs. 1 Z 6 StPO erblickt der Beschwerdeführer darin, daß die in der 4. Eventualfrage (nach § 88 Abs. 1 und Abs. 4, zweiter Fall, StGB) angeführte (strafsatzerhöhende) Tatbegehung unter besonders gefährlichen Verhältnissen (§ 81 Z 1 StGB) nicht zum Gegenstand einer eigenen Zusatzfrage im Sinn des § 316 StPO gemacht wurde, daß die
4. Eventualfrage nicht in einer Weise formuliert sei, die den Geschwornen die Möglichkeit einer einschränkenden Fragebeantwortung eröffnet hätte und daß aus der Fragestellung schließlich auch nicht hervorgehe, welche Schuldform - nach Meinung des Beschwerdeführers Vorsatz - der erwähnte strafsatzerhöhende Umstand erfordere. Diesem Vorbringen ist zunächst zu erwidern, daß es - wie der Beschwerdeführer selbst einräumt - gemäß dem § 317 Abs. 2 StPO der Beurteilung des Schwurgerichtshofes im einzelnen Fall überlassen bleibt, welche Tatsachen in einer Frage zusammenzufassen oder zum Gegenstand besonderer Fragen zu machen sind. Demgemäß können strafsatzändernde Umstände zwar zum Gegenstand einer Zusatzfrage im Sinn des § 316 StPO gemacht werden, es muß dies aber nicht geschehen. Auch die Aufnahme in die betreffende Haupt-(Eventual-)Frage ist zulässig (vgl. Mayerhofer-Rieder, StPO2, ENr. 8 ff zu § 316): Daraus folgt, daß auch im vorliegenden Fall durch die Entscheidung des Schwurgerichtshofes, den strafsatzerhöhenden Umstand der Tatbegehung unter besonders gefährlichen Verhältnissen in die 4. Eventualfrage aufzunehmen, Vorschriften über die Fragestellung nicht verletzt wurden. Die Formulierung der in Rede stehenden Frage ließ aber den Beschwerdebehauptungen zuwider den Geschwornen auch die Möglichkeit einer nur teilweisen Fragebejahung durch Beifügung einer entsprechenden Beschränkung (Ausschaltung der besonders gefährlichen Verhältnisse) im Sinn des § 330 Abs. 2 StPO offen, auf welche Möglichkeit sie in der ihnen erteilten allgemeinen Rechtsbelehrung (vgl. Punkt 3./b/ der Beilage ./A in ON 50) ausdrücklich hingewiesen wurden.
Unzutreffend ist die Behauptung der Beschwerde, die Tatbegehung unter besonders gefährlichen Verhältnissen müsse vom Vorsatz des Täters umfaßt sein, weswegen es erforderlich gewesen wäre, diese Schuldform in die bemängelte Frage aufzunehmen. Irgendwelche speziellen, über die allgemeinen Voraussetzungen der Fahrlässigkeitsschuld hinausgehende Schulderfordernisse sind für § 81 Z 1 StGB nicht anzuerkennen. Jene Umstände, die im konkreten Fall die besondere Gefährlichkeit begründen, müssen für den Täter (sofern sie ihm nicht bekannt sind) lediglich erkennbar sein (vgl. Burgstaller im WK, Rz. 40 und 41 mit Judikaturnachweisen, Leukauf-Steininger, StGB2, RN 16, Kienapfel, BT I2, RN 36 je zu § 81).
Das - für das gesamte Tatbild, einschließlich der strafsatzändernden Umstände geltende - Schulderfordernis der Fahrlässigkeit aber ist der Formulierung der 4. Eventualfrage ohnedies unzweifelhaft zu entnehmen.
Rechtliche Beurteilung
Der Beschwerdeführer vermag aber auch eine Unrichtigkeit der Rechtsbelehrung im Sinn des § 345 Abs. 1 Z 8 StPO nicht aufzuzeigen. In dieser Belehrung werden (ersichtlich unter Anlehnung an Leukauf-Steininger, StGB2, RN 16 sowie 6 und 8 zu § 81) nicht nur die subjektiven Schulderfordernisse für die Zurechenbarkeit besonders gefährlicher Verhältnisse, sondern auch die objektiven Voraussetzungen für das Vorliegen solcher Verhältnisse richtig dargestellt (vgl. S 23, 24 der Beilage ./D in ON 50). Auf die Besonderheiten des konkreten Falles in tatsächlicher Hinsicht war dabei nicht einzugehen, weil Gegenstand der schriftlichen Rechtsbelehrung nur rechtliche, nicht aber auch tatsächliche Umstände sein können (vgl. Mayerhofer-Rieder, StPO2, ENr. 14 ff zu § 345 Z 8). Dies geschah im gegebenen Fall auch nicht: Mangels Erörterung in der Rechtsbelehrung versagt daher auch die in Ausführung des Nichtigkeitsgrundes des § 345 Abs. 1 Z 8 StPO aufgestellte - im übrigen unrichtige - Behauptung, die im Wahrspruch festgestellten (in der Beschwerde überdies unvollständig wiedergegebenen) tatsächlichen Umstände könnten eine besondere Gefahrenlage im Sinn einer außergewöhnlich hohen Unfallwahrscheinlichkeit nicht begründen.
Der desweiteren geltend gemachte Nichtigkeitsgrund des § 345 Abs. 1 Z 13 StPO entbehrt einer gesetzmäßigen Darstellung. Da bei Ausführung dieses Nichtigkeitsgrundes an den im Wahrspruch getroffenen Feststellungen festgehalten werden muß und die Geschwornen im Wahrspruch eine fahrlässige schwere Körperverletzung unter besonders gefährlichen Verhältnissen im Sinn des § 88 Abs. 4, zweiter Fall, StGB uneingeschränkt bejahten, kann von einer Überschreitung der Grenzen des gesetzlichen Strafsatzes keine Rede sein.
Schließlich vermag der - sich insoweit auf den Nichtigkeitsgrund des § 345 Abs. 1 Z 12 StPO berufende - Beschwerdeführer auch nicht darzutun, daß seine Tat lediglich als fahrlässige schwere Körperverletzung gemäß dem § 88 Abs. 4, erster Fall, StGB zu beurteilen wäre, zumal den Beschwerdebehauptungen zuwider die - allein erforderliche - Schuldform der Fahrlässigkeit (wie bereits erwähnt) aus der Formulierung der 4. Eventualfrage und demgemäß auch aus dem bezüglichen Wahrspruch unzweifelhaft hervorgeht.
Die zur Gänze unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.
Das Geschwornengericht verhängte über den Angeklagten nach dem zweiten Strafsatz des § 88 Abs. 4 StGB eine Freiheitsstrafe in der Dauer von zwei Jahren.
Bei der Strafbemessung wertete es fünf einschlägige Vorstrafen als erschwerend und berücksichtigte demgegenüber das Geständnis sowie den Umstand als mildernd, daß der Angeklagte sich nach der Tat unverzüglich um den Einsatz von Rettung und Polizei bemühte. Mit seiner Berufung begehrt der Angeklagte die Herabsetzung und bedingte Nachsicht der Freiheitsstrafe.
Die Berufung ist nicht begründet.
Die vom Erstgericht verhängte gesetzliche Höchststrafe erweist sich nach der besonderen Fallgestaltung als tat- und tätergerecht. Der außerordentlich hohe Schuldgehalt der Tat, das Gewicht des Tatunrechts und die Vorstrafenbelastung wegen mehrerer Delikte, die mit einem rechtswidrigen Waffenbesitz bzw. rechtswidrigen Waffengebrauch im Zusammenhang stehen, lassen die verhängte Strafe als nicht überhöht erscheinen.
Der begehrten Gewährung bedingter Strafnachsicht stehen nicht nur spezialpräventive Erwägungen, sondern auch der Mangel an besonderen Gründen (§ 43 Abs. 2 StGB) entgegen, die Gewähr dafür böten, daß der Angeklagte keine weiteren strafbaren Handlungen begehen werde.
Auch der Berufung des Angeklagten konnte daher kein Erfolg beschieden sein.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.
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